Protocol of the Session on December 4, 2008

Zweitens. Wir gehen davon aus, dass das mit Sicherheitsproblemen und mit weiteren Staus verbunden sein wird. Damit ist insgesamt die Frage zu stellen, was man abseits des Streites um Autobahnen, Schienen etc. noch tun kann, um die Durchlässigkeit, um die Aufnahmefähigkeit der Autobahnen zu erhöhen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jeder ernst zu nehmende Verkehrswissenschaftler, jede Verkehrswissenschaftlerin sagt Ihnen auf diese Frage: Eine der Antworten lautet, Sie müssen die Spitzen in der Geschwindigkeit herausnehmen und dafür sorgen, dass insgesamt der Verkehr konstanter läuft. Das heißt, das, was unten zu langsam ist oder sich sehr langsam gegenseitig überholt, und das, was oben zu schnell ist, muss herausgenommen werden, um insgesamt auf den Autobahnen durch ein kontinuierliches Verkehrstempo mehr Sicherheit zu schaffen und eine höhere Durchläs

sigkeit zu erreichen. Das ist der eine Punkt. Es geht also darum, wie wir unser Verkehrssystem Autobahn am besten ausnutzen.

Der zweite Punkt in diesem Zusammenhang lautet, was wir tun können, um die Sicherheit zu erhöhen. Dort gilt das Gleiche. Wenn man die Verkehrsspitzen aus den Autobahnen herausnimmt – das zeigen alle ernst zu nehmenden Untersuchungen –, steigert das die Verkehrssicherheit ganz erheblich.

Die Verkehrssicherheit steigt ebenfalls, wenn man mehr LKW-Überholverbote einführt, als das in Nordrhein-Westfalen der Fall ist. Inzwischen sind es mehr als früher – das ist gut –, aber es sind noch deutlich zu wenig. Insbesondere auf mehr als zweispurigen Autobahnen gibt es viel zu wenige LKWÜberholverbote. Ich darf daran erinnern, dass neben mangelndem Abstand die Überholvorgänge der LKW die meisten Unfälle verursachen. Daher müssen wir bei den Überholvorgängen eingreifen. Dies wird in unserem Antrag gefordert.

Darin fordern wir auch, eine dritte Ursache von LKW-Unfällen härter anzugehen, als das in NRW bis jetzt der Fall ist: Die Geschwindigkeitsbegrenzer, die es in den LKW geben muss, müssen konsequent kontrolliert werden. Bei Kontrollen stellt man nämlich fest, dass sie zu 80 % – ich betone: zu 80 % – manipuliert sind. Das heißt, dass nicht ordentlich kontrolliert wird. Dies muss geändert werden.

Ich fasse zusammen: Wir wollen das Verkehrssystem Autobahn besser ausnutzen. Wir wollen den Verkehr sicherer machen. Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen sind geeignet. Sie kosten kein Geld und können dazu dienen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Becker. – Für die Fraktion der CDU spricht nun Herr Kollege Schemmer.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unter diesem Tagesordnungspunkt behandeln wir ja zwei Themen – zum Ersten die Frage der Ausweitung des LKW-Überholverbotes und zum Zweiten das Thema „Tempo 130 auf NRW-Autobahnen“.

Zu diesen beiden Fragestellungen wird in dem Antrag auch einiges Richtige gesagt. Drei Viertel dessen, was in diesem Antrag steht, kommt aber aus der ideologischen Mottenkiste.

(Beifall von der FDP)

Ich stelle in diesem Zusammenhang noch einmal die Frage, was denn Rot-Grün im Bund von 1998 bis 2002 und im Land bis 2005 gemacht haben. Verhinderungspolitik beim Straßenbau; keinerlei Initiativen beim LKW-Überholverbot; bei Tempo 130

wurde nur gestottert! Nichts wurde umgesetzt – oder, um es mit Herrn „Wowi“ zu sagen: Sie haben nichts gemacht, und das war auch gut so.

Was hat denn nun in den letzten Jahren auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen stattgefunden? – Wir haben 64 Verkehrsinformationssysteme installiert und sind damit in der ganzen Bundesrepublik federführend.

Die neue Landesregierung hat das Überholverbot auf stark befahrenen zweispurigen Autobahnen und in Gefahrenstellen eingebracht – lange bevor Herr Tiefensee dieses Thema angegangen ist.

Im Übrigen – das ist vielen vielleicht nicht bekannt – haben wir auf insgesamt 1.500 km Überholverbote auf den Autobahnen.

Mit den LKW-Kontrollen sprechen Sie ein weiteres Thema an. Da bin ich durchaus Ihrer Meinung. An der einen oder anderen Stelle könnten ruhig Verbesserungen eintreten – sowohl bei Geschwindigkeitskontrollen, bei der Frage von Lenkzeiten, bei Fragen von Abstand und Sicherung der Ladung als gegebenenfalls auch bei Gewichtsüberschreitungen.

Nachdem Sie dieses Thema abgearbeitet haben, kommen Sie aber wieder in Ihre Mottenkiste zurück. Ihre Begründung zur Einführung von Tempo 130 ist eine Ansammlung von Verdrehungen und Falschbehauptungen.

Lassen Sie mich daher noch einmal die Fakten darstellen.

Ein Drittel der Autobahnen in Nordrhein-Westfalen hat Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Schauen wir uns einmal bestimmte Projekte an, beispielsweise das Projekt zur Verbesserung der Sicherheit des Verkehrsflusses auf der A 45. Nachdem man dort ein Überholverbot eingeführt und das Tempolimit von 120 auf 130 km/h erhöht hat, läuft es dort besser.

Bei der CO2-Ersparnis reden wir von sagenhaften 2 %. Wenn wir – nach jahrelangem Planungsstillstand bei Rot-Grün – nur einen marginalen Teil der Staus beseitigen, führt das in Bezug auf CO2 zu einem besseren Ergebnis als die generelle Einführung von Tempo 130.

Die signifikante Reduzierung der Unfallzahlen, die dadurch angeblich eintreten soll, ist ebenfalls eine Fata Morgana.

Kurzum: Dort, wo die Autobahnen frei zur Verfügung stehen, wollen wir keine Drangsalierung der Bürger. Wir wollen eine qualitativ hochwertige Verkehrslenkung.

Den Einstieg dazu hat die schwarz-gelbe Landesregierung gemacht. Wir sind auf einem guten Weg. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Schemmer. – Für die SPD spricht nun Herr Kollege Wißen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte diesen Antrag in zwei Teile teilen; denn man hätte daraus in der Tat zwei unterschiedliche Anträge machen können. Zum einen geht es um das Thema LKW – Überholverbote und Kontrollen – und zum anderen um die Frage eines Tempolimits von 130 km/h.

Ich muss Herrn Schemmer natürlich unrecht geben. Herrn Wittke zeichnet ja besonders die Tatsache aus, dass wir Stauland Nummer eins geworden sind. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass Minister Wittke seinerzeit gesagt hat: Diese Staus sind jetzt alle meine. – Dass das automatisch dazu führt, dass man jetzt mehr davon hat als jemals zuvor in der Geschichte, hatte ich allerdings nicht vermutet.

(Beifall von der SPD)

Die Gründe dafür sind ja mit den Händen zu greifen. Wir haben natürlich deswegen mehr Staus, weil er eine schlechte ÖPNV-Politik macht. Die Kürzungen der Regionalisierungsmittel wurden nicht aufgefangen. Das führte zu einer Angebotsreduzierung. Das Ganze ist eine betonbezogene Politik, um es einmal so zu nennen.

Er ist auch mit dem Ansatz gescheitert, die Mauteinnahmenerhöhungen alleine auf die Straße zu bringen, wie er das wollte. Die SPD hat sich durchgesetzt. Es war gut, dass Einnahmen beispielsweise auch in die Wasserstraßen fließen, denn damit verhindern wir ja auch Staus.

Erinnert sei auch an Wittkes Eiertanz in Bezug auf ein generelles Überholverbot. Ich kann ganz vergnüglich auf eine Kleine Anfrage verweisen.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Geschichte mit der Ausweitung der LKW-Parkplätze: Es gab die Idee, wahrscheinlich beim FC Schalke 04 über die Woche die Plätze freizugeben, um dort LKW parken zu lassen. Auch das ist ein Aspekt im Rahmen des Themas Verkehrssicherheit. – Ich warte bis heute auf die Umsetzung der Idee.

Ich bin froh, dass es uns und vor allem Tiefensee gelungen ist, Wittkes Gigaliner, diese Monstertrucks, auf nordrhein-westfälischen Straßen zu verhindern. Das war ein wirklicher Beitrag zur Verkehrssicherheit auf den Bundesautobahnen.

(Zuruf von Heinz Sahnen [CDU])

Die Grünen haben uns völlig an ihrer Seite, wenn sie Kontrollausweitungen fordern. Auch dürfen wir darauf hinweisen, dass auf Bundesebene über verpflichtende Fahrassistenten nachgedacht wird. Beides sind Bundesthemen.

Ich würde gerne noch anregen, parteiübergreifend über ein Tempolimit bei den Kleintransportern nachzudenken.

Natürlich ist das Land gefordert, die Polizeikontrollen auszuweiten. Von den Polizistinnen und Polizisten und vom Bundesamt für den Güterverkehr wird gute Arbeit geleistet, aber mehr Kontrollen wären natürlich immer gut. Das wissen wir. Das wäre hilfreich.

Kommen wir zum zweiten Teil, zum Tempolimit von 130 km/h. Ich will aus meinem Herzen gar keine Mördergrube machen und nicht inhaltlich rumdiskutieren, sondern nur sagen: Am 27. Oktober 2007 auf unserem Bundesparteitag in Hamburg haben 225 Genossen für, 223 gegen ein Tempolimit auf Bundesautobahnen gestimmt. Es war also die denkbar knappste Mehrheit.

Im Mai 2008 fand eine Abstimmung der Großen Koalition und offenbar auch des Kabinetts statt. Dort hat man sich gegen ein Tempolimit entschieden.

Wir glauben, dass auch geschicktere Lösungen als ein starres Tempolimit möglich sind.

(Beifall von der FDP)

Das Tempolimit wird schon jetzt – und das ist gut so – immer häufiger flexibel gestaltet; der Verkehrsfluss auf den Autobahnen wird genau geregelt. Das ist eine gute Sache. Auch die Ampeln an den Autobahnauffahrten haben enorm gewirkt, was ich nicht gedacht hätte. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Wir glauben, das ist ein richtiger Weg.

(Zuruf von Dr. Jens Petersen [CDU])

Wir wissen, dass wir in der jetzigen Koalition aus CDU und SPD natürlich keine Mehrheit für Tempo 130 haben werden, um den Willen der zwei Genossen umzusetzen, die mit der Mehrheit gegen die 223 anderen gestimmt haben. Aber wir gehen davon aus, dass sich die künftige Bundesregierung dieses Themas annehmen wird. Dann wird es natürlich sehr interessant sein, wie diese Debatte weitergeht.

Ich darf zum Schluss noch auf Folgendes hinweisen: Herr Becker, es gibt in den Bundestagsdrucksachen einen interessanten Passus zu diesem Thema. Dort wird ein SPD-Kollege zitiert, der bei einer Abstimmung im Jahr 2000 dabei war. Damals hat unter anderem Herr Trittin gegen die Einführung eines Tempolimits von 130 km/h gestimmt.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wahrscheinlich war er für ein Tempolimit von 120 km/h!)

Es ist also ein bisschen dran an dem, was die Kollegen schon vorher gesagt haben. – Ich danke.