Protocol of the Session on May 27, 2009

Wir kommen zum letzten Tagesordnungspunkt, über den wir heute debattieren werden:

15 Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9265

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung. – Herr Kollege Becker von den Grünen hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der jetzt anstehenden Frage haben wir es auf den ersten Blick mit einer etwas spröden Materie zu tun. Denn durch zwei wesentliche Komponenten verändern sich die Regionalratsgrößen wesentlich, aber bei den einzelnen Regionalräten sehr ungleich. Ich will in aller Kürze versuchen, das klarzumachen, auch für die, die nicht so in der Materie stecken, und noch einmal darlegen, wo aus unserer Sicht ein Lösungsansatz stecken könnte.

Wir haben es zum einen damit zu tun, dass insbesondere für die Regionalräte in Detmold, Arnsberg und Münster – besonders hervorzuheben Arnsberg – durch die Planungskompetenz, die auf den RVR übergeht, eine erhebliche Gebietsverkleinerung zustande kommt.

Wir haben es zum Zweiten damit zu tun, dass der Umstand greift, dass die Quote für jedes Regionalratsmitglied von 150.000 Einwohnern in den Gebietskörperschaften auf nun 200.000 hochgesetzt wird. Das war auch seinerzeit so geplant. Es war aber damals nicht damit gerechnet und nicht gesehen worden, dass sich dann, wenn der RVR die Planungskompetenz bekommt und sich die Gebiete entsprechend verändern, auch die Regionalräte in ihren Größen dramatisch verschieben. Ich will das kurz deutlich machen und auch auf die Folgen hinweisen.

In Arnsberg haben wir zurzeit 39 Mitglieder und hätten nach den beiden eben beschriebenen Wirk

mechanismen noch 15. In Detmold veränderte sich die Zahl von 23 auf 20, also relativ wenig. In Münster würde die Zahl deutlicher sinken: von 25 auf 17. Also, insbesondere die Regionalräte Arnsberg und Münster wären dadurch betroffen, und es würde so sein, dass dadurch zum Beispiel die FDP ihren Fraktionsstatus in Arnsberg verlieren würde.

Nun haben wir den Lösungsweg vorgeschlagen, dass wir die 200.000er-Zahl auf 100.000 heruntersetzen. Das ist ein denkbarer Lösungsweg, den wir Ihnen vorschlagen. Ich will Ihnen aber auch deutlich machen, dass wir nicht an diesem Lösungsweg hängen, sondern dass wir auch andere denkbare Lösungswege mitmachen würden, wenn sie das beschriebene Problem beseitigten.

Ich will Ihnen einen Lösungsweg nennen. Man könnte sich auch verständigen, dass ein Regionalrat – gleich, an welcher Stelle – eine Mindestgröße hätte, man den Einwohnerschlüssel beließe, aber dann den Rest über Listen auffüllen würde. Dann erbrächte das Ergebnis, dass dann zum Beispiel auch die Fraktionen der FDP oder der Grünen, die es jetzt gerade noch, wenn man das alte Wahlergebnis zugrunde legen würde, geschafft hätten, wieder einen sicheren Fraktionsstatus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund, dass die Regionalräte, jedenfalls im Zusammenhang mit Gebietsentwicklungsplänen und der Raumplanung, eine wesentliche Rolle spielen und wir eigentlich alle wollen, dass interkommunale Zusammenarbeit auch funktioniert, und auch wollen müssen, dass die Parteien, die in den regionalen Räten und Kreistagen in der Regel ordentlich vertreten sind, dann auch an dieser Willensbildung mitwirken können, die ja auf sie zurückwirkt, würde ich mir wünschen, dass wir uns an der Stelle aufeinander zu bewegen und eine solche Regelung, wie wir sie in dem Gesetzentwurf beschrieben haben, gemeinsam treffen – oder eine ähnliche Regelung mit einer ähnlichen Wirkung, wie ich zum Beispiel eben eine alternativ denkbare beschrieben habe.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir bieten Ihnen dazu in den Ausschussberatungen an, über Zwischenwege nachzudenken, wenn sie dem beschriebenen Ziel dienen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Jetzt hat Herr Kollege Hubert Schulte für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Änderungsantrag zum Landesplanungsgesetz hat – wie Kollege Becker das schon dargelegt hat – das Ziel, die Anzahl der Regionalratsmitglieder zu erhöhen. Die Erhö

hung der Einwohnerzahl von früher 150.000 auf 200.000, nach der die Mitglieder in die Regionalräte entsendet werden, wurde von der alten rot-grünen Landesregierung kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode noch am 3. Mai 2005 beschlossen und – damit kein Irrtum aufkommt – geht nicht auf eine Initiative der jetzigen Landesregierung zurück.

Begründet wurde dies damals damit, dass die Sitzzahl in den Regionalräten nach Änderung des Landesplanungsgesetzes beibehalten werden sollte. Eine Vergrößerung wurde nicht angestrebt.

Durch die Übertragung der Regionalplanung auf den Regionalverband Ruhr entfallen nun in den Regierungsbezirken Münster, Arnsberg und Düsseldorf – nicht Detmold – Zuständigkeiten, sodass die Beibehaltung der originären Größe der Regionalräte nicht zu rechtfertigen ist. Auch für Regionalräte gilt, dass sie effizient arbeiten sollten. Mit der bestehenden Regelung scheint dies gewährleistet zu sein. Ein Mehr an Mandaten bei geringeren Zuständigkeiten ist nicht vermittelbar.

Es ist auch nicht erkennbar, dass durch die bestehende Regelung der Parteienproporz in den Regionalräten gefährdet ist. Die Regionalräte werden auch zukünftig ein repräsentatives Bild der Kommunalwahlergebnisse auf Regierungsbezirksebene widerspiegeln. Es besteht nicht nur die Möglichkeit, per Direktwahl in den Regionalrat einzuziehen, sondern auch die Möglichkeit über die Reserveliste. Mit der geltenden Regelung wird auch verhindert, dass einzelne kreisfreie Städte mit einem extrem abweichenden Ergebnis bei der Kommunalwahl unverhältnismäßig Einfluss auf die Regionalplanung nehmen können. Die Regionalplanung ist in der Regel ein Bereich, der viele Kommunen betrifft.

Eine Stärkung der Kommunen können wir durch eine Erhöhung der Mitgliederzahlen in den Regionalräten ebenfalls nicht erkennen. Warum dies überhaupt durch eine Verdoppelung der Mitgliederanzahl erfolgen könnte, ist zumindest uns nicht ersichtlich. Bei größeren Regionalräten könnte im Gegenteil sogar wieder das „Kirchturmdenken“ gefördert werden, ein Denken, das es zu verringern gilt.

Durch die Übertragung der Regionalplanung auf den Regionalverband Ruhr ist der Ballungsraum Ruhrgebiet gestärkt worden, eine Maßnahme, die schon vor Jahren von Raumplanungsorganisationen gefordert wurde, so zum Beispiel 1999 durch den Informationskreis für Raumplanung. Die entsprechende Organisationsänderung wird jetzt nach der Kommunalwahl umgesetzt.

Durch die Neubildung der Verbandsversammlung beim Regionalverband Ruhr sollten möglichst keine weiteren Kosten entstehen. Eine erhöhte Mitgliederzahl in allen Regionalverbänden und demzufolge auch in der Verbandsversammlung wäre diesbezüglich kontraproduktiv.

Meine Damen und Herren, durch die beantragte Gesetzesänderung können wir keine Vorteile erkennen. Wir lehnen daher die Gesetzesänderung ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Kollege Schulte. – Für die SPD-Fraktion spricht Kollege Eiskirch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat – ich nehme mal an, unabsichtlich – in seinem ersten Teil der Problemdarstellung – das will ich hier noch einmal klarstellen- eine zeitliche Vermengung zumindest nicht völlig ausgeschlossen. Die Darstellung macht deutlich, dass die Veränderung der Einwohnergrenze zur Berechnung der Regionalratsmitglieder zwar in der Zeit der rot-grünen Landesregierung beschlossen worden ist, vermengt es aber mit der Übertragung der Regionalplanung.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Noch einmal ganz deutlich: Die Regionalplanung ist von der jetzigen Landesregierung 2007 für die Zeit ab 2009, nämlich ab Oktober 2009, übertragen worden. Das heißt, die Problematik einer Veränderung in bestimmten Bereichen ist erst durch dieses Zusammenspiel entstanden.

Wenn man sich die Beispiele anguckt, wird deutlich, dass Teile fehlen, weil nur von der Einwohnerzahl die Rede ist, nicht aber davon, welchen Zuschlag es über die Liste gab. Der Zustand früher: 150.000 Einwohner und 25 % Listenzuschlag. Die Regelung von Rot-Grün: 200.000 Einwohner und 50 %Listenzuschlag. Das war der Ausgleichsfaktor, der deutlich gemacht hat, dass die Regionalräte nicht kleiner werden sollen.

Kleiner werden sie dadurch, dass diese Landesregierung ein Gesetz gemacht hat, das die Regionalplanung auf den RVR überträgt, ohne sich diese Folgen genauer anzuschauen. Wir haben schon damals davor gewarnt, dies zu zerstückeln und einen Torso zu schaffen. Aber genau das ist passiert. Jetzt wollen die Grünen mit einzelnen Reparaturpunkten im Landesplanungsgesetz nachsteuern.

Am Beispiel des Regionalrats Münster, der bisher 25 Mitglieder umfasste, davon 20 direkt und fünf über die Liste, hätte das nach dem rot-grünen Gesetz in Zukunft 27 Mitglieder bedeutet, davon 18 direkt entsandt, neun über die Liste. Damit hätte es eine Vergrößerung dieses Regionalrates gegeben. Die Verringerung auf 17 Mitglieder im Regionalrat Münster entsteht ausschließlich durch die Veränderung der Übertragung der Regionalplanung.

Ich will gar nicht davon reden, was das für Arnsberg ausmacht. Im Regierungsbezirk Arnsberg wird das

noch viel extremer. Da sind wir nämlich von bisher 3,7 Millionen Einwohner auf jetzt etwas mehr als 1,1 Millionen Einwohner heruntergegangen. Da wird dieser Sprung noch viel eklatanter sein. Das ist etwas, das nicht ordentlich bedacht worden ist, als diese Landesregierung den Gesetzentwurf 2007 eingebracht hat.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Insofern kann ich nur sagen: Überweisen wir den Gesetzentwurf der Grünen heute ruhig. Aber mein Interesse daran ist sehr gering. Wir gucken uns da nur einen Punkt an. Die Landesregierung hat im Moment einen Referentenentwurf zum Landesplanungsgesetz im Umlauf. Dieser Referentenentwurf hält übrigens nichts mehr von dem ein, was im Koalitionsvertrag gesagt worden ist, zum Beispiel zur Zusammenlegung von Landesentwicklungsprogramm und Landesplanungsgesetz. Nichts davon ist mehr vorhanden. Eigentlich ist das ein Wurf aus einer Hand. Aber weiterhin wird alles auf verschiedenen Wegen gestückelt.

Wir erwarten von der Landesregierung Antworten auf diese Fragen. Die Landesregierung bleibt diese Antworten bis heute schuldig. Wir erwarten einen großen Wurf bei der Landesplanung und kein Stückwerk. Insofern stimmen wir zwar der Überweisung zu, möchten uns aber eigentlich nicht mit Einzelaspekten, sondern mit dem Gesamtwerk beschäftigen. Wir harren der Dinge und warten auf die mehrfach verschobene Änderung des Landesplanungsgesetzes, die mal zusammen mit dem Landesentwicklungsplan, mal getrennt davon angekündigt worden ist. Wir warten und sind gespannt. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Kollege Eiskirch. – Herr Ellerbrock, Sie sind schon auf dem Weg. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eiskirch, im Koalitionsvertrag stand nie, den Landesentwicklungsplan und das Landesplanungsgesetz zusammenzuführen. Nie! Das Landesplanungsgesetz, Herr Kollege, regelt die formalen Rahmenbedingungen der Landesplanung. Der Landesentwicklungsplan gibt die räumlichen Ziele der Landesplanung und das Landesentwicklungsprogrammgesetz die materiellen, also inhaltlichen Ziele wieder.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Versprochen!)

Das müssen wir berücksichtigen. Der Vorwurf trifft also nicht.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen: Sie fragen, wer die 200.000er-Regelung eingeführt hat. Das waren doch nicht wir. Das waren die Grünen und Sie.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Aber die Wirkung kommt durch Sie!)

Wir haben in der Koalition breit über die Frage diskutiert – die Meinungen dazu waren unterschiedlich –: Ist es richtig, das Ruhrgebiet mit einer eigenen Planungsversammlung auszustatten? Es gibt ja die Regionalversammlung Ruhr, die auf einem Schlüssel von 1:80.000 aufbaut. Sie hat zwar wesentlich umfangreichere Arbeiten zu erledigen; ihr steht dafür aber auch ein Schlüssel von 1:80.000 zu.

Ich fasse zusammen: Wir reden hier darüber, dass Sie, Herr Becker, jetzt eigentlich das ändern wollen, was Sie am 3. Mai 2005 durchgepeitscht haben.

(Beifall von der FDP – Ralf Witzel [FDP]: So ist es!)

Das muss man hier ganz klar und deutlich sagen.