Kollege Römer, ich muss mich schon wundern. Sie sind doch IG-BCE-Mitglied. Sie sollten einmal auf ihren obersten Chef, auf Hubertus Schmoldt hören. Er hat das nämlich voll erkannt. Hubertus Schmoldt hat unlängst gesagt: Was hier vorbereitet wird, ist ein Angriff auf den Kernbereich der industriellen Zukunft Deutschlands. Er hat der Presse gegenüber hinzugefügt: Spätestens die immer deutlicheren Folgen der Finanzmarktkrise sollten die Politik zu einem sorgfältigeren Urteil darüber veranlassen, was diese Pläne für Wirtschaft und Arbeitsplätze bedeuten.
Machen wir uns doch nichts vor: Unter dem Deckmantel, die Welt retten zu wollen, ging es bei der Entscheidung im EU-Ministerrat um knallharte industriepolitische Interessen: Frankreich hat einen Atomstromanteil – Sie wissen das – von fast 85 %. Wir sollen nach dem Willen von SPD und Grünen
aus der CO2-armen Kernenergie auch noch aussteigen. Das heißt: Wir zahlen, die Franzosen lachen sich ins Fäustchen, und die Konkurrenten in Polen und Osteuropa sind von der Klimasteuer befreit. Besonders schlimm trifft das uns in Nordrhein-Westfalen mit unseren Kohlekraftwerken und mit dem Kraftwerkserneuerungsprogramm, das jetzt – anders als Sie glauben, Herr Römer – auf der Kippe steht.
Alle reden derzeit von Konjunkturprogrammen: EU, SPD und Grüne, aber leisten sich den Luxus, privat finanzierte Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe zu blockieren.
Was das Ganze aus meiner Sicht schlimm macht: Die Auktionierung ist klimapolitisch überflüssig, weil bereits die Festlegung der sogenannten Caps in den nationalen Allokationsplänen dafür sorgt, dass die CO2-Minderungsziele erreicht werden. Das hat mit Auktionierung überhaupt nichts zu tun. Auktionierung führt nicht zu mehr Klimaschutz – dann wäre sie für uns ja noch akzeptabel –, Auktionierung führt ausschließlich, so wie es jetzt ausgestaltet ist, zur Geldabschöpfung, die nur zu einem geringen Bruchteil dem Klimaschutz in den Mitgliedstaaten der EU zugute kommt.
Bei uns werden erlaubte Emissionen mit einer horrenden Steuer belegt, die rund viermal so hoch ist wie die Erbschaftsteuer, um die wir uns bis zum Erbrechen gestritten haben. Für die Grünen ist das erstrebenswert, Kollege Priggen, weil Sie glauben, dass damit die Kohlekraftwerke in NordrheinWestfalen ein gesichertes Ende erfahren, und weil Sie glauben, dass die Windfall-Profits der Energiekonzerne endlich abgeschöpft werden. Die preisen ja kostenlos zugeteilten Zertifikate im Augenblick schon ein.
Alle wissenschaftlichen Betrachtungen belegen das: Die Konzerne werden Ihnen etwas husten und jede Verteuerung auf ihre Stromabnehmer abwälzen. Dazu sind sie aufgrund ihrer Marktmacht, über die wir durchaus diskutieren könnten und sollten, und der völlig unelastischen Nachfrage aller Kunden auf dem Strommarkt in höchstem Maße in der Lage.
Dann wird wieder der Ruf nach Sozialtarifen und diesem und jenem kommen. Erst jagt die Politik die Preise mutwillig in die Höhe, indem man eine CO2Steuer einführt, die nur Geldabschöpfe ist, aber für den Klimaschutz überhaupt nichts bringt. Das ist der Punkt. Hinterher beschweren Sie sich, wenn die Strompreise teuer werden.
Es ist so, dass die EVUs dadurch nicht belastet werden, wie Sie das wohl möchten. Vielmehr werden das Handwerk, das Gewerbe, der Mittelstand, die Industrie und sämtliche private Verbraucher die
Kosten der Versteigerung in Form von explosionsartig steigenden Preisen tragen müssen. – Das zur Betrachtungsweise der Grünen.
Herr Römer, Sie haben es vorhin noch einmal deutlich gemacht: Endlich sehen Sie am Horizont neue Subventionen für Kohlekraftwerke. Das haben Sie in der Tat schon immer gefordert. Aber, glauben Sie es mir: Das, was durch diese Zusatzsteuer an Schaden entsteht, ist viel schlimmer als das, was man mit Subventionen ausgleichen könnte. Im Übrigen sind die Möglichkeiten, Einnahmen des Emissionshandels bis zu maximal 15 % für Investitionen für den Bau neuer, hocheffizienter Kohlekraftwerke zu nutzen, nur bis 2016 befristet. Das ist nun wirklich kein angemessener Ausgleich für das, was man uns seitens der Brüsseler Bürokratie antut.
Ich hätte mich gefreut, wenn Sie gemeinsam mit der Landesregierung dafür gekämpft hätten, dass die Tassen im Schrank bleiben, dass ein Schritt nach dem anderen unternommen wird, dass wir nicht in einem Maße und in einer Zeit in Vorleistung gehen, die für unsere Wirtschaft total unverträglich ist. Ich bedaure das sehr. Ich hätte mir gewünscht, Sie würden sich anders verhalten. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Römer, nach den Debatten der letzten Monate könnte man fast der Auffassung sein, dass Sie an Ihrem Ziel sind, denn das Pferd ist nun leider wirklich tot. Während wir die ganze Zeit noch versucht haben, es am Leben zu halten und zum Laufen zu bringen, muss man eines ganz deutlich sagen: Es ist nicht eines natürlichen Todes gestorben oder zu Tode geritten worden, nein, dieses Pferd ist regelrecht von Herrn Gabriel und der SPD im Bund erschossen worden.
Das ist besonders schlimm, denn gerade für Nordrhein-Westfalen war dies ein besonders wichtiges Pferd im Stall.
Herr Kollege Remmel, wir haben heute Morgen schon an Sie gedacht. In der „Morgenandacht“ wurde der Psalm 32 erwähnt. Hier wurde gebetet: Werdet nicht wie Ross und Maultier, die ohne Verstand sind. Da habe ich direkt daran gedacht, dass Sie sich heute Morgen sicherlich zu Wort melden werden.
Meine Damen und Herren, was ist nun das Ergebnis des sogenannten Klimapaketes? – Es gibt die Vollauktionierung für die Energieversorger, allerdings mit Ausnahmen für osteuropäische Kraftwerke. Deutsche Energieversorger werden von diesen Ausnahmen nicht erfasst. Über ein Solidarfonds finanziert nunmehr allen voran Deutschland ein riesiges Kraftwerkserneuerungsprogramm, allerdings nicht bei uns, sondern in Polen und in den anderen osteuropäischen Staaten.
Meine Damen und Herren, auch die Möglichkeit, bis zu 15 % Investitionszuschüsse für neue Kraftwerke bis 2016 zu gewähren, die die Kanzlerin ausgehandelt hat, ist kein angemessener Ausgleich für deutsche Kraftwerke.
Genau genommen ist es ein Witz, eine sozialistische Umverteilungsmaschinerie, die seinesgleichen sucht.
Das müssen Sie mir einmal erklären, Herr Remmel, warum man den Unternehmen das Geld erst wegnehmen muss, um es ihnen dann doch wieder in die Taschen zu stecken. Diese Umverteilungsmaschinerie kann wohl nur Rot-Grün verstehen.
Meine Damen und Herren, beim vorliegenden Kompromiss muss man sich schon fragen, wessen Interessen die Kanzlerin da vertreten hat, wohl am ehesten die eigenen. Dass die SPD jetzt sagt, sie habe es immer besser gewusst, macht die Ergebnisse, Herr Kollege Römer, ehrlich gesagt nicht besser. Es lässt mich lediglich an Ihrem wirtschaftlichen und klimapolitischen Sachverstand zweifeln, Frau Kollegin Kraft. Für Nordrhein-Westfalen, aber auch für Deutschland ist das Ergebnis der Verhandlungen jedenfalls äußerst bescheiden. Folge wird der Ausbau von Gaskraftwerken sein. Das wird nicht nur die Abhängigkeit von russischem Gas erhöhen, sondern auch bei der Klimabilanz keinerlei Verbesserungen bringen, da Russland, um uns mit Gas zu versorgen, seine Stromerzeugung auf Kohle umstellt.
Unser energie- und klimapolitisch wichtiges Kraftwerkserneuerungsprogramm dagegen steht auf der Kippe. Planungssicherheit gibt es weder für Industrie noch für Energieversorger. Wer soll da investieren? Zwar wurde vereinbart, dass im Wettbewerb stehende energieintensive Unternehmen ausgenommen werden, aber welche Unternehmen das genau sind, wird erst Ende 2009 festgelegt. Es glaubt ja wohl niemand hier in diesem Hohen Hause, dass ein Unternehmen dieser Branche angesichts dieser Unsicherheit auch nur eine Investition im nächsten Jahr auf den Weg bringen wird.
Alles Jammern über den fadenscheinigen Kompromiss hilft nicht weiter. Wir müssen jetzt schauen, wie es weitergeht. Das Land und der Bund müssen nun schnell die Vorgaben umsetzen, um so Rechts- und Planungssicherheit herzustellen. Die Kriterien für eine Vergabe von Zuschüssen zu Kraftwerksneubauten müssen schnellstens festgelegt werden, damit das Kraftwerkserneuerungsprogramm doch in Gang kommt und wir endlich alte Dreckschleudern gegen hochmoderne saubere Kraftwerke ersetzen.
Neben der wichtigen Gestaltung der Rahmenbedingungen muss und wird sich die Landesregierung nun auch wie angekündigt dafür einsetzen, dass ein größtmöglicher Anteil der Erlöse aus dem Emissionshandel nach Nordrhein-Westfalen fließt.
Nun noch ein kurzes Wort zum Eilantrag der Grünen: Kraft-Wärme-Koppelung funktioniert da hervorragend, wo man ganzjährig einen Abnehmer für die Wärme vorfindet. Dort ist es sinnvoll und muss stärker zur Anwendung kommen. Dies ist sicherlich allen hier im Saal bewusst. Auch der Landesregierung muss man dies nicht extra noch mit einem Eilantrag mit auf den Weg geben.
Ich will aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass KWK nicht das Allheilmittel sein kann. Sie haben ja, Herr Kollege Priggen, in Ihrem Antrag Dänemark als Vorbild gewählt. Tatsächlich hat Dänemark einen KWK-Anteil an der Stromerzeugung von 50 %. Dazu kommen aufgrund der Küstenregion noch 20 % Windkraft. Aber, Herr Kollege Priggen, trotzdem hat Dänemark noch einen Pro-KopfCO2-Ausstoß von 12,6 t pro Jahr und damit mehr als wir in Deutschland mit 12,3 t. Das ist äußerst bemerkenswert bzw. zeigt, dass KWK eben nicht das Allheilmittel ist.
Meine Damen und Herren, es ergibt sich daraus, dass Strom- und Wärmebedarf nicht unbedingt immer zusammen passen, was wiederum zur Folge hat, dass sich der geringe Wirkungsgrad kleinerer Kraftwerke erheblich auswirkt. Verstehen Sie mich bitte richtig: KWK ist eine sinnvolle und effiziente Technologie, vorausgesetzt, sie ist wärmegeführt und wird dem eigentlichen Ziel gerecht, eine Energieversorgung insgesamt zu optimieren.
Der Fall Dänemark mit seinem überdurchschnittlich hohen Anteil KWK im Energiemix zeigt jedoch gerade folgende Schwäche: Da im Sommer die Wärme nicht genutzt werden kann, laufen viele KWKAnlagen ausschließlich zur Stromerzeugung. Der Effekt: Im Vergleich zu einer reinen Stromerzeugungsanlage sinkt der Wirkungsgrad signifikant, die CO2-Emissionen steigen. Offenkundig wird dieses Faktum letztlich in der im Vergleich der KyotoStaaten alles andere als positiven CO2-Bilanz Dänemarks.
reduktion von gerade einmal 9,7 % gegenüber 1990 erreicht. Genau wie für Deutschland war jedoch eine Minderung von 21 % das Ziel. Die Europäische Umweltagentur kommt daher zum Urteil, dass Dänemark die Kyoto-Latte nicht nehmen, sondern deutlich reißen wird, während Deutschland sein Kyoto-Ziel mit einer Minderung von 22,4 % bereits erreicht hat.
Man muss beim Ausbau der KWK also behutsam und mit Augenmaß vorgehen. KWK macht dort Sinn, wo eine ganzjährige Wärmeabnahme erfolgt. Eine flächendeckende Anwendung ist mangels Wärmebedarf im Sommer sowohl für Klima- als auch für Ressourcenschonung eher kontraproduktiv. Deshalb lehnen wir den Antrag auch ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schutz des Klimas hat für die Landesregierung höchste Priorität. Wir haben uns daher frühzeitig zu den aktuellen Klimaschutzzielen der Europäischen Union von März 2007 und März 2008 bekannt.
Das Erreichen der Ziele ist ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung der nachfolgenden Generationen. Ich denke, dass wir uns in dieser Frage alle einig sind. Wir sollten nicht laufend versuchen, irgendetwas Gegenteiliges zu behaupten.
Herr Priggen, die Frage der Ziele war in den Beratungen des Europäischen Rates nicht Gegenstand der Diskussion. Sie kam weder von unserer Seite …