Protocol of the Session on November 9, 2005

Die Informationspflicht des Staates ist meines Erachtens schon aus der allgemeinen Fürsorgepflicht für die Bürger herzuleiten, ohne dass es einer gesetzlichen Regelung bedarf. Würde der Staat die Bürger in diesem Fall nicht informieren, so wäre das einer Duldung strafbarer Handlungen, nämlich eines Betrugs, durch den Staat gleichzusetzen.

Ich kann abschließend die dringende Unterstützung der dargestellten Initiative ohne jede Änderung empfehlen. Einigkeit in den Bundesländern über zu ergreifende Maßnahmen stärkt die Initiativen der Bundesregierung auf EU-Ebene und lässt schnelle Regelungen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Frau Gottschlich das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schlachtabfälle umzudeklarieren und verdorbenes Fleisch in den Handel zu bringen sind kriminelle Handlungen, die wir aufs Schärfste verurteilen.

(Beifall von der SPD)

Die jetzt bekannt gewordenen Skandale stinken im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel. Dabei ist es unerheblich, ob eine Gesundheitsgefährdung durch Schlachtabfälle ausgeschlossen werden kann. Schlachtabfälle sind keine Lebensmittel.

(Beifall von der SPD)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Anrecht auf gesundheitliche Unbedenklichkeit aller Lebensmittel und auf größtmögliche Sicherheit. Sie wollen und müssen selbst entscheiden, welche Qualität sie einkaufen. Die SPD-Fraktionen auf Bundes- und Landesebene setzen sich daher seit Langem für sichere Lebensmittel sowie umfassende und angemessene Verbraucherinformationsrechte ein.

Wir haben in diese Richtung bereits wichtige Weichen gestellt. Ich verweise hier nur auf das im September in Kraft getretene neue Lebens- und Futtermittelrecht, das umfangreiche Vorgaben zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Lebens- und Futtermitteln setzt.

Aber auch die besten rechtlichen Rahmenbedingungen im Lebens- und Futtermittelbereich können nicht verhindern, dass es einzelne schwarze Schafe gibt, die diese Vorgaben zu umgehen wissen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Sehr richtig!)

Es ist daher erforderlich, weitere Schritte zu unternehmen, um die Position der Verbraucher zu stärken und die Lebensmittelsicherheit herzustellen. Wir begrüßen und unterstützen daher die auf Bundesebene im Rahmen der Koalitionsverhandlungen getroffenen Vereinbarungen in diesen Bereichen.

Ich verweise dabei nur auf folgende Punkte: Wir brauchen und unterstützen das vorgesehene Verbraucherinformationsgesetz. Dieses soll den hohen Ansprüchen der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information über gesundheitsge

fährdende oder risikobehaftete Produkte gerecht werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ebenso brauchen und unterstützen wir eine unabhängige Verbraucherberatung, wie sie auch durch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegeben wird, damit sich Verbraucher und Wirtschaft auf gleicher Augenhöhe gegenüberstehen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Sehr gut!)

Wir begrüßen, dass privatrechtliche Qualitätssicherungssysteme und amtliche Lebensmittelkontrolle besser verzahnt werden und dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür einsetzen wird, dass die nationalen privatrechtlichen Qualitätssicherungssysteme anerkannt und berücksichtigt werden.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie die vorgesehenen Maßnahmen im Interesse des Schutzes der Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land befördert.

(Beifall von der SPD)

Der vorliegende Antrag geht sicherlich in die richtige Richtung. Im Einzelnen besteht aber noch erheblicher Diskussionsbedarf. Das gilt gerade auch vor dem neuen bundespolitischen Hintergrund.

Meine Damen und Herren, wir sehen interessanten und wichtigen Beratungen im Fachausschuss entgegen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit sind – das ist völlig unstrittig – wichtige Themen, mit denen wir uns befassen. Wir verfügen in Deutschland über hohe Sicherheitsstandards. Dass wir diese anpassen müssen, wie der Kollege Remmel im Antrag fordert, ist auch unstrittig. Mich stört jedoch in dem Antrag das, was ich heute schon einmal kritisiert habe: Er ist inhaltlich flach, und es wird versucht, mit der Angst der Menschen Politik zu machen.

(Beifall von der FDP)

Das ist bei den Grünen ein durchgängiges System und aus meiner Sicht unerträglich. Dafür ist das Thema wirklich nicht geeignet, Herr Kollege.

Wenn alles in der Lebensmittelüberwachung so schlecht ist, frage ich mich: Was ist eigentlich in den letzten Jahren unter der grünen Umweltschutzministerin Bärbel Höhn passiert? Welche maßgeblichen Versäumnisse sind denn zu beklagen? Ich habe Äußerungen dazu aus Ihrer Fraktion ganz anders im Ohr. Das war etwas ganz anderes. Das kann ich mir gar nicht vorstellen, was Sie hier vorstellen.

Meine Damen und Herren, dass wir dem Verbraucherschutz hohen Stellenwert zumessen, mögen Sie unter anderem daran erkennen, dass in der Koalitionsvereinbarung Folgendes dargestellt ist: Wir wollen einen Bericht zum Lebensmittelmonitoring haben. Das hat es bei Ihnen nie gegeben. Darüber sind Sie immer hinweggegangen. Das haben Sie versäumt!

Für die FDP-Fraktion gilt – ich bin sicher, dass die Kollegen von der CDU zustimmen –: Nur der informierte Bürger ist ein mündiger Bürger. Wir müssen nachvollziehbare Qualitätskontrollen und nachvollziehbare Labels haben. Das ist völlig klar.

Wenn man das heutige Problem angeht, müssen wir eindeutig sagen: Es geht um kriminelle Handlungen. Die Kollegin von der SPD nannte es „Schweinkram“; Herr Remmel, Sie nannten es „Fleischmüll“. Sie haben Recht: Das ist nicht zulässig. Das können wir uns nicht bieten lassen. Es muss etwas geschehen. Das ist doch völlig klar.

Allerdings müssen wir ehrlicherweise auch sagen: Eine hundertprozentige Sicherheit gegenüber kriminellem Handeln gibt es nicht. Wir können uns bemühen, das so gut wie möglich zu organisieren. Dazu müssen wir an einem Strick ziehen. Das ist völlig klar. Dem Bürger vorzugaukeln, es gäbe hundertprozentige Sicherheit, entspricht einfach nicht den Möglichkeiten.

Mir liegt Lobhudelei fern. Aber man muss ganz nüchtern feststellen: Ist den Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen – über sie sprechen wir – irgendein Vorwurf zu machen, sie hätten zu wenig gehandelt und zu wenige Aktivitäten durchgeführt? – Nein. Es ist vernünftig gehandelt worden. Das bedarf keines besonderen Lobes. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren, heute Morgen lese ich in der „Rheinischen Post“: “Höhn: Politikwende trägt Schuld an Fleischskandal“.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das war ges- tern!)

Es war gestern.

„Der Verbraucherschutz erhält unter schwarzgelben Regierungen weniger Gewicht. Dadurch fühlen sich schwarze Schafe ermuntert, sich in dem knallharten Preiskampf mit illegalen Methoden einen Vorteil zu verschaffen.“

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE] – Heiterkeit von Sigrid Beer [GRÜNE])

Ich unterstelle einfach einmal, das hätte nur einen Hauch von Realität. Dann ist das eine ausgesprochene Blamage für Grün, denn ich lese Ihnen nun einige Skandale aus dem Lebensmittelbereich vor, die unter der Ägide der grünen Umweltministerin Höhn stattgefunden haben.

(Heiterkeit von Ralf Witzel [FDP])

2001 – wir erinnern uns –: Antibiotika in Shrimps asiatischer Herkunft; 2002: schlampige BSE-Tests in Deutschland; 2002: mal wieder Umweltgifte aus Belgien im Futter; 2002: Nitrophen in Bio-Getreide aus Mecklenburg-Vorpommern; 2002: Antibiotika in chinesischem Honig; 2002: Pestizide an nordafrikanischen Erdbeeren; 2002: Acrylamid als Krebsauslöser in gerösteten Produkten nachgewiesen; 2004: Dioxin in Freilandeiern; 2005: Fleischskandal in Deutschland, in Supermärkten großer Ketten wird altes Hackfleisch umetikettiert.

Darf ich Sie in Ihrer Aufzählung unterbrechen, Herr Ellerbrock? Der Abgeordnete Remmel würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

Gerne, Herr Kollege.

Bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Kollege Ellerbrock, würden Sie mir zustimmen, dass sich Frau Staatsministerin a. D.

(Ralf Witzel [FDP]: Oh! Staatsministerin a. D.!)

in all diesen Fällen eindeutig für den Verbraucherschutz stark gemacht hat?

Das Gegenteil von „gut“ ist nicht „schlecht“ sondern „gut gemeint“. Das hat nichts bewirkt.

(Lachen und Beifall von FDP und CDU)

Sie hat gesagt: Es gibt schwarz-gelbe Regierungen. Daraus folgt, dass der Fleischskandal dieser schwarz-gelben Regierung zuzusprechen ist. – Ich habe einfach nur sachgerecht in gleichem Umfang aufgelistet, welche Fleischskandale es in