Protocol of the Session on April 1, 2009

Wenn Sie glauben, mit dieser gesetzlichen Regelung, die wir heute beraten, werde das anders werden, glauben Sie ein bisschen zu viel, denke ich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war Frau Abgeordnete Meurer. – Weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Beratungen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Gesetzentwurf Drucksache 14/8806 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend –, an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration, an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zu überweisen. Darf ich die Zustimmung der Fraktionen zu dieser Überweisungsempfehlung feststellen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Gesetzentwurf einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

8 Gesetz der Bundesregierung gegen Telefonwerbung droht doch zum zahnlosen Tiger zu werden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8872 – Neudruck

Ich eröffne die Beratungen und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Remmel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach jahrelanger Diskussion hat der Bundestag ein Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung verabschiedet, in dem aber – aus diesem Grund haben wir unseren Antrag gestellt – die effektivste Maßnahme gegen Telefonterror weiterhin fehlt, nämlich das Erfordernis der ausdrücklichen und schriftlichen Bestätigung eines aufgrund einer möglicherweise unlauteren Anbahnung per Telefon zustande gekommenen Vertrages.

In diesem Ziel waren wir uns hier im Landtag auch einig. Es gab und gibt einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen. Der Minister ist auch entsprechend aufgetreten.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Es ist unverständlich, dass zwar alle dies gefordert haben – neben dem Bundesrat auch Rechtsexperten und Verbraucherverbände –, der Bundestag dem allerdings nicht gefolgt ist. Nun müssen Verbraucherinnen und Verbraucher gegen rechtswidrige Anrufe weiter in langen gerichtlichen Verfahren angehen.

Gegen das gesetzliche Verbot von Telefonwerbung wird nach wie vor täglich tausendfach verstoßen. Alleine im ersten Quartal 2008 hat die Gesellschaft für Konsumforschung 82,6 Millionen telefonische Werbekontakte gemessen. Verbraucherinnen und Verbraucher werden belästigt und durch untergeschobene Verträge geschädigt. Immer öfter sehen sie sich einem aggressiven Telefonmarketing gegenüber, mit dem für Telefonanschlüsse, Bausparverträge, Versicherungen usw. geworben wird. Verbraucherinnen und Verbraucher werden durch unaufgeforderte Anrufe zu Abonnements und Gewinnspielen verleitet und animiert. Des Weiteren werden sie dazu gebracht, kostenpflichtige Nummern zu wählen bzw. zurückzurufen.

Das jetzt verabschiedete Gesetz bleibt auf halbem Wege stehen. Der verbotenen Telefonwerbung wird durch die gesetzliche Regelung nicht die Spitze genommen.

Deshalb ist es notwendig, dass die Bundesländer in dem jetzt noch anstehenden Beratungsverfahren im Bundesrat, auch wenn dieses Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, noch einmal ihre Stimme erheben. Das ist der Sinn und Zweck unseres Antrags. Die neuen Regeln schützen nämlich nicht umfassend vor rechtswidrigen Werbeanrufen, sondern bürden den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf, selber durch einen Widerruf aktiv zu werden.

Daher halten wir es für folgerichtig, aus unserer seinerzeit entwickelten gemeinsamen Position heraus heute von dieser Stelle aus noch einmal ein Signal und einen Auftrag an die Landesregierung zu geben, in der Beratung im Bundesrat eine entsprechende Initiative zu ergreifen,

(Beifall von Barbara Steffens [GRÜNE])

um den Bundestag erneut mit der Fassung dieses Gesetzes zu befassen, auch wenn der Bundesrat hier ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz behandelt. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Peter Kaiser das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon vor fast zehn Monaten über den gemeinsamen Antrag „Verbraucherschutz bei unlauterer Telefonwerbung stärken“ gesprochen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Herrn Präsidenten Moron ganz warm ums Herz wurde, als wir einen gemeinsamen Antrag verabschiedet haben, der die Verbraucherinnen und Verbraucher vor unlauterer Telefonwerbung schützen sollte.

Festzuhalten ist, dass dieses Thema eigentlich auf Minister Uhlenberg zurückzuführen ist, ohne dessen Einsatz das vorliegende Gesetz so nicht zustande gekommen wäre, wie er es damals im Bundesrat mit eingebracht hat. Im Mittelpunkt stand und steht unser erklärtes Ziel, die Verbraucher vor übereilten Vertragsabschlüssen zu schützen und unlautere Geschäftspraktiken zu bekämpfen.

Das geschieht, indem das in der vorigen Woche vom Bundestag beschlossene Gesetz das Verbot der Rufnummernunterdrückung bei Werbeanrufen enthält. Verstöße werden mit einem Bußgeld geahndet. Ebenso ist ein umfassendes Widerrufsrecht festgeschrieben, das unbefristet gilt, wenn der Angerufene auf diese Möglichkeit nicht hingewiesen worden ist.

Dabei sehen wir sehr wohl die boomende Branche mit rund 600.000 Arbeitsplätzen, in der die Zahl der weißen zum Glück die der schwarzen Schafe übertrifft. Diese Arbeitsplätze dürfen uns angesichts der sich durch die Wirtschaftskrise zunehmend verschlechternden Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht gleichgültig sein. Wir wissen das und ringen jetzt schon um jeden einzelnen Job.

Dennoch muss ein Riegel vorgeschoben werden, der für Betrüger rechtswidrige Telefonwerbung wirtschaftlich schlichtweg unattraktiv macht. Dazu tragen die angedrohten Bußgelder ihren Teil bei.

Der Antrag der Grünen, der zwei Tage vor der Entscheidung des Deutschen Bundestages am Donnerstag vergangener Woche verfasst worden ist, wollte schon nachbessern, bevor das Gesetz in zweiter und dritter Lesung beraten, beschlossen sowie an den Bundesrat weitergeleitet worden ist.

Die Grünen fordern den Landtag auf, das Gesetz zugunsten eines besseren Schutzes der Verbraucherinnen und Verbraucher zu verändern und deren Position insbesondere durch die Notwendigkeit einer schriftlichen Bestätigung von Verträgen zu stärken.

Diesen Punkt hat auch Minister Uhlenberg in der Runde der Verbraucherschutzminister stark unterstützt. Leider, Herr Remmel, haben wir uns damit im ersten Anlauf nicht durchsetzen können. Trotzdem ist es gelungen, mit dem neuen Gesetz ein gutes und kompaktes Paket zu schnüren, das die Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich stärker als bislang schützt.

Ich verstehe Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen nicht, wenn Sie nun daran gehen wollen, den sorgfältig geknüpften Knoten der Paketschnur wieder aufzudröseln.

(Lachen von Johannes Remmel [GRÜNE])

Unser Verbraucherschutzminister hat in der Verbraucherschutzministerkonferenz nachdrücklich für die aus Sicht von Nordrhein-Westfalen notwendigen Ergänzungen geworben.

Ich bin wie er der Meinung, dass die eineinhalbjährige Diskussion des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vor allem dem Bundesjustizministerium sowie dem Bundestag Beine gemacht hat. Im Vergleich zu den ersten Planungen sind im jetzt beschlossenen Gesetz viel mehr Verbraucherschutzprobleme geregelt, als ursprünglich vorgesehen. Der Aufwand, mit dem dieses Gesetz auf den Weg gebracht worden ist, hat sich schon allein deshalb gelohnt.

Politikfähigkeit heißt auch, Kompromisse zu schließen. Dieses Gesetz ist ein guter Kompromiss, denn es enthält zweifellos schon jetzt bessere Regelungen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor illegaler und lästiger Telefonwerbung sowie vor ihren Folgen, als die derzeitige Rechtslage überhaupt hergibt.

Zudem ist meiner Fraktion wichtig, dass das Gesetz noch vor der Bundestagswahl in Kraft tritt. Im Bundesrat wird sich Nordrhein-Westfalen dem nicht entgegenstellen. Meine Fraktion ist auf jeden Fall froh, dass Bundesjustizministerin Zypries in diesem wichtigen Bereich des Verbraucherschutzes endlich die Kurve bekommen und ein Gesetz vorgelegt hat, das der Bundestag in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Regierungskoalition und – das sei besonders erwähnt – mit den Stimmen der FDPFraktion verabschiedet hat.

Im Übrigen gehe ich, liebe Frau Kollegin Schulze, davon aus, dass Sie wie wir heute den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen, weil Ihre Partei dem Gesetz in der vergangenen Woche in Berlin zugestimmt hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Jetzt hat Frau Schulze für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen, worum es überhaupt geht. Es geht nämlich darum, viele Tausend Menschen in Deutschland vor Telefonwerbung zu schützen. Jeder hat in seiner Familie schon einmal Erfahrungen damit gemacht. Jeder kennt Fälle, in denen er im Internet oder am Telefon gelinkt worden ist.

Die Verbraucherzentrale hat uns Zahlen für das Jahr 2007 genannt. Allein bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sind 40.000 Beschwerden über untergeschobene Verträge gemeldet worden. Es geht also darum, dass die Politik etwas Wirksames gegen diesen Missbrauch unternimmt.

Dazu leistet das Gesetz, das auf Bundesebene verabschiedet worden ist, einen wichtigen Beitrag. Es ist kein zahnloser Tiger, wie die Grünen in ihrem Antrag geschrieben haben.

Das Gesetz basiert auf etwas, das wir in rot-grüner Zeit auf der Bundesebene eingeführt haben. Wir haben dafür gesorgt, dass Deutschland das einzige Land weit und breit ist, in dem Telefonwerbung überhaupt verboten ist. Das ist damals übrigens gegen den Widerstand der Union passiert. Wir haben es aber durchgesetzt: Telefonwerbung ist verboten.

Dieses Gesetz hat aber nicht gereicht; es ist millionenfach dagegen verstoßen worden. Deswegen wird das Gesetz jetzt verschärft. Diese Verschärfung ist ein deutlicher Fortschritt für Verbraucherinnen und Verbraucher. Selbst Gerd Billen vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hat gesagt, dass es sich dabei wenigstens um einen Teilerfolg handele.

Was passiert konkret? Was sind die Verbesserungen?

Die Rufnummer darf nicht mehr unterdrückt werden. Bisher ruft irgendjemand an, man geht ans Telefon und hat einen Werbeanruf. Das wird nicht mehr passieren. Es sind Geldbußen in Höhe von bis zu 10.000 € vorgesehen. Das ist eine ganze Menge.

Man hat einen besseren Schutz vor untergeschobenen Verträgen. Bei Telefon-, Strom- und Gasverträgen ist es nicht mehr so leicht, den Anbieter mit

einem simplen Telefonanruf zu wechseln. Auch das ist mit diesem Gesetz deutlich verbessert.

Die Geldbußen sind erhöht worden. Wer jetzt unerlaubt Telefonwerbung betreibt, muss wissen, dass Geldbußen in Höhe von bis zu 50.000 € drohen. Das ist schon eine relevante Strafe, die man nicht einfach aus der Portokasse bezahlt.

Es gibt für Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich mehr Möglichkeiten, Verträge zu widerrufen. Die meisten uns bekannten Fälle betreffen Telefon, Zeitungen, Zeitschriften, Wett- und Lotteriedienstleistungen. In all diesen Bereichen sind die Widerrufsrechte deutlich gestärkt worden. Das ist meines Erachtens ein enormer Fortschritt für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Auch bei Dauerschuldverhältnissen, wenn man zum Beispiel Kunde bei einer Telefongesellschaft oder bei einem Stromanbieter ist, ist es nicht mehr so einfach, den Tarif zu wechseln. Auch dabei sind die Rechte für die Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich gestärkt worden. Es hat also eine ganze Menge an Verbesserungen für Verbraucherinnen und Verbraucher gegeben.

Klar, wir haben uns hier in Nordrhein-Westfalen mehr gewünscht. Das ist in dieser Runde noch nicht möglich gewesen. Klar ist aber auch: Wenn dieses Gesetz nicht ausreicht – es wird evaluiert –, wird man nachbessern müssen. Das, was jetzt vorliegt, als zahnlosen Tiger zu bezeichnen, wird der Sache nicht gerecht. Es gibt wesentliche Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die sollten wir auch nicht kleinreden. Das ist ein Erfolg, der da gelungen ist.

Daher werden wir den Antrag der Grünen auch ablehnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.