Protocol of the Session on April 2, 2009

Aus meiner Sicht müssen wir aber noch mehr tun, um im Vorfeld der Kommunalwahlen die Debatten über unsere Fraktionen, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort in die Kommunen hineinzutragen. Herr Minister, auch Sie sind dazu aufgefordert zu informieren und die Menschen aufzuklären, wenn die NPD Listen herumgehen lässt, um Unterschriften für eine Kandidatur zu sammeln, und ihnen zu sagen, wofür sie ihre Stimme geben und ihr Kreuz machen, was sich hinter diesen Biedermännern versteckt. Das sind diese Axel Reitz’, das sind die Neonazis. Das sind gewaltbereite Schläger und Neonazis. Darüber müssen wir vor Ort noch viel mehr diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen mehr Öffentlichkeitsarbeit und müssen die zivilgesellschaftlichen Netzwerke politisch noch mehr unterstützen. Meine Damen und Herren, am Wochenende wird in Stolberg eine große Demonstration gegen Neonazis stattfinden. Der Bürgermeister wird an der Spitze gehen. Der gesamte Ort, alle Vereine, alle Verbände sind auf der Straße, um ein Zeichen zu setzen. Diese Bündnisse verdienen unsere volle Unterstützung und müssen weiter gefördert werden.

(Beifall von GRÜNEN und Hubert Kleff [CDU])

Wir haben dazu im Haushalt einen Projektmittelantrag gestellt. Man kann dieses Engagement nicht bezahlen, das ist völlig klar. Aber man kann so etwas mit ein paar Projektmitteln unterstützen. Leider hat das keine Mehrheit gefunden.

Wir brauchen vor Ort interfraktionelle Ratsbeschlüsse. Solche Beschlüsse dürfen nicht am Klein-Klein – wenn rechts, dann im selben Atemzug auch links – scheitern, Herr Kruse.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen Bündnisse vor Ort. Die Räte müssen sagen: Keine Stimme den Extremisten bei der Kommunalwahl! Das müssen alle demokratischen Parteien ihren Bürgerinnen und Bürgern vor Ort sagen. Das Land muss Informationskampagnen etc. machen.

Der sichtbare und organisierte Rechtsextremismus aus unserem Verfassungsschutzbericht ist nur ein Teil des Problems. Heinz Galinski hat einmal gesagt: Demokratie kann man keiner Gesellschaft aufzwingen. Sie ist auch kein Geschenk, das man ein für allemal in Besitz nehmen kann. Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es um den Zustand unserer Demokratie bestellt ist, zeigen Umfragen in erschreckendem Ausmaß: Das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld hat mit der Veröffentlichung der siebten Folge des jährlichen Reports „Deutsche Zustände“ – eine Langzeitstudie – einen Bezug von Benachteiligungsgefühlen und demokratiekritischen Einstellungen hergestellt. 76% der Befragten in Ostdeutschland und 75% der Befragten in Westdeutschland stimmen der Aussage zu, die demokratischen Parteien zerredeten alles, lösten aber die Probleme nicht. Nur 77% der Befragten in Ostdeutschland und 87% in Westdeutschland meinen, die Demokratie sei die beste Staatsform.

Angesichts solcher demokratiekritischer Einstellungen finden die Frager immer wieder eine enge Verbindung zu den Benachteiligungsgefühlen der Befragten. Diese Gruppe ist ebenso von Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit geprägt, die Verbindung zu rechtspopulistischen Einstellungen ist nahe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier müssen bei uns Demokratinnen und Demokraten doch die Alarmglocken klingen. Wir müssen uns fragen, was Politik tun muss, um Einstellung zur Demokratie weiter zu fördern. Lieber Herr Kruse, angesichts dessen ist es doch nicht hilfreich, wenn Ihr Kollege Koch in Hessen Wahlkampf auf dem Rücken von Ausländern macht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Engel, ich will Ihnen auch ganz deutlich sagen: Das, was Herr Möllemann in früheren Jahren hier im Parlament im Bereich von Antisemitismus abgezogen hat, war auch nicht hilfreich, um der Bevölkerung klar zu zeigen: Politik und demokratische Parteien grenzen sich von Rechtspopulismus ab und haben die Aufgabe, Demokratie und die Einstellung zur Demokratie zu fördern.

(Beifall von den GRÜNEN – Ewald Groth [GRÜNE]: Gute Rede!)

Meine letzte Anmerkung! Das alles müssen wir vor allen Dingen in die Schulen bringen. Es geht in den Schulen nicht nur um Pauken, Lesen, Rechnen und Schreiben, um Kernkompetenzen und Turboabitur, und das alles möglichst unter Leistungsdruck und sehr schnell. Es geht vielmehr auch darum, sich für unsere Schülerinnen und Schüler Zeit zu nehmen, um Demokratie zu vermitteln, Partizipation und Teilhabe zu leben, Menschen nicht auszugrenzen, sondern mitzunehmen. Das ist Demokratie. Der Ungleichwertigkeitsideologie der Rechtsextremisten müssen wir den Schülerinnen und Schülern etwas entgegensetzen. In einer Demokratie hat jeder eine Chance, wird jeder mitgenommen. Jeder hat das Recht auf Teilhabe. – Diese demokratischen Werte müssen wir fördern.

Leider ist dafür in der Schule wenig Raum und Zeit. Die sollten wir uns nehmen. Das ist ein Punkt, der zur Prävention sehr viel mehr beiträgt als sehr viele Appelle, die wir im Landtag von uns geben. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Düker. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dr. Wolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung begrüße ich natürlich die parteiübergreifende Ablehnung des Extremismus von rechts wie von links. Es ist richtig, dass wir diese Debatte nicht zum parteipolitischen Zank nutzen, sondern uns dem Problem zuwenden.

Der Anstieg politisch motivierter Kriminalität wird von uns ernst genommen. Das ist überhaupt keine Frage. Es gibt insbesondere bei den registrierten rechten Gewaltstraftaten eine Steigerung, die natürlich besorgniserregend ist. Diese Steigerung hat aber auch – und das war der positive Teil Ihres Beitrags, Frau Düker – mit einer höheren Sensibilität und mit mehr Anzeigebereitschaft zu tun. Es ist ein gutes Zeichen, wenn Hakenkreuze und Hitlergrüße nicht hingenommen werden und solche Straftaten konsequenter als früher aufgedeckt und bekannt gemacht werden, meine Damen und Herren.

Die geringe Zahl der Anklagen und Verurteilungen, die die SPD beklagt hat, Herr Kutschaty, ist natürlich ein Ärgernis. Es ist allerdings auch ein Stück systemimmanent. Denn wenn Propagandadelikte 70 % ausmachen, dann können Sie sich vorstellen, dass die Täterermittlung häufig schwierig ist; das bedauern wir. Und dass 50 % der Verfahren eingestellt werden, ist natürlich kein schönes Ergebnis. Es wird aber alles getan, und ich denke, die Justiz tut ihr Bestes. Wenn Sie beispielsweise Schmierereien entdecken, aber den Täter nicht ermitteln können, dann bedauere ich das ebenso wie Sie.

Was die Gewaltdelikte anbetrifft, so verzeichnen wir einen hohen Stand; das ist zutreffend. Wir haben in den letzten Jahren aber auch Schwankungen erlebt: 2000 waren es 153, 2006 172, 2007 148 – damit war der Stand niedriger als 2000 –, und jetzt gab es einen Sprung auf 186 Delikte. Das hat auch etwas mit den eben beschriebenen Rechts-LinksDemonstrationen zu tun, die sich ausgebreitet haben und bei denen die Gewalt auch eine Steigerung erlebt hat. Während in früheren Zeiten die Gewalt hauptsächlich von der linken Seite ausging – das ist zutreffend –, sind jetzt auch autonome Nationalisten tätig, die ihrerseits – und das ist ein neues Phänomen – die gewaltsame Auseinandersetzung suchen. Das treibt die Zahlen an der Stelle hoch.

Unabhängig davon ist es wichtig, den sublimen Bereich des Rechtsextremismus im Auge zu behalten. Da sehen wir mit Sorge die Versuche, „pro Köln“ und NPD salonfähig zu machen. Wir erleben hier – so habe ich es genannt – trojanische Pferde, die eine bürgerliche Tarnung haben und die diffusen Ängste in der Bevölkerung aufzugreifen versuchen. Sie sind beispielsweise gegen den Bau von Moscheen und instrumentalisieren wirtschaftliche Abstiegsängste, um sich dann unter dem Deckmantel der Nachbarschaftshilfe oder als „Kümmerer“ einzuschleichen. Das ist etwas, was in der Tat besorgniserregend ist. Denn die Wahrheit ist, dass diese Organisationen demokratiefeindlich sind. Sie sind fremdenfeindlich, und sie wollen diskriminieren. Dagegen muss sich diese Zivilgesellschaft wehren. Wir sind wehrhafte Demokraten, und wir brauchen ein Signal des Schulterschlusses, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Die gesamtgesellschaftliche Ächtung des Extremismus spielt sich auf der einen Seite ab, indem wir konsequent gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einschreiten. Wir brauchen die von mir immer so genannte Kultur des Hinsehens in allen Bereichen der Gewalt, auch und gerade bei der politisch motivieren Kriminalität.

Auf der anderen Seite warne ich vor anscheinend „einfachen“ Lösungen. Demonstrationsverbote werden immer wieder gefordert. Wir wissen, dass das Versammlungsrecht ein hohes Gut ist, und das Bundesverfassungsgericht hat in schöner Regelmäßigkeit Demonstrationsverbote aufgehoben, selbst wenn uns die Richtung, für die demonstriert wurde, nicht passte.

Wir können – das möchte ich sehr deutlich sagen – aus juristischen Gründen eine Trennung von rechts/links während der Demonstrationen nicht herbeiführen. Uns wäre es natürlich lieber, wenn linke und rechte Demonstranten nicht zusammenkämen, auf diese Weise das Gewaltpotenzial nicht steigen und die Situation nicht eskalieren würde und unsere Polizei nicht immer zwischen diesen Fronten stehen müsste. Auch hier ist die Rechtsprechung eindeutig und klar.

Meine Damen und Herren, wir stehen auch vor dem Problem, dass diesem Thema mit Verboten nicht beizukommen ist. Glücklicherweise greift ein Verbot von Vereinen – das ist in Berlin jetzt geschehen – auf leichterem Wege. Jedoch möchte ich deutlich machen, dass sich dieser Fall nicht schwerpunktmäßig in Nordrhein-Westfalen abgespielt hat.

Und auch hinsichtlich der Frage der Veröffentlichung von Verfassungsschutzberichten müssen wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen, da nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur in besonderen Fällen eine Veröffentlichung zulässig ist. Das haben wir alles

leidvoll erfahren bei dem Thema „Junge Freiheit“. Wir müssen die Rechtsprechung an dieser Stelle natürlich beachten. Insofern sind wir keinesfalls blind auf diesem Auge. Im Gegenteil: Wir versuchen, Herrn Schäuble in solchen Fällen zu unterstützen.

Wenn Verbote – wie beim Vereinsverbot – greifen, dann ist es gut und schön. Wenn es aber schiefgeht und diese Verbote aufgehoben werden, dann wirken sie kontraproduktiv. Ähnliches haben wir 2003 bei der NPD erlebt. Wir müssen uns auch davor hüten, an kommunale Sperrklauseln zu denken, die vom Bundesverfassungsgericht noch in 2008 faktisch für unmöglich erklärt worden sind, wenn nicht die Funktionsunfähigkeit der Kommunalparlamente nachgewiesen wird. Das ist bisher noch nicht gelungen, weder Ihnen 1999 vor dem Verfassungsgerichtshof noch in späteren Verfahren, die andere Länder führten. Dagegen müssen wir letztendlich politisch vorgehen.

Juristische Lösungen werden das braune Gedankengut nicht aus den Köpfen vertreiben. Wir brauchen die Aufklärung der Jugend. Denn diese ist Hauptadressat von NPD und „pro NRW“, welche mit Schul-CDs und Schulfilmen arbeiten. Wir brauchen ressortübergreifend Präventionskonzepte. Schulen, Polizei und Verfassungsschutz müssen zusammenarbeiten. Ich darf sehr herzlich für die Kooperation danken. Wir sind da aktiv.

Frau Düker, wir haben vor Kurzem ein „Kommunalwiki gegen Extremismus“ ins Netz gestellt. Alle Kommunen sind aufgefordert, sich auszutauschen und Best-Practice-Beispiele zu entwickeln. Die Maßnamen, die Sie sich erwünschen, sind auch von uns ausdrücklich gewollt. Hier laufen Sie offene Türen bei uns ein. Wir stoßen mit „Andi“ nach wie vor auf eine hervorragende Resonanz; 380.000 Exemplare wurden bisher verteilt. Dieser Comic muss quasi Standard in den Schulen sein. Ich meine, jeder Lehrer ist aufgefordert, dieses Infomaterial bei uns anzufordern. Ich wünsche es mir jedenfalls. Denn es ist klar: Diese Arbeit muss bei den Kleinsten und Jüngsten beginnen.

Fazit: Es ist eine Daueraufgabe der Zivilgesellschaft, keine Toleranz gegenüber dem Erstarken des Extremismus an den Rändern sowohl rechts als auch links walten zu lassen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Dr. Wolf. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Dr. Rudolph.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur zu ein oder zwei Aspekten der Debatte vorweg Folgendes: Ich weiß nicht, ob ich Sie, Herr Kruse, in Bezug auf die Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft richtig

verstanden habe. Ich meine, die soziale Marktwirtschaft wird nicht durch Extremisten infrage gestellt, die im Verfassungsschutzbericht beschrieben werden, sondern durch unverantwortlich handelnde Neoliberale und Bankmanager,

(Beifall von SPD, GRÜNEN und Rüdiger Sa- gel [fraktionslos])

die in der Tat bei einer breiten Mehrheit der Bevölkerung Zweifel daran ausgelöst haben, ob wir es noch mit einer sozialen Marktwirtschaft zu tun haben oder ob es in Wahrheit nicht schon eine Marktgesellschaft ist.

(Christian Lindner [FDP]: Was ist das denn für ein intellektueller Tiefflug? Sie schaffen es, jede Debatte zu instrumentalisieren!)

Zweitens. Zu dem, was der Kollege Engel zur Linkspartei ausgeführt hat, kann ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der rechten Seite des Hauses, nur sagen: Wir stellen Ihnen den Mitschnitt der Rede von Edgar Moron zur Verfügung. Ich rate Ihnen, sich diesen einmal im Monat anzuhören und auf sich wirken zu lassen.

(Beifall von der SPD)

Zum Thema: Die Zahlen sind genannt. Diese stehen ja für Taten. Dahinter stehen Menschen, und zwar sowohl diejenigen, die diese Taten verüben, als auch diejenigen, die unter ihnen gelitten haben oder noch leiden müssen. Diese Zahlen zeigen im Grunde genommen nur die Spitze eines Eisberges, der wandert und sich verändert hat. Deswegen haben wir diese Debatte angeregt. Wir reden eben, wenn wir heute über Rechtsextremismus sprechen, nicht mehr über einen Rechtsextremismus, wie wir ihn vor zehn oder 15 Jahren kennengelernt haben.

In den letzten Jahren haben wir einen Siegeszug der NPD im Spektrum der rechtsextremen Wahlparteien feststellen können, der offensichtlich nicht, jedenfalls nicht in vielen ostdeutschen Bundesländern, durch die Bürgerinnen und Bürger gestoppt wurde, sondern offensichtlich jetzt durch das finanzielle Gebaren der Partei gestoppt wird. Sie soll ja nach Meldung von heute bis zum 1. Mai 2,2 Millionen € zurückzahlen. Das wird nach aller Kenntnis der Dinge die NPD finanziell ruinieren und wahrscheinlich auch politisch zerstören. Was dann sozusagen aus den Abfallresten der NPD wird, ist noch eine offene Frage.

Es ist ja die zweite wirklich neue und auch gefährliche Entwicklung, dass sich eben eine rechtsextreme Wahlpartei wie die NPD anders als noch vor zehn oder 15 Jahren offensichtlich mit gewaltbereiten und gewalttätigen nationalen Rechtsextremisten, mit Kameradschaften verbündet und vernetzt hat, die gleichsam als SA, um das einmal historisch auszudrücken, für die NPD fungieren, die sich von diesen Gewaltdaten angeblich sauber halten will. Das ist neu.

Auch die Ideologie, mit der die antreten, ist neu. Sie werden vielleicht festgestellt haben, dass der übliche Antikommunismus, den rechtsextreme Parteien vortragen, bei Weitem nicht mehr so im Vordergrund steht und durch einen antisemitisch eingefärbten Antiamerikanismus ersetzt wurde. Die machen Antikriegsdemonstrationen. Wir alle wissen, dass dieses Thema die Bürgerinnen und Bürger umtreibt. Sie präsentieren sich als soziale Nationalisten und versprechen Sicherheit und Zukunft, die eigentlich in die Vergangenheit führt. Sie treten für einen kulturellen Rassismus ein. Die Einstellungsmuster sind ja bereits vom Kollegen Kutschaty genannt worden. Diese Einstellungen werden teilweise offen nach vorne getragen, die offensichtlich nicht wenige Bürgerinnen und Bürger nicht offen, vielleicht unausgesprochen teilen. Das macht im Grunde genommen auch die Gefahr aus.

Es ist nun die Herausforderung für die Demokraten, dieser Gefahr zu begegnen. Das heißt, wir müssen, wenn wir in der Bekämpfung des Rechtsextremismus erfolgreich sein wollen, wissen, was Rechtsextremisten wollen, was sie fordern und wie sie vorgehen.

Es ist richtig, gemeinsame Erklärungen zu verabschieden und einen Konsens der Demokraten zu betonen. Hier bin ich völlig auf der Seite derjenigen, die das gesagt haben. Aber wir müssen natürlich auch inhaltlich argumentieren und fragen, warum beispielsweise ein Einsatz der deutschen Bundeswehr in Afghanistan Sinn macht, denn dort wird auch gekämpft. Wir müssen politisch durchargumentieren, warum es keinen Rückweg in einen Nationalstaat geben kann, wenn man soziale Sicherheit haben will. Wir müssen offen dafür eintreten, dass diese Gesellschaft eine Gesellschaft ist, die inzwischen viele Kulturen kennt, wo sehr viele Menschen ganz unterschiedlicher Art aus unterschiedlichsten Himmelsrichtungen eingewandert sind.

Schließlich: Es sind nicht nur die Veränderungen im Wahlspektrum der Partei und die veränderte Ideologie, sondern – das ist das eigentlich Besorgniserregende – wir haben es streckenweise auch in Nordrhein-Westfalen mit durchaus ausgewachsenen Ansätzen einer neuen sozialen Bewegung zu tun, die sich inzwischen in den Protestformen und Aktionsformen, die man vorher von anderen Bewegungen kennt, bewegt, die Graswurzelarbeit macht und Kinder mit Hausaufgabenhilfe verführt, die Musik anbietet, die durchaus in bestimmten Kreisen populär ist. In dieser Bewegung gibt es Unternehmer, die ökonomisch davon überleben, dass sie diese Musik an Kinder und Jugendliche verkaufen. Das hat sich teilweise in einem regelrechten Milieu verfestigt. Die eigentliche Herausforderung auch für die kommunale Politik von uns allen liegt darin, dafür zu sorgen, dass sich solche Einstellungen nicht in einem regelrechten Milieu verfestigen.