Ich habe sowohl in der Pressekonferenz als auch heute darauf hingewiesen, dass darin statistische Unschärfen enthalten sind. Nur, wenn Sie vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2003 bei den Gewaltdelikten eine Steigerung um über 10 % haben, kann ich Ihnen nach allen Erfahrungen mit solchen Umstellungen sagen: So hoch sind die statistischen Unschärfen nicht, wobei hinzukommt, dass diese Steigerungen keine plötzlichen Steigerungen vom Jahr 2003 auf das Jahr 2004 waren, sondern kontinuierliche Steigerungen. Ich will die Zahlen gern noch einmal heraussuchen. Man kann das von 2001 bis 2004 kontinuierlich verfolgen.
Frau Ministerin, Sie sprachen zu Recht die Unzulänglichkeiten bei der Erfassung der entsprechenden Daten an. Welche Aussagekraft messen Sie überhaupt der Strafverfolgungsstatistik bei, insbesondere im Vergleich zur polizeilichen Kriminalstatistik?
Die Strafverfolgungsstatistik und die polizeiliche Kriminalstatistik bestätigen sich gegenseitig. Wenn ich aus der polizeilichen Kriminalstatistik für Nordrhein-Westfalen zitieren darf, dann sind die bekannt gewordenen Fälle der Gewaltkriminalität in Nordrhein-Westfalen von 1993 bis 2003 von 33.604 auf 49.781 gestiegen. Die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität erhöhte sich in dem Zeitraum von 28.839 auf 44.037. Ähnliches gilt für Raubstraftaten, ohne dass ich jetzt die Zahlen nennen will – ich kann sie aber gern auch zitieren –, sodass ich in der polizeilichen Kriminalstatistik eine Bestätigung beziehungsweise korrespondierende Zahlen für die Verurteiltenstatistik finde.
Frau Ministerin, in der Strafverfolgungsstatistik findet sich auch die Feststellung, dass die Zunahme der Strafaussetzungen zur Bewährung nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei jungen Erwachsenen und Heranwachsenden Folge eines veränderten Sanktionsstils der Gerichte ist. Insoweit interessiert mich, inwieweit das durch die Planungen der Landesregierung, den Warnschussarrest einzuführen, konterkariert wird.
Das wird durch die Pläne eines Warnschussarrestes nicht konterkariert, weil der Warnschussarrest gerade die Strafaussetzung zur Bewährung voraussetzt.
Kann es sein, Frau Ministerin, dass die Höhe der Zahlen damit zusammenhängt, dass sich die Erfolge der Polizei darin widerspiegeln, das heißt, dass sich die Zahl der aufgeklärten Straftaten erhöht hat und nicht die Zahl der Straftaten selber?
Das ist eine These, die Herr Prof. Pfeiffer in dem von Ihnen erwähnten offenen Brief an die Innen- und Justizminister des Bundes und der Länder in den Raum stellt. Ich glaube nicht, dass unsere Polizei vor zehn Jahren so viel schlechter gearbeitet hat als heute, dass sie über 30 % weniger Taten, die vorhanden waren, aufgeklärt hat. Dafür habe ich kein Indiz.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Zahlen von vor zehn Jahren nur nachrangig sind. Wir hatten im Jahr 2003 44.781 Gewaltdelikte in Nordrhein-Westfalen. Mit denen habe ich es jetzt zu tun und nicht mit denen von 1993.
Frau Ministerin, Sie haben im Zusammenhang mit der Vorstellung der Statistik angekündigt, zukünftig als Sanktion für Jugendliche verstärkt einen Aufenthalt in geschlossenen Heimen vorzusehen. Ist Ihnen bekannt, dass es solche Einrichtungen in NordrheinWestfalen gibt?
Ich komme noch einmal auf die Gewaltstraftaten zurück. Sie haben die erhöhte Zahl angegeben. Der erwähnte Brief von Herrn Pfeiffer ist auch an die rechtspolitischen Sprecher und nicht nur an die Minister gegangen. Herr Pfeiffer führt aus, dass auch hier wiederum die erhöhte Zahl der Anzeigen dafür verantwortlich ist, dass die Zahl der Gewaltdelikte gestiegen ist, denn die Polizei hat Aufklärungsarbeit in Schulen und im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzgesetz betrieben, wohingegen er insgesamt sagt, dass die Zahl der Gewaltstraftaten im Jugendbereich sogar leicht gefallen ist. Wie schätzen Sie diese Forschungsergebnisse ein?
Herr Prof. Pfeiffer hat leider bisher nur seinen offenen Brief zur Verfügung gestellt, in dem er in – wie ich meine – recht polemischer Form die Auffassung vertreten hat, in unserem Land würde nicht zutreffend über Kriminalität informiert und die Öffentlichkeit irregeführt. Die Gewerkschaft der Polizei profiliere sich damit, die wenigen schlechten Nachrichten groß herauszustellen, wie man aus der polizeilichen Kriminalstatistik ablesen könne. Ich muss diese nicht substantiierten Vorwürfe zurückweisen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer so wichtigen Problematik sollte in einem anderen Stil stattfinden.
Herr Prof. Pfeiffer liefert für seine Behauptungen keine Zahlen. Als Beleg verweist er auf erste Forschungsdaten aus einer eigenen Repräsentativbefragung von Jugendlichen aus mehreren Städten, ohne Genaueres anzugeben.
Die Daten, die aus polizeilichen Statistiken stammen sollen und die daraus abgeleiteten Tendenzen vermag ich für Nordrhein-Westfalen nicht nachzuvollziehen. Die Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik habe ich vorhin zitiert. Danach wäre die Gesamtzahl aller Tatverdächtigen unter 21 Jahren im Zeitraum von 1994 bis zum Jahr 2003 von 107.538 auf 140.205, also um mehr als 30 %, gestiegen. Das auf Hinweise und höheres Aufklärungsverhalten zurückzuführen, erscheint mir eher unwahrscheinlich.
Brief bekannt ist. Ist Ihnen denn auch bekannt, dass die Ergebnisse dezidiert in einer Fachzeitschrift veröffentlicht sind?
Wir haben gestern beim Institut von Herrn Prof. Pfeiffer nachgefragt. Es sind andere Ergebnisse in der Fachzeitschrift veröffentlicht worden. Wir haben die Auskunft erhalten, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung noch nicht veröffentlicht seien.
Danke, Frau Ministerin Müller-Piepenkötter. – Weitere Fragen liegen mir nicht vor. Damit ist die Mündliche Anfrage 18 erledigt.
Entspricht die Erweiterungsgenehmigung für die Flughafen Düsseldorf GmbH noch dem Angerland-Vergleich?
Im Jahre 1965 wurde der Angerland-Vergleich geschlossen, um einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Flughafens Düsseldorf und dem Schutz der AnwohnerInnen des innerstädtischen Flughafens zu erzielen. Gleichzeitig wurde die Einbahnkapazität als Betriebsgrundlage festgeschrieben. Trotz dieses Vergleiches lässt die Flughafengesellschaft in einer „Salamitaktik“ keine Gelegenheit aus, die Regelungen des AngerlandVergleiches auszuhebeln. Gemeinsam mit der Landesregierung ist es bis heute zu einer Ausweitung des Flugverkehrs in Düsseldorf in den sechs verkehrsreichsten Monaten in Höhe von rund 120.000 genehmigten Flugbewegungen gekommen, obwohl der Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Parallelbahn die Grenzen auf 91.000 Flugbewegungen (in den sechs verkehrsreichsten Monaten) festlegt.
Ist die Einhaltung des gültigen AngerlandVergleiches mit der geplanten Genehmigung der Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf gewährleistet, welche Vorkehrungen trifft die Landesregierung zum Schutz der Gesundheit der AnwohnerInnen, und wie gedenkt die Landesregierung die Einhaltung die
ser neuen Genehmigung zu kontrollieren, wo es schon in der Vergangenheit nachweislich immer wieder zu Überschreitungen insbesondere in den späten Abendstunden und nachts gekommen ist?
Frau Präsidentin, ich bin ein wenig irritiert, weil der Fragesteller drei Fragen gestellt hat. Welche Frage davon soll ich zuerst beantworten?
Die erste Frage lautet: Ist die Einhaltung des gültigen Angerland-Vergleichs mit der geplanten Genehmigung der Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf gewährleistet? – Meine Antwort darauf lautet: Ja.
Vor dem Hintergrund des Planfeststellungsbeschlusses vom 16.12.1983, Herr Minister, gibt es eine Ergänzung der Auflage mit der Bezeichnung III Nr. 5, die den folgenden Satz enthält: „Zeiten des Spitzenverkehrs sind dann gegeben, wenn für Luftfahrzeuge im Luftraum oder am Boden Wartezeiten bestehen.“ Diese Definition des Spitzenverkehrs war bisher die Grundlage aller Genehmigungen.
Die von Ihnen jetzt erteilte und mit dem heutigen Tag in Kraft getretene neue Genehmigung sieht eine völlig andere Definition des Begriffs „Spitzenverkehr“ vor. Vor dem Hintergrund lautet meine erste Frage – insgesamt möchte ich drei Fragen stellen –: Welche Folgen hat diese Änderung im Hinblick auf die Voraussetzungen, die mit einem gültigen Planfeststellungsbeschluss gegeben waren? Müssen wir möglicherweise einen neuen Planfeststellungsbeschluss durchführen, da wir hier von einer Parallelbahn als Ausweichbahn und nicht als paralleler Start- und Landebahn sprechen?
verwaltungsgericht Münster in seinem Urteil eine andere Definition vorgenommen hat: Als Spitzenzeiten können danach maximal 50 % der Betriebsstunden angesehen werden. Genau diese Definition haben wir hier zugrunde gelegt. Dieses Urteil stelle ich Ihnen bei Bedarf gern zur Verfügung.
Herr Wittke, ich habe im Zusammenhang mit dem Angerland-Vergleich folgende Frage: Der Angerland-Vergleich geht – um es etwas salopp zu sagen – von einer Kapazitätsbegrenzung im Einbahnbetrieb aus. Es kursieren inzwischen verschiedene Zahlen. So ist von 122.000 Flugbewegungen in den verkehrsreichsten Monaten zu lesen. Andere Presseartikel sprechen von 132.000 Flugbewegungen. Wo liegt nach der Meinung Ihres Hauses die Einbahnkapazität? Welche Größenordnung ist als Höchstgrenze anzusehen?
Frau Abgeordnete, nach dem gerade schon von mir zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster ist die Einbahnkapazität ohnehin obsolet. Wir gehen aber davon aus, dass mit dieser Genehmigung, die wir heute erteilt haben, während der Hälfte der Betriebsstunden nur eine Start- und Landebahn genutzt werden wird.