Protocol of the Session on March 11, 2010

Lieber Kollege Tenhumberg, dieses Verfahren ist mir bekannt. Trotzdem frage ich nach: Warum ist es nicht abgestimmt worden? Warum dauert das von September bis jetzt so lange? Welche Bemühungen hat Ihre Fraktion ergriffen, um das auf den Weg zu bringen, wenn es jetzt so dringlich ist, hierzu einen Entschließungsantrag zu formulieren. Nach meinem Dafürhalten habe ich die Frage beantwortet.

Ich kann das, was Minister Laschet vorhin zur Bemerkung von Herrn Witzel zu „Privat vor Staat“ im Zusammenhang mit dem Ehrenamt gesagt hat, nur unterstützen. Das ist eine wirklich komplett andere Baustelle, Herr Witzel. Das haben Sie, glaube ich, nicht verstanden. Ihr „Privat vor Staat“ ist etwas komplett anderes als das, was ziemlich alle, die hierzu gesprochen haben, unter Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement verstehen. Das ist eine Bereicherung für den Staat und für unser Zusammenleben in diesem Land.

(Ralf Witzel [FDP]: Was ist das denn sonst als „Privat vor Staat“?)

Das ist eine Bereicherung für unseren Staat, für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, eben nicht ein Ausplündern, indem man sagt, da müssten die Privaten ran, nur die Privaten sollten sich bereichern. Das ist ein fundamentaler Unterschied zu unserer Ehrenamtsauffassung. Das will ich deutlich sagen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Absurd! Lächerlich! Sie haben über- haupt nicht zugehört!)

Ich habe Ihnen sehr gut zugehört.

(Ralf Witzel [FDP]: Dann haben Sie nichts verstanden!)

Sie haben ja vielleicht auch noch Redezeit, Herr Witzel. Sorry!

Ich möchte noch drei Punkte in Ergänzung zu dem, was meine Kollegin Frau Koschorreck gesagt hat, zu unserem Antrag hinzufügen und – es wird wenig überraschen – an die Enquetekommission „Chancen für Kinder“ erinnern, in der wir im Zusammenhang mit nonformaler Bildung die ehrenamtliche Arbeit sowohl von in der Jugendhilfe Tätigen als auch von Schülerinnen und Schülern selbst im Rahmen von Bildungseinrichtungen thematisiert haben.

Damals haben wir gemeinsam festgestellt, dass beide Institutionen ihr Wirken verändern müssen, wenn es ehrenamtliches Mitarbeiten in der Schule – natürlich nicht als Ersatz für die Profis – gibt. Dafür – das haben wir auch gesagt – ist Unterstützung notwendig, und zwar sowohl um die Fachkräfte vorzubereiten als auch die Ehrenamtlichen in der Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendhilfe vorbereiten zu können.

Wir haben weiterhin – das ist Handlungsempfehlung 6.5 – festgestellt, dass die JugendleiterCard, die JuLeiCa, in Nordrhein-Westfalen wesentlich weniger verbreitet ist als in anderen Bundesländern. Wir empfahlen gemeinsam einen vereinfachten Zugang zu diesem Instrument und gezielte Werbung dafür. Auch dort gab es also noch einen weiteren gemeinsamen Ansatzpunkt.

Sie fordern – das kam in sämtlichen Reden zum Ausdruck – die Prüfung von Verwaltungs- und anderen Vorschriften, die bürgerschaftliches Engagement eventuell erschweren. Unseren Antrag, vor allem für Bildungseinrichtungen getätigte Zeitspenden den Sachspenden gleichzustellen, haben Sie jedoch seinerzeit aus vielerlei Gründen abgelehnt. Ich will hier nur nochmals daran erinnern, dass es mit einer Gleichstellung durchaus zu einer Motivation für das Ehrenamt kommen und ein bürokratisches Hemmnis abgeschafft werden könnte. Ich erinnere auch daran, dass insbesondere von den Kollegen der FDP-Fraktion in der Ausschusssitzung, in der wir das thematisiert haben, die Ankündigung kam, das auf Bundesebene bei steuergesetzlichen Reformen, die offenkundig geplant sind, zu berücksichtigen. Daran möchte ich noch einmal deutlich erinnern.

Ein letzter Punkt: Der Abbau bürokratischer Hemmnisse für ehrenamtlich Tätige kann ganz wesentlich mit Hilfe hauptamtlicher Koordination erfolgen. Das haben wir in zahlreichen Anhörungen immer wieder wahrgenommen, sei es beim Thema „Migration und Alter“ oder bei der Anhörung zum Thema „Altersdiskriminierung beseitigen“.

Lassen Sie mich noch einen allerletzten Punkt ansprechen: Herr Witzel, Sie haben konkret die Frage gestellt, wie wir junge Leute für das Ehrenamt gewinnen können. Ich will noch einmal deutlich auf die Forderung in unserem Antrag hinweisen: Wenn wir verlässliche Planungen und Zahlen – ob auf Bundes- oder auf Landesebene – für den Ausbau der Jugendfreiwilligendienste auf sämtlichen uns als Land möglichen Ebenen vorlegen können, ist das, so denken wir, eine passable Antwort auf diese ganz konkrete Frage. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Hack. – Für die CDU-Fraktion erhält

jetzt als Redner der Abgeordnete Hovenjürgen noch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegin Hack, bei aller Wertschätzung, die offensichtlich auch in der Arbeitsgruppe herrscht, und dem vertrauensvollen Miteinander, das wahrnehmbar war: Es verwundert, dass Sie die gemeinsame Linie verlassen haben und eben nicht einen gemeinsamen Weg gesucht haben, wie es Frau Asch beschrieben hat. Das ist bedauerlich. Aber es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, dass wir an dieser Stelle über das Ehrenamt reden werden. Denn das Ehrenamt, meine Damen und Herren, ist nicht bezahlbar. Da es nicht bezahlbar ist, ist es von uns allen massiv zu unterstützen, damit wir es erhalten.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sollten es auch nicht immer auf das Fiskalische reduzieren, sondern wir sollten es auf das einnorden, was das Ehrenamt eigentlich sein sollte, nämlich ein persönlicher Gewinn für jeden, der ein Ehrenamt wahrnimmt – ob es junge Menschen oder ob es ältere Menschen sind. Es gibt immer mehr „junge“ ältere Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, die im Bereich Hospizdienst unterwegs sind, die in Krankenhäusern, aber auch in Vereinen arbeiten und dort eine wertvolle Arbeit leisten.

(Zustimmung von der SPD)

Diese wertvolle Arbeit gilt es mit verschiedensten Zeichen – das Bundesverdienstkreuz und andere Dinge sind angesprochen worden; bei jungen Menschen die JugendleiterCard – wertzuschätzen. Es gilt, an vielen Schrauben zu drehen. Es gibt nicht die Schraube, und es gibt nicht den Weg, sondern das Ehrenamt ist unverzichtbar für unsere Gesellschaft und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

(Beifall von der CDU)

Deswegen macht es auch keinen Sinn, darüber nachzudenken, welches Ehrenamt höher oder weniger zu bewerten sei. Mir ist im ländlichen Bereich so viel an ehrenamtlichem Engagement begegnet, zum Beispiel dass Dorfgemeinschaften ganze Dorfplätze erneuern, weil die Kommune aufgrund ihrer haushalterischen Probleme nicht in der Lage ist, dies zu leisten. Das erbringen Menschen vor Ort als Ehrenamt für ihre direkte Wohnumgebung. Es gibt Menschen, die sich um alte Menschen in der Nachbarschaft kümmern, ohne dass sie irgendeinem Verein oder Verband angehören, sondern weil sie es aus Interesse am Menschen tun. Das sind alles Dinge, die wir wertschätzen sollten. Deswegen sollten in Abwandlung einen Spruch von John F. Kennedy mehr in den Mittelpunkt stellen: Frag nicht, was die Gesellschaft für dich tun kann, sondern frag, was du für die Gesellschaft tun kannst!

(Beifall von der CDU)

Wenn wir uns dem widmen, meine Damen und Herren, sind wir in dieser Frage auf einem guten Weg.

Die Vorlage der Koalitionsfraktionen bietet hierfür eine gute Grundlage. Auf der wollen wir mit Ihnen zusammen weiterarbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen erstens über den Antrag der SPD-Fraktion Drucksache 14/10138 ab. Der Ausschuss für Generationen, Familie und Integration empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/10758, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen. Wer für diese Empfehlung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD. Wer enthält sich? – Die Grünen. Damit ist die Empfehlung angenommen und der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen zweitens über den Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 14/10750 ab. Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD. Wer enthält sich? – Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Entschließungsantrag angenommen.

Bevor einige von Ihnen den Plenarsaal verlassen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie noch ein paar Sekunden hier bleiben würden.

Heute Vormittag hatten wir eine Situation, die für uns alle von Bedeutung ist. Herr Minister Laschet hat heute Vormittag aus dem vorläufigen Plenarprotokoll von gestern zitiert, aus dem er noch nicht hätte zitieren dürfen.

Im Ältestenrat haben wir vereinbart, dass wir, damit die Abgeordneten rasch informiert werden, die Protokolle sehr schnell in das Intranet einstellen. Aber es gilt trotzdem der § 96 Abs. 2 Geschäftsordnung. Hier handelt es sich nur um ein vorläufiges Protokoll, und dieses Protokoll ist nur zur Einsichtnahme bestimmt und nicht zitierfähig, es sei denn, derjenige, der zitiert werden soll, hätte seine Zustimmung gegeben.

Das war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Darauf ist Herr Minister Laschet durch zwei Zurufe – ich glaube von Frau Kieninger und von Herrn Schmeltzer – aufmerksam gemacht worden. Er hat trotzdem daraus zitiert.

Wenn wir uns nicht an die Verabredung halten, dass aus Protokollen, die nicht freigegeben, sondern als vorläufige Protokolle gekennzeichnet sind – hier steht ausdrücklich: „Von der Rednerin/vom Redner nicht autorisiert – Nur zur Vorabinformation

bestimmt – Nicht zitierfähig!“ –, nicht zitiert wird, müssten wir dieses Verfahren ändern.

Das ist jetzt keine Rüge, aber das ist ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung, den wir so zur Kenntnis nehmen. Ich habe aber die herzliche Bitte, dass, wenn Kollegen aus einem als Vorabinformation gekennzeichneten Protokoll einer vorhergehenden Plenarsitzung zitieren, sie entweder die Zustimmung desjenigen, den sie zitieren wollen, einholen oder aber dass sie warten, bis ein zitierfähiges Protokoll vorliegt. Ansonsten können wir dieses Verfahren, das wir miteinander verabredet haben, nicht weiterhin einhalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich rufe den nächsten Tagesordnungspunkt auf:

8 Konsequenzen aus dem Bauskandal beim Stadtbahnbau in Köln ziehen: Klare gesetzliche Grundlagen für eine Bauaufsicht in staatlicher Verantwortung schaffen und Rückzug des Staates aus der Kontrolle der Bausicherheit stoppen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10742

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10813

Ich eröffne die Beratung. – Herr Becker hat für die Fraktion der Grünen das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist etwas weniger als ein Jahr her, dass in Köln die Baustelle der U-Bahn am Waidmarkt eingestürzt ist, dass das historische Kölner Stadtarchiv eingestürzt ist und dass dabei zwei Menschen ums Leben gekommen sind – ein Vorgang, der – das kann man bis heute sehen – in Köln tiefe Spuren hinterlassen hat und der im Übrigen, wenn ich das als jemand aus einem Nachbarkreis sagen darf, nach meinem Eindruck auch bei der Bevölkerung in Köln insgesamt ein tiefes Misstrauen gegenüber den handelnden Personen, gegenüber der KVB, aber auch gegenüber der Politik, an mancher Stelle zu Recht, an mancher Stelle zu Unrecht, hinterlassen hat.

Wir haben auf unseren Antrag hin im April letzten Jahres über diesen Vorgang diskutiert. Unsere Fraktion hatte damals als eine Konsequenz dieses Unglücks gefordert, die offensichtlich, um es ganz vorsichtig zu formulieren, mindestens unglückliche Bestimmung in der sogenannten BOStrab, nach der Bausausführung und Bauaufsicht in einer Hand liegen können, zu ändern und vom Land NordrheinWestfalen dazu eine Bundesratsinitiative zu starten.

Dieser Antrag unserer Fraktion ist vor einem Jahr vom damals gerade ins Amt gekommenen Minister und den Koalitionsfraktionen als voreilig und übereilt zurückgewiesen worden. Es ist gesagt worden, der Vorgang werde gründlich geprüft. Zu gegebener Zeit werde der Landtag unterrichtet.

In der Zeit bis Ende des Jahres hat es faktisch keinerlei Unterrichtung des Landtags über die weiteren Ermittlungsergebnisse gegeben. Obwohl die Aufsicht damals von der Stadt und von der KVB zurückgezogen und wieder zur technischen Aufsicht Bau bei der Bezirksregierung Düsseldorf und dann an Spiekermann, einem sehr seriösen Büro aus Aachen, übergeben worden ist, hat die Bauaufsicht nicht ausreichend funktioniert, wie wir heute sagen müssen.

Im Gegenteil: Wer die Unterlagen, die wir angefordert haben, und die Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf kennt, muss zur Kenntnis nehmen, dass die KVB seit September 2009 erste Ergebnisse zu Unregelmäßigkeiten beim Aushub und bei der Betonierung der sogenannten Lamelle 11 am Unfallort hatte, aber nicht die technische Aufsicht Bau informiert hat. Das war sozusagen noch rückwärtsgewandtes Handeln zur Ursachenforschung.

Bereits im Oktober 2009 haben Gutachter des Landgerichts einen Bericht über die geophysikalischen und thermografischen Untersuchungen der östlichen Schlitzwand vorgelegt, die Anomalitäten aufzeigten. Im Oktober und November stand dann bei der KVB in Rede, dass es sich bei den Vermessungsprotokollen für weitere Schlitzwände offensichtlich um Fälschungen handeln müsse. Spätestens da – ich habe das auch in der Ausschusssitzung gesagt – hätte ganz unzweifelhaft nicht nur die Staatsanwaltschaft informiert werden müssen, sondern auch die Technische Aufsicht Bau,

(Beifall von den GRÜNEN)