Protocol of the Session on November 13, 2008

Meine Damen und Herren von der SPD, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie Sie das mitmachen können. Um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen, brauchen wir die Vollauktionierung nicht. Auch bei Zuteilung nach Benchmark werden die frei verfügbaren Zertifikate frei gehandelt und drücken den CO2-Ausstoß auf das vorgegebene Niveau. Sollte die Vollauktionierung kommen, wäre das nichts als ein Deindustrialisierungsprogramm.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass wir wie die OECD der Meinung sind, dass gehandelt werden muss. Dazu wollen wir unsere Mittel möglichst effizient dort einsetzen, wo sie den meisten Ertrag für den Klimaschutz, aber auch für unsere Bürgerinnen und Bürger erbringen. Dabei muss es nach Möglichkeit internationale Lösungen geben, um die nordrhein-westfälische Industrie nicht absichtlich ins Ausland zu treiben. Wünschenswert wäre eine Einbeziehung möglichst aller Staaten, mindestens aber derjenigen, die erhebliche CO2Mengen emittieren.

Wir haben das Kraftwerkserneuerungsprogramm umzusetzen und wirken auf eine Verlängerung der Laufzeiten bei der Kernenergie hin.

Meine Damen und Herren, Ziel muss ein ausgewogener Energiemix sein, der Umwelt, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit unter einen Hut bringt. Industrie und Umwelt müssen miteinander vereinbar bleiben. Dafür werden wir uns in der Koalition auch weiterhin einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Brockes. – Für die SPD spricht die Kollegin Schulze.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir die Chance nutzen, den OECD-Bericht hier im Parlament zu diskutieren, auch wenn das bei den antragstellenden Fraktionen auf nicht so sonderlich viel Interesse stößt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Auf jeden Fall ist es gut, dass wir dieses Gutachten diskutieren, weil dieses Gutachten wie auch schon der Bericht vom IPCC, wie der Stern-Report, wie das Gutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen wichtige Hinweise für die Politik enthält.

Es wundert mich ein bisschen, dass die Regierungsfraktionen in der Lage waren, das gemeinsam zu beantragen. Ich erinnere mich noch ganz gut an ein paar Ausführungen eines FDP-Abgeordneten, der uns hier folgende drei Weisheiten zum Besten gegeben hat. Ich möchte das noch einmal zitieren, weil es so schön war. Das erste Zitat lautet: Wir haben unterschiedliche Auffassungen über den menschlich bedingten Einfluss auf das Klima. Das zweite Zitat: Das Klima wandelt sich, ob wir nun etwas dagegen tun oder nicht. Und das dritte: Es gibt kein Grundrecht auf ein konstantes Klima.

(Zuruf von der FDP: Richtig!)

Meine Damen und Herren, gefehlt hat mir eigentlich nur noch das Letzte, nämlich: Die Erde ist eine Scheibe. – Dann wäre es komplett gewesen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Brockes, es ist dann auch nicht besser, wenn Sie von 520 Seiten Bericht nur die Seite 360 zu Atom lesen. Das allein reicht nicht, Herr Brockes.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Gut ist, dass sich die Regierungsfraktionen jetzt auch einmal mit dem Klimawandel beschäftigen und mitbekommen, dass das ein Thema für die Politik ist. Nachdem die Welt inzwischen seit über drei Jahren über politische Lösungsansätze diskutiert, wachen jetzt auch die Regierungsfraktionen auf, sie

fordern aber wieder einmal nur, dass wir hier diskutieren sollen. Eigentlich müsste es Ihnen langsam peinlich sein.

Ich finde es beschämend und eine Frechheit gegenüber dem Parlament, dass wir nach drei Jahren Diskussion hier immer noch diskutieren sollen. Das reicht nicht mehr. Sie haben einen Auftrag der Wählerinnen und Wähler, zu regieren, das Land hier zu gestalten. Nur im Parlament zu diskutieren, ist deutlich zu wenig.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das wurde aber auch schon in der Beantragung der Aktuellen Stunde deutlich. Ich fasse es so zusammen: keine Programmatik, keine inhaltlichen Ziele, kein Bezug zu den Notwendigkeiten von NRW. Sie wollen diskutieren und nicht regieren. Das reicht nicht.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, da sind wir schon bei dem Kernproblem der Regierung. Sie beantragen eine Aktuelle Stunde zu einem Bericht, der für NRW jetzt keine neuen Detailerkenntnisse liefert. Sie greifen eine Debatte auf, die es seit drei Jahren gibt, und Sie wollen diskutieren.

Der OECD-Bericht nennt eine ganze Menge, und das ist wirklich keine sozialdemokratische Vorfeldorganisation, Herr Brockes. Deswegen lohnt es sich selbst für die FDP, sich damit auseinanderzusetzen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Der OECD-Bericht benennt den Bereich Klimaschutz. Er benennt biologische Vielfalt und erneuerbare natürliche Ressourcen. Es geht um Wasser, es geht um Luftqualität, es geht um Abfälle und chemische Gefahrenstoffe. In vielen dieser Themen ist auch die Ampel in Nordrhein-Westfalen schon auf Rot. Was tun Sie, was tut die Landesregierung? Wir hören von Kompetenzgerangel zwischen Herrn Uhlenberg und Frau Thoben.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Es wäre schön, wenn Sie mal die Telefonnummern austauschen, damit wir das nicht immer im Parlament über uns ergehen lassen müssen.

(Beifall von der SPD – Minister Eckhard Uh- lenberg: Wir telefonieren jeden Tag dreimal!)

Dann erfahren wir, dass Herr Brockes und auch Herr Weisbrich sagen: Na ja, das ist ja ein Riesenproblem mit dem Klimawandel, aber da müssen jetzt erst einmal die Brasilianer, die Chinesen oder die Russen ran, und dann können wir mal sehen, ob wir noch etwas tun.

Woher nehmen Sie eigentlich die Chuzpe, nachdem die Industrieländer wie auch wir über Jahrzehnte die Umwelt benutzt und verschmutzt haben, jetzt andere Länder zu maßregeln? Wir haben doch als Industrieländer einen maßgeblichen Anteil an den

Problemen, die wir heute haben. Das Einzige, was wir tun können, ist doch, den Chinesen, den Brasilianern und den Russen gute Argumente zu liefern, warum sie gefälligst nicht die gleichen Fehler machen sollen wie wir. Aber mehr können wir von unserer Seite doch nicht machen.

Wir können Vorbild sein. Wir können vorangehen, wir können zeigen, was möglich ist, und nicht schulmeisterlich sagen: Jetzt fangt ihr bitte erst an, und dann gucken wir, ob wir vielleicht auch etwas tun. Wir können doch zeigen, dass man die Produktivität vom Energieverbrauch abkoppeln kann. Wir können beweisen, dass Klimaschutz ein Fortschrittsmotor ist. Wir können vorleben, das ökologisch verantwortbarer Lebensstil eben auch ein Mehr an Lebensqualität ist. Vielleicht können Sie sich so etwas einmal vorstellen und nicht immer nur schulmeisterlich sein.

Es ist ein Grundproblem der Landesregierung: Sie diskutieren, Sie streiten sich untereinander. Sie haben noch nicht einmal die Mindeststandards, die man als Regierung halten sollte.

(Lachen von Dietmar Brockes [FDP])

Sie verschlimmern die Situation, anstatt es ein bisschen besser zu machen.

Ich will Ihnen ein einziges Beispiel nennen, an dem man es exemplarisch sehen kann: die Frage der Luftverschmutzung. Der OECD-Bericht benennt sehr genau, welche Folgen die Feinstaubbelastung hat. Wir konnten uns in den letzten Monaten sehr genau ansehen, was die Landesregierung da tut. Sie sind verantwortungslos, Sie sind ohne Orientierung, und Sie sind nicht bereit, wirklich zu handeln.

(Beifall von der SPD)

Ihnen ist die Gesundheit der Menschen im Ruhrgebiet völlig egal.

(Dietmar Brockes [FDP]: Wo leben Sie ei- gentlich?)

Sie haben in Regierungsverantwortung einen Zirkus aufgeführt, der unbeschreiblich ist.

(Beifall von der SPD)

Der Umweltminister hat ein paar Vorschläge gemacht. Der Verkehrsminister, die Wirtschaftsministerin und die FDP haben diese Vorschläge dann wieder einkassiert. Die Gesundheit der Menschen im Ruhrgebiet hat Sie kein bisschen interessiert.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Quatsch!)

So kann man nicht regieren.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, zusammengefasst: Sie sind eine Regierung; Sie müssen sich auch dieser Verantwortung stellen. Deshalb mein Appell an Sie: Hören Sie auf, scheinheilig Aktuelle Stunden zu beantragen und irgendwelche überholten Debatten

zu führen. Tun Sie doch nicht so, als sei das neu, was im OECD-Bericht steht. Wir haben viel konkretere Hinweise, viel konkretere Handlungsfelder für Nordrhein-Westfalen. Hören Sie endlich auf, Diskussionen einzufordern. Wir werden Sie an Ihrem Handeln messen. Handeln Sie endlich für Nordrhein-Westfalen! Ihre Taten sind das Entscheidende und nicht das, was Sie in bunten Bildchen in irgendwelche Berichte schreiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Schulze. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Remmel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im ersten Moment war ich überrascht. CDU und FDP stellen einen Antrag auf eine Aktuelle Stunde, und das Hauptthema soll Umwelt sein. Das hatten wir noch nie. Insofern dachte ich: Oh, da hat sich etwas bewegt. Vielleicht geschehen doch noch Zeichen und Wunder.

(Svenja Schulze [SPD]: Nö! – Zuruf von Hei- ke Gebhard [SPD])