Dann haben Sie die Kraftfahrzeugsteuer erwähnt. Liebe Frau Walsken, lesen Sie den Haushalt doch mal richtig!
Wenn Sie das tun, werden Sie sofort erkennen, dass wir Steuermindereinnahmen von 3,195 Milliarden in dem Haushalt haben, davon die Kraftfahrzeugsteuerkompensation durch den Bund
(Gisela Walsken [SPD]: Von der Sie gar nicht wissen, wie sie aussehen wird! Sie ist noch gar nicht beschlossen!)
in Höhe von 936 Millionen und nicht 925 Millionen abgesetzt haben, und dann landen wir bei 2,259 Millionen €.
Sie sagen, das sei noch nicht beschlossen. Ja, wir wollen als Länder über den Vermittlungsausschuss versuchen, das zu bekommen, was uns zusteht. Dafür bin ich in Berlin sehr stark angetreten, wie Sie vielleicht gehört haben.
Denn uns, den Ländern, gehören 205 Millionen mehr, als der Bund konzedieren will. Davon würden das Land Nordrhein-Westfalen gut 40 Millionen wieder erreichen. Es lohnt sich, dafür den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Ganze wird hoffentlich heute Nachmittag positiv zugunsten der Länder entschieden.
Sie haben dann die 38 Stellen angeführt. Dazu hat Frau Freimuth alles Nötige gesagt. Fragen Sie doch
mal den Bundesfinanzminister, wie viel Stellen er in Berlin dafür einrichtet! Ich sage Ihnen noch einmal: Wäre das Verfahren nicht so bürokratisch, hätten wir es nicht nötig gehabt. Das ist Ihrem SPDBundesfinanzminister geschuldet.
Wenn wir den Grünen gefolgt wären, hätten wir jetzt noch eine um 1,6 Milliarden höhere Neuverschuldung. Denn Herr Groth wird nicht müde, uns dieses Programm vorzuführen, das er uns im Oktober vorgetragen hat. Wären wir der SPD gefolgt, hätten wir heute auf fünf Jahre 5,5 Milliarden mehr Verschuldung, weil ihr Kommunalprogramm eben so aussieht. Das müssen Sie auf ein Haushaltsjahr herunterbrechen.
Jedenfalls glaube ich, dass wir mit Augenmaß in diese Krise hineingegangen sind, dass wir gegensteuern, dass wir alles tun, was in unserer Kraft steht, ohne den Haushalt so kaputtzumachen, wie Sie ihn uns hinterlassen haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da sich gerade mal zwei Seiten dieses Haushalts mit dem Konjunkturpaket befassen – trotzdem hat es die Landesregierung als dringend notwendig empfunden, das heute in einer Sondersitzung einzubringen – und der große Rest des uns vorliegenden Nachtragshaushalts – wie soll ich sagen? – allgemeine Maßnahmen sind, will ich mich mit einem Schauspiel beschäftigen, das wohl absehbar jedes Jahr aufgeführt wird und sich mit dem auseinandersetzt, was der Finanzminister „mehr Plätze fürs KiBiz“, das sogenannte Kinderbildungsgesetz, nennt, und zwar ein Schauspiel in drei Akten.
Der erste Akt ist jedes Jahr der Entwurf des Landeshaushalts. Die Landesregierung legt einen Entwurf vor, in dem die Plätze für unter Dreijährige ausgebaut werden, aber es gibt regelmäßig eine Deckelung. Das findet in diesem Jahr insbesondere dadurch statt, dass vor allen Dingen auf die 25 Stunden gesetzt wird. Alle sind ganz entsetzt und verstehen das gar nicht. Die Landesregierung will doch ausbauen und hat immer gesagt: Das soll doch bedarfsgerecht stattfinden. – Alle schauen sich fragend an, was dieser Entwurf soll. Aber dann kommt der Moment, in dem der Finanzminister zur Hochform aufläuft und mit ernstem Gesicht sagt: Mehr ist dem Land Nordrhein-Westfalen leider nicht möglich; der Kollege Laschet ist mir teuer genug.
Die Unruhe im Land führt dazu, dass sich – oh Wunder! – im zweiten Akt die beiden regierungstragenden Fraktionen auf den Plan gerufen fühlen.
Das findet meist unter Einsatz eines blonden Schönlings und einer bunten Fee statt, die an die Öffentlichkeit treten und sagen: Nein, nein, nein, alles, was beantragt worden ist, wird auch gefördert. – Auf die Frage, wie das finanziert werden soll, folgt dann meist Fehlanzeige. Es wird gesagt: Na ja, der Elternwille ist der entscheidende Moment. – Alle sind ganz verwundert und denken sich: „Wo kommt das Geld auf einmal her?“, und der Finanzminister blickt ganz ernst drein und sagt, er beugt sich den Fachpolitikern und dem Elternwillen.
Dritter Akt: Nachdem der Landeshaushalt beschlossen worden ist, beschließt das Kabinett: noch mal 10.000 Plätze obendrauf. Das ist das zweite Mal, dass wir dieses Schauspiel erleben. Und alle schauen sich ganz verwundert an, weil der Jubel gar keinen Anfang nehmen will.
Hinzu kommt, dass in diesem Jahr 2.900 Plätze mit Sperrvermerk versehen sind. Da wird dann ganz deutlich, worum es eigentlich geht: Diese Landesregierung geht hin und greift irgendwelche Zahlen. Sie plant nicht, wie sie vorgibt, sondern greift Zahlen und sagt: Das ist das, was wir im Unter-DreiährigenBereich an notwendigen Bedarfen erkannt haben, und so bauen wir aus.
Ob das tatsächlich stattfindet, ob es vor Ort tatsächlich ankommt, kann einem keiner sagen. Manchmal blickt der Finanzminister auch ein bisschen verzweifelt, wenn er danach gefragt wird, aber es stört ihn nicht weiter, weil ja politisch jetzt angeblich alles ganz toll klappt. Nur: Transparenz ist dadurch nicht geschaffen worden. Unbürokratisch ist dieses Verfahren auch nicht.
Statt tatsächlich das zu tun, was notwendig wäre – nämlich das Tagesbetreuungsausbaugesetz im Land vernünftig umzusetzen und eben nicht von den 23 Millionen €, die dem Land NordrheinWestfalen zur Verfügung stehen, ganze 5 Millionen tatsächlich an die Kommunen weiterzuleiten oder das KiFöG vernünftig umzusetzen –, warten die Träger noch immer auf die bearbeiteten Anträge und die Bewilligung der dafür nötigen Mittel, die sie aufgebracht, die sie für den Ausbau der UnterDreijährigen-Betreuung zum Teil schon vorfinanziert haben. Sie warten immer noch darauf. Es wäre doch ein Leichtes gewesen, wenn diese Landesregierung einmal hingegangen wäre und den Landesjugendämtern mehr Personal zur Verfügung gestellt hätte.
Nichts Dergleichen findet hier statt. Stattdessen wird auf Zeit gespielt, und die Landesregierung wird nicht müde zu behaupten, sie stecke schon so unsäglich viel Geld in den Bereich der Unter-DreijährigenBetreuung und dessen Ausbau, dass sie schon
nicht mehr wisse, wie sie es überhaupt noch abwickeln solle. Wem, glauben Sie denn, können Sie dieses Schauspiel noch einmal aufführen? Es ist tatsächlich so, dass das hier wirklich ganz planvoll stattfindet. Sie versuchen nur, Ihre Trippelschritte beim Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen in Nordrhein-Westfalen auf diese Art und Weise zu einem unglaublichen Popanz aufzubauen.
Dieses Spiel – das kann ich Ihnen versprechen – wird nicht mehr lange gut gehen und wird auch in der Öffentlichkeit als das, was es ist, erkannt werden, nämlich als eine Blase.
Sie bringen es fertig, 1,2 Millionen € im Bereich Obdachlosenhilfe zu kürzen. Dann gibt es eine wirklich heftige Diskussion, insbesondere von Betroffenenverbänden und denjenigen, die sich für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, einsetzen. Es gibt hier eine Anhörung, dass selbst Ihren Kolleginnen und Kollegen, die im sozialpolitischen Bereich tätig sind, Hören und Sehen vergeht, weil der Schwachsinn, der da geschildert wird, kein Ende nehmen will.
Dann gehen Sie hin und entblöden sich nicht, um das wirklich einmal zu sagen, jetzt im Nachtragshaushalt 1,3 Millionen € wieder einzusetzen, und nennen das dann Weiterentwicklung der Hilfen für Wohnungslose.
Das ist überaus peinlich und ist der Situation der Menschen, um die es hier geht, überaus unangemessen.
Das ist beim KiBiz das gleiche Schauspiel; das ist eine Schimäre, die Sie hier aufbauen. Es ist einfach eine Unverschämtheit, wie Sie mit diesen Themen umgehen, weil das überhaupt nichts mit der Ernsthaftigkeit zu tun hat, die diese Landesregierung an den Tag legen müsste, um in dem Bereich tatsächlich tätig zu werden. – Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Altenkamp, Sie haben sich eben
so furchtbar über U3-Erziehung und Ähnliches aufgeregt. Ich muss sagen, das ist der Haushaltsdebatte heute eigentlich nicht angemessen. Ich verstehe ja, dass Sie emotional nicht damit fertig werden, dass wir Nordrhein-Westfalen von einem der hintersten Plätze bei der U3-Betreuung auf einen Spitzenplatz bringen. Das ist nämlich die Realität.
Insgesamt spielen diese 14,5 Millionen €, um die es hier geht, im Nachtragshaushalt eher eine untergeordnete Rolle. Deswegen möchte ich noch einmal versuchen, allgemeinverständlich darzustellen, worum es bei diesem Nachtragshaushalt und bei der Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen eigentlich geht.
Meine Damen und Herren, unter Rot-Grün glich unser Land einem Spitzensportler, der zunehmend an Muskelschwund und am Burn-out-Syndrom litt. Deshalb haben die Bürger den Trainer gewechselt. Seitdem gewinnt unser Sportler in erheblichem Umfang an verlorener Kraft und Zuversicht zurück.
Sie können doch nicht abstreiten, dass seit dem Regierungswechsel im Mai 2005 der neue Trainer – die Koalition der Erneuerung –
wirklich hervorragende Arbeit geleistet hat. Ich will es Ihnen belegen: Nach kurzer Zeit schon stieg das Bruttoinlandsprodukt und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes wieder schneller – anders als bei Ihnen früher – als im Bundesdurchschnitt. Wir haben wirklich aufgeholt.
Die Zahl der Arbeitslosen sank in nur dreieinhalb Jahren um 350.000. Der Unterrichtsausfall konnte halbiert werden. Die vor dem Regierungswechsel völlig unzureichende U3-Betreuung – da gebe ich Frau Kollegin Altenkamp völlig recht – nähert sich mittlerweile einer Spitzenposition. Kurz: Unser Modellathlet Nordrhein-Westfalen hat Form und Leistungsfähigkeit wiedergefunden. Das war die Situation bis Ende letzten Jahres.
Dann ist etwas passiert: Unverschuldet sind wir in einen Verkehrsunfall geraten. Man könnte sagen, ein dicker Ami-Schlitten ist uns in die Seite gekracht, ohne dass wir etwas daran ändern konnten, und unser Athlet, den ich gerade beschrieben habe, wird schwer verletzt und verliert viel Blut, sprich: verliert viele Steuereinnahmen. Um Dauerschäden zu vermeiden, muss man jetzt natürlich etwas tun. Ich unterstelle, Sie wollen ihm diese Hilfe, diese medizinische Hilfe, nicht versagen.
Es werden Transfusionen notwendig. In diesem Falle kann man sagen: Diese Transfusionen sind die Aufnahme höherer Schulden und die beiden Konjunkturprogramme. Mit ihrer Hilfe wird unser Land – der beschriebene Athlet – den Unfall überstehen. Aufgrund der in der Zeit seit 2005 neu gewonnenen Vitalität und der gestärkten Konstitution wird er den Unfall sogar besser überstehen als andere, die beim gleichen Unfall verletzt wurden.