Protocol of the Session on March 23, 2010

Da werden die Eltern getäuscht. Sie werden das merken, und Sie werden das vor Ort einklagen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist eine Schande, dass Eltern gezwungen werden, ihre Plätze im gemeinsamen Unterricht einzuklagen.

(Ralf Witzel [FDP]: Es geht um das Wohl des Kindes, nicht um Ihre Ideologie!)

Herr Witzel, Sie kennen das Wort Inklusion ja noch nicht einmal; Sie haben es noch nicht einmal im Wahlprogramm. Und Sie haben sich auch nicht getraut, weder Frau Pieper-von Heiden noch Sie, auf der didacta zu diesen Fragen Stellung zu nehmen.

(Zuruf von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Sie haben immer nur die zweite und dritte Garnitur geschickt. Und die haben sich alle für das Verhalten der FDP in der Frage der Inklusion in diesem Hause entschuldigt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist die Wahrheit. Mit Ihnen will niemand durchs Land ziehen, weil es eine peinliche Veranstaltung war. Und es ist Ihr Versagen, dass die Fortentwicklung der Inklusion hier ausgebremst worden ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Hollstein das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir beraten heute zwei Große Anfragen. Es sind, wenn man sich das genau anschaut, inklusive Unterfragen ca. 550 Fragen und ebenso viele gute Antworten auf ca. 250 Seiten, die von den verschiedenen Ministerien vorgelegt worden sind. Das kann man als Kompendium einer erfolgreichen Schulpolitik

(Lachen von Bodo Wißen [SPD])

des Landes Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2005 ansehen. Wem das immer noch nicht genug ist, der kann auch noch auf 492 Seiten Anhang zugreifen, die eine ausführliche, detaillierte Dokumentation dieser Schulpolitik liefern.

Große Anfragen und deren Debatte – so habe ich es in den letzten Jahren hier erlebt – sind so etwas wie Steinbrüche. Für die einen sind es CarraraMarmor-Steinbrüche, aus denen erstklassige Kunstwerke entstehen können, für die anderen heruntergekommene Bergflanken, aus denen indische Kinderarbeiter drittklassige Pflastersteine produzieren. Für uns sind es italienische Marmorsteinbrüche.

Die Opposition scheint – das haben wir gerade in zwei Redebeiträgen erlebt – wieder einmal nur nach dem Haar in der Suppe zu suchen. Herr Link hat das im Detail getan; Frau Beer hat sich ja zumindest in Teilen auf die Anfrage und deren Beantwortung berufen.

(Zuruf von Sören Link [SPD])

Pädagogisch ausgedrückt ist das defizitorientiert, und das sollte man eigentlich nicht tun.

(Sören Link [SPD]: Mehr haben Sie doch nicht zu bieten!)

Der eigene Anspruch der Fragesteller – ich zitiere –:

Damit sich alle am Schulleben Beteiligten ein realistisches Bild über die Lage der Schulen in NRW machen können, legt die SPD-Landtagsfraktion diese Große Anfrage vor.

Man hätte sie eigentlich, verehrte Frau Ministerin, relativ kurz beantworten können. Man hätte das mit zwei Sätzen machen können, nämlich: Den Schulen in Nordrhein-Westfalen geht es nach fünf Jahren CDU besser als nach 39 Jahren SPD, aber noch nicht gut genug, und deshalb müssen wir und werden wir nach dem 9. Mai 2010 weiter regieren.

(Beifall von der CDU)

So einfach hätte man es machen können. Aber wir machen es ein bisschen ausführlicher.

Fakt ist: Seit 2005 gibt es 8.124 – wir werden nicht müde, das zu betonen – neue Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen, und die haben alle einen Namen und ein Gesicht. Seit 2005 gibt es über 127.000 Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen weniger. Wenn man die Demografie-Gewinne berechnet, kommen noch einmal ca. 9.200 Stellen hinzu. Fakt und Fazit: über 17.000 Lehrerinnen und Lehrer mehr als unter rot-grüner Verantwortung!

(Lachen von Bodo Wißen [SPD])

Ich bin absolut sicher, Herr Link: Wenn man Ihre Einzelfälle, die Sie gerade zitiert haben, etwas näher anschaut, merkt man, dass da irgendetwas nicht stimmt.

(Sören Link [SPD]: Das sind keine Einzelfäl- le!)

Wenn Sie an Schulen unterwegs sind, so wie wir das wahrscheinlich alle tun und auch vor fünf Jahren schon gemacht haben, stellen Sie fest: Vor fünf Jahren haben wir ein permanentes Klagen über eine Unterversorgung an Lehrerinnen und Lehrern gehört. Das ist heute kein Thema mehr.

(Ute Schäfer [SPD]: Was?)

Diese Lehrerinnen und Lehrer sind in den Schulen erkennbar. Das zeigt sich daran, dass der Unterrichtsausfall halbiert worden ist. Statt ursprünglich 4,5 % ist es jetzt die Hälfte, nämlich 2,3 %. Aber auch das ist noch zu viel. Darüber sind wir uns sicherlich einig. Genau deswegen brauchen wir Ruhe an unseren Schulen, brauchen wir Verlässlichkeit und brauchen wir alles andere als eine große Schulstrukturdebatte.

Seit 2005 haben wir individuelle Förderung intensiv gelebt. Über 300 zertifizierte Schulen haben sich ein Gütesiegel erarbeitet. Seit 2005 sind die Sitzenbleiber-Zahlen reduziert worden. Seit 2005 verbessern sich permanent die Noten der zentralen Abschlussprüfungen. Seit 2005 gibt es weniger Rückstufungen vom Gymnasium in die Realschule, von der Realschule in die Hauptschule. Im Gegenteil: Dafür gibt es mehr Aufsteiger. Das, meine Damen und Herren, sind Erfolge individueller Förderung.

Stichwort Hauptschule! Seit 2005 wird diese Schule nicht mehr schlechtgeredet – offenbar ja eine rote Spezialität, die wir kennen –, sondern intensiv gefördert.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Mit den großen Zu- wachsraten an Hauptschulen!?)

Fakt ist auch: Heute, im März 2010, gibt es immer noch dreimal mehr Hauptschulen als Gesamtschulen in diesem Land. In der siebten Klasse gibt es noch deutlich mehr Hauptschülerinnen und Hauptschüler als Gesamtschüler. Insgesamt sind es über

200.000, und genau diese mehr als 200.000 Schülerinnen und Schüler werden wir nicht im Regen stehen lassen. Für die stehen wir, die werden wir nicht schlechtreden, und die haben Chancen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die CDU ist die einzige Partei, die diese Schulen weiterführen will.

Stichwort Ganztag! Das Ganztagsprivileg haben wir mittlerweile allen Schulen zugänglich gemacht. 230 Ganztagshauptschulen, über 500 Gymnasien und Realschulen, jede zweite Grundschule. Auch diese Zahlen haben wir mehrfach genannt. Wir werden nicht müde, genau dies zu betonen.

Eigenständigkeit, Eigenverantwortung, Selbstständigkeit von Schule! Wenn Sie in den letzten Tagen die Presse verfolgt haben, haben Sie festgestellt, dass der Aktionsrat Bildung unseren nordrheinwestfälischen Schulen für das, was in den letzten Jahren geleistet worden ist, den bundesweit höchsten Stand an Autonomie und Selbstständigkeit attestiert hat. Genau das, meine Damen und Herren, brauchen Schulen. Sie brauchen keine Verunsicherung durch eine Systemdebatte. Aber, wir alle wissen: Das kostet Geld. Das kostet Haushaltsmittel. Viele reden davon, wir haben es in den letzten fünf Jahren getan: Seit 2005 sind für den Bereich Schule ca. 2 Milliarden € mehr aufgebracht worden. Das ist eine Steigerung um ca. 16 %. Für den Bereich der frühkindlichen Bildung sind ca. 400 Millionen € zusätzlich aufgebracht worden. Das entspricht einer Steigerung um 54 %. Für den Bereich Wissenschaft und Forschung sind ca. 770 Millionen € zusätzlich aufgebracht worden. Das entspricht einer Steigerung um rund 15 %.

Insgesamt sind dies seit 2005 ca. 3 Milliarden € mehr. Das ist bundesweit vorbildlich, und das, meine Damen und Herren, können Sie alles auf 250 Seiten nachlesen. Wenn Ihnen das nicht reicht, noch einmal meine Empfehlung: Nehmen Sie 492 Seiten Anhang, die im Netz stehen, dazu.

Wir haben bewiesen, dass wir es können. Wir werden genauso weitermachen. Genau damit werden wir es schaffen, dass das Ziel des Dresdner Bildungsgipfels, nämlich Aufstieg durch Bildung, nicht nur eine Worthülle bleibt, sondern mit Leben gefüllt wird. Wenn Ihnen die Beantwortung der Großen Anfrage nicht reicht, dann lesen Sie das in dem sehr empfehlenswerten Buch von Armin Laschet „Aufstieg durch Bildung“ nach. Dann wissen Sie, wie erfolgreiche Politik für ein multikulturelles Land geht.

(Lachen von Sören Link [SPD])

Meine Damen und Herren, die CDU steht für eine gute und optimistische Politik. Die Opposition verheddert sich in Pessimismus und Schlechtrederei. Der Optimist sieht in jedem Problem eine Aufgabe. Der Pessimist sieht in jeder Aufgabe ein Problem.

Machen wir uns an die Aufgabe. Ich bin sicher: Wir schaffen das!

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hollstein. – Für die FDP spricht Frau Pieper-von Heiden.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unlängst hat ein Journalist in einem Kommentar zur Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen geschrieben, dass jemand, der die massiven Anstrengungen zur Verbesserung des Schulsystems durch die FDP/CDU-Koalition nicht zur Kenntnis nimmt, offensichtlich den Bezug zur Realität verloren hat.

Nach der eben gehörten Rede der SPD kann wohl jeder Zuhörer mit Fug und Recht sagen, dass er weiß, wo dieser Realitätsverlust zu finden ist. Herr Link, die drei Schulen, die Sie als verbesserungswürdiges Beispiel anführen, hätten früher die gesamte Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen widergespiegelt. Sie haben doch an keiner Schulform eine 100 %ige Bedarfsdeckungsquote erreicht. Das muss man hier auch einmal betonen.

(Beifall von der FDP – Lachen von Sören Link [SPD] – Ute Schäfer [SPD]: Das ist falsch!)

Die Antworten auf die Großen Anfragen, mit denen die SPD das Schulministerium lahmlegen wollte, zeigen doch eines ganz deutlich: Die Koalition ist auf dem richtigen Weg, und wir haben viel bewegt. Wir haben bewiesen, dass wir NRW zum Bildungsland Nummer eins machen wollen. Für die FDP möchte ich noch einmal deutlich unterstreichen, was wir immer schon gesagt haben: Wir haben bis dato die schlimmsten Altlasten von Rot-Grün beseitigt. Wir haben von Anfang an, seit 2005, einen Landeshaushalt mit klarer Priorität für Bildung aufgesellt.