Protocol of the Session on December 18, 2008

(Beifall von der FDP)

Insgesamt haben wir mit dem Lehrerausbildungsgesetz einen großen Wurf erreicht. Wir werden dieses Lehrerausbildungsgesetz intensiv diskutieren. Es basiert auf den Empfehlungen einer hochrangigen Expertenkommission. Deshalb ist es alles in allem ein gutes Gesetz, das jetzt zu recht jetzt erwartet und von der Koalition verabschiedet werden wird. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Dr. Seidl.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade wenn wir uns die beiden letzten Redebeiträge von Herrn Lindner und Herrn Dr. Brinkmeier vor Augen halten, muss man feststellen, bezüglich der Zukunft der Lehrerausbildung gibt es heute leider keine Entwarnung, obwohl bald Weihnachten ist. Ihr Entwurf ist weder konzeptionell ausgereift noch gibt es Anzeichen einer Einigung zwischen den Verbänden im Schulbereich auf der einen Seite und den an der Lehrerbildung an den Hochschulen Beteiligten auf der anderen Seite. Das sagen uns die Zuschriften, die wir bekommen haben, ganz deutlich. Das ist genau der Punkt. Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den Institutionen ist mit diesem Lehrerausbildungsgesetz noch lange nicht aus dem Weg geräumt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dabei sollte es vor allem auch darum gehen, die Verantwortung für Studium und Vorbereitungsdienst klar zu regeln: für mehr Praxisnähe, mehr pädago

gische und fachliche Profilierung und für eine bessere Kooperation der an der Lehrerausbildung beteiligten Akteure. – Nur unter dieser Voraussetzung kann es gelingen, die Qualität der Lehrerausbildung nachhaltig zu verbessern, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb.

Umso mehr irritiert es, wenn Sie den Schwerpunkt und die Verantwortung nun doch sehr deutlich auf die Hochschule schieben. Oder wie sollen wir es sonst verstehen, wenn es im Entwurf heißt – ich zitiere –:

Die neue Lehrerausbildung setzt auf eine Stärkung der Verantwortung der wissenschaftlichen Hochschulen und entspricht damit der Zielsetzung des Hochschulfreiheitsgesetzes.

Die Absicht, die Lehrerbildung an den Hochschulen durch eigenständige Zentren und mehr Fachdidaktik zu stärken, ist grundsätzlich zu begrüßen. Wir fragen uns jedoch, mit welchen Instrumenten und Mitteln die Landesregierung diese Pläne realisieren will. Mit dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz haben Sie doch selbst alle Einflussmöglichkeiten aus der Hand gegeben, Herr Lindner.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die hohen Erwartungen an die größere Praxisnähe der Lehrerausbildung können nur dann erfüllt werden, wenn klare Anforderungen an die künftigen Praxiselemente gestellt werden. Der Gesetzentwurf hüllt sich hierzu in Schweigen. An keiner Stelle wird plausibel dargelegt, wie pädagogische oder fachdidaktische Kompetenzen während der Praxisphase im Studium erworben werden sollen. Deshalb sagen wir, die vielbeschworene neue Praxisnähe ist mit diesem Entwurf konzeptionell nicht vorhanden bzw. nicht ausgereift.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn man Regierungsverantwortung hat, reicht es eben nicht aus, Überschriften zu produzieren. Es braucht eine klare und einvernehmliche Struktur darüber, wie Qualitätsverbesserungen stattfinden sollen. Hiervon sind Sie noch meilenweit entfernt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Wir sind am Ende der Beratung zu diesem Punkt und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/7961 an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend – sowie an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Wer stimmt dieser Überweisungsempfehlung zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag einstimmig überwiesen worden.

Ich rufe auf:

3 Schutzschirm für Leih-, Zeit- und Kurzarbeiter

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8079

Ich eröffne die Beratung und erteile Herrn Kollegen Schmeltzer für die antragstellende Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Umgang mit der Leih- und Zeitarbeit zeigt, wie unterschiedlich sich doch die Parteien zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verhalten. Es wird deutlich: Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister spitzt die Lippen für Melodien der Arbeiterbewegung; aber am Ende singt er doch wieder das Lied des Kapitalismus und der FDP.

Ich erinnere an den 21. Februar 2008, als wir im Plenum über eine Forderung des Arbeitsministers Laumann diskutiert haben. Dort wurde er in einem Artikel der „WAZ“ vom 14. Februar 2008 mit den Worten zitiert:

Wenn die Branche

gemeint ist die Zeitarbeitsbranche –

nicht ins Entsendegesetz aufgenommen wird, können Anbieter aus Osteuropa ab 2009 zu den Löhnen ihres Landes hier arbeiten. Das halten wir nicht aus.

In der anschließenden namentlichen Abstimmung stimmte der Arbeitsminister – wir erinnern uns – gegen seine Überzeugung ab und lehnte den Antrag der SPD-Fraktion, die Zeitarbeitsbranche ins Entsendegesetz aufzunehmen, ab.

Am 13. März 2008 diskutierten wir ebenfalls wieder im Plenum aus Anlass der Verlagerung des NOKIAWerks von Bochum nach Rumänien über die gleichzeitige Kündigung von 1.200 Leiharbeitnehmern. Minister Laumann sprach in der Debatte am Beispiel von NOKIA von einer Verengung auf diesen Einzelfall.

Insbesondere in Zeiten der Automobilkrise ist dieser verengte Einzelfall zur Regel geworden: Hella, DEUTZ, Ford, Porsche und TRUMPF, um nur einige zu nennen, zeigen, dass es immer zuerst die Leiharbeiter trifft. NOKIA war deutlich kein Einzelfall. Eine Erhebung der IG Metall zeigt, dass Leiharbeitnehmer bereits in sieben von zehn Betrieben entlassen werden.

Diese Situation hat Bundesarbeitsminister Olaf Scholz erkannt und anders als sein Kollege in Nordrhein-Westfalen gehandelt: Kurzarbeit wurde auch für die Zeit- und Leiharbeitsbranche ermöglicht und auf maximal 18 Monate verlängert. Das ist ein guter Weg; ist doch ein Leiharbeiter durch den Schutz

schirm der Kurzarbeit allemal besser gestellt und abgesichert als in der Arbeitslosigkeit.

Dazu passt der ergänzende Vorschlag des DGB gut, einen Beschäftigungspool einzurichten, der die Leiharbeiter zum einen vor Arbeitslosigkeit schützt und zum anderen die Möglichkeit der Qualifizierung eröffnet. Das ist ein guter Vorschlag, den es allerdings auch umzusetzen gilt. Auch hier entnehmen wir der Presse, nämlich der „Neuen Westfälischen“, dass Arbeitsminister Laumann für diesen Vorschlag durchaus Sympathien hat und sogar Zuschüsse für diese Fort- und Weiterbildung in Aussicht stellt. Wieder einmal spitzt er in der Öffentlichkeit das Mündchen, um dem DGB Sympathien zu zollen.

Wir lauschen und erwarten, dass Sie jetzt auch pfeifen werden, Herr Minister Laumann. Lassen Sie Ihren Worten endlich einmal Taten folgen. Stellen Sie entsprechende Mittel in den Haushalt 2009 ein. Gelegenheit dazu haben Sie noch – aber nicht wieder unter dem Schutzschirm oder unter dem Deckmäntelchen der ESF-Mittel ohne entsprechende Kofinanzierung, die sich bei Ihnen nicht wiederfindet.

Folgen Sie dem guten Beispiel des Bundesarbeitsministers Scholz vom gestrigen Tag. In NordrheinWestfalen brauchen wir neben dieser guten Bundesinitiative zusätzliche Landesaktivitäten. Das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig.

(Beifall von der SPD)

Nehmen Sie einmal eigenes Landesgeld in die Hand, Geld für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Leiharbeiter.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das kann er doch gar nicht!)

Dann wird Ihnen geholfen. Hilfe bei Arbeitslosenzentren können Sie ja weitestgehend nicht mehr erhalten, weil Sie diese schon rasiert haben.

(Bodo Wißen [SPD]: So war das!)

Die Not der Beschäftigten wird noch größer, als dies in Ihrer Studie beschrieben wird. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es sehr erfreulich ist, dass Sie einer Forderung unseres Antrags unmittelbar nach Vergabe der Drucksachennummer nachgekommen sind und diese Studie nach nunmehr neun Monaten vorgelegt haben.

Die Not der Leih- und Zeitarbeiter wird 2009 größer werden. Zwei Drittel aller Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche haben befristete Verträge, die nicht selten direkt an die Aufträge gekoppelt sind. Was aus den Beschäftigten der Branche wird, wenn die Verträge auslaufen, ist für alle leicht vorstellbar.

Hier hat die Politik Fehler gemacht, auch wir Sozialdemokraten. Die Politik hat das Synchronisationsverbot aufgehoben; das war falsch. Es ermöglicht Tagelöhnertum.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Menschen steht hierbei nicht mehr im Vordergrund, sondern wird zur unternehmerischen Ware. Anders ausgedrückt, ich zitiere:

Ich persönlich halte die Frage für berechtigt, ob mit der Wiedereinführung des Synchronisationsverbotes ein größerer Schutz für Zeitarbeitnehmer realisiert werden kann; denn Menschen sind mehr als nur der Produktionsfaktor Arbeit.

(Beifall von SPD und Walter Kern [CDU])

So Walter Kern, der bereits applaudiert, in der Debatte am 13. März 2008.

Damit wir uns auch heute nicht falsch verstehen: Wir sind nicht gegen die Leiharbeit. Sie wird sowohl in saisonalen Spitzenzeiten als auch bei Auftragsspitzen benötigt. Aber die Rahmenbedingungen insbesondere für die Menschen Leiharbeitnehmer müssen in dem Sinne, den auch Kollege Kern angesprochen hat, stimmen. Wir müssen den rechtlichen Rahmen schaffen, der die sozialen und wirtschaftlichen Rechte der betroffenen Arbeitnehmer absichert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Situationen, wie sie schon heute bekannt sind, in denen der Leiharbeitnehmer auf die Stufe eines modernen Sklaven gestellt wird, müssen verhindert werden. Ein Beispiel aus der „Welt“ vom 15. Dezember 2008:

In einigen Arbeitspapieren auf Basis eines Tarifes des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA etwa ist vereinbart, dass der Arbeiter von nahezu jedem Vorgesetzten gefeuert werden kann: vom Leiter am Einsatzort ebenso wie vom Disponenten der Zeitarbeitsfirma.