Das ist zwar mehr als Ihr Wählerpotenzial – das ist richtig –, aber trotzdem ist das immer noch überschaubar. Man muss also sehen, das ist die Hälfte der Hälfte.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Meinen Sie nicht, dass Sie die politische Polemik heute mal überzogen haben?)
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das würde ich Ih- nen anraten bei Ihren Wortbeiträgen den ganzen Tag schon!)
Um es deutlich zu sagen: Wir als FDP wollen eine klare Kennzeichnung. Wir wollen eine allgemein verständliche Kennzeichnung. Denn unser Menschenbild zielt darauf ab: Nur der informierte Bürger ist ein mündiger Bürger. Das ist unser Leitbild.
Deshalb sagen wir auch: Man muss andere Portionsgrößen im Kopf haben. Wir müssen andere Einheiten haben. Wenn die Einheit zum Beispiel eine halbe Pizza ist, so kenne ich relativ wenige Menschen, die eine halbe Pizza essen. Deswegen ist es ganz gut, dass die Discounter, die man positiv hervorheben muss, oftmals auf 100 g abheben. Dann weiß man, wie viel das ungefähr ist. Vielleicht kann man auch die Größe nehmen. Aber hier ist wohl eine klare Kennzeichnung sinnvoll, um die Portionsgrößen besser im Auge zu haben.
Wie unsinnig die Ampel wäre, zeigt sich etwa an Coca …, an Cola; ich will ja keine Werbung machen. Die wäre einmal Rot und dreimal Grün zu kennzeichnen. Roggen- oder Vollkornbrot wäre auch Rot gekennzeichnet. Es wäre ganz ungesund; das darf man nicht nehmen – so wenigstens die Wahrnehmung. Weißbrot ist besser, es ist ja Gelb.
Es ist somit richtig, zu sagen: Jawohl, wir müssen das Individuum sehen. Das Individuum muss entscheiden können: Wie sieht das bei mir selbst aus? Ich als Diabetiker muss auf Zucker achten. Kollege X oder Kollegin Y hat Bluthochdruck und muss auf Salz achten. Bei diesen unterschiedlichen Sachverhalten muss ein mündiger Bürger selbst entscheiden.
Das hat auch etwas mit Bildung zu tun. Deswegen sagen CDU und FDP eindeutig: Ernährung hat auch etwas mit Bildung zu tun. Die Bildung in diesem Bereich muss wesentlich verstärkt werden. Deswegen sagen wir: Weg mit der Ampel! Das hat keinen Zweck. Ich bin überzeugt, die Ampel ist „töter als tot“. Warum reden wir darüber? Ich kann für die FDP nur sagen: Wir haben das vor der Wahl gesagt und sagen es jetzt, und dann machen wir das auch, wie das für uns üblich ist. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Kollege Remmel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem ich den Antrag das erste Mal gelesen hatte und dann den einführenden Beitrag der lieben Kollegin Schulze gehört habe, habe ich gedacht: Warum heute noch einmal diese Debatte, die wir eigentlich schon geführt hatten, und zwar positiv, Herr Ellerbrock?
Herr Ellerbrock, ich habe Sie gar nicht angesprochen, sondern die Landesregierung. Die Landesregierung hatte sich positiv dafür ausgesprochen.
Ich darf daran erinnern, dass auch meine Fraktion schon vor Monaten einen entsprechenden Antrag in diesem Haus gestellt hatte.
Ich hatte den Eindruck, dass er durch die CDUFraktion, wenn auch nicht zustimmend, aber doch positiv begleitet wurde. Insofern erschloss sich für mich nicht, warum wir die Debatte heute noch einmal führen. Nach den Redebeiträgen von Herrn Kaiser und Herrn Ellerbrock ist mir allerdings einiges klar geworden. Es hat offensichtlich einen Positionswechsel der Regierungsfraktionen gegeben. Die Position von Herrn Ellerbrock war immer schon klar.
Ich bin auf den Positionswechsel der Landesregierung ganz gespannt: weg von Verbraucherinteressen und Verbraucherschutz
hin zur Unterstützung der Argumentation, wie sie uns auch die Lebensmittelwirtschaft, die Ernährungsindustrie jederzeit vorgetragen hat.
Mir ist klar, was gemeint ist, wenn Herr Kaiser formuliert: Der Sachverstand gewinnt Oberhand. – Was Oberhand gewonnen hat, sind die Lobbyinteressen, die offensichtlich bei Ihnen am Ohr gewesen sind.
Heute tragen Sie genau die Argumente, die uns in den Diskussionen immer entgegengehalten worden sind, vor. Verbraucherschutz spielt offensichtlich in Ihrer Argumentation keine Rolle mehr.
Das ist die Quintessenz, die wir heute aus der Debatte mitnehmen. CDU und FDP sind auf der Leimspur der Lobbyinteressen steckengeblieben.
Denn es geht um die Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Natürlich kann die Ampel nicht alle Probleme im Bereich der Ernährung lösen. Sie kann nur einen ganz kleinen Teil lösen. Aber sie kann den Teil entsprechend verändern, bei dem wir gerade Probleme haben.
Das ist nicht bei eindeutigen Lebensmitteln der Fall, Herr Kaiser. Da wird sich auch jeder Bürger, jede Bürgerin, jeder Verbraucher und jede Verbraucherin zukünftig entscheiden. Wenn ich Milch trinken will, kaufe ich Milch. Wenn ich Cola kaufen will, kaufe ich Cola. Und wenn ich Zucker kaufen will, kaufe ich Zucker.
Aber es gibt heute viele Produkte, bei denen das auf den ersten Blick nicht mehr erkennbar ist. Bei den vielen Fertiggerichten, den vielen Fertigprodukten, Mischprodukten ist es eben nicht erkennbar. Da wäre es in der Tat eine nötige Hilfe und Unterstützung für die Verbraucherinnen und Verbraucher, zu erkennen,
wie ein solches Produkt zusammengesetzt ist. An den bisherigen Nährwertkennzeichen erkennt man das eben nicht. Diese sind eher irreführend, sie sind nicht übersichtlich und sind auch nicht eindeutig. – Um diesen kleinen Teil geht es.
Es geht auch nicht darum, dass wir mit der Ampel das Problem der falschen Ernährung grundsätzlich bekämpfen können. Das ist wirklich ein großes Programm, und Bildung gehört dazu.
Herr Ellerbrock, Sie haben das Thema Bildung in diesem Zusammenhang angesprochen. Dann tun Sie doch etwas! Was tun Sie denn da? Die kleinen Programmbestandteile reichen nicht aus. Dann müssen Sie wirklich in die Richtung gehen und Verbraucherbildung als Schulfach einführen. Das ist die Konsequenz, die man ziehen müsste. Diese Konsequenz ziehen Sie aber nicht.
(Ralf Witzel [FDP]: Sie sagen immer, die ar- men Kinder haben genug Stress im Schulall- tag, nicht noch ein Fach mehr!)
Herr Witzel, wir werden mit der Ampel das Problem der dicken Kinder nicht lösen; das ist schon klar. Aber wir würden mit der Ampel – so haben es jedenfalls die vielen Versuche gezeigt, die es dazu gegeben hat; Großbritannien ist hier nur das große Beispiel – eine Klarheit in bestimmten Bereichen erzielen, die derzeit nicht vorhanden ist.
Deshalb finde ich es bedauerlich, dass sich die Landesregierung, dass sich die Regierungsfraktionen von dieser fortschrittlichen, verbraucherorientierten Lösung offensichtlich verabschiedet haben.
Es ist für den Standort bedauerlich, weil wir hier eine Ernährungswirtschaft haben, die eine Orientierung in eine solche Richtung bräuchte. Diese Orientierung geben Sie offensichtlich nicht.
Ich denke aber, dass damit die Debatte um eine umfassende Kennzeichnung nicht zu Ende ist. Wir werden diese Debatte weiterführen müssen, und sie wird auch weitergehen. Auch neue technische Möglichkeiten werden da eine Rolle spielen müssen. So habe ich von der interessanten Sache gehört, dass man jetzt in Versuchen überlegt, mit dem Strichcode in Verbindung mit dem Handy eine umfassende Information über Produkte bereitstellen zu können.
Das ist eine interessante Geschichte, die uns aber nicht davon entbindet, im Rahmen der europäischen Anstrengungen eine klare Position zu bezie
hen. Deshalb unterstützen wir den SPD-Antrag, weil er noch einmal die Position abklärt. Ich finde es bedauerlich, dass sich die Landesregierung und die CDU zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher leider aus der Diskussion verabschiedet haben.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Remmel. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Landesregierung ist Transparenz in der Verbraucherpolitik ein wichtiges Ziel. Dazu gehört auch eine klare, einfache und ehrliche Kennzeichnung von Lebensmitteln. Alle Aktivitäten in dieser Richtung werden von mir unterstützt und gefördert.
Wie ist die rechtliche Situation? – Unser aktuelles Kennzeichnungsrecht fordert eine umfassende Nährwertkennzeichnung nur dann, wenn für ein Lebensmittel mit Angaben zu einem bestimmten Nährstoff oder zum Kaloriengehalt geworben wird. Steht zum Beispiel bei einer Süßware die Angabe „0 % Fett“, so müssen sich zumindest auf der Rückseite der Verpackung die Angaben zu allen Nährstoffen und zum Energiegehalt wiederfinden.