Protocol of the Session on November 12, 2008

(Theo Kruse [CDU]: Hört, hört!)

Die Linken fordern eben auch den Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Polizei. Mit welchem Hintergedanken, bleibt mir unklar.

Wenn die Kollegen der SPD hier im Landtag so vernünftig wären wie die SPD-Kollegen im Bundestag, dann bliebe Ihnen, Herr Rudolph, nichts anderes übrig, als diesen eigenen Antrag im Ausschuss, wenn er dort beraten wird, abzulehnen. Genau das haben Ihre SPD-Kollegen im Bundestag mit dem Antrag der Linken gemacht. Das war auch richtig so.

(Zustimmung von der CDU)

Ich sage Ihnen: Sie sollten die Kraft aufbringen – damit meine ich nicht Ihre, Frau Kraft, denn die hat sie bekanntlich nicht –,

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Ha, ha, ha! Platter geht’s nicht!)

sich von den Linken auch im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik eindeutig zu distanzieren. Alles andere wäre verantwortungslos.

(Beifall von der CDU)

Für die CDU kann ich sagen: Die bisherige Verfahrensweise hat sich eindeutig bewährt. Sie entspricht dem Verfassungsprinzip der Gewaltenteilung. Daher gibt es für uns auch keinen Grund, von bewährten Strukturen und vom bewährten Verfahren abzuweichen.

Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen und bin gespannt auf Ihr Abstimmungsverhalten im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Lohn. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Engel das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat einen Antrag vorgelegt, den die Partei Die Linke – das haben wir vom Kollegen Lohn eben gehört – bereits im November 2006 im Deutschen Bundestag eingebracht hat, also dort, wo Sie, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ja mitregieren.

Sie fordern nun die NRW-Landesregierung auf, gegenüber der Bundesregierung – also eigentlich gegenüber sich selbst – auf ein Gesetz zur Beteiligung des Deutschen Bundestages an polizeilichen Auslandseinsätzen hinzuwirken.

Der Antrag fand im Bundestag keine Mehrheit. Wie auch? – Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat in Stein gemeißelt festgelegt, dass Einsätze der Bundeswehr unter einen Parlamentsvorbehalt zu stellen sind. Das ist auch richtig so. Wir haben eine Parlamentsarmee. Das bleibt auch so. Dass sich aber der Parlamentsvorbehalt für die Streitkräfte auch auf die Polizei erstrecken soll, erschließt sich an keiner Stelle dieses Urteils.

In der Verfassungstradition Deutschlands war und ist der Einsatz der Polizei stets eine Angelegenheit der Verwaltung, der Exekutive, der Bundesländer. Ich sage dies mit Blick auf die Prinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, eben mit Hinweis auf die Gewaltenteilung.

Ich möchte, um das zu verdeutlichen, ein Zitat des SPD-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gunkel aus der Plenardebatte zum gleichlautenden Antrag der Partei Die Linke aus Februar 2007 heranziehen, das die deutliche Ablehnung durch die SPDBundestagsfraktion – Ihrer Fraktion im Deutschen

Bundestag, Herr Kollege Rudolph – herausstellt und betont, damit missachteten die Antragsteller – also Die Linke – das Gewaltenteilungsprinzip. Zitat:

… der Einsatz zu nichtkriegerischen Zwecken fällt damit primär in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Exekutive. Dieser Eigenbereich exekutiver Handlungsbefugnis und Verantwortlichkeit ist verfassungsrechtlich festgelegt. Ein Verstoß dagegen würde die grundgesetzlich garantierte Gewaltenteilung ad absurdum führen. Genau deshalb ist ein Parlamentsvorbehalt und damit eine Entscheidung der Legislative an dieser Stelle verfassungswidrig.

Ende des Zitats.

(Beifall von der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie, Herr Kollege Rudolph, übernehmen damit eine Forderung der Partei Die Linke von der Bundesebene und machen dies hier im nordrhein-westfälischen Landtag zum Thema.

(Ralf Witzel [FDP]: Seine eigenen Äußerun- gen!)

Ich möchte es mit Hinblick auf das Plakat, das die Kollegen von der CDU vor dem Parlament aufgestellt haben, nicht ausweiten. Sie müssen sich bekennen. Möglicherweise haben Sie übersehen, dass das ein Antrag der Partei Die Linke war. Das würde das dann entschuldigen.

Den Grünen schreibe ich heute ins Stammbuch: Ich bin gespannt, wie lange sich der Teil Ihrer Mitgliedschaft, der aus der Bewegung stammt, die zum Fall der Mauer am 9. November 1989 geführt hat – Sie haben irgendwann 1993 fusioniert –, noch anschauen wird, wie Sie mit den Linken antichambrieren. Siehe Pressemitteilung heute von Frau Schneckenburger.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Jawohl!)

Der Antrag ist auch nicht zweckmäßig, da es unterschiedlichste Fallkonstellationen für solche Einsätze gibt: zur Unterstützung europäischer Nachbarländer, zum Schutz deutscher Auslandsvertretungen, internationale Polizeimissionen unter deutscher Beteiligung oder ein unverzüglich notwendiger Einsatz deutscher Polizisten etwa bei flüchtigen Geiselnehmern über die Grenze des Nachbarlandes im Einvernehmen mit der dortigen Polizei oder aufgrund besonderer Abkommen.

Herr Kollege Engel, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Rudolph?

Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Engel, Ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass der Staatssekretär des Innenministeriums heute eine stärkere Beteiligung der Länder an der europäischen Sicherheitspolitik gefordert hat.

Deswegen frage ich Sie: Wie kann, glauben Sie, das Parlament der Bundesrepublik die Entscheidungen über den Einsatz von internationalen Polizeikräften sicherstellen, wenn beispielsweise die EU jetzt vorsieht, rund 5.000 Beamte und Beamtinnen aus allen Mitgliedsländern für eine sogenannte europäische Polizeireserve aufzustellen? Meinen Sie wirklich, das kann außerhalb der Entscheidung des Gesetzgebers erfolgen?

Herr Kollege Rudolph, ich bin Ihnen für die Frage dankbar. Wir haben ein beinahe seit 20 Jahren bewährtes System. Der Inspekteur der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, Dieter Wehe, ist Chef einer bundesweiten Stelle, die diese Fragen vorberät und koordiniert.

Wir haben keinen Handlungsbedarf. In den Debatten rund um das BKA-Gesetz wurden unsere unterschiedlichen Sichtweisen deutlich. Möglicherweise haben Sie da eine andere Vorstellung. Wir bleiben dabei: Polizei ist Angelegenheit der Länder. Solange wir zu sagen haben – das ist hier Gott sei Dank der Fall –, werden wir in Nordrhein-Westfalen daran nichts ändern.

(Beifall von der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss, da ich nur noch eine Minute Redezeit habe. Ich habe schon auf die internationale Arbeitsgruppe Polizeimission hingewiesen.

Mir bleibt zum Schluss nur noch – das haben meine Vorredner auch getan –, den Kolleginnen und Kollegen zu danken, die in der EU und darüber hinaus einen wirklich gefährlichen Dienst – das muss man herausstellen – unter teilweise gefährlichen Umständen tun und in einer Zivilisation, die sich gravierend von unseren Verhältnissen unterscheidet. Sie leisten Aufbauarbeit, sie leisten praktische Entwicklungshilfe, und sie leisten vor allen Dingen einen Beitrag, dass Polizeien der Länder, in denen sie im Einsatz sind, demokratisch ausgebildet und mit den Standards vertraut gemacht werden, die unsere Polizei hier auszeichnet – ich brauche das nicht im Einzelnen zu erwähnen –: Deeskalation, immer rechtsstaatlich, immer dem Gesetz verantwortlich und in jeder Weise transparent in ihrem Vorgehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Düker das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rechtslage ist zunächst klar. Der Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland unterliegt einem Parlamentsvorbehalt, der Einsatz ziviler Kräfte im Ausland – nicht nur der der Polizei, sondern auch der von Aufbauhelfern, Wahlbeobachtern etc. – hingegen der Entscheidung der Exekutive.

Die SPD problematisiert nun diese Situation. Das kann man machen. Ich finde auch, wir sollten im Ausschuss offen darüber diskutieren. Aber, Herr Kollege Rudolph, den fehlenden Parlamentsvorbehalt halte ich im Moment für das kleinste Problem, wenn es überhaupt ein Problem im Bereich der Auslandseinsätze der Polizei ist. Wir sollten uns nämlich auch einmal die Mühe machen zu überlegen, wie wir die Polizeieinsätze mit anderen Maßnahmen und politischen Initiativen vielleicht viel besser unterstützen können.

Für meine Fraktion will ich sagen – wir sind uns alle einig und haben es vor Kurzem mit einem Landtagsbeschluss noch einmal bestätigt –: Die Beteiligung deutscher Polizei an internationalen Missionen ist richtig, sie ist wichtig und stößt auf eine breite politische Unterstützung. Alle diejenigen, die da ihren Job machen – egal, ob im Kosovo, in Afghanistan oder in afrikanischen Ländern –, verdienen unseren ausdrücklichen Dank, denn es ist ein harter Job. Sie exportieren Rechtsstaat in die Welt. Das finde ich wichtig, und das finde ich gut.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir alle wissen: Der Aufbau einer funktionsfähigen Polizei – und einer funktionsfähigen Justiz – ist eine Kernvoraussetzung für das rechtsstaatliche Fundament beim Wiederaufbau kriegszerstörter Länder. Die Beispiele Afghanistan und Kosovo brauche ich nicht näher zu erläutern.

Der Innenausschuss hat bei zwei Reisen ins Kosovo – eine in der letzten und eine in dieser Legislaturperiode –, an denen ich auch teilgenommen habe, eindrucksvoll bestätigt bekommen, welch wichtige und zentrale Rolle auch und insbesondere deutsche Polizei im Rahmen der UNMIK – United Nations Mission in Kosovo – übernommen hat, aber auch – das ist uns allen klar geworden –, wie weit so ein Weg ist, von der extern gestützten Sicherheit in einem zerstörten Land zu einer selbsttragenden Sicherheit und Rechtsstaatstruktur zu gelangen. Dazu braucht man langen Atem und dauerhaftes Dranbleiben.

Das ist genau das Problem, wenn wir nach Afghanistan schauen. Seit Juni 2007 hat dort die EU die Führungsverantwortung für den Polizeiaufbau über

nommen. Hier zeigen sich einige Probleme, Herr Kollege Rudolph, und das ist nicht nur das Problem, dass das Parlament nicht zugestimmt hat. Schauen Sie doch einmal hin, was da nicht funktioniert.

Erstens. Das Erreichen der Zielsollstärke von 200 Polizistinnen und Polizisten in Afghanistan dauert viel zu lange. Im Juni 2007, vor über einem Jahr, hat die EU die Führungsverantwortung übernommen. Bei 200 sind wir noch lange nicht. Alle wissen, dass auch 200 überhaupt nicht ausreichen; die Zahl müsste eigentlich verdoppelt werden. Ein solcher Beschluss liegt auch nicht vor.

Wenn es um den Bundeswehreinsatz geht, reden alle Politiker davon, dass der Aufbau ziviler Strukturen auch wichtig ist. Aber es dauert zu lange, es funktioniert nicht. Die Beschlüsse werden nicht zeitnah umgesetzt. Mit der Zielsollstärke von 200 Beamten und Beamtinnen ist kein flächendeckender und verantwortbarer Aufbau von polizeilichen Strukturen möglich.

Zweitens. Zudem sollten wir auch die Abstimmung der Konzeption der EU mit der Konzeption der USA thematisieren, deren Polizei dort unter dem Dach der Operation Enduring Freedom und nicht im Rahmen eines zivilen Projekts im Einsatz ist. Es gibt erhebliche Unterschiede bei der Herangehensweise, was ein afghanischer Polizist wie schnell und in welcher Qualität zu lernen hat. Auch hier fehlt es an einer Abstimmung.

Ein weiteres Problem ist die in den letzten Jahren erfolgte erhebliche Ausweitung von EU-Missionen im Rahmen des Krisenmanagements; Herr Rudolph hat darauf hingewiesen. An EUPOL in Afghanistan sieht man, dass das Problem nicht so sehr in den Nationalstaaten liegt. Denn wir sind uns doch alle einig, dass ein solcher Einsatz richtig ist. Es gibt eine breite Unterstützung in den Parlamenten, aber die Umsetzung in der EU ist schleppend. Hier liegt nach wie vor eine strukturelle Handlungsschwäche in Bezug auf solche internationalen Maßnahmen. Alles dauert und dauert und dauert und müsste viel schneller auf den Weg gebracht werden.