Protocol of the Session on September 10, 2009

Insofern passe der Antrag der Grünen-Fraktion nicht zu der Situation im Land und werde deshalb abgelehnt.

Ihr Entschließungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion, passt da sicherlich besser. Er erschöpft sich nämlich aus unserer Sicht weitestgehend in der Beschreibung der Situation im Land.

Der Kommissionsbericht „Chancen für Kinder“ gibt ausführliche Handlungsempfehlungen für das Ausbildungs- und Berufsfeld pädagogischer Fachkräfte. Daneben konnten wir – das wurde bereits erwähnt – mit einer Anhörung zum Grünen-Antrag die Anforderungen an Fachkräfte in der frühen Bildung aus der Sicht von Wissenschaft und Praxis noch konkreter benennen.

Die Enquetekommission hat – wohlgemerkt im Konsens; ich werde nicht müde, das zu betonen – festgestellt – ich zitiere –:

Die veränderte Bedeutung des Bildungsauftrags im Elementarbereich erfordert eine entsprechende wissenschaftliche Qualifikation des pädagogischen Personals in der Erstausbildung und in Fort- und Weiterbildungen.

Außerdem heißt es, dass „die neuesten Erkenntnisse“ aus relevanten Forschungsbereichen „Eingang in die Aus- und Fortbildung finden und konsequent berücksichtigt werden“ müssen.

Konkrete Instrumente, mit denen diese – ich sage es noch einmal – im Konsens getroffenen Empfehlungen umgesetzt werden können, nennt Ihr Entschließungsantrag leider nicht; diese Gelegenheit

haben Sie verpasst. Zudem bleiben Sie beim Thema „Qualifikation von Tagespflegepersonal“ noch hinter der gemeinsamen Empfehlung der Kommission zurück, wenn Sie ganz schlicht Maßnahmen zur besseren Qualifizierung erarbeiten wollen. Die Kommission konnte sich bereits auf das DJICurriculum für Tagespflege als Grundlage einigen. Angesichts der Bedeutung, die Ihre Ausbaupläne der Tagespflege beimessen, ist dieser Rückschritt aus unserer Sicht bedauerlich.

Die eine konkrete Maßnahme, die die Landesregierung mit der Weiterbildungsverpflichtung für die Kinderpflegerinnen in Angriff genommen hat, die in der Zielsetzung, wohlgemerkt, richtig war, sorgte aufgrund der Rahmenbedingungen – ich nenne nur die Stichworte Zeitschiene, Kommunikation, Kostenträgerschaft – zunächst einmal wieder für große Verunsicherung, für Sorge und Ärger bei den betroffenen Kräften und musste eiligst nachgebessert werden. Den Schilderungen von Frau Milz kann ich nicht ganz zustimmen. Und die Verbesserung der Qualifikation des vorhandenen Personals darf zukünftig keinesfalls so weitergehen.

Im Grünen-Antrag wird gefordert – ganz richtig –, finanzielle Rahmenbedingungen für die Einstellung von Personal mit Hochschulabschluss zu schaffen. Zu diesem Aspekt findet sich in Ihrem Entschließungsantrag keine Silbe. Das KiBiz als Qualifikations- und Personalvereinbarung wird erwähnt. Mehr nicht! Nach nunmehr einem Jahr Gültigkeit des Kinderbildungsgesetzes wissen wir allerspätestens, dass die finanziellen Rahmenbedingungen, die Kindpauschalen, für eine Vielzahl von Anforderungen unzureichend sind, auch für eine nennenswerte Beschäftigungsquote akademisch Ausgebildeter. Übereinstimmend formulierten dies auch die Stellungnahmen zur Anhörung im Januar dieses Jahres. Es erfordert aus unserer Wahrnehmung – auch das hat die Enquetekommission geschildert – besondere Ressourcen für die Arbeit mit unter Dreijährigen, und das sind theoretische Kenntnisse, also Wissen, Zeit und Geld. Auch dazu hat sich die Kommission aus meiner Sicht sehr praxisnah geäußert.

Der einzige Vorteil – auch wenn ich nun der folgenden Abstimmung vorgreife – an dem zu erwartenden Beschluss des Entschließungsantrages ist, dass wir in relativ kurzer Zeit einen Sachstandsbericht der Landesregierung über die Qualitätssicherung in den Einrichtungen und die Schritte, die Sie dorthin unternehmen, bekommen. Denn bislang können wir dies in Ihrem Handeln noch nicht zielführend erkennen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hack. – Für die Fraktion der FDP spricht jetzt Herr Kollege Lindner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hack hat bereits darauf hingewiesen, wie sich meine Fraktion in den Ausschussberatungen zu diesem Papier der Grünen positioniert hat. In der Tat passt der Antrag nach unserer Überzeugung nicht zur Lage im Land. Er ist nicht mehr aktuell, enthält nicht viele neue Impulse und ist nicht innovativ. Ich möchte das anhand des Antrags begründen.

Der Titel des Antrags lautet: „Die Besten für die Jüngsten – Qualität der Elementarbildung durch weitere Professionalisierung der Fachkräfte verbessern“. Diesen Titel teilen wir selbstverständlich von der politischen Zielsetzung her.

Das Gleiche gilt für die Überschrift auf Seite 3: „Kindertagesstätten sind Teil des Bildungssystems – eine Anpassung der Ausbildung ist notwendig“. Wir hatten zu dem Thema in diesem Hohen Hause eine Anhörung. Seinerzeit hat der Experte Dr. Rainer Strätz vom Sozialpädagogischen Institut auf den Umstand hingewiesen, dass die klassische Erzieherausbildung, die für alle Berufsfelder in diesem Bereich qualifizieren soll, nicht mehr zeitgemäß ist. Wir brauchen eine stärkere Fokussierung auf Teilbereiche des Berufsfelds. Ich nenne den Erzieher mit Spezialisierung auf U3, auf Sprachförderung, auf Förderung von Schulkindern oder auf Hilfen zur Erziehung. Aus diesem Teil des Antrags ergibt sich also keine Innovation.

Eine weitere Überschrift lautet: „Ausbildung auf Hochschulniveau ist internationaler Standard“. Das ist etwas undifferenziert, denn unsere Fachschulausbildung ist im internationalen Vergleich durchaus qualitätvoll und mit dem vergleichbar, was in anderen europäischen Ländern Hochschulausbildung genannt wird. Gleichwohl sind wir als Koalitionsfraktionen dezidiert der Auffassung, dass wir mindestens für die Leitungskräfte der Kindertageseinrichtungen einen entsprechenden Hochschulabschluss benötigen. Da sind die Anforderungen an das Sozialmanagement, an Fragen der Erziehungsdiagnostik, an interne Weiterbildungsmaßnahmen und anderes mehr gewachsen.

Ich wünsche mir seitens der FDP-Fraktion, dass wir zukünftig über ein konkretes Zieldatum miteinander sprechen, ab wann wir das erreichen wollen. Der Koalitionsvertrag ist in dieser Hinsicht unbestimmt. Wir als FDP schlagen, damit sich alle einrichten können, das Jahr 2015 vor. Ab dann sollte die Leitung einer Einrichtung über einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation verfügen. Übrigens: An sieben nordrhein-westfälischen Fachhochschulen und einer Universität kann man bereits einen entsprechenden Abschluss erwerben.

Auf Seite 4 lautet eine Überschrift: „Keine ‚Verschulung’ der Elementarbildung“. Ja, es ist richtig, dass Kindertageseinrichtungen einen anderen Bildungsauftrag haben. Dieser Bildungsauftrag fokussiert sich, wie in der Jugendhilfe generell üblich, auf die

Persönlichkeitsentwicklung insgesamt. Wir wollen ihn stärken. Deshalb haben die beiden die Regierung tragenden Parteien in die Koalitionsvereinbarung geschrieben, dass wir noch im Laufe dieser Legislaturperiode eine Art Rahmencurriculum für die Kindertageseinrichtungen brauchen. Der zuständige Fachminister Laschet ist also herzlich gebeten – ich bin sicher, dass diese Hausaufgabe noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode abgearbeitet wird –, die Bildungsvereinbarung der Vorgängerregierung und das Schulfähigkeitsprofil, das ein wenig in Vergessenheit geraten ist, zu überarbeiten, an den Stand des Kinderbildungsgesetzes anzupassen und uns hier vorzulegen.

(Beifall von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Lieber Armin Laschet, dein zuständiger Kollege in Baden-Württemberg hat ja am heutigen Tag einen entsprechenden Orientierungsplan für die Kindertageseinrichtungen vorgelegt. Wir müssen unseren Vorsprung vor den anderen 15 Bundesländern in Fragen der Elementarpädagogik halten. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir alle gemeinsam den Ehrgeiz haben, in dieser Frage bald wieder an den Baden-Württembergern vorbeizuziehen.

„Mehr männliche Fachkräfte für das Berufsfeld“, lautet eine weitere Überschrift. Das ist natürlich eine Frage der Träger, Frau Asch. Wir können – das sind keine staatlichen Einrichtungen; ich bitte um Nachsicht – keine Vorgaben machen, wen die einstellen. Das würden die sich zu Recht verbitten, wenn wir Vorgaben machen würden, wer eingestellt wird.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Aber die Ressour- cen zur Verfügung stellen!)

Im Übrigen ist das ja nicht nur eine Frage der Bereitschaft der Träger, sondern sehr viel öfter auch eine Frage der Bewerber, wer sich tatsächlich für den Beruf Erzieher entscheidet. Ich füge hinzu: Es ist nicht nur eine Frage der Bezahlung, denn in verwandten Bereichen, zum Beispiel Pflegeberufe, Krankenpfleger, wird ähnlich schlecht bezahlt, aber da ist die Männerquote sehr viel höher.

Eine „Reform und Weiterbildung für alle Berufsgruppen in der Kinderbetreuung“, eine Überschrift auf Seite 5 des Antrags, ist richtig, aber auch eine Angelegenheit der Träger. Die Modularisierung, die Sie fordern, findet unsere Zustimmung.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Asch?

Bitte schön, Frau Asch.

Lieber Kollege Lindner, sind Sie mit mir einer Meinung, dass, um akademisch ausgebildetes Personal einstellen zu können, dieses Personal erst einmal auf dem Markt vorhanden sein muss, dass wir also die Ausbildungskapazitäten deutlich ausweiten müssen? Angesichts von 9.500 Einrichtungen wissen wir, dass es unter Beibehaltung der jetzigen Ausbildungskapazität noch zwei Jahrzehnte dauert, bis wir überhaupt die Einrichtungsleitungen mit akademisch qualifizierten Leuten besetzen können, und dass es auch eine Frage der Ressourcen ist. Das heißt, die Einrichtungen – die Träger – brauchen das Geld, um die Akademiker dann auch bezahlen zu können.

Frau Asch, mit Ihrer Frage richten Sie das Augenmerk zugleich auf den Punkt „Finanzielle Folgen der Professionalisierung sind überschaubar“ – ein Punkt später. Ich will Ihnen dazu sagen, dass, wie ich gesagt habe, an sieben FHs und an einer Universität eine entsprechende Ausbildung möglich ist und dass – Frau Asch, da gibt es bei Ihnen offensichtlich einen blinden Fleck – schon heute 12 % der Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen über eine Hochschulausbildung verfügen.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Sie sagen, das reicht nicht. Es sind 9.600 Einrichtungen. Wir beschäftigen schon heute mehr als 9.600 Akademiker in Kindertageseinrichtungen. Insofern sind Sie nicht ganz à jour.

Noch einige wenige Anmerkungen. Kindertagespflege – Schritt für Schritt zu mehr Qualifizierung: Ja, erstmals hat diese Koalition etwas zur Qualifikation der Tagespflegepersonen ins Gesetz geschrieben, mit einem Hinweis auf das DJI-Ausbildungscurriculum für Tagespflegepersonen.

Die sollen aber nicht, wie Sie hier geschrieben haben, die gleiche Qualifikation haben wie Erzieher in den Einrichtungen; denn die Tagespflege hat einen anderen Auftrag. Das ist eine Betreuung in den Randstunden. Sogenannte atypische Betreuungsbedarfe werden da abgedeckt: Betreuung von unter Dreijährigen, Betreuung von unter Einjährigen. Da geht es nicht um eine Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, sondern sehr viel häufiger geht es da um eine ganz basale pflegerische Unterstützung der Familien.

Meine Damen und Herren, ich bin den Antrag durchgegangen und habe einige Anmerkungen gemacht, um zu belegen, was Frau Hack auch schon auf Grundlage der Ausschussberatungen dargelegt hat. Wir sind der Auffassung: Dieser Antrag enthält keinen Impuls und keine Innovation, und deshalb muss man ihm auch nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Regierung des Landes NRW spricht Herr Minister Laschet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Landesregierung in ihrem Antrag auf, die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern. Sie möchte die Anpassung der Ausbildung, eine schrittweise Akademisierung, eine Weiterqualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine Stärkung der Forschung auf diesem Gebiet.

Nun ist die Elementarbildung für den weiteren Bildungsgang eines jeden jungen Menschen von größter Bedeutung. Aber immer dann, wenn wir Anträge eingebracht haben, die frühkindliche Bildung zu stärken, war es ausgerechnet diese Fraktion, die sich allem verweigert hat. Wir sind längst in der praktischen Detailarbeit. Da Sie die offensichtlich nicht kennen, möchte ich Ihnen noch einmal einige Punkte nennen.

Erstens. Unter der Federführung NordrheinWestfalens wurde 2008 ein umfangreicher Bericht „Qualifiziert in die Zukunft – zur Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern“ erarbeitet. Auf dieser Basis ist jetzt die Familien- und Jugendministerkonferenz dabei, dies umzusetzen und Anforderungen an die Studiengänge zur frühkindlichen Bildung zu erarbeiten.

Zweitens. Im Kinderbildungsgesetz – die Kollegin Milz hat das erwähnt – wurde zum allerersten Mal eine Personal- und Qualifikationsvereinbarung geschlossen, die alle Trägerzusammenschlüsse einbezieht. Vorher gab es das nicht, dass sich auch alle kommunalen Spitzenverbände dieser Qualitätsvereinbarung angeschlossen haben.

Eine Säule ist dabei das Fachkräfteprinzip. Gegenüber dem GTK wurde mit dem Kinderbildungsgesetz die Zahl der Fachkraftstunden deutlich erhöht.

Drittens. Die Personalvereinbarung und das Finanzierungssystem auf der Basis von Pauschalen eröffnen den Trägern die Möglichkeit, akademisch ausgebildete Kräfte zur Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern einzusetzen. Wenn hier gesagt wird, die Pauschalen reichten nicht aus, antworte ich: Christian Lindner hat das gerade widerlegt. Wenn 12 % derjenigen, die in unseren Kindertagesstätten arbeiten, Akademikerinnen sind, so zeigt dies: Es gibt anscheinend Menschen, die mit diesen Pauschalen akademisch ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher einstellen können. Es ist möglich, dies zu tun.

Wie Sie wissen oder jedenfalls wissen könnten, sind die Einrichtung von Studiengängen und der Ausbau von Hochschulkapazitäten Angelegenheiten der Hochschulen. Sie erhalten über den Hochschulpakt

2010 zusätzliche Mittel, um ihr Fächerspektrum verstärken oder erweitern zu können.

Allein in dieser Legislaturperiode haben wir das nachgeholt, was in Ihrer Zeit nicht stattgefunden hat: An sieben Fachhochschulen in unterschiedlicher Trägerschaft sind jetzt explizit Studiengänge zur Elementarbildung eingerichtet worden. Alle diese Studiengänge können auch von Erzieherinnen und Erziehern genutzt werden, die eine Anschlussqualifikation erhalten wollen. Außerdem leisten diese neuen Studiengänge einen wichtigen Beitrag dazu, dass Forschung und Wissenschaft auf dem Gebiet der Frühpädagogik intensiviert werden.

Viertens. Im Juli 2008 hat die Landesregierung erstmals die nordrhein-westfälischen Studiengangsleitungen, die zur frühkindlichen Bildung arbeiten, zusammengebracht. Seither treffen wir uns regelmäßig zum Austausch, um die Anforderungen an die neuen Studiengänge, die Kooperation von Ausbildung und Praxis und die Professionalisierung des Feldes auf Hochschulebene zu erörtern und gemeinsam weiterzuentwickeln. Auch die Themen Transparenz, Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit werden dort intensiv erörtert.

Das sind einige der Aktivitäten, die es schon gibt. Man braucht also mit dem heutigen Antrag der Grünen gar nichts auf den Weg zu bringen; denn all das findet schon statt, weil wir eben ein Kinderbildungsgesetz haben.

Wenn Sie aber schon Anträge stellen, hätte ich Ihnen noch ein paar Tipps geben und Ihnen sagen können, was wir auch noch alles machen, was Sie gar nicht erwähnen. Wir haben in den Fachschulen Aufbaubildungsgänge im Umfang von 600 Unterrichtsstunden entwickelt, die in Teilzeitform ein Jahr und in Vollzeitform ein halbes Jahr dauern. Auch berufstätige Erzieherinnen und Erzieher können da ihre Kenntnisse vertiefen.

Außerdem gibt es die Aufbaubildungsgänge Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern unter drei Jahren, Bildung und Schulvorbereitung, Medienkompetenz, musische Förderung, naturwissenschaftliche Förderung, Sprachförderung. All das findet in diesen Einheiten statt.