Herr Kollege Eiskirch, ich gebe Ihnen nur folgenden Rat: Stellen Sie sich nie mehr hier ans Rednerpult und behaupten, Sie würden für den Mittelstand reden. – Vielen Dank.
Ja, ich musste ihn unterbrechen. Er hatte noch einen dicken Stapel von Zetteln. Hätte er das alles vorgetragen, wäre seine Rede ja doppelt so lang geworden. Insofern – tut mir leid – musste ich eingreifen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Linssen, Sie haben eben gesagt, wir könnten uns Wirtschaft als dynamische Veranstaltung nicht vorstellen. – Das passt genau zu dem, was Herr Brockes hier vorgetragen hat. Er hat doch völlig am Thema vorbeigeredet.
Man kann diese Frage streitig diskutieren. Das ist allerdings nicht der Punkt. Man kann aber doch nicht erst ein Gesetz beschließen, nachdem man über alle diese Fragen intensiv diskutiert hat und vor den negativen Folgen gewarnt wurde, und vier Wochen nach der Verabschiedung dieses Gesetzes dann das Gegenteil erzählen und wieder zurückrudern. Diese Art von dynamischer Wirtschaftsveranstaltung ist genau das, was man nicht machen darf.
Die neue Bundesregierung – das hat Herr Koch vorhin erwähnt – macht nicht alles anders als die Vorgängerregierung, aber sie macht vieles besser. Das kommt auch in diesem Gesetz zum Ausdruck.
Es ist immer wieder schön, morgens WDR 5 zu hören – und dann auch Herrn Kollegen Kubicki zu hören, den Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag Schleswig-Holstein. Er ist ja von Herrn Pinkwart aufgefordert worden, diesem Gesetz zuzustimmen. Die Schleswig-Holsteiner haben als einziges Land zumindest eine Zeit lang das Kreuz gehabt, zu sagen: Das, was ihr in Berlin macht, bricht uns im Land und unseren Kommunen ein Stück weit das Genick; lasst es bleiben!
Die Dame vom WDR begrüßt Herrn Kubicki freundlich und fragt ihn: Haben Sie ein Herz für den Wahlkämpfer Andreas Pinkwart? – Darauf antwortet er: Ich habe nicht nur ein Herz für Herrn Pinkwart, sondern ich wünsche ihm auch Verstand;
denn der Vorschlag, den er verbreitet hat, ist ja absurd. – Weiter im Text: Wir sind von NordrheinWestfalen, auch von Herrn Pinkwart, öffentlich aufgefordert worden, unsere Bedenken zurückzustellen
Es waren Herr Pinkwart und Herr Rüttgers, die im Bundesrat zugestimmt haben. Das ist der entscheidende Punkt.
Dann kommt die Begründung für die Volte rückwärts: Das Gesetz habe den Praxistest nicht bestanden. – Das ist doch völlig absurd. Wir wissen alle, wie lange es dauert, ein Gesetz zu erarbeiten. Wir wissen auch, wie dieses Thema über Jahre diskutiert worden ist. Dann kann man doch nicht vier Wochen später erzählen, es habe den Praxistest nicht bestanden. Diese bürokratischen Komplikationen sind doch landauf, landab diskutiert worden.
Die Frage der Differenzierung zwischen 7 % für die Übernachtung und 19 % für das Frühstück ist hinlänglich debattiert worden. Im Übrigen wirft Kollege Becker ja immer die Frage auf: Was kostet denn das Frühstück im Bett – 7 % oder 19 % Mehrwertsteuer?
Landauf, landab ist das alles diskutiert worden. Es war alles bekannt. Dann kann man nicht hingehen und vier Wochen später eine solche Volte machen. Das ist der entscheidende Punkt.
An den Details sieht man, welch unsoziale Politik im Bund mit dieser Steuersenkung gemacht wurde. Ich will einmal auf ein Detail hinweisen. Die Hotels erhalten eine Reduktion von 19 auf 7 %. Schulen und Kindertagesstätten, die Essen bestellen – zum Glück setzt sich ja mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass Kinder auch mittags ein Essen bekommen müssen, wenn sie bis 16 oder 17 Uhr in der Schule oder auf dem Schulweg sind –, zahlen für dieses Essen aber 19 % Mehrwertsteuer.
Bei der Frage aber, ob man hier den Mehrwertsteuersatz auf 7 % reduziert, damit die Eltern dieses Essen vernünftigerweise auch bezahlen können, zeigt man kein Herz. Weil diese Kindergärten und Schulen eben nicht so spenden, wie das bei Mövenpick der Fall ist,
Es hilft auch überhaupt nichts, pauschal zu behaupten, Kindergelderhöhung sei doch eine Wohltat für die Familien; denn man muss schon genau draufschauen, wem es nützt. Wir haben durch diese Neuregelung – das sage ich als jemand mit zwei Kindern, deren beide Elternteile ganz gut verdienen – 40 € im Monat mehr pro Kind, die Familien mit mittleren und
kleinen Einkommen hingegen nur 20 €. Und die große Zahl der Familien, bei denen Menschen arbeitslos sind und staatliche Transferleistungen erhalten, haben null davon. Die bräuchten es. Ihnen helfen Sie an dieser Stelle aber nicht. Insofern gibt es auch dort eine soziale Schieflage.
Die Hauptkritik aus meiner Sicht ist Folgende: Wir wissen, dass es die Kommunen ganz, ganz schwer haben. Die Haushaltslage in den Kommunen wird katastrophal. Trotzdem sagt unsere Landesregierung bei jeder Steuerreform im Bund – egal, wie man es verkleistert nennt – Ja. Herr Pinkwart und Herr Rüttgers sind doch immer um die Koalitionsverhandlungen gekreist wie Hütehunde um eine Schafherde. In jede Kamera, die sich anbot, hat Herr Pinkwart neben Herrn Westerwelle hineingelächelt. Und alles in Berlin Gemachte, was im Land bzw. bei den Kommunen negativ zu Buche schlägt, ist abgenickt und begrüßt worden.
Das sind die berühmten, von Herrn Rüttgers selber genannten 885 Millionen €, die im kommenden Jahr hier geschultert werden müssen.
Wer zu jedem Unfug Ja sagt, auch wenn er sozial nicht ausgewogen ist, muss daran gehindert werden, das weiter zu tun.
Ihnen helfen solche durchsichtigen Manöver nicht, wie Herr Pinkwart sie unternommen hat, wenn er von irgendwelchen bürokratischen Entkomplizierungen und Ähnlichem spricht. Das ist doch alles nur Schau.
Das ist doch alles nur Darstellung, um zurückzurudern und von dem wegzugehen, was man noch vor wenigen Wochen andersherum vertreten hat. Das werden Ihnen die Leute nicht abnehmen.
Sie versuchen, fallenden Umfragewerten dadurch entgegenzuwirken, dass Sie sich bei Positionen, die Sie vor vier Wochen noch vehement vertreten haben, in die andere Richtung drehen, bevor Sie sich vielleicht nochmal drehen. So dumm sind die Leute nicht! Das glaubt Ihnen keiner.