Meine Damen und Herren, die Probleme, die bei den Anlagen Bonn, Weisweiler und Krefeld auftreten, sind vor Ort zu besprechen. Da muss man Lösungswege finden. Gleichwohl ist die Zielrichtung, mehr Markt in der Abfallwirtschaft, mehr privatwirtschaftliches Engagement in der Abfallwirtschaft, richtig.
Dieser Antrag von der SPD hat für mich ein Problem: Entweder ist er wissentlich oder aus Unkenntnis falsch gestellt. Für eine der beiden Möglichkeiten muss ich mich entscheiden. Und das ist schlecht, das ist ein echtes Dilemma. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass mein Kollege Gatter, dem ich ansonsten eine hohe Kompetenz in dieser Problematik zuspreche, hier etwas vorgetragen hat, von dem er normalerweise überhaupt nicht überzeugt sein könnte. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja oft in der Debatte über Umweltfragen der Fall, dass ich Herrn Ellerbrock immer dankbar für die Offenheit bin, mit der er im Plenum die Pläne der Koalition
wirklich darlegt. Wenn Herr Ellerbrock auftritt, wird das Gesumse, was der Kollege Schulte mit Umwelt, Verwertung usw. versucht hat, zum hohlen Geschwätz.
Herr Ellerbrock hat ganz klar deutlich gemacht, wo die Reise hingeht. Die Reise geht hin in Richtung Privatisierung und völlige Liberalisierung.
Was Liberalisierung in diesem Zusammenhang heißt, hat Herr Ellerbrock aber nicht gesagt. Er hat von der Freiheit der Kommunen gesprochen. Liberalisierung bedeutet aber faktisch eine Entsolidarisierung der Kommunen.
Bisher war betreffend die Abfallwirtschaft – zumindest, was den Siedlungsabfall angeht – in Nordrhein-Westfalen Konsens, dass es hier auch eine Solidarität der Kommunen untereinander gibt, weil eben nicht jeder die Anlagen gebaut hat oder bauen konnte, die zur Entsorgung bzw. zur Verwertung notwendig waren.
Dieser Konsens wird jetzt aufgelöst. Es soll jetzt ein völlig liberalisierter, freier Markt entstehen, letztlich zulasten der Bürgerinnen und Bürger, weil Ihre Politik in der Perspektive auf Marktbereinigung zielt. Das heißt, wir haben Überkapazitäten, vor denen wir im Übrigen immer gewarnt haben. Wenn sich die Politik 1995 nicht geändert hätte, hätten wir heute noch mehr Überkapazitäten.
Deshalb muss man da der rot-grünen Regierung und insbesondere der damaligen Umweltministerin dankbar sein, dass dieser Unsinn seinerzeit beendet worden ist.
Wir würden heute vor noch viel größeren Problemen stehen. Lesen Sie doch das Gutachten, was Prognos aktuell für den NABU auf den Markt gebracht hat. Da wird deutlich, dass in den nächsten Jahren die Lücke zwischen den Kapazitäten auf der einen Seite und anfallendem Müll auf der anderen Seite wächst. Wenn wir dann auch noch Klimagesichtspunkte sehr ernst nehmen, wenn wir die Frage der Vermeidung noch ernster nehmen, wenn wir neue Produkte kreieren, wird die Lücke noch sehr viel größer. Wir müssten dann eigentlich über das Zurückfahren von Kapazitäten bzw. den Abbau von Kapazitäten nachdenken, um einen zumindest kommunalfreundlichen Markt zu gestalten.
Dazu sagt der Abfallwirtschaftsplan leider überhaupt nichts. Er sagt auch nichts zu der Frage, wie beispielsweise die energetischen Potenziale im Bereich der Müllverwertung verbessert werden können. Es erfolgt auch keine Aussage zu dem Stichwort „biogene Abfälle“. Die Durchsetzung einer flächendeckenden Biotonne wäre eine Diskussion, die sich wirklich lohnen würde, weil es hier auch Potenziale im Zusammenhang mit dem Klimaschutz gäbe.
Stattdessen hat sich die FDP mit diesem Entwurf des Abfallwirtschaftsplans mit ihrer Politik eindeutig durchgesetzt.
Ich bedauere es etwas, dass der Ministerpräsident an der Debatte nicht teilnimmt, gehe allerdings davon aus, dass wir auf der Strecke noch die eine oder andere Diskussion haben werden. Ich würde gerne den Ministerpräsidenten – auch hier vor dem Hohen Hause – konfrontieren. Auf dem Parteitag hörte sich das sehr eindeutig an. Er hat sich nämlich gegen Deregulierung ausgesprochen, er hat sich gegen Privatisierung ausgesprochen. Er hat sich auch gegen Flexibilisierung ausgesprochen.
Was aber ist das, was hier heute vorliegt, anderes als Deregulierung, Flexibilisierung, Privatisierung?
Insofern gibt es einen deutlichen Widerspruch zwischen den Sonntagsreden des Ministerpräsidenten und dem, was die FDP tagtäglich in die Regierungsstammbücher diktiert. Das muss endlich aufhören; hier braucht es eine Bereinigung. Der Ministerpräsident müsste eigentlich ein Machtwort sprechen, damit dieser Plan möglichst schnell vom Tisch kommt, weil er in eine völlig falsche Richtung geht.
Wir müssen uns doch einmal daran erinnern, was seinerzeit – da hatten wir noch nicht die Regierungsverantwortung – passiert ist. – Es ist den Kommunen quasi per Zwang diktiert worden – den einen früher, den anderen später –, Anlagen zu bauen. Wir haben davor gewarnt, diese Kapazitäten aufzubauen. Aber man hat seinerzeit in diese Kapazitäten investiert. Jetzt sollen die, die investiert haben, auf ihren Investitionen sitzenbleiben, sie nicht abschreiben können. Dieses Prinzip der Nähe ist ausdrücklich mit der Solidarität der Kommunen untereinander verbunden.
Und Sie lösen dieses Prinzip zugunsten der Privaten auf. Ihr Handeln wird dazu führen, dass die Anlagen teilweise nicht mehr den Müll bekommen, den sie brauchen, um wirtschaftlich zu arbeiten. Die Kommunen werden dann vor der Frage stehen, die Anlagen zu veräußern.
Herr Ellerbrock nickt. – Das ist Ihre Politik: Sie werfen den Privaten die Anlagen in den Rachen. Das wollen Sie, und damit wird es zu einer Marktbereinigung und zu einer Monopolstellung kommen.
Das heißt für die Bürgerinnen und Bürger keineswegs – das prognostiziere ich hier und heute –, dass es zu niedrigeren Gebühren kommen wird, sondern das Gegenteil wird der Fall sein. Überall da, wo solche Prozesse stattgefunden haben, steht am Ende eine Monopolstruktur, die bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger draufzahlen. Das ist die Perspektive, und das ist der Weg, den Sie beschreiten.
Sie müssen auf diesem Weg dringend gestoppt werden. Herr Ministerpräsident, bitte schalten Sie sich ein! – Vielen Dank.
Vielen Dank, Kollege Remmel. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Uhlenberg das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der SPD-Fraktion beruht auf einer nicht zutreffenden Analyse, was die Ausgangssituation und was die Auswirkung des landesweiten Abfallwirtschaftsplans angeht.
Herr Abgeordneter Gatter, wenn man die Sendung „Westpol“ als Grundlage für diese Debatte nimmt, sagt das eine Menge aus.
Darauf haben Sie sich eben berufen. Auch der Staatssekretär ist sechs- oder siebenmal gefragt worden. Dann sind zwei, drei Beiträge eingespielt worden. Der umfassende Beitrag des Herrn Staatssekretärs ist in dieser Sendung nicht wiedergegeben worden.
Ich habe am Sonntagabend auch „Westpol“ gesehen. Es ist für mich Pflicht, sonntags abends „Westpol“ zu gucken. Der Fall, der da gezeigt wurde, dass demnächst der Müll von Köln nach Bielefeld transportiert werden wird, geht genauso wie der heute eingebrachte Antrag voll an der Sache vorbei. Ihre daraus abgeleiteten Forderungen, die Abfallwirtschaftspläne der Bezirksregierungen fortzuschreiben und die Zuweisung beizubehalten, sind weder zielführend noch zukunftsorientiert noch geben sie den konkreten Sachverhalt zutreffend wieder.
Das, was Sie fordern, nämlich eine verbindliche Zuweisung zu Abfallbeseitigungsanlagen bzw. Entsorgungsregionen, gibt es derzeit ohnehin nur noch in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln, aber auch dort nur für einige und nicht für alle Anlagen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wären viele Bürger nicht froh, wenn beispielsweise die Müllgebühren reduziert werden könnten? Ich will ein Beispiel nennen: Derzeit kostet in Bonn die Entsorgung einer Tonne 219 €, und in Herten kostet sie nur 138 €.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass es aber jenseits der Verbindlichkeit in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf verbindlich gleiche Agreements in Münster, Detmold und Arnsberg gegeben hat?
Herr Abgeordneter Remmel, in Nordrhein-Westfalen haben wir fünf Regierungsbezirke, und in drei von diesen fünf Regierungsbezirken haben wir eine Situation, wie wir sie durch den neuen Abfallwirtschaftsplan anstreben. In den Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster klappt das seit Jahren gut. Das hat sich bewährt, das soll jetzt auf das gesamte Land Nordrhein-Westfalen, also auch auf die anderen Regierungsbezirke, übertragen werden.
Sind Sie tatsächlich der Überzeugung, dass die Landesregierung es zulassen würde, etwa 8 Millionen t Müll über Nordrhein-Westfalens Straßen unnötig hin und her zu transportieren?
Da haben Sie offensichtlich den Entwurf des Abfallwirtschaftsplans nicht richtig gelesen oder nicht verstanden. Unser Entwurf für einen landesweiten Abfallwirtschaftsplan sieht nämlich unter anderem vor, dass Siedlungsabfälle, die in Nordrhein-Westfalen anfallen, in der Nähe ihres Entstehungsorts und im Lande zu entsorgen sind. Das nennt sich Grundsatz der Nähe.
Das steht auch im Entwurf des Abfallwirtschaftsplans. Die Landesregierung – das wissen Sie doch – hat sich dem Klima- und Ressourcenschutz verpflichtet. Einen entsprechenden Wettbewerb habe ich gestern mit meiner Kollegin Christa Thoben auf den Weg gebracht.