Protocol of the Session on March 10, 2010

Wir meinen, das reiche aus, und werden deshalb – wie schon im Ausschuss – den Antrag der Grünen heute ablehnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Biesenbach. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Kuschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Remmel, ich will es gleich zu Beginn sagen: Wenn es in der parlamentarischen Arbeit einen Aspekt gibt, bei dem wir wirklich bedauern, ihn nicht zu Ende geführt zu haben, ist das die abschließende Behandlung Ihres Antrags. Ich sage zu, dass das zur Wiedervorlage fest vorgesehen ist. Das werden wir auch dann tun, wenn wir die Regierung stellen. Kollege Biesenbach, dann sind Sie in der Opposition auch weit aufgeschlossener für dieses Anliegen. Das sind ja Dinge, die wir in der Vergangenheit auch erlebt haben.

Im Ernst und zum Kern des Antrags: Was uns die Angelegenheit auch etwas schwierig gemacht hat: Wenn wir davon ausgehen, dass die Mehrzahl der eingebrachten Gesetzentwürfe, auf jeden Fall aber die Mehrzahl der Gesetzentwürfe, die erfolgreich sind und zu Gesetzen werden, nach wie vor von der Regierung eingebracht werden, egal wer sie stellt, dann muss man darauf achten, dass man bei der Optimierung der Gesetzgebung zwischen der Aufgabe der Exekutive und der Aufgabe des Parlaments unterscheidet. Das scheint uns im Antrag nicht immer und durchgängig gegeben zu sein. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Unbeschadet der Aufgabe oder Notwendigkeit, auf diese Trennung zu achten, gibt es natürlich Dinge, die geändert werden müssten. Einige haben es schon gehört, was ich sehr gerne erwähne: Man kann schmunzeln oder auch eine andere Meinungsäußerung kundtun, wenn man sich beispielsweise im Vorblatt die Punkte „Alternativen“ und „Kosten“ anguckt. Dort steht etwas zu häufig „Alternativen: Keine“ und etwas zu häufig „Kosten: Keine“. Ich sage selbstkritisch, dass das zu hinterfragen ist.

(Minister Dr. Ingo Wolf: Das kennen wir von früher!)

Nein, das galt früher und das gilt auch jetzt. Das sage ich kritisch und zugleich selbstkritisch. Das sind Dinge, die bei der Gelegenheit auch einmal angepackt werden könnten.

Beim dritten Punkt nähern wir uns dem, was Sie zum Normenprüfungsausschuss vorgeschlagen haben. Es geht um die Einordnung des konkreten Gesetzgebungsvorhabens vor dem Hintergrund vergleichbarer Dinge in anderen Bundesländern, der Bundesgesetzgebung, der europäischen Gesetzgebung und allem, was damit zusammenhängt. Das heißt, das ist ein Anliegen, das ernst zu nehmen und nicht ausreichend diskutiert worden ist.

Herr Kollege Biesenbach, der Verweis auf die geänderte Geschäftsordnung trifft nicht den Kern des Anliegens von Bündnis 90/Die Grünen. Denn es geht um etwas anderes, wie in den vier Punkten auch festzustellen ist. Das gilt auch für Punkt 1, in dem die Aufgabenstellung des Wissenschaftlichen Dienstes angesprochen wird, welche um die Aufgaben der Gesetzentwurferarbeitung und der Gesetzesfolgenabschätzung erweitert werden soll.

Ich würde Ihnen aber in einem zustimmen. Die Formulierung „Gesetzentwurferarbeitung“ ist in der Tat eine, wo Grenzen verwischen und wo nicht mehr deutlich wird, ob dort Kompetenzen oder Vorbereitungen an eine Institution abgegeben werden sollen. Es ist fraglich, ob das nicht etwas ist, was das Parlament nach wie vor in eigener Verantwortung und Zuständigkeit durchführen sollte.

Andere Punkte, die angesprochen worden sind, beispielsweise „Handbuch“ und „Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen“, sind sicherlich weitaus unkomplizierter, und diese hätte man sozusagen – etwas flapsig formuliert – gleich mit abräumen können.

Ich will noch einmal auf die Eingangsbemerkung zurückkommen. Ich glaube, dass wir uns zu Beginn der Legislaturperiode möglicherweise in einem übergreifenden Zusammenhang, auch was die Reform von Parlamentsarbeit anbelangt, dieses Themas noch einmal annehmen müssen.

Ich glaube, Herr Biesenbach, die Aussagen der Sachverständigen waren etwas anders, als Sie sie hier wiedergegeben haben. Sie stimmten – wenn auch nicht in allen Punkten – dem Anliegen und der Zielsetzung zu, sodass es sich in der Tat lohnt, dieses Anliegen weiter zu verfolgen.

Wir sehen uns aber aus den von mir genannten Gründen nicht in der Lage, zuzustimmen. Wir werden uns gleich enthalten. – Danke.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir dürfen uns hier und heute erneut mit einem unausgereiften Antrag

der Grünen auseinandersetzen. Ich hätte mir etwas mehr Selbstkritik von Ihnen gewünscht, nachdem Sie dieses Hohe Haus in den letzten Jahren mit vielen Schrottvorlagen bedient haben. Aber leider gibt es auch aus Ihrer Sicht die Abwrackprämie nicht mehr.

Im Hauptausschuss bot sich ein differenziertes Bild. Die Experten waren, was die Zielsetzungen angeht, um zu Verbesserungen zu kommen, zwar offen, aber in Bezug auf Instrumente und Methodik hielten sie längst nicht alles für sinnvoll, was von Ihrer Seite aus angeregt worden ist.

Für die FDP-Landtagsfraktion gilt: Unser ausdrückliches Ziel ist es, die Gesetzesflut zurückzudrängen und unnötige Bürokratie zu vermeiden. Die Anzahl von Gesetzen und Verordnungen ist in den letzten Jahrzehnten explodiert. Umso wichtiger ist es, dass bestehende Rechtsnormen klar und folgerichtig formuliert werden und in das bestehende Normengefüge passen, damit sie nicht ständig Änderungen bedürfen.

Dies wird in Nordrhein-Westfalen durch verschiedene Instrumente sichergestellt.

Wir haben die Befristungsregelung in der Landesgesetzgebung verankert. Diese soll gewährleisten, dass sich Gesetze, die völlig antiquiert sind, nicht unnötig perpetuieren.

Wir haben im Innenministerium zur Qualitätskontrolle eine Normenprüfstelle eingerichtet, die den Auftrag hat, sich Konsistenzen bzw. Inkonsistenzen innerhalb der Rechtssystematik anzuschauen, im Vorfeld von Ressortabstimmungen Hinweise zu geben und wertvolle Prüffragen zu adressieren.

Darüber hinaus haben wir hier im Landtag den Wissenschaftlichen Dienst, der von allen Fraktionen unentgeltlich in Anspruch genommen werden kann. Ich glaube, so, wie es momentan läuft, ist es praktikabel, und alles andere würde die entsprechenden Institutionen überfrachten.

Insofern gilt das, was Herr Kuschke hier vorgetragen hat, umso mehr, zumal wir sehen, dass den weitaus größten Anteil gesetzgeberischen Handelns unabhängig vom politischen Vorzeichen, wer die Regierung stellt, Vorlagen ausmachen, die von der Landesregierung kommen und im Parlament natürlich bewertet werden. Es gibt fast kein Gesetz, an dem nicht auch Änderungen vorgenommen wurden. Teilweise waren es materiell über den Entwurf hinausreichende Änderungen, obwohl man dem Anliegen im Grunde zustimmen konnte. Es gibt fast kein Gesetz – es sei denn, es ist sehr kurz und nur sehr formaler Natur –, das durch Landtagsbeschluss 1:1 so ins Gesetzbuch gelangt ist, wie es vonseiten der Landesregierung als Entwurf in den Beratungsprozess eingebracht worden ist.

Daher glaube ich, dass es Aufgabe der Parlamentarier ist, für diese Qualitätssicherung zu sorgen. Ich

nehme für die FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich in Anspruch, dass wir über die Fachkompetenz verfügen und auch das Interesse daran haben, daran zu arbeiten, dass es eine gute Gesetzgebung gibt, dass Normen folgerichtig und konsistent aufeinander abgestimmt sind. Das möchte ich auch dem Antragsteller für seine gesetzgeberischen Vorhaben ausdrücklich empfehlen.

So viel Selbstbewusstsein muss bei uns als Legislative vorhanden sein, dass wir uns durchaus zutrauen, diese Arbeit qualitätsvoll zu erledigen, dass wir uns zutrauen, unsere Kontroll- und Wächterfunktion, die uns als erster Gewalt gegenüber der Exekutive zukommt, wahrzunehmen. Das ist meiner Meinung nach wichtig.

Zur Debatte im Hauptausschuss und in den entsprechenden Anhörungsverfahren. Sie haben vieles angeführt, was in Niedersachsen praktiziert wird. In Niedersachsen gibt es eben gerade nur eine kleine Gruppe hochrangiger und hoch besoldeter Beamter, die die Aufgaben wahrnehmen, die Sie beschreiben. Es gibt dort eben nicht einen großen Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsverwaltung zur Gesetzesfolgenabschätzung.

Wir dürfen ebenfalls darauf hinweisen, dass auch Sie sich bei Ihren Gesetzgebungsverfahren darum kümmern können, dass wir unnötige Bürokratie und Vorschriften vermeiden. Ich greife hier Ihr Steckenpferd Ökologie auf und erinnere daran, was dort aus Ihrer Sicht immer wieder angeregt, geregelt und mit Detailvorschriften normiert werden soll. Auch hier könnten wir sicherlich für eine Entfrachtung und damit mehr Rechtsklarheit und eine einfache Anwendungspraxis sorgen.

Wir wünschen uns darüber hinaus natürlich eine sinnvolle Folgenabschätzung für gesetzgeberische Vorhaben. Wenn es darum geht – Herr Kuschke hat es angedeutet –, im Gesetzgebungsprozess begleitend konkretere Berechnungen, welche Kosten durch eine bestimmte Gesetzgebung entstehen, vorzulegen, dann können wir das miteinander verabreden.

In jedem Fall muss ein ganz wichtiges Anliegen darin bestehen, hinsichtlich der Gesetzgebung zu einer Entbürokratisierung zu kommen. Als Beispiel – es ist zwar kein Landesgesetz, aber es gibt fast kein schöneres Beispiel – nenne ich die Bundessteuergesetzgebung, welche eine der kompliziertesten Gesetzgebungen weltweit ist. Dort haben wir § 52 Einkommensteuergesetz mit seinen formal immerhin 65 Absätzen. Darunter auch solche Grausamkeiten wie Abs. 55f, der auf § 44 Abs. 2 Nr. 1 verweist. Diese Regelung § 52 Einkommensteuergesetz ist länger als die gesamte amerikanische Verfassung.

Da können wir uns wohl für die Zukunft noch einiges vornehmen, wie wir für den Bürger klarer und verständlicher formulieren, wie wir Gesetze ent

rümpeln, wie wir für Ablauffristen sorgen, damit nicht Dinge, die längst überholt sind, unser Norm- und Regelwerk noch prägen. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns genau mit dieser Frage der Verlängerungsnotwendigkeit auseinandersetzen. Aber lassen Sie uns das in den Strukturen tun, die auch für dieses Haus praktikabel sind. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Dr. Wolf das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder spannend, wenn Themen erst in der Opposition entdeckt werden. Zwei Oppositionelle haben sich gerade hoffnungstrunken gegenseitig in den Armen gelegen. Man muss schon fragen, was Sie eigentlich in den Jahren 1995 bis 2005, als Sie regiert haben, eigentlich gemacht haben.

Für uns war von Anfang an eine bessere Gesetzgebung ein wichtiges Thema. Deswegen haben wir es auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen, insbesondere unter dem Aspekt Bürokratieabbau und bessere Gesetzgebung insgesamt. Die Normprüfstelle ist eingerichtet worden, gerade um zu klären, ob Gesetze tatsächlich notwendig sind und in welcher Form.

Für uns gilt Montesquieu: Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. – Das haben wir auch gezeigt. Das heißt, die Punkte Regelungsnotwendigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit, Regelungsqualität und Kostenwirksamkeit sind ganz entscheidend. Das haben wir in all den Jahren gezeigt. Das Befristungsmanagement ist beispielsweise Ausfluss dieses Grundsatzes.

Wir haben gerade auch deswegen – das ist mehrfach erwähnt worden – eine entsprechende ressortübergreifende Normprüfstelle eingerichtet. Es sind weniger Stammnormen als früher; das ist evident. 420 Stück haben wir beseitigen können. Wir haben Vorschriften abgeschafft, die nicht zwingend notwendig sind, bürokratische Erschwernisse beseitigt.

Das Interessante war, dass bei denjenigen, die heute Vereinfachung und Unterstützung fordern, wie etwa die Grünen, jedes Mal, wenn wir beispielsweise Gesetze 1:1 auf vergleichbare andere Gesetze bzw. auf die Umsetzung von bundesrechtlichen Vorschriften zurückgeführt haben, das Gezeter riesengroß war. Bei der Verwaltungsstrukturreform, wenn es um bürokratische Vereinfachung geht, war jedes Mal der oppositionelle Widerstand gesichert. Das Ganze zeigt: Es ist natürlich nicht so ernst gemeint, aber ein schönes Thema für heute Abend um 21 Uhr.

Wir haben uns an vielen Stellen von Genehmigungserfordernissen getrennt und in Anzeige umgemodelt. Das hat jedes Mal dazu geführt, dass Sie das abgelehnt haben. Wir haben das Streichen bürokratiesteigernder Abstimmungsregelungen aufgegriffen und die ständige Streitigstellung aller Subventions- und Ausgabentatbestände.

All das zeigt: Die Zahl der neuen Gesetze, Verordnungen und Erlasse sowie der Normen im Bestand und auch der Vorschriften im Einzelnen, was Erschwernisse im bürokratischen Bereich anbetrifft, haben wir gesenkt. Das ist der Weg, den wir gemeinsam weitergehen wollen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP – Wolfram Kuschke [SPD]: Aber eine Niederlage vor dem Verfas- sungsgericht haben Sie bekommen!)

Vielen Dank, Herr Minister.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Hauptausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/10651, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/6338 abzulehnen. Wer stimmt dem zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die Grünen. Wer enthält sich? – Die SPD enthält sich. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu:

16 Mehr Tempo in der Umsetzung des Antrags „Schwimmunterricht in der Schule in Qualität und Quantität sichern“!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10703

Für die antragstellende Fraktion hat Herr Kollege Groth das Wort.