Protocol of the Session on November 13, 2008

Meine Damen und Herren, es wäre alles andere als gut, wenn wir demnächst in den einschlägigen Lexika unter dem Begriff Preisinflation nicht nachlesen könnten erstens „volkswirtschaftlicher Begriff“, sondern zweitens „ein Phänomen in der 14. Legislaturperiode des Landtags Nordrhein-Westfalen, das sich durch immense Ausweitung der Anlässe für Preisverleihung auf politischen Handlungsfeldern auszeichnete, während gleichzeitig das Handeln von Regierung und Mehrheitsfraktionen den Intentionen der Preise nicht immer entsprach“. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Karthaus. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Kollege Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was soll man zu einem solchen Antrag sagen?

(Holger Ellerbrock [FDP]: Loben! – Minister Eckhard Uhlenberg: Zustimmen!)

Herr Ellerbrock, würde man den Antrag einfach so lesen, ohne die Politik im Land zu kennen, könnte man meinen: Wenn es ein Antrag unter vielen im Rahmen einer Haushaltsdebatte ist, kann man auch an dieser Stelle noch einen Wettbewerb einrichten. Sei’s drum, machen wir das.

Sie haben ihn aber nicht als einen Haushaltsantrag unter vielen im Ausschuss eingebracht; Sie haben überhaupt keine Haushaltsanträge gestellt, weil Sie in Ihrer Fraktion nichts zu melden haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Widerspruch von Holger Ellerbrock [FDP])

Sie messen diesem Antrag mit der Beratung in einer Plenarsitzung eine Bedeutung zu, dass man sich ernsthaft fragen muss: Warum tun Sie das denn? Wenn es sozusagen Business as usual wäre, könnte man ihn mitlaufen lassen. Nein, er ist einer Ihrer wesentlichen Forderungen im Naturschutz.

(Widerspruch von Holger Ellerbrock [FDP])

Es ist schon zynisch und heuchlerisch, wie Sie sich hier hinstellen, ohne die Politik der letzten drei Jahre Revue passieren zu lassen. Sie hauen den Naturschutzverbänden, dem ehrenamtlichen und dem amtlichen Naturschutz die Beine weg und bezwecken mit dem Antrag, jetzt noch einen Orden dranzukleben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich habe nichts gegen Preise; aber machen Sie zuerst ordentliche Naturschutzpolitik. Dann können Sie auch wieder Preise verleihen.

In der Tat haben nicht nur wir gesagt, dass die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung schlechte Gastgeber bei der Biodiversitätskonferenz gewesen sind.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Kein Mensch!)

Das haben viele gesagt, die sich die Naturschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen angeschaut haben.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Nennen Sie mir ein Beispiel!)

Lassen Sie uns das gemeinsam durchgehen.

Die Naturschutzverbände haben öffentlich erklärt, es gibt in der Novellierung des Landschaftsgesetzes, die Sie auf den Weg gebracht haben, keinen einzigen Punkt, der für den Naturschutz positiv gewesen ist. Alle Veränderungen sind zulasten der Naturschutzverbände und zulasten des Naturschutzes gegangen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Schauen Sie sich die praktische Politik an: Wir hatten nach Kyrill die Chance, beim Naturschutz im Wald einen großen Schritt zu gehen. Was ist daraus geworden? Nichts ist passiert; die Chance ist verpasst.

Was ist mit dem Waldverkauf? Das ist nach wie vor ein Thema.

(Zuruf von Minister Eckhard Uhlenberg)

Sie wollen in diesem Land großflächig Wald verkaufen,

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

anstatt ihn zu einem Hort des Naturschutzes auszubauen. Oder nehmen wir das Stichwort „Biologische Stationen“: Sie sind an die Wurzeln des ehrenamtlichen Naturschutzes gegangen.

(Heiterkeit bei Ingrid Pieper-von Heiden [FDP] – Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Sie haben landesweit Verunsicherung betrieben, statt dieses ehrenamtliche Engagement zu fördern.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Schluss mit Wind- kraft im Wald! – Heiterkeit bei Ingrid Pieper- von Heiden [FDP])

Herr Ellerbrock, zu Ihnen komme ich auch noch.

In einer bemerkenswerten Offenheit sagen Sie unter dem Tagesordnungspunkt Naturschutz und Biodiversität: Arten kommen, und Arten gehen. – Das zeigt genau, wessen Kind die heutige Debatte ist und welche Gedanken diesem Antrag zugrunde liegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es kommen keine Arten, zurzeit gehen nur Arten. Wir haben einen massiven Artenverlust. Das ist doch eine heuchlerische Verballhornung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ellerbrock?

Immer sehr gerne.

Bitte schon, Herr Ellerbrock.

Herr Kollege Remmel, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten völlig unstrittig ist, dass das sich täglich ändernde Klima und die sich täglich ändernden Wetterlagen Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben und es im

Laufe der Geschichte – der Fachmann nennt das Entwicklungsgeschichte der Erde, Geologie – völlig natürlich ist, dass sich die Lebensarten anpassen müssen? Wären Sie bereit, das vor dem Hintergrund meiner eben gemachten Aussagen zu berücksichtigen?

In solchen Debatten schlagen Sie offensichtlich immer in Biologielehrbüchern der vergangenen Jahrhunderte nach. Wir haben es mit einer aktuellen Situation zu tun. Alle Expertinnen und Experten und auch der Minister werden Ihnen das beschreiben; wir haben einen Umweltbericht, in dem dargelegt worden ist: Es gibt durch den menschlich verursachten Klimawandel einen massiven Artenverlust. Flächen stehen massiv nicht mehr zur Verfügung. Alleine, dass Sie das bestreiten, zeigt schon, dass Ihre Politik aufgrund solcher Erkenntnisse nicht funktionieren kann.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Sie wollen weiße Salbe über eine schlechte Politik schmieren. Ich fordere Sie auf, erst einmal bessere Politik zu machen. Dann können wir auch wieder über Preise reden. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Uhlenberg.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gerade ist schon darauf hingewiesen worden, dass unser Land in diesem Jahr Gastgeber der 9. UNNaturschutzkonferenz zur Erhaltung der biologischen Vielfalt war. Nordrhein-Westfalen und der Bund waren gute Gastgeber. Die Menschen haben sich in Bonn wohlgefühlt.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich war bei vielen Veranstaltungen anwesend. Es herrschte nicht nur ein gutes Klima, es wurde nicht nur gut diskutiert, sondern wir haben auch die nordrhein-westfälischen Erfolge in der Naturschutzpolitik in Bonn sehr gut präsentieren können. Viele unserer Maßnahmen und Projekte im Naturschutz sind dort vorgestellt und von den Teilnehmern gewürdigt worden.

Natürlich ist es so, dass bedauerlicherweise Arten verschwinden. Wir müssen uns darum bemühen, dies zu begrenzen. Aber mit Ihrem permanenten Lamento, dass alles schlechter wird, werden Sie gerade den Menschen nicht gerecht, die sich ehrenamtlich im Naturschutz gemeinsam mit der Landesregierung engagieren. So haben wir beispielsweise den Weißstorch und den Uhu wieder in Nord

rhein-Westfalen, der Lachs ist wieder im Rhein, und auch der Maifisch ist ausgesetzt worden und nun wieder vorhanden.

Es gibt Erfolge bei der Artenvielfalt, aber immer wieder auch Niederlagen. Die Aufgabe der Landesregierung besteht darin, die Niederlagen vor dem Hintergrund des Klimawandels in Grenzen zu halten und die Fortschritte der vergangenen Zeit in den nächsten Jahren auszubauen.

(Beifall von der CDU)