Protocol of the Session on September 10, 2009

Ich finde es immer komisch, wenn die Grünen auf der einen Seite die Reduzierung der Schulden und auf der anderen Seite bei jeder Position, quasi jedem Antrag hier im Plenum Mehrausgaben fordern. Das passt nicht zusammen. Und deswegen ist Ihre Forderung nach 20 zusätzlichen Stellen offensichtlich auch nicht ganz ernst gemeint.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Absolut ernst!)

Unsere Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen ist aufgrund der finanziellen Unterstützung durch Land und Kommunen so aufgestellt, dass sie bei Bedarf problemorientiert und mit hoher fachlicher Kompetenz auch über die Landesgrenzen hinaus wirken kann. Darauf dürfen wir alle stolz sein; denn kein anderes Bundesland unterstützt seine unabhängige Verbraucherberatung auch nur annähernd so gut wie wir in Nordrhein-Westfalen.

Als Erfolg werte ich auch die Vereinbarung zwischen der Citibank und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zugunsten eines transparenten Weges zu Entschädigungszahlungen.

(Beifall von der FDP)

Im Antrag der Koalitionsfraktionen wird auch das Thema Anbietermitfinanzierung angesprochen. Auch hier ist die Landesregierung nicht untätig geblieben. Mit Haushaltsmitteln haben wir der Verbraucherzentrale Ende 2006 die Gründung der Stiftung Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen ermöglicht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir machen hier keine tollen Papiere, sondern wir haben als Landesregierung das auf den Weg gebracht, was in dieser Zeit auf den Weg gebracht werden musste. Wir nehmen die Probleme ernst. In keinem anderen Bundesland gibt es zum Schutz des Verbrauchers so viel gemeinsame Initiativen und so viele konkrete Maßnahmen, wie sie hier in dieser schwierigen Zeit auf den Weg gebracht werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnetenkollege Stinka das Wort. Bitte schön, Herr Stinka.

(Zuruf von Peter Kaiser [CDU])

Keine Sorge, Herr Kaiser. Ich glaube, wir bekommen es mit vielen konkreten Ansätzen besser hin, als wir es bei Ihnen je erlebt haben.

(Beifall von der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade habe ich mich etwas gefragt. Herr Uhlenberg, ich komme aus einer Gegend, in der ich den Leuten eine Menge zutraue. Sie können selbstverantwortlich handeln und selbstverantwortlich entscheiden.

Wenn ich nun die Realität – die Beratungsfristen bei Schuldnerberatungen im Kreis Coesfeld – und die traurige Situation in den Familienzentren sehe, erkenne ich, dass entweder Sie das Land nicht kennen oder dass der Kreis Coesfeld nicht zum Land Nordrhein-Westfalen gehört. Die Schuldnerberatungen im Kreis Coesfeld haben nämlich lange Wartezeiten und verzeichnen steigende Zahlen von Jugendlichen, die gerade in Schulden geraten sind. Also greift das eine oder andere Schulprojekt wohl nicht so richtig.

Herr Uhlenberg, Familienzentren sind ein guter Ansatz. Nur: Wenn Sie mit den Menschen einmal sprechen würden, wüssten Sie, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort bis zum Anschlag arbeiten, vieles ehrenamtlich organisieren und nicht auch noch für die Finanzmarktkrise der Welt in Verantwortung genommen werden wollen. – So viel zu der Realität, die Sie im Land feststellen.

(Beifall von der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, vor rund einem Jahr nahm das Unheil seinen Lauf. Die Finanzkrise, mit der wir uns hier beschäftigen, hat Auswirkungen bis auf den heutigen Tag. Viele Menschen haben ihre Existenz verloren, und die sogenannte Realwirtschaft – diesen Begriff musste ich erst einmal lernen; denn dann muss es auch eine „Irrealwirtschaft“ gegeben haben – leidet darunter, gerade der Mittelstand, den wir in dieser Debatte auch einmal berücksichtigen müssten.

Wir hatten seitdem 365 Tage Zeit und Möglichkeiten – was Herr Kaiser vorhin richtigerweise angesprochen hat –, das Vertrauen der Menschen in die soziale Marktwirtschaft zurückzugewinnen.

(Beifall von der SPD)

Es hätte Gelegenheiten genug gegeben, auch das Vertrauen der Einwohner im einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen zurückzugewinnen; denn darauf fußt auch die soziale Marktwirtschaft.

(Zuruf von der FDP: Haben wir doch ge- macht!)

Dies hätten wir dadurch erreichen können, dass die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt werden und dass sich ihre Ansprüche in den Haushaltsmittelansätzen und in der Behandlung durch die Landesregierung deutlich niederschlagen.

(Beifall von der SPD)

Wenn ich mir den Antrag von CDU und FDP ansehe, kann ich leider nur feststellen, es ist nicht viel dazugelernt worden: viele blumige Beschlussvorschläge, neun an der Zahl. Es wird darüber gesprochen, dass in den Schulen viel an Beratung gemacht wird. Das ist richtig. Nur, wenn man die Schulzeit verkürzt, „G8“ einführt und sich vor Augen führt, wie hoch die Belastung ist, weiß man, dass das eine oder andere Fach hinten runterkippt.

(Zuruf von der FDP: Nachmittagsunterricht!)

Das betrifft gerade auch die Fächer, die für die sogenannten Qualifikationen im täglichen Leben entscheidend sind.

Wenn man sich den Antrag anschaut, stellt man fest, er enthält viele Bemerkungen, dass das positiv begleitet wird. Nur, Herr Minister, wenn man konkrete Politik machen will, muss ich sagen: Es fehlt an Zeiträumen für die Umsetzung. Es hängt auch davon ab, welche Ziele man eigentlich verfolgt; denn vieles, wie die qualifizierte Ausbildung von Bankberaterinnen und Bankberatern, kann der Staat anregen, durchsetzen kann er es beim Bankenverband eben nicht. Er kann dort appellieren. Also sind das hehre Worte, die sicherlich richtig sind, deren konkrete Umsetzung aber sehr schwierig ist.

Das Prinzip „Privat vor Staat“ hat nach dieser Finanzmarktkrise eine schwere Delle bekommen, weil die Selbstkontrolle der Finanzmärkte eben nicht funktioniert hat. Wenn ich in meinem Wahlkreis mit den Menschen spreche, wenn ich ihn mir anschaue, stelle ich fest: Es gab dort viele Leute, auch solche mit einem kleinen Einkommen und mit – ich sage einmal – nicht viel Ahnung,

(Zurufe von der CDU)

die immer darauf vertraut haben, dass die Bankberaterinnen und Bankberater sie vernünftig beraten. Der Druck in den Banken ist von allen Beteiligten geschildert worden. Er ist vorhanden, weil es darum geht, dass der Berater gerne besser bezahlt werden will und eine bessere Stelle innerhalb der Sparkasse, innerhalb der privaten Kreditorganisation haben möchte. Dieses Vertrauen hat einen schweren Schaden erlitten.

(Beifall von der SPD)

Es hätte hier die Möglichkeit gegeben, den Menschen zu helfen, auch durch die Verbraucherberatung. Doch wie wir im Ausschuss lernen konnten, liegt die Kapazität der Verbraucherzentralen bei 0,018 der Haushalte in Nordrhein-Westfalen.

Ein Berater ist zuständig für 2 Millionen Einwohner. Ich stelle mir meinen Kreis vor: Der Kreis Coesfeld hat überhaupt keine Verbraucherzentrale. Vor dem Hintergrund fragt man sich, wie das tatsächlich zu schaffen sein soll. Es geht tatsächlich um konkrete Politik: Wie ist mit den Menschen zu sprechen? Wie kann man den Menschen helfen?

Gemessen an anderen Einrichtungen – der IHK, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft oder auch der Banken –, die auf diese Wirtschaftskrise reagiert haben, zum Teil mit zeitlich begrenzten Personalaufstockungen, ist das nur ein halbherziger Schritt. Wer sich mit Vertretern der IHK unterhält, weiß, dass, gerade um den Mittelstand zu schützen, viele zeitlich befristete Personalstellen eingerichtet wurden.

Meine Damen und Herren, nach Auffassung der SPD-Fraktion erfordert Krisenmanagement Kreativität und zupackendes Handeln, gerade auch bei den kleinen Leuten, bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Schauen wir uns an, was im Oktober 2008 war. Damals hat Frau Kollegin Fasse von der CDUFraktion in der Plenardebatte noch einmal deutlich gemacht, allein vermehrte Nachfrage rechtfertige jedoch nicht, die finanzielle und personelle Ausstattung von Verbraucherzentralen zu erhöhen. Was heißt das für mich auf Deutsch? Es gibt einen höheren Bedarf. Aber da können wir nicht so richtig helfen. Da zeigt die CDU leider ein Gesicht, das ich oft nicht verstehe; wenn gleichzeitig das Miteinander und ein „Wir für Deutschland“ plakatiert werden. Das passt nicht recht ins Bild.

(Beifall von der SPD)

Wir kommen nun zum unabhängigen Verbraucherschutz. Der Verbraucherschutz – die Beratung, wenn es um Renten und Pensionszahlungen geht – muss unabhängig sein; denn die Banken haben, wie ich es gerade ausgeführt habe, natürlich Interessen.

Vor dem Hintergrund und angesichts der Schlagzeile in der heutigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ zum Vorgehen der Banken, die lautete: „Einst Übeltäter, jetzt Gewinner“, frage ich mich, wie eine Bank unabhängig beraten soll. Das wird nicht funktionieren. Man muss dort sehr strenge Maßstäbe anlegen, damit die Menschen unabhängig beraten werden; denn es geht um deren Rente. Es geht nicht um die zweite Luxusvilla in der Schweiz.

(Beifall von der SPD)

Diese Unabhängigkeit sehe ich gefährdet, wenn die Verbraucherzentralen derartig ausgestattet sind.

Herr Kollege Stinka!

Eine unabhängige, bezahlbare Verbraucherberatung ist ganz entscheidend, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen.

Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, schauen Sie sich den Antrag noch einmal an, denn er dient in der Praxis nicht der Tauglichkeit. Wer vom Kasino spricht, Herr Kaiser, und das bisschen

entgegensetzt, der weiß nicht, was im Kasino abläuft. – Schönen Dank.

(Beifall von der SPD)

Es gibt zwei Zwischenfragen. Wollen Sie die zulassen? Das ist einmal der Kollege Ellerbrock und einmal die Kollegin Frau Fasse.

Ja, natürlich.

Bitte schön, Herr Kollege Ellerbrock.

Kollege Stinka, Sie forderten eben ein Konzept, wie man ein unabhängiges Beratungssystem aufbauen könnte. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass das Stiftungsmodell, das von den Verbraucherzentralen selbst akzeptiert und präferiert wird, ein sehr guter Weg ist. Dazu haben Sie leider nichts gesagt. Sie verstehen ja, was wir meinen. Das ist ja nicht immer so, wie wir bei anderen Gelegenheiten eben gesehen haben. Sagen Sie doch einmal etwas zum Stiftungsmodell!

Die Verbraucherzentralen haben in der Anhörung deutlich gemacht, dass es ein Weg sein kann. Meines Erachtens und nach Meinung meiner Fraktion geht dennoch kein Weg daran vorbei, die Unabhängigkeiten in den Verbraucherzentralen noch deutlicher zu unterstreichen und die tatsächliche Beratung möglich zu machen. Die Zahl, die ich vorhin aufgeführt habe, ist im Ausschuss genannt worden. Ich denke, dass das Gremium an sich eine sehr hohe Kompetenz hat.