Lieber Herr Kollege Priggen, ich möchte Ihnen einen Kommentar von Herrn Stenglein in der „WAZ“ vom heutigen Tage zur Kenntnis geben, der wie folgt lautet:
Im Fall des halbfertigen Kohlekraftwerks Datteln aber sind politische Kräfte am Werk, denen eine Industrieruine als Menetekel gerade recht käme. Grüne und Öko-Lobbyisten haben schon begonnen, die Landesregierung wegen der Anpassung des Entwicklungsplans als Büttel der Energiekonzerne zu denunzieren.
Man muss befürchten, dass derlei Polemik beeindruckt. Doch abgesehen davon, dass auch ein Energiekonzern wie E.ON ein Recht auf Investitionssicherheit hat, geht es um mehr. Wenn auf Grund der Umweltrichtlinie 18 (!) NRWKraftwerksstandorte in Gefahr schweben, erfolgreich beklagt zu werden, hört der Spaß langsam auf.
Eine vernünftige Förderung regenerativer Energien geht in Ordnung, eine radikale Energiewende mit der Brechstange nicht. An einer gesetzestechnischen Notoperation, so prekär sie ist, führt kein Weg vorbei. Sie ist nicht zuletzt deshalb nötig, weil moderne Kraftwerke allemal umweltverträglicher sind als die alten, dann noch lange weiterlaufenden Dreckschleudern.
Wir kommen daher zur Abstimmung über Einzelplan 08 entsprechend der Beschlussempfehlung Drucksache 14/10208. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne und der fraktionslose Kollege Sagel. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ist die Beschlussempfehlung Drucksache 14/10208 angenommen und damit der Einzelplan 08 verabschiedet.
Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat für die SPDFraktion der Kollege Hilser. Bitte schön, Herr Hilser.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist die letzte Debatte zum Teilbereich „Städtebau und Wohnen“ des Einzelplans 14 unter einer schwarz-gelben Landesregierung.
Von daher gestatten Sie mir einen Rückblick auf die Politik und die Haushaltsentwicklung in diesem Bereich. Begonnen hat die ganze Sache mit dem Leitfaden und unter der Planidee „Privat vor Staat“. Das Thema „Privat vor Staat“ hat sich durch die gesamte Haushaltspolitik in diesem Bereich in den letzten viereinhalb Jahren gezogen.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Beratungen zügig und so fortsetzen, dass man dem Redner oder der Rednerin auch zuhören kann. Ich bitte Sie, die Gespräche nach draußen zu verlagern bzw. demjenigen zu lauschen, der spricht. – Bitte schön, Kollege Hilser, Sie haben das Wort!
Die Politik „Privat vor Staat“ wurde die letzten Jahre konsequent durch den ganzen Haushalt gezogen. Angefangen hat die Aktion mit der Beschneidung der Mieterrechte. Zwei Beispiele an dieser Stelle: Zunächst wurde gegen den ausdrücklichen Widerstand von 42 mittelgroßen und großen Städten die Zweckentfremdungsverordnung abgeschafft. Sie haben damit den Städten die Möglichkeit genommen, zu verhindern, dass Wohnraum in der Innenstadt in Gewerbe- oder Büroräume umgewandelt wird. Dann haben Sie die Kündigungssperrfristverordnung aufgehoben und damit dafür gesorgt, dass sich der Kündigungsschutz von acht auf drei Jahre für einige hunderttausend Bürgerinnen und Bürger in diesem Land reduziert hat. Das war alles unter dem Stichwort „Privat vor Staat“ – auf Kosten der Mieterinnen und Mieter in diesem Lande.
Dann kam die zweite Stufe, der Verkauf der LEG. Sie haben die Nebelkerzen geworfen, dass Sie eine Soziacharta entwickelt hätten, die den Mietern der
LEG auch bei Verkäufen schützen würde. Zunächst muss man feststellen: Sie haben die LEG an eine internationale Immobilienfirma verkauft, für die der Begriff „Heuschrecke“ eindeutig und glasklar zutrifft. Sie waren stellenweise nicht einmal in der Lage, uns mitzuteilen, wie viele Käufer es für diesen LEGBereich eigentlich gab. Aber klar ist, das war eine internationale Immobilienspekulantin. Und wir erfahren heute, was aus diesen Verkäufen geworden ist. Schauen wir zum Beispiel nach Dortmund-Wickede, nach Kreuztal, nach Unna, nach Neuss und nach Essen. In Essen-Bergmannsfeld wurden 900 LEGWohnungen an eine Heuschrecke verkauft. Ein Drittel der Wohnungen ist renoviert, aber da stehen seit Monaten die Werkzeuge in der Ecke und dort passiert nichts mehr. Wir haben die schriftliche Äußerung der LEG-Geschäftsführung, dass frühestens im Frühjahr 2010 eine Entscheidung fällt, ob die Maßnahmen fortgeführt werden oder nicht. Das sind glasklare, konkrete Beispiele, wozu Ihr Verkauf der LEG geführt hat.
Es war ja nun nicht so, dass Sie dann stehen geblieben wären. Gestern kam dann der Supergau ihrer Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen: nämlich der Beschluss über die Vollintegration des Wohnungsbauvermögens in die NRW.BANK. Dazu muss ich kurz erläutern: Sie schieben ein Vermögen in Höhe von 18 Milliarden € aus einer selbstständigen Anstalt in die NRW.BANK. Damit kommt es im Grunde zu zwei wesentlichen Ergebnissen.
Erstens. Wir haben ein jährliches Fördervolumen in Höhe von 1 Milliarde € aus diesem Wohnungsbauvermögen, mit dem Wohnungspolitik in NordrheinWestfalen gemacht wird. Diese 1 Milliarde € tritt durch Ihre Gesetzgebung jetzt in Konkurrenz zu anderen Förderzwecken – mit Mittelstandsförderung, Bildungsförderung und anderen Infrastrukturprojekten. Das heißt, Sie werden willentlich und wissentlich die Wohnungsbauförderung in Nordrhein-Westfalen zurückschrauben. Das ist ein verheerendes Signal, vor allem gegenüber den Städten dieses Landes.
Zweitens: In § 6 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen, zur Steigerung der Fördermöglichkeiten der NRWBANK und zur Änderung anderer Gesetze räumen Sie dem Bankvorstand bei sogenannten Risikogeschäften ein Vetorecht ein. Das bedeutet, in Zukunft entscheidet nicht mehr das Parlament über Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen, sondern der Bankvorstand der NRW.BANK. Das ist eine unsägliche Entscheidung.
Es ist ja nicht nur so, dass Sie diesen Unfug anrichten, sondern Sie lehnen auch noch die Vorschläge der Opposition konsequent ab. Zwei Beispiele dazu:
Erstens. Unseren Vorschlag, Standortgemeinschaften zum Thema Wohnen einzurichten, sodass wir die Möglichkeit haben, Investoren, die sich an Stadtentwicklung nicht beteiligen wollen, per Gesetz dazu zu zwingen, mitzuhelfen, Stadtquartiere lebenswert zu halten, haben Sie ohne Argumente, ohne jede Begründung abgelehnt.
Zweitens. Wir haben uns dafür ausgesprochen, aus den Überschüssen der Wohnungsbauanstalt eine Stiftung einzurichten, damit wir über diese Stiftung sogenannte weiche Faktoren in Problemvierteln stützen und aufbauen können. Auch das haben Sie konsequent und ohne eigene Vorstellungen abgelehnt.
Damit stelle ich fest: Unter dem Strich hat in der Entwicklung der letzten Jahre Ihre Politik dazu geführt, dass Mieterrechte beschnitten und 100.000 Wohnungen an Spekulanten verscherbelt wurden. Sie fahren das Landeswohnungsbauvermögen an die Wand und lassen die Kommunen im Stich. Das alles ist schädlich für Nordrhein-Westfalen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich sollte das eine Haushaltsdebatte sein und nicht die Wiederauflage von Lügen
Denn das, was Sie zum Thema NRW. BANK und zu den Verlusten im Bereich des Wohnungsbauvermögens gesagt haben, sind Parolen, die Sie bereits gestern Abend ausgiebig dargelegt haben. Herr Schulte hat darauf geantwortet. Deshalb frage ich mich, was das mit dem Haushalt zu tun hat.
Ich möchte eines feststellen, Herr Hilser, und das ist inzwischen ein Ärgernis: Man könnte das ja als Oppositionsgetöse wegtun, aber Ihre Aussagen zu diesen Themen sind einfach Lügen. Lügen muss man auch einmal beim Namen nennen. Deswegen sage ich das in dieser Deutlichkeit.
Das kann man so nicht stehen lassen. Das sind Aussagen wider besseres Wissen, die wir mit aller Deutlichkeit zurückweisen. Das ist nicht gut für das politische Klima in unserem Land.
Aber jetzt im Einzelnen zum Haushalt, denn darum geht es tatsächlich. Welchen Satz haben Sie eigentlich zum Haushalt gesagt, Herr Hilser? Haben Sie sich da ausgeklinkt, oder wie verhalten Sie sich in dieser Frage?
Der Etat für das Ministerium für Bauen und Verkehr beweist auch in diesem Jahr Weitblick. Im Entwurf werden die Herausforderungen im Städte- und Wohnungsbau mit einem umfangreichen Volumen finanziell unterlegt. Damit sind auch nennenswerte wirtschaftliche Impulse für die Arbeit von Beschäftigten in Planungsbüros, in den Handwerksbetrieben und in der Bauindustrie verbunden.
Im kommenden Jahr soll aus dem Wohnungsbauvermögen des Landes für die soziale Wohnraumförderung 1 Milliarde € bereitgestellt werden. Das sind ca. 50 Millionen € mehr als in 2009. Im Bereich des Städtebaus stehen 320 Millionen € zur Verfügung. Das ist ebenfalls eine Steigerung um 55 Millionen € gegenüber 2009.
Sie sehen also: Nicht Reden ist die Devise, sondern Handeln. Kleinkariertes Mäkeln, wie wir es gerade wieder gehört haben, an den Antiquitäten unseres Instrumentenladens im Rahmen der Wohnungsbaupolitik wie Fehlbelegeabgabe – Herr Hilser, das haben Sie ganz vergessen – oder Nutzungsänderungsverordnung usw. – Sie haben das angesprochen – ist nun wirklich Geplänkel von gestern, ist ein Beschäftigen mit Antiquitäten. Aber wir wollen die Zukunft gestalten. Von daher ist es eine absolut rückwärtsgerichtete Politik, und es ist einfach alles vertan.