Protocol of the Session on November 9, 2005

des Abgeordneten Schmeltzer von der Fraktion der SPD:

Frühwarnsystem nutzen – Kürzung der Mobilitätshilfen für Auszubildende verhindern

Die deutsche Wirtschaft beklagt eine anstehende Kürzung von EU-Mitteln für die grenzüberschreitende Ausbildung von Lehrlingen.

Auf meine Kleine Anfrage 133 antwortet die Landesregierung (Drucksache 14/539), dass das Land nur bedingten Einfluss auf die neue Konzeption der für die Mittelbereitstellung maßgeblichen Programme LEONARDO und SOKRATES habe. Entgegen den Ausführungen der Landesregierung (siehe Antwort auf Frage 3, Absatz 4) handelt es sich bei diesen beiden Programmen nicht um Bundes-, sondern um EU-Programme, die die grenzüberschreitende Ausbildung junger Menschen fördern. In Bundeshoheit liegt hingegen die Ausgestaltung dieser EU-Programme. Unklar bleibt auch nach der Beantwortung meiner Anfrage, was die Landesregierung zur Sicherung der Mobilitätshilfen zu unternehmen gedenkt.

Wie setzt sich die Landesregierung unter Zuhilfenahme ihrer ständigen Vertretung in Berlin und des „Frühwarnsystems“ in Brüssel für eine NRW-freundliche Ausgestaltung der Mobilitätshilfen für Auszubildende ein?

Ich bitte Herrn Minister Laumann um die Beantwortung.

Sehr geehrter Herr Kollege Schmeltzer, bei den infrage stehenden Austauschprogrammen handelt es sich tatsächlich um Europaprogramme, die auf Bundesebene durchgeführt werden.

Zweitens. Durch das Programm Leonardo da Vinci werden nur 11,5 % der durchgeführten Austausche in Nordrhein-Westfalen gefördert. Die Mehrzahl der Austausche basieren auf privaten Kontakten und bilateralen Programmen. Vorgesehen ist nicht ein Wegfall, sondern eine Veränderung zugunsten anderer Zielgruppen. Bislang wurden Fahrtkosten, Unterkunft, Verpflegung und Versicherung gefördert.

Drittens. Ziel der Landesregierung ist vor allem, die Zahl der Austausche zu erhöhen. Dabei ist die finanzielle Seite nur ein Aspekt. Eine Kompensation ausfallender EU-Mittel durch Landesmittel erscheint bei einem Programm, das kaum nachgefragt wird, eher nicht sinnvoll. Vielmehr wird sich die Landesregierung beim Bund dafür einsetzen, dass zukünftige Programme leichter umsetzbar gestaltet werden, um die Nachfrage zu erhöhen.

Ich werde im kommenden Jahr mit der Fachabteilung meines Ministeriums nach Brüssel fahren und dort über Arbeitsmarkt- und Ausbildungsfragen konferieren. Ich werde die Gelegenheit wahrnehmen, dabei auch das Thema „Transnationaler

Erfahrungsaustausch“ anzusprechen, um mich so dafür einzusetzen, dass die zukünftige Ausgestaltung der Programme noch zielgenauer auf die Bedürfnisse mobilitätsbereiter Auszubildender in Nordrhein-Westfalen zugeschnitten wird. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Schmeltzer zur ersten Nachfrage.

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. Sie haben eben die 11,5 % erwähnt, die Sie auch schon in der Antwort auf meine Kleine Anfrage angeführt haben. Diese 11,5 % beziehen sich aber laut Ihrer Beantwortung ausschließlich auf Zahlen des Westdeutschen Handwerkskammertages. Daran möchte ich gleich anknüpfen. – Im Übrigen handelt es sich, wie Sie selber ausgeführt haben, um 953 geförderte Jugendliche allein in diesem Jahr. Das ist eine stattliche Zahl.

Warum beziehen Sie sich jetzt ausschließlich auf die Zahlen des Westdeutschen Handwerkskammertages beziehungsweise auf die Handwerkskammern, wo doch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag bezüglich dieser Problematik deutlich geworden ist? Und wie werden IHK in Nordrhein-Westfalen einbezogen?

Herr Minister, bitte.

Das Land finanziert seit längerer Zeit beim nordrhein-westfälischen Handwerkskammertag eine Beratungsstelle für diese Fragen. Sie koordiniert die Austauschprogramme. Natürlich ist ganz klar, dass ich mich dieser Beratungsstelle bedienen muss, um solche Anfragen zu beantworten.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Bischoff, bitte.

Herr Minister, ich habe Ihrer Antwort entnommen, dass es eine geringe Nachfrage gibt. Aber das Thema ist für Sie bedeutsam.

Wenn das die richtige Analyse ist, möchte ich Sie fragen, ob es seitens der Landesregierung Unterstützung für Vorbereitungskurse für einen derartigen Aufenthalt und für Sprachkurse in den einzelnen Fachgebieten gibt? Gibt es Kooperationen mit

den Kammern, um die Nachfrage zu erhöhen? Gibt es über die Euregios derartige Kontakte?

Zunächst einmal gibt es sicherlich über die Euregios – eine kenne ich ziemlich gut – viele Aktivitäten in diesem Bereich.

Aber die Situation ist so, dass uns die Beratungsstelle beim Handwerkskammertag klar sagt: Der Trend geht sehr eindeutig zu individuellen Programmen für einzelne Auszubildende. Dabei kommt es oft auf Kontakte zwischen Betrieben an. Dieses EU-Programm, so wird uns gesagt, habe den Nachteil, dass Gruppen oder Gruppenteile, Klassen oder Klassenteile gefördert werden, was sich in der Umsetzung etwas schwieriger gestaltet.

Wenn es so ist, wie aus dem Handwerkskammertag bestätigt wird, dass eher die individuellen Programme gefragt sind, muss unsere Zielsetzung beim Bund und bei der Europäischen Gemeinschaft sein, solche Förderprogramme praxisnäher zu gestalten. Damit soll es attraktiver werden, sie in Anspruch zu nehmen.

Völlig klar ist, dass in unserer vernetzten Welt jeder vernünftige Mensch, also auch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die Mobilität von Auszubildenden mit Auslandskontakten fördert, begrüßt und für richtig hält.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Schmeltzer bitte, Ihre zweite Frage.

Ich möchte an Ihren letzten Satz anschließen, in dem Sie ausgeführt haben, was Sie für richtig halten. Sie haben eben gesagt: Das Ziel ist, die Austausche zu erhöhen. Mit Bezug auf die 11,5 % der Austausche, bei denen EU-Mittel in Anspruch genommen würden, sei Finanzierung nicht alles.

Nun gibt es aber noch eine gewisse Finanzierung. Bundesweit wird mit über 8 Milliarden € gerechnet. Für mich stellt sich die Frage: Wie bringen Sie sich in Brüssel und in Berlin ein, wenn noch über 8 Milliarden € zur Verfügung stehen, um für tausend Jugendliche – das ist der Erfahrungswert aus dem Jahr 2005 – noch Mittel nach NordrheinWestfalen zu holen beziehungsweise um den Jugendlichen diese Chance zu eröffnen?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sie können davon ausgehen, dass mein Haus sowohl auf Bundes- als auch auf Europaebene grundsätzlich dafür sorgen wird, dass möglichst viele Mittel nach NordrheinWestfalen fließen.

Herr Kollege Bischoff, Gelegenheit für Ihre zweite Nachfrage.

Danke. – Herr Minister, ich lebe in einer grenznahen Region. Mein Wahlkreis ist in Duisburg. Wir haben die EuregioKontakte auch so aufgefasst, um arbeitsmarktpolitisch tätig zu werden – zumindest in den Zeiten, in denen in den Niederlanden die Arbeitslosigkeit erheblich geringer war als in Nordrhein-Westfalen oder in Deutschland.

Sehen Sie nicht eine Verstärkung der Programme auch als arbeitsmarktpolitisches Mittel, um durch die Kontakte, die dadurch entstehen, auch den Anreiz zu verstärken, dass man später im Arbeitsleben über die Grenze hinwegschaut und in den Niederlanden tätig werden könnte?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Das sehe ich genauso wie Sie. Ich glaube auch, dass es eine alte Lebenserfahrung ist, dass junge Menschen, die durch Auslandsaufenthalte Mobilität gelernt und eingeübt haben, auch für ihr Arbeitsleben geprägt sind und sicherlich mobiler sind als diejenigen, die Stadtteile oder Städte nie verlassen haben.

Herr Kollege Schmeltzer, Gelegenheit zu Ihrer dritten Nachfrage. Bitte.

Herr Minister, Sie haben sowohl schriftlich in der Beantwortung der Kleinen Anfrage als auch eben mündlich ausgeführt, das die Landesregierung die Handwerkskammern bei diesen Auslandsaufenthalten unterstützt.

Meine Frage: Wie sieht konkret die finanzielle, organisatorische bzw. mit Manpower ausgestattete Unterstützung Ihres Hauses aus?

Bitte, Herr Minister.

Ich habe Ihnen eben schon geantwortet, dass ich bei der Handwerkskammer eine Beratungsstelle für diese Auslandsaustausche unterhalte und auch mit finanziere.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke Herrn Minister Laumann für die Beantwortung. Die Mündliche Anfrage 20 ist damit erledigt.

Ich rufe nun die

Mündliche Anfrage 21

der Kollegin Abgeordneten Steffens von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf:

Beauftragte/n für Menschen mit Behinderung endlich benennen

Laut § 11 des Gesetzes des Landes NRW zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz NRW – BGG NRW) soll die Landesregierung eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen bestellen.

Auf Nachfrage im zuständigen Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat Sozialminister Laumann auf meine Frage geantwortet, er wolle den Zeitpunkt einer Ernennung eines Behindertenbeauftragten nicht angeben, da der Zeitablauf unklar sei.

Nach nunmehr fünf Monaten und mehrfachem Nachfragen im Ausschuss können die Menschen mit Behinderung erwarten, dass die neue Landesregierung endlich die Ernennung vornimmt, wie sie es in anderen Bereichen längst getan hat. Die Nachlässigkeit der Landesregierung in dieser Frage ist im Interesse der Menschen mit Behinderung nicht hinnehmbar, da die Durchsetzung der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung durch Anregungen von Maßnahmen, die auf Abbau von bestehenden Benachteiligungen gerichtet sind, durch die Überwachung der Vorschriften des BGG NRW und anderer Gesetze, die die Belange von Menschen mit Behinderung betreffen, sowie durch die Erarbeitung von Umsetzungsempfehlungen hochrangige Ziele der Landespolitik darstellen. Diese Aufgaben dürfen durch keinerlei weitere Verzögerung beschädigt werden.

Wann benennt die Landesregierung eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen?

Ich bitte wiederum Herrn Minister Laumann um Beantwortung.

Sehr geehrte Frau Kollegin! Die Mündliche Anfrage, Kollegin Steffens, müsste bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes arge Befürchtungen an die Handlungsfähigkeit der neuen Landesregierung aufkommen lassen, wenn es stimmte, was Sie vorbringen.