Vierter Punkt: Ausgleichsmittel für die Schülerbeförderung. Seit dem Jahr 2008 wurde die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs in erheblichem Umfang pauschaliert. Als Bestandteil dieser Pauschalierung werden ab 2011 auch die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr an die Aufgabenträger des ÖPNV überführt. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das Bundesverkehrsministerium es bis zu diesem Zeitpunkt nicht hinbekommen hat, die Regelungen des § 45a Personenbeförderungsgesetz aus der kommenden Verordnung 1370 der EU herausnehmen zu lassen.
Zur nachhaltigen Absicherung des Schüler- und Ausbildungsverkehrs im ÖPNV sowie zur Fortführung und Weiterentwicklung der erfolgreichen Schüler- und Semestertickets in Nordrhein-Westfalen halten wir es für erforderlich,
durch angemessene Vorgaben die zweckgerichtete und gleichmäßige Verwendung der erhöhten Pauschalmittel für den Ausbildungsverkehr im Land abzusichern. Meine Damen und Herren, wir wollen und werden den Ausbildungsverkehr in NordrheinWestfalen nachhaltig stärken.
Fünfter Punkt: Zukunftskonzept 2025 für Busse und Bahnen in Nordrhein-Westfalen der Grünen. Die Grünen versuchen immer wieder, durch große Ankündigungen Wählerinnen und Wähler zu beeindrucken. So haben die Grünen in der letzten Legislaturperiode 10 Millionen neue Zugkilometer versprochen. Außerdem haben sie einen Metroexpress versprochen, der schon im Jahre 2006 die Metropolen in Nordrhein-Westfalen miteinander verbinden sollte.
Zudem beanspruchen die Grünen mit diesen großspurigen Ankündigungen eine Monopolstellung in der SPNV- und ÖPNV-Politik. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Monopolstellung gibt es für die Grünen nicht. Für alle Parteien in diesem Hohen Haus haben SPNV und ÖPNV einen sehr hohen Stellenwert: für die Grünen – keine Frage –, für die CDU, für die FDP und selbstverständlich auch für die SPD.
Natürlich stimmen wir der Überweisung in den Fachausschuss zu. Allerdings helfen uns diese grünen Wahlkampf- und Schauanträge in diesem politischen Feld kein Stück weiter. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rasche. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Lienenkämper das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Vorab haben wir eines festzustellen, und zwar Einigkeit darüber, dass Busse und Bahnen, also ÖPNV und SPNV, für Nordrhein-Westfalen, für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und für alle politischen Parteien und Fraktionen, die in diesem Landtag vertreten sind, wichtig sind. Das ist so, das bleibt so, und das ist übereinstimmend festzustellen.
Herr Kollege Becker, gerade deswegen habe ich Bedenken, ob Sie in Ihrem elfseitigen Papier wirklich das richtige Bild vom Zustand des ÖPNV zeich
nen. Nach meinem Eindruck malen Sie den ÖPNV deutlich schlechter, als er ist. Damit machen Sie die Anstrengungen von vielen Beteiligten in den Regionen unseres Landes schlecht, die sich tagaus, tagein darum kümmern, den ÖPNV nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern das gute Angebot auch qualitätsvoll zu steigern, um den Menschen in NordrheinWestfalen vernünftige Angebote zu machen. Ich bin nicht sicher, dass das wirklich dem Ziel dient.
Ich glaube auch nicht, dass der ÖPNV vor dem finanziellen Kollaps steht. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir folgende theoretische Überlegung: Selbst wenn es so wäre, würden ihn die in Ihrem Antrag angedachten Handlungsoptionen dann auch nicht davor bewahren – im Gegenteil.
Es ist völlig klar, dass über die Kürzung von ÖPNVFördermitteln sowie über das Steigen der Fahrpreise niemand von uns froh sein kann – auch kein Verkehrsminister, der die Bedeutung des ÖPNV natürlich bestens kennt.
Sie wissen aber – es ist gerade auch von den Kollegen Bernd Schulte und Christof Rasche erklärt worden –, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel auf Bundesebene durch die alte Bundesregierung erfolgt ist. Vielleicht sollte man einmal daran erinnern, wer seinerzeit den Widerstand der Länder organisiert hat. Im Wesentlichen war das Oliver Wittke – unterstützt von den Fraktionen, die hier die Regierung getragen haben. Zumindest teilweise war dieser Widerstand auch erfolgreich. Die Kürzungen sind zum Teil rückgängig gemacht worden, weil Oliver Wittke und mit ihm zusammen auch andere sich dafür eingesetzt haben. Das unterschlagen Sie in Ihrem Antrag natürlich geflissentlich, obwohl er sonst relativ viele Fakten enthält.
Lassen Sie mich auch noch einmal auf das Thema der Fahrpreissteigerungen eingehen, das Sie in Ihrem Antrag ebenfalls ansprechen. Man muss Fahrpreissteigerungen schon mit dem Richtigen vergleichen. Fahrpreissteigerungen mit der allgemeinen Preissteigerung oder mit der Steigerung der Lebenshaltungskosten zu vergleichen, das bringt einen naturgemäß nicht weiter.
Die Verkehrsunternehmen, denen die Tarifhoheit obliegt, haben bei der Fortschreibung der Fahrpreise ihre Kostendeckungsgrade im Auge zu behalten. Diese werden im Wesentlichen durch die Entwicklung der Energiepreise bestimmt. Insofern müsste die Grundlage des Vergleiches darauf Bezug nehmen und nicht auf die allgemeinen Lebenshaltungskosten, die sich völlig anders entwickeln.
Das führt zu einer verzerrten Darstellung der Fakten und deswegen wahrscheinlich auch nicht zu den richtigen Schlussfolgerungen. Die Landesregierung hat die Mittel des Ausbildungsverkehrs keineswegs gekürzt.
Auch das ist im Beitrag von Bernd Schulte deutlich geworden. Die Realität hat dieses althergebrachte ÖPNV-Förderinstrument in seiner Ergiebigkeit für die Verkehrsunternehmen schlicht und ergreifend gemindert. Dazu zählen die zurückgegangenen Schülerzahlen, dazu zählt der nahezu unterrichtsfreie Samstag, und dazu zählen auch die gestiegenen Tarife für reguläre Tickets.
Im Übrigen ist es vielleicht auch hilfreich, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Beilegung des Streits mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr nicht nur einen zusätzlichen Einsatz von Regionalisierungsmitteln abfordert, sondern dass dem auch verkehrliche Optimierungen qualitativer und quantitativer Art in erheblichem Umfang gegenüberstehen. Die Parteien wollen das Leistungsvolumen durch das vereinbarte Regionalexpresskonzept um rund 1,5 Millionen Zugkilometer ausweiten und die Qualität spürbar und deutlich erhöhen. Das wird ein Zugewinn an Komfort und Qualität für die Kundinnen und Kunden sein und ist deswegen jedenfalls nicht aus der Betrachtung herauszunehmen.
Kollege Wißen fand die Überlegung interessant, dass das Land verantwortlich sei für die Klage des VRR gegen die Bahn. Ich müsste vielleicht noch einmal drei oder vier Tage unter Heranziehung meines gesamten intellektuellen Vermögens nachdenken,
ob überhaupt ein Ansatzpunkt dafür da ist, dass das stimmen könnte. Um das ernsthaft und sehr deutlich zu sagen: Wenn in Nordrhein-Westfalen einer den anderen verklagt, dann ist dafür nicht die Landesregierung verantwortlich.
Die Landesregierung hat im Gegenteil vieles dazu beigetragen, dass dieser Streit gelöst werden kann – das sage ich jetzt einmal im Vorgriff auf die noch zu treffenden Gremienentscheidungen – und dass dabei sogar eine Qualitätsverbesserung herauskommt. So wird ein Schuh daraus und nicht andersherum.
Dann gibt es im Antrag eine ganze Menge Spekulationen um die finanziellen Folgelasten des RRX. Weder die Höhe der Betriebskosten noch das durch den zusätzlichen Leistungsumfang determinierte verkehrliche Bestellerentgelt stehen gegenwärtig fest. Deswegen sind diese Folgekosten zur Untermauerung der These, der ÖPNV lebe von der Substanz, schlicht nicht geeignet.
Ich glaube auch, dass der Katalog der Forderungen, der an die Landesregierung gerichtet ist, in wesentlichen Teilen falsch und nicht zielführend ist.
Ein Konzept, das das erstellte VDV-Gutachten zur Zukunft der Finanzierung des ÖPNV auf das Land herunterbricht, halte ich schlicht nicht für zweckmäßig. Wir haben im Schulterschluss mit vielen ande
ren die Bemühungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen und der Länder intensiv unterstützt, eine gemeinsame Position in Vorbereitung der Gespräche mit dem Bund über die Revision nach dem Entflechtungsgesetz mit Wirkung ab dem Jahr 2014 und nach dem Bundesregionalisierungsgesetz mit Wirkung ab dem Jahr 2015 zu schaffen. Das hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn es gemeinsam getragen ist – entweder von allen Bundesländern oder jedenfalls von einer großen Vielzahl der Bundesländer.
Deswegen ist es schlicht nicht zweckmäßig, wenn einzelne Länder jetzt aus dieser Phalanx ausscheren und die Dinge für sich herunterbrechen. Das Gutachten ist eine gute Grundlage dafür, mit dem Bund zu verhandeln. Das ist auch die richtige Stoßrichtung, denn da brauchen wir das Geld und die belastbare Planungsgrundlage, wie nach 2014 bzw. 2015 die Finanzausstattung sein wird. Da verhandeln wir hart und intensiv und gemeinsam und im Schulterschluss. Das ziehe ich jedenfalls einem Herunterbrechen der Zahlen auf das Land Nordrhein-Westfalen deutlich vor.
Die neue Schlüsselung der Pauschalen nach dem ÖPNV-Gesetz Nordrhein-Westfalen hat im Übrigen bereits nach geltender Rechtslage für das Jahr 2011 in Kraft zu treten. Die Koalitionsfraktionen haben dazu das Notwendige ausgeführt. Ich unterstütze das ausdrücklich und explizit. Dazu bedarf es aber nicht der Aufforderung des Landtages, sondern es geht, wie man sieht, auch ohne diese.
Einer Bundesratsinitiative des Landes mit dem Ziel, die Kürzungen der Regionalisierungsmittel zurückzunehmen, bedarf es ebenso wenig. Über die Gesamtthematik wird im Zuge der im Jahr 2014 mit Wirkung ab 2015 anstehenden Revision nach dem Bundesregionalisierungsgesetz entschieden. Es liegt auf der Hand, dass der Dialog darüber zwischen den Ländern mit dem Bund zeitlich im Vorfeld dieser Entscheidung liegen wird.
Entsprechendes gilt übrigens für das am 31. Dezember 2019 außer Kraft tretende Entflechtungsgesetz und das sogenannte GVFG-Bundesprogramm. Der Dialog darüber mit den anderen Ländern hat bereits begonnen, ist im Entstehen. Wir müssen mit belastbaren und erfolgversprechenden Positionen dem Bund gegenüber auftreten.
Ein ÖPNV-Konjunkturprogramm als Bund-LänderGemeinschaftsinitiative steht nach meinem Dafürhalten im grundsätzlichen Gegensatz zu den Bemühungen von Bund und Ländern, eine föderative Neuordnung ihrer Beziehungen unter Vermeidung von Mischzuständigkeiten zu erreichen, und konterkariert daher alles das, was im Rahmen der Föderalismusreform erreicht worden ist und noch erreicht werden soll.
Insofern glaube ich, dass die weiteren Beratungen, auf die ich mich natürlich auch freue, ergeben werden, dass der Antrag vermutlich relativ wenige Aussichten auf eine Mehrheit haben wird. Das ist auch richtig so.
Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung zur PKW-Maut machen, Herr Kollege Wißen. Es ist schon bemerkenswert, wenn Sie sagen: Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich einfach einmal davon aus, dass die Bundesregierung die PKWMaut will. – Das ist eine Verdrehung der Tatsachen.
Erstens steht im Berliner Koalitionsvertrag nichts von einer Pkw-Maut. Zweitens hat Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer heute Morgen ausdrücklich erklärt, dass dieses Thema nicht auf der Tagesordnung steht.
Lesen Sie das bei dpa nach! Heute ist diese Erklärung erfolgt. Ich kann sie Ihnen noch einmal ausdrucken, nötigenfalls auch vergrößern lassen. Die Pkw-Maut steht also nicht auf der Tagesordnung.
Deswegen sollten Sie redlicherweise nicht davon ausgehen. Ich bin gegen die Verunsicherung der Menschen durch ständig neue Gebührendiskussionen. Autofahren in Deutschland ist teuer genug, und wir müssen es nicht noch teurer machen!