Das heißt: Die CO2-Reduzierung, die Mengenreduzierung bei den Zertifikaten bis 2020 ist von allen unbestritten und von uns akzeptiert.
Ja, es wird aber immer ein anderer Eindruck erweckt, nämlich dass man, wenn wir über einen Weg dahin streiten, das Ziel aufgeben würde. Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben neben diesen Zielen auch an die Interessen unseres Landes und der hier lebenden Menschen zu denken.
Deshalb kommen wir bei den Instrumenten zu anderen Ergebnissen. Den Beschlüssen des Rates stimmte das Europäische Parlament gestern zu.
Herr Priggen, die Weichenstellungen, von denen Sie sprechen – wenn Sie sich diese im Detail angucken –, geben den groben Rahmen für die Ausgestaltung des von der Kommission gewünschten Weges vor. Dieser muss noch in wesentlichen Details, die von großer Bedeutung für die Europäische Wirtschaft und für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen sind, ausgestaltet werden.
Was Sie gesagt haben, finde ich lustig. Denn ich weiß noch, wie Sie mich belächelt haben, dass wir uns mit Oberösterreich und anderen Regionen zusammentaten. Von Ihnen, Herr Römer, und auch von Herrn Gabriel, war die besondere Regelung für energieintensive Branchen nicht beabsichtigt. Die Kommission hatte sie überhaupt nicht auf dem Tapet.
Sie haben unser Bemühen, eine Allianz industriestarker Regionen zu formen, hier im Parlament lächerlich gemacht. Ich kann Ihnen gerne noch einmal die Protokolle herausholen.
(Beifall von der CDU – Hannelore Kraft [SPD]: In Oberösterreich haben die doch kei- nen Erfolg erzielt!)
Wir haben für die energieintensive Industrie wichtige Verbesserungen gegenüber dem Entwurf der Europäischen Kommission erreicht.
Es wurde ein zeitlich gestrecktes Phasing-in erreicht. Von 2013 bis 2020 soll der Anteil der zu ersteigernden Zertifikate von 20 auf 70 % ansteigen und bis 2027 100 % erreichen. Die Kommission hatte ursprünglich bereits für 2020 die volle Versteigerung angedacht.
Ich finde es im Nachhinein gut, Frau Kraft, dass Sie hier nicht regieren. Der Teil wäre nicht passiert.
Meine Damen und Herren, um die Abwanderung von Industriezweigen in Nicht-EU-Länder mit geringeren Umweltschutzauflagen zu verhindern, wurde ein kompliziertes Regelwerk beschlossen. Danach sollen Sektoren und Teilsektoren begünstigt werden, wenn diesen eine Produktionskostensteigerung von mehr als 5 % der Bruttowertschöpfung droht und deren Nicht-EU-Handelsintensität 10 % übersteigt oder diesen eine Produktionskostensteigerung von mehr als 30 % der Bruttowertschöpfung
droht und deren Nicht-EU-Handelsintensität 30 % übersteigt. In diesen Fällen sollen den Anlagen im Zeitraum 2013 bis 2020 bis zu 100 % ihrer Zertifikate auf Basis branchen- oder technologieorientierter Benchmarks kostenlos zugeteilt werden.
Wie die Benchmarks im Einzelnen ausgestaltet sein sollen, ist völlig offen. Die Ausnahmeregelungen für besonders energieintensive oder außenhandelsabhängige Industrieunternehmen gehen zwar grundsätzlich in die richtige Richtung, umstritten ist aber nach wie vor die Höhe der Schwellenwerte für die kostenlose Zuteilung. Hier wird es Gewinner- und Verliererbranchen geben. So wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zum Beispiel die Stahlbranche bis 2020 mit einer kostenlosen Zuteilung rechnen können.
Aber auch hier sind noch viele wichtige Details, wie etwa die Behandlung von Kuppelgasen, völlig unklar. Endgültige Gewissheit wird es allerdings erst 2010 geben, wenn sich die Kommission und der Europäische Rat auf den konkreten Kreis der zu begünstigenden Sektoren, Teilsektoren und Anlagen verständigt haben.
Völlig unbegreiflich ist für mich die mögliche Behandlung der KWK-Anlagen. Nach Angaben der Bundesregierung soll wohl auch für die Auskopplung von Wärme Zertifikate ersteigert werden. Der Umfang würde sich dann nach den Vorgaben für die energieintensive Industrie richten. Dies würde unsere Bemühungen zur Förderung hocheffizienter KWK-Anlagen konterkarieren. Denn mit der Novelle des KWK-Gesetzes wollen wir die Verstromung in KWK-Anlagen auf 25 % verdoppeln. Die mögliche Einbeziehung der Wärmeauskopplung in den Emissionshandel würde dieses Ziel meiner Einschätzung nach gefährden.
Für die Anlagen der Energiewirtschaft müssen die Emissionsrechte ab 2013 grundsätzlich vollständig versteigert werden. Ich bleibe dabei: Die Entscheidung ist falsch.
Was noch schöner ist, Herr Römer: Da gibt es extra Zuteilungen für bestimmte Ländern, die aufgrund natürlicher Gegebenheiten andere Primärenergiestrukturen haben als hier, dass sie mehr CDMProjekte machen dürfen als wir. Von der Sonderleistung profitiert – man höre und staune – Schweden, wo man praktisch nur Wasser und Atomstrom hat. Wir mit der großen Basis fossiler Brennstoffe können dieses kostengünstigere Verfahren, CO2Zertifikate quasi durch Projekte wie im Ausland nutzbar zu machen, nicht in Anspruch nehmen. Anders ist das in Griechenland, Portugal, Italien und Schweden. Herr Römer, wenn Sie das alles nicht interessiert, dann tut es mir leid, dann vertreten Sie nicht mehr die Interessen Nordrhein-Westfalens.
(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD – Svenja Schulze [SPD]: Unverschämt- heit! Können Sie das einmal Ihrer Bundes- kanzlerin erklären? – Zuruf von der SPD: Was haben Sie denn für Nordrhein-Westfalen bis jetzt getan? Nichts haben Sie getan!)
Was das Zuschussprogramm angeht: Haben Sie sich einmal die Konditionen angeguckt? Herr Gabriel sagt doch bereits jetzt, er stelle sich dabei allenfalls kleine Stadtwerke vor.
Meine Damen und Herren, dabei ist davon nichts in der Richtlinie enthalten. Das bedeutet: Die Ausgestaltung dieser Regelung ist nicht über die Emissionsrichtlinie geplant, sondern sie soll nach Angaben der Bundesregierung als Vorschlag der Kommission vorgelegt werden. In diesem Fall – auch das ist wichtig – unterlägen die Zuschüsse in vollem Umfang der Beihilfekontrolle. Die Kommission hat angekündigt, sie will sich das noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Das bleibt ebenfalls unklar.
Es kommt hinzu, dass die Wettbewerbsbedingungen im Stromsektor nicht für alle Marktteilnehmer gleich sind. In einigen mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten können im Stromsektor bis zu 70 % der Zertifikate kostenlos zugeteilt werden. Man frage einmal in den neuen Bundesländern nach, was die entlang der Grenze zu Polen erwarten. Das nur als kleines Beispiel! Diese Regelung benachteiligt die deutsche Stromerzeugung; denn die konkurrierenden Kraftwerksbetreiber müssen erst ab 2020 alle Emissionsrechte ersteigern.
Also, ich sage Ihnen: Da haben wir eine Menge zu verkraften, was ich diesem Land und den hier Beschäftigten gern erspart hätte.
Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung die notwendige weitere Ausgestaltung der Ergebnisse im Detail durch Vorschläge der Kommission und nationale Umsetzungsgesetze durch eigene Initiativen begleiten. Das bedeutet: Wir werden darauf drängen, dass für die energieintensiven Branchen so rasch als möglich Klarheit darüber besteht, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie durch die Versteigerung der Zertifikate ab 2013 belastet werden, damit diese Planungssicherheit haben. Dazu gehört: Wir fordern, dass das Land an den zweckgebundenen und den nichtzweckgebundenen Einnahmen des Bundes aus der Auktionierung angemessen beteiligt wird – darüber hat übrigens nie ein Zweifel bestanden –
und an der sachgerechten Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für Investitionszuschüsse für die Stromwirtschaft mitwirken kann.
Herr Priggen wirft uns bei erneuerbaren Energien laufend fahrlässige Vernachlässigung vor. Dazu aktuell die Zahlen: Die regenerative Energiewirtschaft in Nordrhein-Westfalen boomt.
Rund 21.000 Beschäftigte halfen im Jahr 2007 bei der Herstellung, der Errichtung und im Service regenerativer Anlagen. Die regenerative Energiewirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist mittlerweile industriepolitisch sehr bedeutsam.
Von den 2007 weltweit errichteten Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 20.000 Megawatt kam jedes zweite eingebaute Getriebe aus NordrheinWestfalen.
Die regenerative Wärmeerzeugung stieg gegenüber 2006 um rund 10 %. Der Beitrag erneuerbarer Energien im Bereich Strom, Wärme, Treibstoffe hat in Nordrhein-Westfalen weiter zugelegt. Und so weiter und so fort.
Zum weiteren Aufbau der Kraft-Wärme-Kopplung: Herr Priggen, ich gebe zu, ich hätte diese Potenzialstudie auch gerne schneller gehabt. Aber ich glaube, wir sollten uns auch nicht täuschen, dass die Leistungsbeschreibung komplizierter ist, als manche das meinen. In die Leistungsbeschreibung muss man doch auch bestehende Versorgungslösungen einbeziehen. Die Versorgung von Gebäuden mit Wärme ist nicht mit der Versorgung der Industrie mit Prozessdampf gleichzusetzen. Das bedeutet, dass wir über verschiedene technische Lösungen und über einen großen Leistungsbereich reden.
Wir haben die Leistungsbeschreibung inzwischen fertig. Die Vergabe wird zeitnah erfolgen. Aber ich sage Ihnen auch: Die Regionen für die fünf Pilotprojekte, in denen wir abprüfen müssen, ob die Methode klappt, sind ausgesucht. Sie wissen, dass wir als Land die größte Verbreitung von Nah- und Fernwärmenetzen haben. Da gibt es KWK bereits.