zuschaffen. Sie folgt damit einer allgemeinen Linie. Innenminister Wolf kündigte 2007 im Zusammenhang mit seinen Plänen zur Verwaltungsreform an – ich zitiere –: Wir wollen das Widerspruchsverfahren, soweit rechtlich möglich und in der Sache vertretbar, ganz abschaffen.
Diese Ankündigung hat die schwarz-gelbe Landesregierung in weiten Teilen gegen erhebliche Bedenken von verschiedensten Seiten durchgesetzt. Die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens soll nun auch als Allheilmittel für den Bürokratieabbau im Bereich des Disziplinarrechts herhalten. Es bleibt jedoch völlig unklar, auf welche Art die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in diesem Bereich zum Abbau von Bürokratie führen soll. Entsprechende rechtstatsächliche Erhebungen fehlen. Aber ohne solche Erhebungen, meine Damen und Herren, kann man nicht seriös abschätzen, ob eine Gesetzesänderung letztendlich Nutzen bringt oder der Schaden überwiegt.
Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die allgemeine Abschaffung des Widerspruchsverfahrens waren und sind wir nach wie vor der Auffassung, dass dieser Schritt nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger war, weil diese bei Konflikten mit Behörden von Vornherein gezwungen sind, die Verwaltungsgerichte anzurufen. Eine der Folgen ist dabei die Zunahme der Verwaltungsgerichtsverfahren. Allein beim Verwaltungsgericht Münster ist die Zahl der Verfahren im letzten Jahr um 25 % gestiegen.
Die mit einem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten sowie eine gewisse Hemmschwelle gegenüber Gerichtsverfahren haben die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, ihre Interessen gegen Verwaltungsentscheidungen in der Praxis durchzusetzen, deutlich geschwächt und so zu einem gravierenden Abbau von Rechtsstaatlichkeit geführt.
Durch die vorgesehen Abschaffung des Widerspruchsverfahrens im Disziplinarrecht werden die Rechtschutzmöglichkeiten der Beamtinnen und Beamten analog zu denen der Bürgerinnen und Bürger massiv eingeschränkt. Insbesondere wird die Befriedungsfunktion des Widerspruchsverfahrens aufgegeben. Das lehnen wir ab. Wir stehen hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der Seite der Beschäftigten des Landes.
Für besonders dramatisch erachte ich, dass sich dieser Entwurf gewissermaßen nahtlos in die bisherige Gesetzgebung der schwarz-gelben Koalition im Bereich des öffentlichen Dienstrechts einfügt. Ich erinnere nur an die faktische Abschaffung der Mitbestimmung.
Schlimm ist auch, dass dieser Entwurf wieder einmal die mitarbeiterfeindliche Geisteshaltung von Schwarz-Gelb dokumentiert. Ich erinnere an die in den letzten Tagen erfolgte Ablösung des Bochumer Polizeipräsidenten Dr. Wenner.
Fast alle bisherigen Gesetzesvorhaben dieser Landesregierung im öffentlichen Dienstrecht haben die Beschäftigten schlechter gestellt als zuvor. So ist auch hier zu befürchten, dass die geplanten Änderungen einseitig den Interessen des Dienstherrn Rechnung tragen und die Interessen der Beamtinnen und Beamten außer Acht lassen.
Dass das nicht gerade das Betriebsklima in den Amtsstuben erhöht, meine Damen und Herren, liegt, denke ich, auf der Hand.
Vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, können wir auch die im Innenausschuss von den Koalitionsfraktionen geäußerte Einschätzung, es handele sich ja hierbei lediglich um redaktionelle Anpassungen, in keinster Weise nachvollziehen. Wir sind vielmehr der Meinung, dass die Landesregierung hiermit die bisherigen Rechte der Beamtinnen und Beamten beschneidet, ohne sich über die tatsächlichen Folgen Gedanken zu machen.
Selbstredend werden wir diesem Gesetzesentwurf nicht zustimmen. – Ich bedanke mich gleichwohl für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte schon befürchtet, ich bin im falschen Parlament. Nachdem Herr Stotko uns gestern gelobt hat und Herr Stüttgen heute auch seine Rede mit Lob anfing, dachte ich schon, die Opposition hätte ihre Arbeit eingestellt. Aber, Herr Stüttgen, Sie haben dann ja doch noch ein bisschen Kritik geübt. Ich kann dazu nur sagen: Sie haben sich bemüht, etwas zu finden, aber gefunden haben Sie, ehrlich gesagt, nichts.
Sie haben hier vom Abbau der Rechtsstaatlichkeit gesprochen. Meine Damen und Herren, ist es denn nicht rechtsstaatlich, wenn Angestellte noch nie ein Widerspruchsverfahren hatten, sondern immer, wenn sie mit ihrem Arbeitgeber gestritten haben, in letzter Konsequenz nur vor Gericht gehen konnten?
Ja, wie soll ich das denn sonst verstehen? Beamte hatten bisher erst mit ihrem Arbeitgeber zu diskutieren, dann ins Widerspruchsverfahren zu gehen und dann zu klagen. Normale Angestellte, Herr Stüttgen, die Sie ja wahrscheinlich gar nicht kennen, so wie Sie hier immer reden, hatten diese Situation noch nie. Und was machen wir? Wir schaffen schlicht und ergreifend das Widerspruchsverfahren ab.
Meine Damen und Herren, das hat sich inzwischen auch in den anderen Verwaltungsangelegenheiten sehr bewährt. Denn es zeigt sich: Der Abbau des Widerspruchsverfahrens hat eben nicht zu einer Klagewelle geführt, sondern dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung in einen viel stärkeren Dialog getreten sind, als es früher der Fall war.
Weil nämlich die Verwaltung weiß, hinterher droht die Klage, wird sie bei der Ausgangsentscheidung viel genauer hinsehen, und sie wird auch versuchen, einen Konsens mit den Betroffenen zu erzielen.
Mir kann niemand erzählen, dass das ausgerechnet bei den Beamtinnen und Beamten nicht gelten soll, meine Damen und Herren.
Im Übrigen halte ich es für richtig und sinnvoll, dass wir als Landesregierung die Kraft haben, einen Gesetzentwurf aus dem Jahre 2005 auch schon nach ein paar Jahren an der einen oder anderen Stelle redaktionell anzupassen. Das zeigt doch, dass wir nicht statisch sind, dass wir nicht das, was wir einmal beschlossen haben, 30 Jahre gelten lassen, wie es früher die SPD gemacht hat, sondern dass wir von Zeit zu Zeit immer wieder die Gesetze, die wir verantwortet haben, aufrufen, nachschauen und hier und da redaktionell nachjustieren.
Aber eines, Herr Stüttgen, muss ich Ihnen doch noch mit auf den Weg geben. Wenn Sie hier allen Ernstes den Bochumer Polizeipräsidenten anführen, was wollen Sie uns in der heutigen Debatte eigentlich damit sagen? Wollen Sie sagen, dass man disziplinarrechtlich bei einem solchen Verhalten mal hart durchgreifen müsste, oder was wollen Sie? Letztendlich ist es doch beschämend, wenn jemand in seiner Amtszeit SPD-Anfragen bearbeitet. Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie das hier thematisieren. Wenn Sie das thematisieren, sollten Sie es in Form einer Entschuldigung tun, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Orth, es ist schon erstaunlich, mit welcher Verve Sie hier – und das als sogenannte Rechtsstaatspartei – faktischen Rechtsschutzzabbau als Bürokratieabbau verkleistern.
Um nichts Anderes geht es bei Streichung des Widerspruchsverfahrens und bei der Abschaffung der Gebührenfreiheit bei gerichtlichen Disziplinarverfahren. Das ist kein Bürokratieabbau. Hier werden Rechtschutzmöglichkeiten gekappt. Hier werden die Hürden dafür, dass sich Menschen auch wehren können, höher gelegt.
Natürlich passt das in eine Reihe von Maßnahmen, die Sie hier in Regierungsverantwortung bereits gemacht haben. Natürlich ist das in einer Kette mit der Abschaffung des allgemeinen Widerspruchrechts zu sehen.
Sie wissen auch, Herr Orth, dass es falsch ist, jetzt schon zu sagen: Davon merken die Verwaltungsgerichte noch gar nichts, und das hat gar keine Auswirkungen auf die Verwaltungsgerichte. Wie kommen Sie eigentlich dazu, eine solche These hier zu behaupten?
Denn Sie selbst haben doch vor nicht allzu langer Zeit an dem Gespräch mit den Verwaltungsrichterinnen und -richtern im Rechtsausschuss teilgenommen, die uns sagten, es sei noch viel zu früh, hier schon eine Bilanz zu ziehen. Wir müssten das abwarten. Sie haben ferner vorgetragen, dass es sehr unterschiedliche Reaktionen gibt. In manchen Bereichen haben sie eine Zunahme der Verfahren und in anderen Bereichen tue sich nichts. Sie haben vorgeschlagen, das noch einmal in einem Jahr auszuwerten.
Für diese These ist es einfach zu früh. Wir lehnen das Gesetz ab. Ich habe das im Ausschuss gesagt. Abschaffung von Widerspruchsverfahren sieht auf dem Papier klasse aus. Man könne meinen, dass damit Bürokratie abgebaut wird. Faktisch versteckt sich dahinter, dass hier der Rechtsschutz gekappt und das Risiko für fehlerhafte Abschlussentscheidungen erhöht wird.
Das wird mit uns nicht zu machen sein. Auch die Gebührenfreiheit ist für uns kein gangbarer Weg. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einigkeit in diesem Hohen Hause besteht, dass sich das Landesdisziplinargesetz in seinen Grundstrukturen bewährt hat. Das ist eine gute Erkenntnis. Ich denke, dass auch an der Grundkonzeption nichts geändert wird. Es werden einige kleine Veränderungen vorgenommen, die sicherlich in Ihrer Bedeutung nicht überwertet werden müssen.
Das betrifft zum einen die Institution des Vertreters des öffentlichen Interesses. Der ist auch an anderer Stelle als allgemeiner Vertreter des öffentlichen Interesses Nordrhein-Westfalen schon weggefallen. Da ist es ganz vernünftig, das in einem zweiten Gang hier auch zu tun.
Herr Stüttgen, Sie haben eine verlorene Schlacht über das Thema „Abschaffung des Widerspruchverfahrens“ wieder aufleben lassen. Ich darf Ihnen zur Ihrer Verblüffung vielleicht sagen, dass es bereits abgeschafft ist. Das, was hier passiert, ist lediglich deklaratorisch, denn wir hatten das bereits durch das Bürokratieabbaugesetz II auch für Disziplinarangelegenheiten abgeschafft. Das ist jetzt nachgezeichnet worden. Es besteht insofern überhaupt kein Grund zur Aufregung und auch nicht dazu, sich hier noch einmal aufzubauschen.
In der Sache selber liegen sowohl Sie als auch Frau Düker völlig falsch, denn es ist nicht als nachteilig zu erkennen, wenn es kein entsprechendes Widerspruchsverfahren mehr gibt. Wir haben nämlich festzustellen, dass die Ausgangsbehörden einen sehr viel größeren Wert auf die Stärkung der Anhörungen legen, sich sehr intensiv um die Ausgangsbescheide kümmern, mit dem Risiko, dass wenn Sie nämlich dort etwas falsch machen, bei Gericht dann auch sofort unterliegen und damit auch die Kostenlast tragen. Frau Düker, das alleine ist auch schon ein in hohem Maße disziplinierendes Mittel.
Was nun die Frage der Belastung der Verwaltungsgerichte anbetrifft, so stimme ich Ihnen, Frau Düker, an dieser Stelle zu. Man kann abschließend und mit letzter Sicherheit noch nicht sagen, auf welche Zahl es genau herausläuft.
Man kann aber sicherlich sagen, dass der Untergang des Abendlandes wahrlich nicht eingetreten ist. Wenn wir uns darauf einigen, dass wir uns das in Nordrhein-Westfalen noch ein bisschen anschauen, kann ich Ihnen zumindest die Zahlen für Nieder