Protocol of the Session on November 4, 2009

Dazu kommen ausufernde Dokumentationen und Datenerfassung. Bei dieser ausufernden Bürokratie muss man gar nicht erst bemühen, was sich im letzten Jahr abgespielt hat, dass nämlich genau vor einem Jahr diese unsägliche Kinderzählerei stattgefunden hat, bei der jedes Kind mit Ankunfts- und Abholzeiten im Kindergarten registriert werden musste.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dem Bürokratiewahn wird die Krone aufgesetzt, indem jetzt über jeden Einzelposten Verwendungsnachweise geführt werden müssen. Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal vorstellen. Hier wird ein System eingeführt mit allen Nachteilen für die Träger, mit allem Risiko, was diese Pauschale für die Träger bedeutet. Der einzige Vorteil, dass man nämlich eine Vereinfachung im Abrechnungssystem hätte, das eine Pauschale bieten würde und was Sie sich auch auf die Fahnen geschrieben haben, wird jetzt den Trägern vorenthalten, indem ganz normale Verwendungsnachweise über alle Einzelposten von den Kita-Trägern gefordert werden.

Meine Damen und Herren, das ist trägerfeindlich. Es ist letztlich auch wieder gegen die Bildung der

Kinder gerichtet. All diese Zeit, die die Einrichtungsleitung, die die einzelne Erzieherin für die Dokumentation, für diesen gesamten Verwaltungskram braucht, ist Zeit, die letztendlich den Kindern fehlt, die letztendlich bei der Förderung und damit auch bei der Bildung jedes einzelnen Kindes fehlt.

Erschwerend kommt hinzu, dass genau diese Zeiten, die einzurechnen sind, vom GTK bis zum KiBiz verkürzt wurden. Im GTK hatten wir für diese Verfügungszeiten noch 20 % der Arbeitszeit einer Erzieherin einberechnet, jetzt hat jede Erzieherin nur noch 10 % für diese Arbeiten zur Verfügung. Das bedeutet: Sie muss die Zeit, die eigentlich für die Kinder zur Verfügung steht, nutzen, um diesen ganzen Bürokratieaufwuchs überhaupt bewältigen zu können.

Wir sind nicht die Einzigen, die das so sehen. Sie können mit Einrichtungen sprechen. Besuchen Sie die Kindergärten bei Ihnen in den Wahlkreisen! Sie werden Ihnen genau dieses Problem schildern. Herr Lindner hat es getan. Er hat am 19. August in „DerWesten“ gesagt und im „Kölner Stadt-Anzeiger“ war es auch zu lesen – ich zitiere Herrn Lindner –:

Wir haben leider mit dem KiBiz Bürokratie auf- statt abgebaut.

An diesem Punkt hat Herr Lindner ausnahmsweise recht.

(Christian Lindner [FDP]: Ausnahmsweise!)

Ich kann Sie nur auffordern: Nehmen Sie diese Erkenntnis auch ernst, nehmen Sie das ernst als FPD-Fraktion, auch wenn Herr Lindner zukünftig nicht mehr in diesem Hause sein wird. Er bleibt Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen. Das ist gut so. Vielleicht können Sie Ihrer Fraktion und insgesamt der Koalition noch einmal auf die Sprünge helfen, zumindest in diesem Punkt das KiBiz nachzubessern. Wir wissen, es gäbe sehr viel mehr Punkte, bei denen deutlicher Revisionsbedarf besteht. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kastner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Asch, wann immer Sie über das KiBiz reden,

(Frank Sichau [SPD]: Haben Sie recht!)

ob im Plenum, im Ausschuss oder in anderweitigen Veranstaltungen, dann passiert Folgendes: Sie schüren Angst, Sie verunsichern die Menschen. Sie bauen Ihre Argumente auf Unwahrheiten auf und blenden

(Ralf Witzel [FDP]: Sie wirft Luftballons!)

ja, das kann Sie auch, Luftballons aufblasen – die guten Erfolge des KiBiz prinzipiell aus. Sie sprechen meistens davon, wie empört und wie besorgt Sie sind. Sie sind aber weder empört noch besorgt, Sie haben ein politisches Kalkül,

(Beifall von Bernhard Recker [CDU])

weil Sie glauben, mit verängstigten Bürgern könnten Sie Stimmen fangen.

Der vorliegende Antrag ist der beste Beweis dafür. Völlig hemmungslos behaupten Sie direkt zu Beginn des Antrages, dass das KiBiz das Probejahr nicht bestanden habe.

Ich möchte dazu zwei Feststellungen treffen.

Erstens. Das KiBiz hat auch nicht den Auftrag gehabt, ein Probejahr zu bestehen,

(Britta Altenkamp [SPD]: Das stimmt! Es hat keine Übergangsphase gegeben!)

sondern die Revision dauert bis zum Jahr 2011. Ich komme darauf zurück. Dann werden wir sicherlich erneut prüfen.

Zweitens. Die Erfolge des KiBiz sind durchaus messbar und alles andere als klein. Messbar ist die Tatsache, dass die Verzehnfachung des Platzangebotes für unter Dreijährige bis zum Jahre 2010

(Beifall von der CDU)

als Zunahme von Flexibilität und Bildung zu sehen ist.

Noch viel dreister, ja sogar unverschämt ist die zweite Aussage im vorliegenden Antrag. Wer oder was gibt Ihnen das Recht zu behaupten, dass alle Praktiker, die in den Einrichtungen arbeiten – ich betone noch einmal: alle – das KiBiz schlecht finden. Haben Sie bei allen angerufen, sich persönlich erkundigt, oder haben sich etwa alle bei Ihnen gemeldet oder sprechen Sie von denen, die bei Ihnen in den Veranstaltungen auflaufen? Allein schon diese Begriffswahl halte ich für selbstherrlich und nicht darauf angelegt, sachlich mit dem Thema umzugehen. Wenn man ehrlich ist, diskreditieren Sie sich eigentlich selbst.

Die Beantragung einer Plenardebatte auf der Basis dieser verfälschten Argumente beleidigt aus meiner Sicht schon fast das Hohe Haus. Mit mangelndem Wahrheitsgehalt und dem Neuigkeitswert von gestern beanstanden Sie die Kindpauschale, und Sie schließen mit der Forderung ab, die „ausufernde Bürokratie“ zu beenden.

Auch auf die Gefahr hin, dass die meisten von Ihnen wie immer seufzen oder, wie man an den leeren Bänken sieht, sich denken, dass man dies schon zigmal gehört und diskutiert hat, möchte ich es Ihnen trotzdem noch einmal erklären, getreu dem Motto: Wiederholung ist die Mutter der Pädagogik.

Das KiBiz sichert die Qualität der Tageseinrichtung durch die Stärkung der Bildungsarbeit, durch gegenüber dem GTK erhöhte Fachkraftstunden – das unterschlagen Sie immer – und zusätzliche Sprachförderung. Insgesamt erreicht das KiBiz eine finanzielle Förderung vonseiten des Landes, die es noch nie gegeben hat, noch nie in der Höhe und noch nie für die Anzahl der Kinder.

(Beifall von der CDU)

Die im Rahmen des KiBiz eingeführte Förderung pro Kind beinhaltet Personalkosten einschließlich Kostenanteilen für Leitungsfreistellungen, Verfügungszeiten und sonstige Personalkosten sowie Sachkosten. Die unterschiedlichen Pauschalen sind dabei an dem Personalbedarf bei unterschiedlichen Betreuungszeiten und dem Alter der Kinder ausgerichtet. Dieses neue Finanzierungssystem ermöglicht mehr Flexibilität und bessere Orientierung am tatsächlichen Bedarf, auch am Bedarf der Familien, was übrigens von den Eltern in der Regel begrüßt wird.

Der neue Finanzierungsmodus basiert auf einer Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, den Kirchen und den kommunalen Spitzenverbänden.

Wir haben für das Jahr 2011 eine Revision verabredet. Daran werden wir uns auch halten. 2011 wird mit gesetzgeberischer Aufmerksamkeit genau hingeschaut und geprüft, ob sich das KiBiz bewährt hat und ob nachgesteuert werden muss. Bis es soweit ist, werden wir uns an die Vereinbarungen halten. Das gilt auch für die Höhe der Kindpauschalen.

Noch ein Wort zum Thema Bürokratie: Das Familienministerium hat in enger Zusammenarbeit mit den Landesjugendämtern und Vertretern der kommunalen Jugendämter, den kommunalen Spitzenverbänden und den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege eine neue Software entwickelt. Diese ermöglicht und unterstützt eine unbürokratische finanzielle Abwicklung des KiBiz. Ich finde es geradezu abenteuerlich, dass das Europäische Institut für öffentliche Verwaltung in Maastricht die Software kibiz.web in einem internationalen Wettbewerb mit 300 Beiträgen aus 15 Staaten ausgezeichnet hat, Sie aber sagen, das sei Mist.

(Beifall von der CDU)

Mit dieser Vorgehensweise entlasten wir die Einrichtungen bei ihren bürokratischen Aufgaben und schaffen Zeit für das Wesentliche, was Sie auch eingefordert haben, nämlich für die Betreuung der Kinder.

Meine Damen und Herren, wo kein Bürokratiewahn herrscht, werden wir auch keinen stoppen. In diesem Sinne werden wir im Ausschuss weiter darüber diskutieren. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kastner. – Für die SPD-Fraktion erhält Frau Abgeordnete Altenkamp das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun sprechen wir doch über diesen mit Liebe getexteten Antrag. Ich möchte ein paar Dinge sagen, weil einige Sachen vermischt werden, was vielleicht nicht ganz richtig ist.

In der Tat war in der Vergangenheit eine ziemlich genaue Darlegung über Verwendungsnachweise nach dem GTK erforderlich. Das hatte insbesondere den Hintergrund, dass zu dieser Zeit noch der Elternbeitragsdefizitausgleich existiert hat. Die Spitzabrechnung führte dazu, dass die tatsächlich entstandenen Bedarfe finanziert worden sind.

Natürlich gab es in der Vergangenheit Klage über diese genaue Darlegung, die Verwendungsnachweise und darüber, was alles abgefragt wurde. Die Kritik wurde in dem Moment lauter, als der Elternbeitragsdefizitausgleich abgeschafft wurde, weil man sich dann in der Tat fragen lassen musste, wofür man eigentlich die Verwendungsnachweise macht, wenn das, was man eigentlich darlegen will, nämlich den tatsächlich entstandenen Bedarf, überhaupt keine Folgen hinsichtlich der Finanzierung mehr hat. Dieser Zusammenhang ist in dem Antrag nicht ganz richtig dargestellt worden.

Wir haben es in den vergangenen 24 Monaten an keiner einzigen Stelle unerwähnt gelassen, dass das KiBiz zu einer Bürokratieentlastung führt, und zwar insbesondere für das Land, mit der Folge, dass die Beziehung zwischen Land und Kommune eine ziemlich einfache Sache ist: Das Land sagt den Kommunen, sie sollen ihre Bedarfe erheben, und zwar vorher und nicht nachher. Die Kommunen stellen dann ihre Bedarfe fest und liefern diese Zahlen an das Land. Das Land sammelt diese Zahlen und gibt danach die Pauschale heraus.

Wir haben immer wieder kritisiert, dass die Vorgaben im Landeshaushalt immer ein bisschen niedriger sind. Die Bedarfe der Kommunen sind erkennbar höher. Dann gibt sich das Kabinett einen Ruck und beschließt: Dann müssen wir jetzt aber alles finanzieren. Dass dieses unwürdige Spielchen da mit angelegt ist, haben wir doch schon hundert Mal diskutiert.

Es handelt sich also um eine Bürokratieentlastung für das Land. Für die Träger und für die Kommunen ist die Bürokratie nicht weniger geworden. Die Kommunen müssen bei der Beantragung schauen, wie realistisch ihre Bedarfe sind. Sie werden natürlich ihre Träger auffordern, darzulegen, wie hoch ihre Bedarfe sind. Und hier sind wir bei dem eigentlichen Punkt. In der Tat hat es in einigen Kommunen – bei Weitem nicht in allen – sozusagen eine Verstärkung der Erhebungsmodifizierung und der

Verfahren gegeben. Insofern ist das, was im Antrag dargelegt wird, auf der einen Seite eine logische Folge des KiBiz, was man kritisieren kann. Auf der anderen Seite ist aber die Empörung, die aus dem Antrag hervorgeht, ein bisschen unverständlich.

Viele Träger und auch Kommunen selber sagen in der Zwischenzeit, dass sie mehr Bürokratie, einen stärkeren Erhöhungsaufwand haben, denn – das will ich Ihnen sagen, Frau Kastner – das kibiz.web ist eine Einbahnstraße. Das kibiz.web ist vor allem nützlich für das Land, weil das Land irgendwann sehr genau sehen kann, und zwar bis in die einzelne Einrichtung hinein, welcher Bedarf angemeldet worden ist und wie viele Plätze besetzt sind.

Aber für die Beziehung zwischen Kommunen und Träger hat das kibiz.web kaum einen Nutzen; denn die Kommunen müssen im Prinzip ihre eigenen Modalitäten finden, wie sie die Bedarfe, die Anmeldung, die tatsächliche Anzahl der Kinder und die dann zu zahlenden Kindpauschalen übereinander bringen. Das – so sage ich jetzt einmal – gelingt in den Kommunen unterschiedlich gut. Das ist gewollt, denn es geht beim KiBiz um eine Kommunalisierung.