Protocol of the Session on November 5, 2009

wo der Regenwald gerodet wurde. Die Kollegin von Boeselager kann sich auch noch an die stundenlangen Debatten erinnern, in denen uns die Bilder von gerodeten Wäldern gezeigt wurden mit großen Schneisen, die in die Wälder geschlagen wurden. Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich im Sauer- und Siegerland haben, was Sie in Ecuador nicht haben wollten? Denn irgendwie müssen die Windräder auf die Höhenzüge kommen. Sie können sie nicht dorthinzaubern.

(Lachen von den GRÜNEN – Ute Schäfer [SPD]: Das ist doch abenteuerlich! – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung ist sehr eindeutig: Waldbrandgefahr, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Vermeidungsverhalten des Wildes und mögliche Schäden durch Verwirbelungen wären die Folgen. Dazu kommt, dass die Bevölkerung eine solche Idee grundsätzlich ablehnt. Sie können ja gerne einmal heute unter den Besuchern im Landtag nachfragen, was sie von dieser Idee halten würden.

Man stelle sich nur vor, dass die schönen bewaldeten Kuppeln und Berge des Sauer- und Siegerlandes plötzlich mit Windrädern von 180 m Höhe verschandelt würden. Nein, meine Damen und Herren, das ist mit uns nicht zu machen. Umweltschutz beinhaltet nach unserem Verständnis eben auch den Landschaftsschutz.

(Beifall von der FDP)

Wir stehen deshalb zum Windkraftanlagenerlass dieser Landesregierung, der diesen Unfug verbietet.

Ein weiteres Wort möchte ich zum Repowering anfügen, also der technischen Erneuerung von Anlagen. Sie vermitteln immer den Eindruck, der Windkraftanlagenerlass würde Repowering verbieten. Das Gegenteil ist der Fall. Ich zitiere aus Kapitel 4.4 des Erlasses:

Repowering ist innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen möglich. Insbesondere in rechtsverbindlichen Konzentrationszonen können bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz und des Auslastungsgrades die Anzahl der Windkraftanlagen und damit die Immissionen reduziert werden. Ein sinnvolles Repowering trägt somit auch dem Schutz der Anwohner Rechnung.

Im Klartext heißt das, dass für Repowering die gleichen Spielregeln wie für die Neuerrichtung von Windrädern gelten.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Priggen?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Priggen.

Ganz herzlichen Dank, Kollege Brockes.

Ich habe einfach eine Frage: Ein Waldbauer im Siegerland oder im Sauerland, wo der Orkan Kyrill die Kuppen kahlgelegt hat, kann in den nächsten 80 Jahren kein Geld verdienen, weil es so lange dauert, bis erntereifer Wald gewachsen ist. Was spricht dagegen, ihm die Möglichkeit zu geben, über ein paar Windräder Pachteinnahmen zu verdienen, damit er überhaupt Geld hat – der Wald muss gepflegt werden –, und dafür die bestehenden Waldwege zu nutzen. Was spricht dagegen?

Erstens, Herr Kollege Priggen, können Sie über die bestehenden Waldwege doch keine Windkraftanlage transportieren. Das ist doch ein Irrsinn, den Sie hier verbreiten wollen. Sie brauchen dafür breite Schneisen, um mit den großen Schwertransportern bis auf die Kuppen zu kommen. Insofern ist das schon einmal falsch.

Dann klammern Sie völlig die Frage des Landschaftsschutzes, des Landschaftsbildes, aus. Gerade das Sauer- und das Siegerland sind touristisch sehr wertvolle und interessante Regionen.

(Zuruf von Ilka von Boeselager [CDU])

Sie würden damit dem Landschaftsbild massiv schaden und sicherlich entsprechende Konsequenzen für den Tourismus hervorrufen.

(Zuruf von der SPD)

Meine Damen und Herren, die Antwort auf die Große Anfrage gibt schön wieder, warum es in Nordrhein-Westfalen bislang kein Repowering im großen Stil gegeben hat. Dies liegt schlicht und einfach daran, dass erst jetzt die ersten Anlagen ihre maximale Lebensdauer erreichen. Ob ein Investor seine Anlagen repowert, entscheidet er ganz alleine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Lassen Sie mich aber noch etwas zum EEG sagen. Die neue Bundesregierung hat vereinbart, Herr Kollege Priggen, die EEG-Sätze regelmäßig zu kontrollieren, um Überförderung zu vermeiden. Konkret wird zum 1. Januar 2012 eine Novelle angekündigt. Das ist eine sehr konkrete Aussage, die gerade auch für Investoren wichtig ist, damit sie eine verlässliche Kalkulationsgrundlage haben.

Meine Damen und Herren, es ist dringend notwendig, dass hier mit der bisherigen Überförderung Schluss gemacht wird.

(Beifall von der FDP)

Denn wir kritisieren gerade, dass die Vergütungssätze für Windenergie im Binnenland von der Großen Koalition ohne Not nach oben gesetzt worden sind. Dies verlängert dauerhaft die Subventionierung einer angeblich wirtschaftlichen Technik, wie Sie immer beteuern. Das belastet Mittelstand und Familien bei ihren Stromrechnungen.

Sie reden immer davon, Windenergie würde dem Mittelstand helfen. Genau das Gegenteil ist der Fall: Es profitieren einige wenige davon, dass sie hohe Subventionen bekommen. Aber die breite Masse des Mittelstandes, Herr Kollege Stinka, wird durch Ihre höheren Energiepreise negativ belastet.

(André Stinka [SPD]: Deshalb erhöhen Sie ja jetzt die Mehrwertsteuer! Das ist in sich schlüssig!)

Insofern ist es völlig falsch, dass Ihre Position zur Windenergie den Mittelstand fördern würde. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Landesregierung hat jetzt Minister Lienenkämper das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Leidenschaft wollen Sie sehen, Herr Priggen. Dann werde ich leidenschaftlich ein Bekenntnis dazu ablegen, dass die Klimaschutzstrategie der Landesregierung modern, gut und zukunftsweisend ist. Fangen wir damit direkt an.

(Beifall von CDU und FDP – Lachen von den GRÜNEN – Norbert Römer [SPD]: Das war Leidenschaft! – Zuruf von der Regierungs- bank: Sehr gut!)

Das hätte am Anfang nicht jeder ohne Weiteres der Landesregierung zugetraut, denn gemeinhin war die Erwartung des einen oder anderen, der sich vorher mit der Energiepolitik beschäftigt hat, an diese Landesregierung, eher mit konservativen Zielvorstellungen umzugehen nach dem Motto: Die werden für die Erneuerbaren nichts tun; die werden die konventionellen Kraftwerke fördern, aber nichts bei den Regenerativen machen.

Dazu muss man feststellen: Es ist deutlich anders gekommen. Die Landesregierung hat sich früh sehr intensiv mit der Energiepolitik befasst und unter Verantwortung von Frau Kollegin Thoben die Erneuerbaren als wesentlichen Bestandteil festgeschrieben und eine Strategie entwickelt, wie die Erneuerbaren in Nordrhein-Westfalen ausgebaut

werden können. Dabei ist Windenergie ein wesentlicher Bestandteil. Dazu bekennen wir uns ausdrücklich. Wichtig ist festzuhalten, dass diese Energiestrategie dazu führt, dass wir sichere, saubere und bezahlbare Energie in Nordrhein-Westfalen haben.

Das EEG ist überarbeitet worden; das haben Sie angesprochen. Die Landesregierung hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durchaus mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die Förderung von Repoweringanlagen im EEG verbessert wird. Das ist im Sinne der erneuerbaren Energien als positiv zu bewerten.

Die Frage der Raumbedeutsamkeit von Windkraftanlagen ist inzwischen geklärt. Das hat die Rechtsprechung inzwischen einigermaßen bestandsfest entschieden. Eine Windkraftanlage ist raumbedeutsam, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls vor Ort der Fall ist. Wichtig ist, dass es keine generalisierende Bewertung gibt, sondern dass die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat befunden, dass eine Gesamthöhe von rund 100 m ein Indiz für die Raumbedeutsamkeit darstellt. Das gilt es nicht zu vernachlässigen.

Wahr ist auch, dass bei der Windenergie verschiedene, durchaus divergente Interessen miteinander abzuwägen sind, zu denen auch der Anwohnerschutz gehört; das ist gar keine Frage. Deswegen fand ich Folgendes so bezeichnend – Reisen bildet in der Tat –: Als ich in meiner alten Funktion als Mitglied des Wirtschaftsausschusses an der Informationsreise teilgenommen habe, haben viele Vertreter der Windenergieindustrie durchaus sehr offen gesagt, dass sie heute auch nicht mehr an den Standorten bauen würden, an denen sie früher bauen wollten, sondern freiwillig sehr viel weiter von der Wohnbebauung weggehen würden.

Das ist insofern ein Erfolg der Landesregierung gewesen, als wir von Anfang an klargemacht haben, dass der Anwohnerschutz auch wichtig ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Beim Wald und bei der Frage, ob der Wald eine Tabufläche für Windkraft ist, kann man mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein. Allerdings halte ich es für absolut richtig, dass wir die Entscheidung so getroffen haben, wie sie getroffen wurde.

Denn Nordrhein-Westfalen hat zum einen im Verhältnis zu anderen Bundesländern einen erheblich geringeren Waldanteil. Zum anderen gibt es einen relativ hohen Planungsstand für Windenergiekonzentrationsflächen in Nordrhein-Westfalen, der höher als in anderen Bundesländern ist. Deswegen meinen wir, dass wir auf die Waldflächen im Ergebnis nicht zurückgreifen müssen.

Die Antwort ist im engen Einvernehmen mit allen Ressorts erstellt worden. Daran sehen Sie, dass es eine energiepolitische Konzeption dieser Landesregierung gibt. Ich erlaube mir zu bemerken: Das war mitunter früher auch einmal anders.

Ich bin ausdrücklich dankbar dafür, dass die Antwort die Chancen des Repowerings sehr deutlich macht. Repowering hängt in der Tat – das hat der Kollege Brockes zutreffend ausgeführt – zum einen davon ab, ob die Firmen überhaupt ein wirtschaftliches Interesse daran haben. Zum anderen hängt Repowering aber auch davon ab, wie die örtlichen Rechtsbedingungen sind.

In etwa 50 % der Kommunen sehen örtliche Satzungen Nabenhöhenbegrenzungen vor, die einem Repowering entgegenstehen. Ich rege an, dass die Kommunen in eigener Verantwortung darüber nachdenken, ob diese Höhenbegrenzungen mit dem Ergebnis einer Repoweringvermeidung sinnvoll sind; denn ich kann mir durchaus Konzentrationszonen vorstellen, in denen verhältnismäßig viele Anlagen stehen, in denen es so eine Höhenbegrenzung gibt, wo aber möglicherweise durch Repowering die Anzahl der Anlagen reduziert werden kann, während die Wirkung deutlich größer ist. Es kann durchaus im Sinne des Anwohnerschutzes und des Landschaftsbildes besser für eine Kommune sein, dort zu repowern, als es zu lassen. Ich rege also an, dass die Kommunen darüber nachdenken, aber in eigener Verantwortung, vor Ort und dezentral.

Repowering wird von uns ausdrücklich unterstützt. Der Kollege Brockes hat die entsprechenden Stellen aus dem Windkraftanlagenerlass zitiert. Die Verbindlichkeit von Erlassen der Landesregierung für nachgeordnete Behörden und deren Empfehlungscharakter für planende Gemeinden ist ebenfalls Bestandteil der Antwort der Landesregierung. Die immer wieder aufkommende Diskussion zu diesem Thema sollte damit grundsätzlich abgeschlossen sein.

Herr Kollege Priggen, Sie haben die Tatsache angesprochen, dass wir bis jetzt keinen Hersteller von Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen haben. Das ändert sich erfreulicherweise durch die eviag AG im Duisburger Hafen, wo wir zum Glück exzellente Infrastrukturflächen haben. Dort entsteht auf einer Werksfläche von insgesamt ca. 20.000 m2 eine 6.000 m2 große Produktionshalle. Im zweiten Schritt wird auch ein Verwaltungsgebäude entstehen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Dort sollen unter optimalen Bedingungen Windkraftanlagen der neuen Generation produziert werden. Das macht deutlich, dass Nordrhein-Westfalen ein interessanter Standort auch für Hersteller von Windenergieanlagen ist. Wir begrüßen das natürlich ausdrücklich.

Schon lange hat sich das Land zu einem bedeutenden Zulieferindustriestandort für Windkraftanlagen entwickelt. Hier sind wichtige Standorte des Maschinenbaus und der Elektrotechnik sowie Hochschulen für Maschinenbau, Elektrotechnik und Energiewirtschaft. Von besonderer Bedeutung für den Technologiestandort Nordrhein-Westfalen ist übrigens auch das größte Binnenlandtestfeld für Windkraftanlagen in der Nähe von Grevenbroich.

Der Vorwurf, der in der Großen Anfrage etwas mitschwingt, die Landesregierung habe sich auf eine Bekämpfung der Windenergie im eigenen Land verlegt, trifft erkennbar nicht zu. Wir unterstützen auch weiterhin die Windenergienutzung im Rahmen des Gesamtkonzepts zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Die nordrhein-westfälische Landesregierung ist seit dem 28. Oktober 2009 im Übrigen förmliches Mitglied einer internationalen Allianz zum Klimaschutz. Das unterstreicht noch einmal nachdrücklich unsere Anstrengungen in diesem Bereich.

Frau Ministerin Thoben hat übrigens aus diesem Anlass erklärt, dass wir in der Climate Group Partnerregionen suchen, die genau wie NordrheinWestfalen konkret an Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen arbeiten und mit denen wir in einen konstruktiven Austausch eintreten können. Als Schwerpunktthemen, die in der Climate Group behandelt werden sollen, hat Herr Kollege Uhlenberg den Ausbau der Bioenergie sowie Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel genannt. Bis 2020 will die Landesregierung Strom- und Wärmeproduktion aus Biomasse auf fast 18 Milliarden kWh verdoppeln. Damit könnten 20 % des Strombedarfs und 10 % des Wärmebedarfs der Privathaushalte Nordrhein-Westfalens abgedeckt werden.