Mündlich im nächsten Plenum. Danke für die Ansagen. Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Dr. Rudolph das Wort.
Danke schön, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über ein Thema, das zunehmend Bedeutung erlangt. Wie Sie wahrscheinlich wissen, sind deutsche Polizeikräfte seit dem Ende des kalten Krieges, also seit 1989, in internationalen Missionen inzwischen in fast allen Teilen der Welt tätig. Aufgrund der Entwicklung dieser Auslandseinsätze sind wir vor neue Aufgaben gestellt.
Diese Aufgaben nehmen wir wahr, indem die deutsche Politik – auch die nordrhein-westfälische Politik – für diese Einsätze Verantwortung übernimmt. So hat sich dieses Haus in Form einer Delegation des Innenausschusses vor einigen Jahren mehrfach die Arbeit von Polizistinnen und Polizisten aus NordrheinWestfalen im Kosovo aus nächster Nähe angeschaut.
Die erste Tendenz ist, dass sich die Europäische Union in den letzten Jahren zunehmend des Einsatzes von internationalen Polizeikräften bedient. Das geschieht im Rahmen der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, insbesondere nach den Beschlüssen von Ferreira. Damit wird die Entscheidung über den Einsatz auch deutscher Polizeikräfte zunehmend auf die europäische Ebene verlagert, wobei die deutsche Bundesregierung diesen Einsätzen natürlich zuzustimmen hat.
Es fällt auf, dass das Parlament als Gesetzgeber dabei außen vor bleibt – auf Landesebene ohnehin, aber auch der Deutsche Bundestag. In der Bundesrepublik Deutschland verfügen wir zwar über ein Parlamentsheer im Deutschen Bundestag, das über den Einsatz der Streitkräfte entscheidet, aber er kann nicht mit darüber entscheiden, ob deutsche Polizistinnen und Polizisten aus NordrheinWestfalen und anderen Ländern in diese durchaus nicht ungefährlichen internationalen Missionen geschickt werden.
Die zweite Tendenz, die man ebenfalls deutlich ablesen kann, hat im Grunde genommen zwei Seiten. Die Dichte der Einsätze hat in den letzten Jahren zweifelsohne zugenommen. Die Anzahl der beteiligten Polizeikräfte, also der quantitative Umfang der Missionen, ist auch gewachsen. Wir reden inzwischen über drei- und sogar vierstellige Zahlen, beispielsweise bei EULEX.
Die andere Seite dieser zweiten Tendenz ist eine problematische auch qualitativer Art, über die man ebenfalls reden muss, wenn man Verantwortung übernimmt. Das sehen wir bei dem jetzt geplanten EUPOL-Einsatz in Georgien, bei dem zum ersten Mal Polizistinnen und Polizisten aus EU-Ländern gleichsam zwischen die beiden militärischen Fron
ten gesetzt werden, um den zwischen Russland und Georgien ausgehandelten Waffenstillstand zu überwachen.
Aufgrund der komplizierten internationalen Lage, die man hier in fünf Minuten nicht abhandeln kann, kann man das als eine geschmeidige Form europäischer Verantwortung im Kaukasus betrachten, die nicht darauf angelegt ist, Streitkräfte zwischen die gegnerischen Parteien zu stellen.
Allerdings kann man genauso gut sagen, dass eigentlich weder deutsche noch andere europäische Polizeikräfte dazu da sind, Waffenstillstände – ob im Kaukasus oder anderswo – zu überwachen. Vorsichtig ausgedrückt, ist das ein sehr unüblicher Vorgang – zumal die nordrhein-westfälischen und deutschen Polizistinnen und Polizisten in der Regel gelernt haben, die öffentliche Sicherheit und Ordnung in bestimmten Failed States aufrechtzuerhalten oder wieder zu errichten oder bei dem Aufbau von lokalen, regionalen oder nationalen Polizeien zu helfen.
Insofern wachsen den bei dieser EUPOL-Mission eingesetzten europäischen Polizeikräften andere Aufgaben zu, als man das zu Beginn der ersten internationalen Missionen im Jahr 1989 im Auge hatte.
Insgesamt glaube ich, dass unser Vorschlag einen gewissen politischen Charme hat, weil er im Grunde genommen auch eine politische Notwendigkeit anspricht. Wir als SPD-Fraktion möchten gerne zusammen mit Ihnen, den anderen Fraktionen und auch der Landesregierung, im Bund darauf hinwirken, dass der Bundesgesetzgeber ein Gesetz erlässt, in dem geregelt wird, wer wann und wie über den Einsatz von deutschen Polizistinnen und Polizisten in internationalen Missionen entscheidet.
Diese Sache ist jetzt reif, glaube ich. Man muss darüber sprechen, und man muss Entscheidungen treffen. Ich lade Sie alle zu einer gemeinsamen Diskussion ein und freue mich auf die weitere Beratung in den zuständigen Ausschüssen. – Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute Gelegenheit haben, über den Einsatz unserer Polizisten im Ausland zu sprechen. Allerdings habe ich mich über den Antrag der SPD gewundert. Herr Kollege Rudolph konnte mit seinen Ausführungen auch nicht dazu beitragen, dass meine Verwunderung geringer geworden ist.
nistan und in sechs weiteren Krisenregionen eine wichtige gesamtstaatliche Aufgabe übernehmen. Sie leisten unter schwierigen Bedingungen, teilweise sogar in einem gefährlichen Umfeld, einen hervorragenden Dienst für Stabilität und Frieden. Darüber sind wir uns sicherlich auch fraktionsübergreifend einig.
Unsere Polizisten, vor allem diejenigen, die im Ausland für uns tätig sind, ernten durchweg nur Lob. Wegen ihrer Kompetenzen und ihres Engagements haben sie uns insgesamt einen guten Ruf erarbeitet. Wenn man es wirtschaftlich ausdrücken wollte, könnte man sogar sagen: Unsere Polizisten sind zu einer Art Exportschlager geworden.
Deswegen will ich die Gelegenheit nutzen, im Namen der CDU-Fraktion allen Polizistinnen und Polizisten für ihre gute, um nicht zu sagen: hervorragende Arbeit zu danken.
An die wenigen Skeptiker gewandt, was polizeiliche Auslandsmissionen angeht, möchte ich hinzufügen: Wenn wir nicht dorthin gehen, wo in der Welt die Probleme sind, dann werden die Probleme zu uns kommen. Der Aufbau einer funktionierenden Polizei in Krisengebieten dient somit auch unserer eigenen inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen.
Deshalb sind wir als Parlament gut beraten, die zurzeit insgesamt 281 deutschen Polizisten, davon 38 aus Nordrhein-Westfalen – übrigens, Herr Rudolph, genauso viele wie vor zweieinhalb Jahren –, in Friedensmissionen so gut wie möglich zu unterstützen.
Diese Unterstützung gewährt die Landesregierung auch. Im Jahre 2007 wurde ein neuer Erlass herausgegeben, der dazu diente, Vorbereitung, Arbeitsbedingungen und vor allen Dingen auch die Unterstützung der Beamten nach ihrer Rückkehr in die Heimatdienststellen deutlich zu verbessern.
Nun zum SPD-Antrag! Die SPD fordert, wie von Herrn Rudolph vorgestellt, einen konstitutiven Parlamentsvorbehalt für alle Polizei-Auslandseinsätze. Da fragt man sich doch: Welche Verbesserungen bringt das für Deutschland, und welche Verbesserungen bringt das für unsere Polizisten, die im Ausland eingesetzt sind, um für unsere Interessen zu arbeiten? – Ich will klar sagen: Die CDU sieht in Ihrem Vorschlag weder Verbesserungen noch eine rechtliche Notwendigkeit zu einem derartigen Verfahren.
Die SPD führt als Begründung das sogenannte Outof-Area-Urteil des Verfassungsgerichtes aus dem Jahre 1994 und gleichzeitig das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom März 2005 an. Wenn man diese beiden Texte aber liest, stellt man fest, dass beide
nur die militärische Auslandstätigkeit der Bundeswehr betreffen. Selbst rein zivile Hilfseinsätze der Bundeswehr sind von diesem Parlamentsvorbehalt ausgenommen. Die Bundeswehr wird allerdings zu Recht vom Verfassungsgericht als Parlamentsheer bezeichnet.
Sehr fraglich finde ich es, ob wir in Deutschland in diesem Zusammenhang auf eine Art Parlamentspolizei hinarbeiten sollen, so wie es die SPD anscheinend will.
Nein, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das Urteil des Verfassungsgerichts ist auf Polizei-Auslandsmissionen nicht zu übertragen. Wir haben keine und brauchen keine Parlamentspolizei. Unsere Polizei arbeitet als ziviles Organ der Exekutive, aber keinesfalls militärisch.
Das ist in den bundeseinheitlichen Leitlinien, die von der Innenministerkonferenz – und dort von der Arbeitsgruppe „Internationale Polizeimissionen“ – erarbeitet wurden, unmissverständlich festgelegt. Ich zitiere:
In keinem Fall obliegt es den internationalen zivilen Polizeikontingenten, Einsätze bewaffneter Streitkräfte zu ersetzen oder militärische Operationen zu unterstützen.
So weit zu Ihren Mutmaßungen einer Militarisierung der Polizeieinsätze. Diese darf es nicht geben, und sie wird es mit uns auch nicht geben.
Warum die SPD heute dennoch fordert, unsere Polizei genau wie unser Militär im Ausland unter einen Parlamentsvorbehalt zu stellen, erschließt sich mir nicht. Unsere Polizei ist keine paramilitärische Kampftruppe. Es wäre auch unangemessen, sie so behandeln zu wollen.
Zum Abschluss möchte ich noch auf eine weitere Brisanz des SPD-Antrages zu sprechen kommen. Denn ein nahezu gleichlautender Antrag wurde von den Linken im Bundestag Ende 2006 dort eingebracht.