Gleichwohl steht und fällt am Ende alles mit der Frage der Schlüssigkeit und der Konsistenz. Wir wollen die Konsistenz nicht herstellen, indem wir auch an anderer Stelle Quoren abschaffen. Wir wollen an der Stelle das machen, was Bayern mit absoluter CSU-Mehrheit, aber mit breiter parlamentarischer Zustimmung machen konnte, nämlich ein gestuftes Quorum. Wir wollen ansonsten, dass wir hier bei der Wahl von hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern wieder zu demokratischen Verhältnissen zurückkehren. Das ist das, was wir wollen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Richtig ist, dass alle Parteien plebiszitäre Elemente in den letzten Jahren und Jahrzehnten stärken wollten. Dem ist hier im Landtag Rechnung getragen worden, unter anderem durch die Senkung des Zustimmungsquorums auf 20 %. Das wird nicht immer erreicht. Das ist richtig. Aber das ist auch abhängig davon, welches Abstimmungsthema in Rede steht. Insofern kann man das auch an der Frage festmachen, welches Interesse die Bürger tatsächlich an einem Thema haben.
Wir haben von den Koalitionsfraktionen den Widerspruch und das Spannungsfeld zwischen repräsentativer Demokratie und direkter Demokratie vorgestellt bekommen. Genau dazwischen muss man sich bewegen. Wir haben gewählte Kreistagsabge
ordnete, Stadträte, die natürlich ihre demokratische Legitimation haben, wobei man fragen muss: Wie steht es hier mit Mehrheitsentscheidungen und Minderheitsvotum?
Da ist sehr wohlfeil die Differenz zur Bürgermeisterwahl aufgeführt worden. Ich bin sehr dankbar, dass der Kollege Engel das noch einmal aufgerufen hat. Es ist völlig unsinnig, dass hier bei einem Bewerber niedrige Quoren gelten. Es gilt ein Mindestquorum von 25 %. Das heißt, es ist mehr als beim Bürgerentscheid.
Sie werden nicht bestreiten können, dass man bei der Frage Ja oder Nein sicherlich auch nur einen Bewerber als Vergleich daneben stellen kann.
Natürlich nicht. Es geht hier nur um Ja oder Nein. Das ist genau das Gleiche, was Sie bei einem Bewerber tun können. Insofern ist das Bürgermeisterquorum höher.
Was die von Ihnen zur Unzeit angeführte Abschaffung der Stichwahl anbetrifft, darf ich daran erinnern, dass wir eine ganze Reihe von Oberbürgermeisterwahlen hatten, bei denen die Kandidaten in der Stichwahl gerade einmal 16 % oder 20 % der Wahlberechtigten auf sich vereinigen konnten. Das heißt, wenn Sie die demokratische Legitimation in anderen Fällen in Zweifel ziehen, dann müssen Sie sich die Frage stellen lassen: Wie war das bei bisherigen Stichwahlen, bei denen ein Oberbürgermeister exakt 16,3 % Zustimmung der gesamten Wahlberechtigten erfahren hat?
Lassen wir diese Diskussion am besten beiseite. Es ist wichtig, auszutarieren. Ich glaube, dass ein solches Zustimmungsquorum angemessen ist. Es zeigt am Ende auch, ob hinreichend viele sich unter einem entsprechenden Thema versammeln wollen, ob das entsprechende Durchschlagskraft hat. Die Frage der verfassungsrechtlichen Absenkung von 20 % auf weniger Prozente kann man schwer beantworten. Es gibt da keine letztendliche Sicherheit. Eines ist klar: Bei der Neugliederung hat der Bundesgesetzgeber in Art. 29 Abs. 6 des Grundgesetzes ein Quorum von 25 % vorgesehen. Auch das zeigt: Es muss wohl ein gewisses Interesse der Bürgerschaft dahinter stehen. Ich halte das auch für richtig.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Wolf. – Herr Sagel hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Sagel. Sie haben noch 1 Minute und 55 Sekunden Redezeit.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich glaube, Nachhilfe in Demokratie brauche ich nicht, vor allem nicht von Parteien oder von einem Minister, dem vom höchsten Verfassungsorgan in Nordrhein-Westfalen schon mehrmals verfassungswidriges Verhalten bescheinigt worden ist. – Das vielleicht zum Ersten.
Zum Zweiten: Es ist sehr deutlich, dass Sie sich die Demokratie zurechtbiegen, wie Sie es mit Ihrer Mehrheit im Moment offensichtlich machen können. Das hat man kürzlich beim Wahltermin erlebt. Das hat man erlebt, als Sie die Stichwahl abgeschafft haben. Ich will nur daran erinnern, dass wir vor drei Jahren den Fall hatten, dass der Landrat im Kreis Warendorf, nachdem der vorherige Landrat Direktor beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe geworden war, mit einer Wahlbeteiligung von 30 % und einer Zustimmung von 60 % gewählt worden ist. Das heißt, die Zustimmung aller Wahlberechtigten lag unter 20 %. – Das nur zur Klarstellung und auch zu dem, was Herr Engel hier gerade für die FDPFraktion erklärt hat. Das ist die Wahrheit der Demokratie in Nordrhein-Westfalen.
Wenn Herr Becker das Thema gerne im Kommunalausschuss diskutieren möchte, werde ich ihm den Gefallen natürlich gerne tun; damit habe ich überhaupt keine Probleme. Von mir aus können wir das auch so machen, wenn Sie das gerne so hätten, dass wir im Kommunalausschuss federführend beraten und im Innenausschuss mitberaten. Damit habe ich überhaupt kein Problem, Herr Becker und Kollegen von SPD, FDP und CDU.
Ich bin sehr gespannt, was Sie da noch an Argumenten bringen und wie zwischenzeitlich der Verfassungsgerichtshof in Münster – vor meiner Haustür – vielleicht entschieden hat.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Es wurde, wie gerade von Herrn Sagel erwähnt, eine Verständigung erzielt, die entgegen dem Ausdruck der Tagesordnung vorsieht, dass der Antrag Drucksache 14/8624 an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform – federführend – sowie an den Innenausschuss zur Mitberatung überwiesen wird. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Gibt es jemanden, der das anders sieht? – Nein. Gibt es jemanden, der der Überweisung zustimmt? – Ja. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Antrag einstimmig so überwiesen.