Protocol of the Session on March 23, 2010

Okay.

Im Gegensatz zu Berlin haben wir für die Ladenöffnungszeiten ganz konkrete Regelungen geschaffen, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind. In § 1 des Gesetzes wird ausdrücklich der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe als Ziel des Gesetzes genannt. Verkaufsstellen dürfen an maximal vier Sonn- oder Feiertagen pro Jahr – darunter an einem einzigen Adventssonntag – für eine Dauer von bis zu fünf Stunden geöffnet sein.

Entscheidend ist – das hat die Wirtschaftsministerin bereits Anfang des Jahres in einer Plenarsitzung deutlich gemacht –, dass wir in Nordrhein-Westfalen das zukünftig so einhalten wollen. Wir haben konkret uns immer wieder dazu geäußert, dass das für uns ein wichtiges Thema ist. Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine ordentliche Regelung, die – so hoffen wir – in den meisten Fällen den Bürgerinnen und Bürger gerecht wird. Insofern finden wir Ihren Antrag nicht nachvollziehbar.

Denken Sie an Berlin. Dort haben Sie die Möglichkeit und sogar die Pflicht, diese Regelung zu verändern. Wann soll denn eine bundeseinheitliche Lösung zum Tragen kommen, Herr Kuschke?

(Wolfram Kuschke [SPD]: Wenn Sie es wol- len, ja!)

Ich bitte Sie, sich dazu zu äußern. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau von Boeselager. – Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Brockes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Antrag macht sich die SPD-Fraktion die Forderungen der Allianz für den freien Sonntag zu Eigen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das ist gut! – Wolfram Kuschke [SPD]: Sehr richtig!)

Bemerkenswert ist, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt geschieht. Denn die Allianz hat sich 2006 gegründet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass Sie jetzt, sieben Wochen vor der Landtagswahl, auf einmal diese Allianz entdeckt haben.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Meine Damen und Herren, auch der Respekt vor den in der Allianz zusammengeschlossenen Organisationen verbietet es eigentlich, diese vor den Wahlkampfkarren zu spannen.

(Zuruf von Wolfram Kuschke [SPD])

Denn diese Allianz für den freien Sonntag hat ausdrücklich in Ihrem Reglement gesagt – ich zitiere –:

Um parteipolitische Unabhängigkeit zu wahren, ist eine Beteiligung von politischen Parteien und ihrer Untergliederungen nicht möglich.

Meine Damen und Herren, der SPD-Antrag ist nicht nur vom Stil, sondern auch vom Inhalt her völlig daneben.

(Beifall von FDP und CDU)

Herr Brockes, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kuschke?

Ich dachte, ich hätte gerade erst angefangen. Aber bitte schön.

Das dürfen Sie selbst entscheiden. – Bitte, Herr Kuschke.

Ich bin schon zu Beginn Ihrer Ausführungen unwahrscheinlich erschrocken. Herr Kollege Brockes, wollen Sie diesem Landtag das Recht absprechen, sich zu politischen Themen zu verhalten? Das ist doch die entscheidende Frage, unabhängig davon, wer eine Allianz bildet. Es geht um das Thema, das diese Allianz vertritt, und um nichts anderes.

Herr Kollege Kuschke, ich finde Folgendes trotzdem bemerkenswert: Diese Initiative gibt es nicht erst seit gestern, sondern seit vier Jahren. Sie haben in der gesamten Debatte über Ladenöffnungsgesetz usw. nie davon gesprochen.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Ja sicher!)

Jetzt, sieben Wochen vor der Wahl, kommen Sie damit aus dem Busch.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Das ist doch gar nicht wahr!)

Ich finde das, ehrlich gesagt, sehr daneben.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Die ganze Zeit wurden Anträge gestellt! – Wolfram Kuschke [SPD]: Es wurden mehrfach Anträge dazu gestellt!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen einen solchen Antrag der SPD nicht. Denn CDU und FDP haben sich bereits sehr deutlich für den Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe eingesetzt. Das tun wir sehr effektiv und erfolgreich.

Nicht umsonst haben wir in § 1 des nordrheinwestfälischen Ladenöffnungsgesetzes ausdrücklich betont, dass das Gesetz dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe dient. Dies wird auch in der kommenden Legislaturperiode unter Schwarz-Gelb der Fall sein.

(Beifall von FDP und Thorsten Schick [CDU])

Der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 1. Dezember 2009 geforderte gesetzliche Schutz der Sonn- und Feiertage ist in NordrheinWestfalen in vollem Umfang gewährleistet.

Im Unterschied zu den verfassungswidrigen Regelungen, Herr Kollege Kuschke, im rot-blutrot regierten Berlin dürfen die Geschäfte in Nordrhein

Westfalen nur an vier Sonntag geöffnet werden. Darunter darf sich maximal ein Adventssonntag befinden. Die Öffnungszeit ist zudem auf maximal fünf Stunden beschränkt. Das unterscheidet CDU und FDP von Ihnen mit Ihrem linksextremen Bündnispartner.

(Zurufe von der SPD)

Dieser besondere gesetzliche Schutz der Sonn- und Feiertage in Nordrhein-Westfalen ist vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Er wird von niemandem hier infrage gestellt. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Bedeutung von Sonn- und Feiertagen als Familientage noch weiter zu stärken ist. Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, frische Blumen und Backwaren auch zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten erwerben zu können. Dazu gehört auch, dass gerade finanziell schwächere Familien, die sich keinen Kinobesuch mit der ganzen Familie leisten können, am Sonntag die Möglichkeit haben, das Filmangebot von Videotheken zu nutzen, wie sie dies im Übrigen auch schon heute in neun anderen Bundesländern machen können.

(Beifall von der FDP)

Ich komme zum Schluss: Für die FDP sind die Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe und eine behutsame Liberalisierung für bestimmte ausgewählte Produkte kein Gegensatz. Vielmehr wird die Bedeutung von Sonn- und Feiertagen durch einen vorsichtigen Umgang mit Ladenöffnungszeiten nicht geschwächt, sondern gestärkt. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Kollegin Steffens.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nein, ich werde jetzt nicht mit dem Alten Testament anfangen, denn das würde bei der FDP sowieso auf fruchtlosen Boden fallen, weil da bezüglich der Sonntagsruhe bisher noch gar nichts angekommen ist. Die Diskussion führen wir ja heute nicht zum ersten Mal, Herr Brockes. Auch die Diskussion bezüglich des Bündnisses und der Allianz führen wir hier nicht zum ersten Mal. Dass Sie die bisher nicht mitbekommen haben und sich inhaltlich immer noch nicht damit beschäftigt haben, ist jetzt an dieser Stelle noch einmal deutlich geworden. Deswegen braucht man meiner Meinung nach darauf nicht einzugehen.

Die Forderungen, die Sie immer wieder stellen, zeigen, dass Ihnen der Sonntagsschutz überhaupt nichts wert ist – von Videotheken über Waschstraßen, das hat Kollege Kuschke eben lang und breit dargestellt –. Diese sind uns allen gut in Erinnerung, auch die Beispiele, die Sie gebracht haben.

Was haben wir jetzt im Moment in NordrheinWestfalen? – Ich fand es schon beeindruckend, Frau von Boeselager, wie Sie hier zu Beginn gesagt haben: Wir möchten den freien Sonntag beibehalten. Sie haben sich wahrscheinlich nicht mit der Kritik auseinandergesetzt, die von der „Allianz für den freien Sonntag“ formuliert worden ist, und haben wahrscheinlich auch in den letzten Jahre die Kritik, die von den Kirchen in Nordrhein-Westfalen geäußert wurde, überhaupt nicht gehört oder sich damit beschäftigt.

Schauen wir uns die Zahlen noch einmal an: Wir haben in 80 % der Großstädte, alleine bezogen auf die Ladenöffnungszeiten, eine bei weitem häufigere Öffnung. Wenn wir uns die Zahlen von den Spitzenreitern angucken, Köln mit 66 Öffnungen,

(Dietmar Brockes [FDP]: Die Zahlen sind Blödsinn!)

Düsseldorf mit 30, dann ist das fast eine Verdoppelung: von 16 im Jahre 2005 auf 30. Wir haben Essen mit 32, wir haben Aachen mit 25. Herr Brockes, da können Sie noch so laut schreien: Das sind die Öffnungszahlen der Kommunen. An diesen Tagen waren die Stadteile geöffnet, ob das die Innenstadt ist oder ob das Köln-Ehrenfeld ist: Die Ladenöffnung ist an diesen Tagen vollzogen worden.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Diet- mar Brockes [FDP])

Das ist völlig wurscht, Herr Brockes. Ich kann Ihnen das noch einmal erklären. Dass das in Ihren Kopf nicht reingeht, ist mittlerweile allen klar, denn da passt nicht viel rein.

(Zurufe von der FDP)

Aber dass die Verkäuferin, die in dem einen Stadtteil an einem Sonntag arbeitet, mit ihren sozialen Kontakten zu der Verkäuferin, die in einem anderen Stadtteil am nächsten Sonntag arbeitet, nicht mehr klarkommt, ist völlig logisch. Es geht darum, dass man einen freien Sonntag hat, dass man an dem freien Sonntag den Dingen nachgehen kann, die für einen wichtig sind. Das kann Kirche sein, das können aber auch andere soziale, ehrenamtliche Tätigkeiten sein. Das können soziale Kontakte sein, die man pflegen will. Und dieser Sonntag soll dafür frei sein. Ich sage noch einmal, Herr Brockes – das haben wir schon oft gesagt –: Das, was das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat, nämlich dass der wirtschaftliche Umsatz alleine, die Lust zu shoppen, kein Grund sein kann, um Ladenöffnungszeiten auszuweiten, sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Deswegen muss man hier ganz klar und deutlich bei der Ladenöffnung etwas ändern und muss dem, was heute in dem Antrag steht, folgen.

Es gibt noch die Frage, die eben auch Frau von Boeselager angesprochen hat, nach der bundeseinheitlichen Regelung. Da habe ich auch gestutzt,