Protocol of the Session on March 9, 2010

Dass Sie aber so in die Mottenkiste greifen und den Grünen Technikfeindlichkeit, Innovationsfeindlichkeit vorwerfen, das erzeugt bei mir körperlichen Schmerz.

(Ralf Witzel [FDP]: Wie keine andere politi- sche Kraft im Land!)

Hier ist der Wahlkampf ausgebrochen, auch wenn Sie eigentlich gar keinen führen wollen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, der FDP-Fraktion würde es guttun, in ihrem Herrenclub mal etwas mehr Frauenforschung zu betreiben, dann wären wir alle auf dem richtigen Wege.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Inhaltlich ist die Entscheidung nicht zu monieren, weil in der Region Aachen mit dem Kompetenzzentrum Medizintechnik der RWTH und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie diesbezüglich tatsächlich eine besondere Expertise besteht. Auffällig ist nur – und das ist der entscheidende Punkt – , dass an dem Wettbewerb lediglich ein Bewerber teilgenommen hat. Alle anderen Regionen, zum Beispiel Bochum, OWL, Köln/Bonn, haben zwar im Vorfeld Interesse bekundet, aber am Ende auf eine Bewerbung verzichtet.

Insofern ist es richtig, Herr Witzel, dem Antrag der SPD zu folgen und das Ganze auf den Prüfstand zu

stellen. Mit Blick auf ähnliche Wettbewerbe in der Zukunft ist es richtig, zu gucken, ob das zu sehr auf eine Region zugeschnitten oder ob das offen war. Das ist auch mit Blick auf den Schutz der hohen Reputation, die sich die Region Aachen schon erworben hat, richtig. Hier muss man schützend eingreifen; denn das Blatt könnte sich wenden, wenn alle sagen: Sie haben zu Unrecht gewonnen. – Das meinen jedenfalls wir Grüne ausdrücklich nicht.

Es ist auch richtig, das noch einmal mit Blick auf die fehlerhafte Pressemitteilung zu untersuchen. So dumm kann man eigentlich gar nicht sein, dass das tatsächlich mit Absicht geschehen ist. Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber man lernt ja immer noch dazu. Darin stand ausdrücklich: gegen acht weitere Projektverbünde. – Es war auch noch lange im Internet zu sehen.

Man muss sich schon fragen, welche Art Wettbewerb das sein soll, wenn es nur einen Wettbewerber gibt. Es darf nicht sein, dass Wettbewerbsausschreibungen nur auf einen Mitbewerber zugeschnitten sind, der am Ende den Zuschlag bekommt. Das, meine Damen und Herren – auch Herr Löttgen! –, können Sie im Grunde nicht verweigern. Hier muss aufgeklärt und – es kann sein, dass der Minister uns heute aufklärt; ich glaube es nicht – nachgehalten werden. Alles andere kann auch nicht in Ihrem Interesse sein.

Wir Grüne sagen: Wo Wettbewerb draufsteht, muss auch Wettbewerb drin sein. Denn nur ein Wettbewerb mit Pluralität auf der Bewerberseite kann über seine Anreizfunktionen als Instrument der Qualitätssicherung fungieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wettbewerbe, die – in welcher Form auch immer – gezielt auf einen Wettbewerber zugeschnitten sind, können dem Anspruch auf Qualitätssicherung – das wollen Sie ja – gar nicht gerecht werden.

Wir Grüne sagen zudem: Zu funktionierenden Wettbewerben zählen auch Transparenz und die uneingeschränkte Bereitschaft, mögliche Defizite und Versäumnisse im Nachhinein dezidiert aufzuarbeiten. Dem können Sie sich eigentlich gar nicht verschließen. Genau diese Bereitschaft zur Aufklärung erwarten wir heute von Ihnen. Deshalb schließen wir uns dem Antrag der SPD ausdrücklich an.

Ich möchte für die Grünen noch einmal betonen, dass wir nicht kritisieren, dass in Verbindung mit dem Themenfeld Medizintechnik ein Wettbewerb mit dem primären Ziel, eine Leitregion zu ermitteln und ein Cluster zu generieren, auf den Weg gebracht worden ist; denn die Medizintechnik und mit ihr die Gesundheitswirtschaft insgesamt ist eine Potenzialbranche – das ist völlig klar –, in der nachdrückliche Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte zu erwarten sind.

Wir Grüne kritisieren auch nicht den Zuschlag an ein Konsortium in Aachen; das sage ich ausdrücklich. Die Expertise der dort im Bereich Medizintechnik und Medizinforschung tätigen Akteurinnen und Akteure ist aus unserer Sicht über jeden Zweifel erhaben. Dies betone ich auch als Bochumer Abgeordneter, der aus einer Region kommt, die sich gleichwohl hätte bewerben können, sich dann aber nicht beworben hat. In der Region Bochum haben sich in den letzten Jahren über 100 Unternehmen in dem Bereich angesiedelt. Bei diesem Wettbewerb wären wir aber gegenüber Aachen vermutlich leer ausgegangen.

Meine Damen und Herren, speziell als Bochumer Abgeordneter habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass das Wissenschaftsministerium über eine zweite Wettbewerbsrunde nachdenkt. Das ist ein positives Signal. Ich hoffe, dass wir heute Auskunft darüber bekommen und endgültig den Vorwurf ausräumen können, dass der hier in Rede stehende Wettbewerb nur auf eine Region zugeschnitten war und sich deshalb kein anderer hat bewerben wollen. Denn das wäre fatal; dann könnten Sie Ihre Wettbewerbe gleich einpacken. – Vielen Dank, meine Damen und Herren. Ich bitte den Minister, das aufzuklären.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Groth. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Lienenkämper in Vertretung von Herrn Minister Pinkwart.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Nach dieser Diskussion stelle ich die politische Botschaft an den Anfang und frage: Wer hat denn die räumliche Bevorzugung von bestimmten Bereichen in diesem Land beendet? Wer hat endlich für Qualität bei den Wettbewerben gesorgt?

(Beifall von CDU und FDP)

Wer vergibt die Ziel-2-Mittel an die besten und nicht an landesmäßig definierte Projekte? – Das waren doch diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen. Sie haben endlich Schluss mit der Bevorzugung von Regionen gemacht, und das war richtig so.

(Beifall von CDU und FDP)

Das zeigt sich bei allen 45 Ziel-2-Wettbewerben, die zwischenzeitlich durchgeführt worden sind, und im Ergebnis genauso beim Wettbewerb InnoMeT.NRW. Auch dieser Wettbewerb ist nach den neuen, inzwischen etablierten Verfahren der Forschungs- und Technologieförderung durchgeführt worden. Er war so angelegt, dass sich alle Interessenten aus Nordrhein-Westfalen beteiligen konnten.

Der landesweite Aufruf hat dementsprechend keinerlei Einschränkungen vorgenommen und auch niemanden ausgeschlossen.

Wir haben natürlich darauf geachtet, dass keine Doppelungen zu anderen Wettbewerben erfolgten, etwa zu dem vom Gesundheits- und vom Wirtschaftsministerium angestoßenen Wettbewerb „made in NRW“, der bereits eine breit angelegte Förderung einzelner Medizintechnikprojekte ermöglicht hat.

Ich will Ihnen auch schildern, welche Grundüberlegungen den Zuschnitt des Wettbewerbs InnoMeT.NRW geprägt haben. Nordrhein-Westfalen verfügt bereits unbestritten über eine hohe Anzahl von Innovationspotenzialen im Bereich der Medizintechnik. Das bestätigen auch das RWI und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. An gleicher Stelle diagnostizieren diese unabhängigen Experten, dass der Vernetzungsgrad und die Intensität der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft noch längst nicht ausreichen, um dem Land den Status einer Spitzenposition in der Medizintechnik zu verleihen.

Um genau dieses strukturelle Defizit wirksam anzugehen und unser Land am Zukunftsmarkt Medizintechnik bestmöglich partizipieren zu lassen, werden daher mit dem Wettbewerb InnoMeT.NRW gezielt die besten Konzepte zur Formierung oder Stärkung eines Clusters für innovative Medizintechnik identifiziert. Ähnlich wie beim Spitzencluster-Wettbewerb der Bundesregierung sollten hier Konsortien von thematisch aufeinander bezogenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten miteinander in den Wettbewerb treten, die gemeinsam, getragen von Wissenschaft und Wirtschaft, in ein schlüssiges thematisches Gesamtkonzept eingebunden werden.

Ganz bewusst werden dabei die Fördermittel auf eine Siegerregion fokussiert, die damit Mittel in einer dem Spitzencluster-Wettbewerb etwa vergleichbaren Größenordnung und so die Chance erhält, einen international wettbewerbsfähigen Innovationskern in der Medizintechnik überhaupt zu etablieren.

Um den potenziellen Antragstellern in den verschiedenen Regionen die Chance zu bieten, ihre jeweiligen Stärken einzubringen, wurden auch keine thematischen Beschränkungen vorgegeben.

Jetzt steht der Vorwurf im Raum, das Innovationsministerium habe die Wettbewerbsbedingungen so gestaltet, dass nur eine einzige Region teilnehmen konnte. Ich weise für die Landesregierung diesen Vorwurf mit allem Nachdruck zurück. Das entspricht nicht den Tatsachen. Der Wettbewerb wurde in gleicher Weise wie alle anderen Wettbewerbe der Öffentlichkeit bekannt gemacht.

Der Vorwurf, das Innovationsministerium habe bewusst Hürden gebaut, ist an den Haaren herbeige

zogen. Im Gegenteil: Es sind Brücken gebaut worden. Leute sind zu Bewerbungen ermutigt worden.

Innerhalb von zwei Wochen nach Veröffentlichung des landesweiten Aufrufs haben drei sehr gut besuchte Informationsveranstaltungen stattgefunden: am 15. Mai 2009 in Düsseldorf, am 26. Mai 2009 in Jülich und am 28. Mai 2009 in Bochum.

Die Teilnahmebedingungen und die Fristen waren ab dem Wettbewerbsstart nicht nur auf den Homepages des Innovationsministeriums und des Ziel-2Sekretariats dokumentiert, sondern auch in einem eigenen Flyer und einer Broschüre zum Wettbewerb nachzulesen. In allen diesen Veröffentlichungen finden sich überhaupt keine Belege für die von Ihnen heute erhobenen Vorwürfe.

Meine Damen und Herren, nach Abschluss der Bewerbungsfrist wurde klar, dass sich nur ein einziges Konsortium an diesem anspruchsvollen Wettbewerb beteiligt hat. Zuvor war angesichts der vielen im Land bereits vorhandenen einschlägigen Kompetenzen davon auszugehen, dass sich durchaus mehr als ein Konsortium formieren und am InnoMeT.NRW-Wettbewerb teilnehmen würde. In Nordrhein-Westfalen firmieren allein sechs Regionen mit dem Titel Gesundheitsregion. Die meisten von ihnen sehen sich gerade in der Medizintechnik so stark aufgestellt, dass sie sich in der Arbeitsgruppe Medizintechnik.NRW gemeinsam engagieren.

Im Ergebnis – das ist richtig – bewarb sich ein Aachener Konsortium aus insgesamt 45 Projektpartnern mit einem aus acht Teilprojekten bestehenden Gesamtantrag.

Mit diesem Ergebnis stand übrigens keinesfalls fest, dass dieser einzige Förderantrag auch vollständig gefördert würde; denn der Fachjury oblag es natürlich, zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche Teilprojekte ihrer Auffassung nach grundsätzlich förderwürdig sind und ob die verbleibenden förderwürdigen Projekte in Verbindung mit dem Clusterkonzept im Sinne der Ausschreibung hinreichende Aussicht auf Etablierung eines international sichtbaren Medizintechnikclusters bieten.

Nach eingehender Beratung hat die Fachjury empfohlen, und zwar nachdrücklich, ein Gesamtpaket von sieben Teilprojekten einschließlich einer Clusterstrategie mit rund 15 Millionen € zu fördern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu keinem Zeitpunkt wurde erwogen, diesem Antragskonsortium die in der Ausschreibung in Aussicht gestellte Förderung zu versagen, nur weil wider Erwarten kein weiteres Konsortium einen Antrag gestellt hat. Kernbestandteil eines Wettbewerbs ist nun einmal auch die freie Entscheidung, ob man daran teilnimmt oder ob man nicht daran teilnimmt.

(Beifall von CDU und FDP)

Auch haben weder die Wettbewerbsbedingungen eine Mindestbewerberzahl enthalten, noch wäre eine solche ein sinnvolles und rechtlich zulässiges Bewertungs- oder Ausschlusskriterium.

Meine Damen und Herren, Ihre Vorwürfe laufen also ins Leere. Die Spielregeln und das Bewerbungsverfahren waren zu jeder Zeit transparent.

Zu Recht haben Sie die Pressemitteilung mit dem Titel „Innovationsministerium fördert Medizinforscher aus der Region Aachen mit 15 Millionen Euro“ vom 15. Januar 2010 angesprochen. Es ist richtig, dass diese Pressemitteilung einen redaktionellen Fehler enthalten hat. Dieser wurde allerdings umgehend, und zwar noch am gleichen Tag, über die Homepages des Innovationsministeriums und des Ziel-2-Sekretariats korrigiert.

Als Reaktion auf einen Medienbericht vom 1. März 2010 hat das Ministerium am gleichen Tag eine ergänzende Pressemitteilung zu Bewerbungsverfahren, landesweiten Informationsveranstaltungen, Fristen und Bewilligungsverfahren gemeinsam mit dem Wettbewerbs-Flyer versendet.

Meine Damen und Herren, daran erkennen Sie, dass es sich hier um keine Verschleierungstaktik handelt. Alle Bedingungen waren zu jedem Zeitpunkt transparent und öffentlich.

Wenn ich etwas länger als fünf Minuten dafür gebraucht habe, diese Transparenz heute darzustellen, so bitte ich, mir das nachzusehen. Genauso transparent wie unsere Wettbewerbsverfahren ist die Landesregierung auch hier im Plenum.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister. – Herr Eiskirch hat noch einmal das Wort.

Werter Kollege Lienenkämper, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie den gesamten Text vorgetragen haben, den Herr Minister Pinkwart mitgegeben hat; am Ende sind Sie ja noch einmal auf die Zeitpunkte der Presseveröffentlichung eingegangen.