Protocol of the Session on February 12, 2009

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache: NordrheinWestfalen ist unter den deutschen Flächenländern das Land mit der größten Zeitungsvielfalt: Bei uns im Land werden 42 Tageszeitungen verlegt. Die Gesamtauflage der Tagespresse in NordrheinWestfalen lag 2008 bei 4,3 Millionen Exemplaren. Mehr als drei Viertel unserer Bürgerinnen und Bürger können zwischen mehreren Tageszeitungen mit Lokalberichterstattung wählen.

Herr Kollege Krautscheid hat in der vergangenen Woche an die Verleger in unserem Land appelliert, bei allen notwendigen Restrukturierungen die Zeitungsvielfalt zu wahren und besonders die Qualität in der Lokalberichterstattung zu gewährleisten.

(Beifall von der CDU)

Ich möchte gerne auf einen dritten Punkt zu sprechen kommen: Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, diese einzigartige Zeitungsvielfalt auch in Zukunft zu erhalten. Politik ist an der Stelle gut beraten, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und die Rahmenbedingungen für die Zeitungslandschaft in Nordrhein-Westfalen gezielt zu verbessern.

Deswegen hat Minister Krautscheid in der vergangenen Woche erste Gespräche mit Vertretern von Verlagen und Journalisten geführt, um auszuloten, welche politischen Maßnahmen den Zeitungen in ihrer gegenwärtigen Situation helfen können.

Dabei sind zwei wesentliche Bereiche identifiziert worden: Erstens ist die Entwicklung von Verlagshäusern hin zu Medienhäusern zu unterstützen, indem zum Beispiel im Rahmen der Novellierung des Landesmediengesetzes die Beteiligungsmöglichkeiten im Rundfunkbereich verbessert werden.

(Beifall von der FDP)

Zweitens ist die Zukunft der Zeitungen durch Maßnahmen für junge Leser zum Beispiel durch die Unterstützung, Fortführung und Ausweitung von Schulprojekten zu verbessern.

(Beifall von der FDP)

Die bisherigen Gespräche fanden auch unter Beteiligung des Wirtschaftsministeriums, des Schulministeriums und des Justizministeriums statt. Es wurde vereinbart, in den kommenden Wochen zu weiteren Gesprächen einzuladen, um die entwickelten Ideen zu konkretisieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich an dieser Stelle Minister Krautscheid nicht vorgreifen kann und möchte. Er ist jedoch gerne bereit, bei nächster Gelegenheit im Landtag umfassend über den aktuellen Stand der Planungen zu informieren.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Jarzombek das Wort.

Herr Vizepräsident Moron! Ich freue mich besonders, dass Sie die Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt leiten, weil wir uns – zumindest nach Aussage des Kollegen Eumann aus der letzten Plenarsitzung, wonach ich meinen Bundestagswahlkreis direkt gegen Michael Müller gewinnen werde; dafür bedanke ich mich nochmals – in Zukunft nicht mehr so häufig sehen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben heute sehr viel über die Westdeutsche Allgemeine Zeitungsgruppe gesprochen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, zunächst zu erklären, dass es in NordrheinWestfalen zahlreiche weitere Zeitungen gibt.

Ich danke ausdrücklich für die gestrige Pressemitteilung, die, wie ich glaube, Bestandteil jedes Wortbeitrags in dieser Debatte gewesen ist. Vielleicht wird sich der eine oder andere Verleger ermutigt fühlen, bei künftigen Plenardebatten Ähnliches zu machen. Es ist zumindest erwähnenswert, wenn die „WAZ“ Folgendes schreibt:

Für die WAZ-Mediengruppe zeugt der Beschlussantrag von einer guten Einsicht der Regierungskoalition in die gegenwärtige Lage der Medienunternehmen in Nordrhein-Westfalen und beweist das hohe Verantwortungsbewusstsein von CDU und FDP für deren Zukunftsfähigkeit.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Das ist ein großes Kompliment von berufener Stelle. Dafür bedanke ich mich sehr. Ich denke, das unterstreicht auch die Qualität des Antrags. Den lassen wir uns auch nicht kleinreden.

Herr Kollege Eumann, Sie haben eine Batterie von Fragen aufgeworfen, die in diesem Antrag gar nicht drinstehen. Denn hätten wir das alles beantworten wollen, hätten wir Ihnen nämlich einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das haben wir nicht getan; das werden wir aber demnächst tun. Und trotz allen Dissen

ses, den wir an verschiedenen Stellen haben, werden wir versuchen, bei diesem Thema mit Ihnen gemeinsam zu handeln.

Gespräche dazu hat es gegeben, und ich habe Ihre Beiträge vorhin zumindest so verstanden, dass Sie im Großen und Ganzen bereit sind, die Linie, die die Regierungskoalition hier vertritt, mitzutragen. Das finde ich sehr gut, und dazu kann ich Sie nur ermuntern. Wir werden unser Bestes geben, das so weiterzuführen. Insofern lohnt es sich auch nicht, hier über alle möglichen Fragen weiter zu diskutieren.

Bis hin zum Bundesdatenschutzgesetz, insbesondere zu dem Thema Datenschutzaudits, haben wir eine sehr dezidierte Meinung und würden darüber gern sprechen, und zwar insgesamt und nicht nur über die Frage des Listenprivilegs. Zu den extrem mittelstandsfeindliche Stellen in diesem Gesetzentwurf hat sich die Regierung im Bundesrat glücklicherweise auch schon in unserem Sinne positioniert. – Das ist aber heute nicht der Verhandlungsgegenstand.

Sie haben, über diesen Antrag hinaus, gefragt, was wir noch zu tun gedenken, und haben das GWB angesprochen. Mir ist es einfach wichtig, einmal auf eine Tatsache hinzuweisen: Wenn wir hier über eine Erleichterung von Fusionen reden, ist das in der Tat etwas – das entnehmen Sie auch korrekt unserem Antrag –, was wir auf jeden Fall interessant finden und wofür wir uns einsetzen würden. Aber es muss auch weiterhin eine mediale Pluralität gewährleistet sein.

(Beifall von CDU und FDP)

An dieser Stelle kommen Sie nicht nur als Partei, die über den Ordnungsrahmen bestimmt, ins Spiel, sondern auch – darüber haben wir hier schon mehrfach diskutiert – als aktiver Teilnehmer im Medienmarkt.

In der letzten Woche gab es sehr umfangreiche Berichterstattungen darüber, dass die SPD über verschiedene Zwischenschritte bei Regionalzeitungen im Norden der Republik ganz erheblich zukaufen wird. Das liest sich dann beispielsweise bei „Spiegel online“ so, dass der Vorsitzende der Geschäftsführung von Madsack – es ist übrigens auch sehr interessant, zu durchschauen, wie Madsack mit der SPD verbandelt ist – erklärt, wiederum laut „Springer“-Mitteilung, seine Verlagsgruppe stärke damit ihr Kerngeschäft im Tageszeitungs- und Anzeigenblattsektor und auch die Position des Medienhauses Madsack – Klammer auf: SPD – im Norden.

Das ist treffend formuliert; denn Madsack ist im Norden der Republik breit aufgestellt. Das Haus verlegt bereits die „Hannoversche Allgemeine“, die ebenfalls in der niedersächsischen Hauptstadt erscheinende „Neue Presse“ und ist an einer Vielzahl von Regional- und Lokalblättern beteiligt, etwa in Celle, Göttingen und Hameln.

Hinzu kommen diverse Beteiligungen an Rundfunksendern – Antenne Niedersachsen – sowie an TVUnternehmungen – TIMM.TV, AZ Media. Neu hinzukommen sollen jetzt erhebliche Beteiligungen an verschiedenen „Springer“-Publikationen, die mittlerweile zu einer ziemlichen Konzentration im deutschen Norden führen.

All das sei ihnen gestattet. Aber wir wünschen uns zumindest Transparenz. Das heißt, wenn wir an diesen Stellen mehr Fusionsmöglichkeiten erlauben, wünschen wir uns auch, dass der Leser zumindest erfährt, was er in der Hand hält.

Dazu möchte ich aus der „Neuen Westfälischen“ zitieren, einer Zeitung, die in Ostwestfalen verlegt wird. Sie gehört zu 57,5 % direkt der SPDMedienholding GDVG.

(Beifall von der CDU)

Was glauben Sie, was obendrüber steht? – „Unabhängig – Überparteilich“.

(Zurufe von der SPD)

Das ist kein Witz, das ist die Realität.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Was für ein De- mokratieverständnis haben Sie denn? – Wei- tere Zurufe von der SPD)

Sie haben nach dem Thema GWB gefragt. Meine Antwort ist: Ja, wir sind für Erleichterungen, für mehr Möglichkeiten. Aber wir möchten dann auch im Gegenzug, insbesondere wenn es Ihre eigenen Publikationen betrifft, mehr Transparenz.

Ich weiß nicht, wovor Sie Angst haben. Sie brauchen sich nicht zu verstecken. Schreiben Sie es einfach ins Impressum. Nennen Sie Ihre Holding nicht nebulös GDVG, sondern sagen Sie einfach „SPD-Medienholding“. Dann weiß jeder, worum es geht, und wir alle haben hier kein Problem mehr.

(Beifall von der CDU)

In diesem Sinne werden wir in weiteren Beratungsverfahren noch Interessantes zu verhandeln haben. Ich bin sicher, es wird eine spannende Debatte. – Ich bedanke mich.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Jarzombek. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Das heißt, ich kann die Beratung schließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/8336 an den Hauptausschuss. Dort wird die abschließende Beratung und Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Einstimmig hat der Landtag dies beschlossen.

Wir kommen nun zu:

9 Verbot des Vereins „Organization for Human Rights and Dignity – Organisation für Würde und Rechte am Menschen HDR” prüfen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8544

Ich eröffne die Beratung, und der Abgeordnete Jäger erhält für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktivitäten dieses Vereins, dieser „Organization for Human Rights and Dignity“, waren medial, und es war für die Duisburger Bürgerinnen und Bürger, die am 17. Januar vor Ort anwesend sein konnten, unüberschaubar, was dieser Verein für Ziele verfolgt, mit welchen Mitteln er sie verfolgt und welche Organisationskraft er inzwischen besitzt.

Der Verein HDR ist seit 1996 bekannt: ein angeblich relativ kleiner Verein – nur 50 Mitglieder – mit Sitz in Duisburg. Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen bewertet den Verein HDR als antiwestlich, antiamerikanisch, aber vor allem als antijüdisch, ausgestattet mit den entsprechenden Propagandamitteln. Dieser Verein sympathisiert offen mit dem bewaffneten Widerstand im Irak und in Palästina.

So weit zu den formalen Voraussetzungen, was den Vereinsaufbau sowie dessen Niederschlag im Verfassungsschutzbericht des Landes NordrheinWestfalen angeht.

Augenscheinlich ist dieser Verein inzwischen ein tragendes Element eines Netzwerkes antijüdischer Organisationen in Deutschland geworden, immerhin mit einer Organisationskraft, rund 2.000 Menschen am 17. Januar in Duisburg auf die Straße zu bewegen.