Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Thoben, was sind das damals für hehre Worte gewesen, als Sie angekündigt haben, Sie wollten einen Wechsel bei
dem Vergabeverfahren für Mittel des Ziel-2Förderprogramms der Europäischen Union! Da war die Rede von mehr Transparenz, mehr Klarheit, und man wollte weg vom Gießkannenprinzip.
Unser Eindruck ist von Anfang an ein ganz anderer gewesen. Wir haben das Gefühl gehabt, als handele es sich hier um eine Geheimoperation. Ich glaube, in der nordrhein-westfälischen Geschichte hat es noch nie soviel Geheimniskrämerei gegeben wie allein um die Verfahren und die Wettbewerbe, Frau Ministerin Thoben.
Wir hatten schon früh den Eindruck, dass selbst die Frage, wer denn die Mitglieder der Jury seien, ein Geheimnis – ein Staatsgeheimnis – berühren würde; und von daher wurde sie auch nicht beantwortet.
Ach, Sie können richtig laut schreien, habe ich gerade festgestellt. Wer hat welche Anträge gestellt …
Es scheint weh zu tun, was ich Ihnen zu sagen habe. – Wer hat welche Anträge gestellt? – Diese Frage konnte nicht beantwortet werden.
Die größte Nummer ist und bleibt Ihr Staatssekretär Herr Baganz. Vor Kurzem hat in Paderborn eine Veranstaltung stattgefunden, über die die „Neue Westfälische“ unter der Überschrift „Staatssekretär Baganz erklärt Mittelvergabe“ berichtet hat. Laut dieses Artikels spricht er von unabhängigen Jurys, die die Projekte zur Förderung ausgewählt hätten, und von mehreren Hundert Millionen, die verteilt würden. „… den genauen Betrag wollte Baganz auf Nachfrage nicht nennen...“ – Der Gipfel ist es, wenn er die Zuhörer mit den Worten tröstet, es werde schon bald das nächste Vergabeverfahren geben. Weiter heißt es in der „Neuen Westfälischen“: „’Neues Spiel, neues Glück’, sagte er lächelnd.“
Ja, meine Damen und Herren, da hat Herr Baganz sogar recht, wenn er diese Formulierung wählt, denn das, was wir hier erlebt haben, hat nichts mit dem zu tun, Frau Ministerin Thoben, was Sie noch unlängst in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage ausgeführt haben: dass es einen Zugewinn an Transparenz, Objektivität und Qualität der Verfahren gebe.
Sie haben uns – Sie haben dabei an vorderster Stelle mitgewirkt – in der Vergangenheit den Vorwurf gemacht, wir würden nur Leuchttürme fördern. Ich räume selbstkritisch ein, dass der Vorwurf an der einen oder anderen Stelle berechtigt war. Aber wenn wir schon, Herr Kollege, in den Bildern von Erhebungen diskutieren, dann kann ich Ihnen sagen: Sie haben noch nicht einmal Hügel errichtet. Auf der von Ihnen bisher zurückgelegten Strecke
Der Gipfel des Ganzen ist – das ist in der Tat ein Bereich, den Minister Laumann zu verantworten hat, für den aber Sie, Frau Kollegin Thoben, und insbesondere Herr Dr. Baganz in der Leitung des Staatssekretärausschusses für die EU-Förderprogramme die Gesamtverantwortung tragen –, so wie die Presse seit Mitte Oktober berichtet, dass der ehemalige Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Prof. Stefan Winter, in den Vorstand des Koblenzer Gesundheitskonzerns CompuGROUP berufen worden ist. Dieses Unternehmen hatte sich selbst mit Projektanträgen an dem Wettbewerb „Med in.NRW“ in Nordrhein-Westfalen beteiligt. Erst aufgrund öffentlicher Nachfragen, des öffentlichen Drucks ist dieser Sachverhalt offengelegt worden.
Herr Kollege Laumann, die Frage ist berechtigt; wir stellen Sie jetzt und vielleicht auch in den kommenden Tagen: Haben Sie oder andere in Ihrem Hause schon früher von der Absicht von Herrn Prof. Winter erfahren, wohin er wechseln wollte, nachdem er das Amt des Staatssekretärs nicht mehr ausübt?
Meine Damen und Herren, wir müssen feststellen: Der koordinierenden Funktion, die die Wirtschaftsministerin eigentlich wahrzunehmen hatte, ist sie nicht gerecht geworden. Auch das Schreiben, Herr Kollege Laumann – ich nehme an, das ist in Abstimmung mit Frau Thoben erfolgt –, das jetzt an den Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegangen ist und Dinge noch einmal klären sollte, wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Es wird auf einen Kabinettsbeschluss vom August Bezug genommen. Warum gibt es die Informationen erst jetzt?
Es wird darauf Bezug genommen, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes NordrheinWestfalen eingehalten werden soll. Ist das ein Eingeständnis, dass es in der Vergangenheit nicht eingehalten worden ist? Ich denke, mit diesem Schreiben müssen wir uns noch einmal beschäftigen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen jetzt dringend, und zwar nicht, weil wir als Opposition es fordern, die Rückkehr zu transparenten Verfahren.
Das ist im Interesse der Unternehmen, die mit viel Mühe und Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentliche Anträge auf den Tisch gelegt haben.
Wir reden in diesen Tagen, Herr Kollege Brockes, mehr oder weniger sachkundig über Konjunkturprogramme. Wenn es uns nicht gelingt, im Bereich „Med in“ und in den anderen Programmbereichen die 44 Millionen € möglichst bald an die Unterneh
men zu verausgaben – ich denke, da stimmen Sie mir zu –, dann gehen der positiven konjunkturellen Entwicklung in den Unternehmen in NordrheinWestfalen Gelder verloren. Kehren Sie im Interesse der Unternehmen und einer sachgemäßen Verausgabung der EU-Fördermittel zurück zu einem vernünftigen, transparenten, objektiven Weg.
Auch das ist eine Sorge, die in den letzten Tagen und Wochen noch stärker geworden ist – Sie haben es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage eingeräumt –: Durch die jetzt notwendige Überprüfung verzögern sich die Verfahren. Sie müssen diesen Spagat aushalten, vernünftig überprüfen, die Gelder aber auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt für die vernünftigen Projekte verausgaben, damit wir 2013 nicht auch noch in Brüssel in die Situation kommen, dass wir die Mittel nicht haben verausgaben können.
Frau Kollegin Thoben, ich garantiere Ihnen und wette mit Ihnen um eine Einladung in ein wunderschönes Restaurant: Ihnen wird das Lachen an dieser Stelle noch vergehen. Wir werden erleben, dass Sie die Mittel nicht vernünftig und fristgemäß verausgaben. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Eilantrag fordert die SPD die Wiederherstellung von Transparenz bei der EU-Förderung. Der Antrag unterstellt damit, es mangele an Transparenz durch klare und zielgerichtete Wettbewerbskriterien.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Niemals zuvor hat es in der Geschichte dieses Landes mehr Transparenz bei der Vergabe europäischer Fördermittel gegeben.
Bevor ich auf Ihre Forderungen, sehr geehrter Herr Kollege Kuschke, eingehe, lassen Sie mich Ihnen noch ein Beispiel für das Transparenzverständnis der Vorgängerregierung in Erinnerung rufen. In seiner Antwort auf die Kleine Anfrage 91 der vergangenen Legislaturperiode zum Einsatz von Fördermitteln bei Digital Renaissance, vormals HDO, antwortete der damalige Ministerpräsident für die
Grundsätzlich ist die Landesregierung nicht befugt, Einzelheiten über Art und Umfang von Landesförderungen für einzelne Unternehmen öffentlich bekannt zu geben.
So haben Sie versucht – hier darf ich die „Berliner Zeitung“ vom 16. November 1998 zitieren –, einen Abgrund von Genossenfilz zu verbergen.
(Beifall von CDU und FDP – Carina Gödecke [SPD]: Zehn Jahre alt! – Wolfram Kuschke [SPD]: Gehen Sie doch noch weiter in der Geschichte zurück! – Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])
In der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 und mit der Übernahme der Verantwortung durch die CDU/FDP-geführte Landesregierung, namentlich Frau Ministerin Thoben, sind Transparenz und klare Wettbewerbskriterien endlich Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln geworden.
24 Wettbewerbe, 22 davon abgeschlossen, mit insgesamt 1.400 eingereichten Projektskizzen sind seit dem 1. Juni 2007 unter Berücksichtigung dieser Maßgaben bewertet worden.
Obwohl der von Ihnen zur Begründung herangezogene Artikel in der „WAZ“ vom 15. Oktober 2008 keinerlei neue Informationen beinhaltet, obwohl bereits dort von Korrekturen für diesen einen Wettbewerb gesprochen wurde, obwohl bereits im Protokoll über die zweite Sitzung des Begleitausschusses vom 22. Juli 2008 unter TOP 2 durch die Landesregierung eine einheitliche Vorgehensweise im Hinblick auf die Veröffentlichung von Jurymitgliedern zugesagt wurde, obwohl Sie Kenntnisse all dieser durch die Landesregierung bereits umgesetzten Maßnahmen hatten bzw. haben, versuchen Sie erneut – und das nicht zum ersten Mal – zu skandalisieren, zu polemisieren, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Dies hat gerade vor dem Hintergrund Ihrer Fördermittelpraxis in der vergangenen Legislaturperiode, in den vergangenen Jahrzehnten eine besonders pikante Note.
Transparenz braucht nicht wiederhergestellt zu werden, sie ist bereits vorhanden ebenso wie klare und zielgerichtete Wettbewerbsverfahren. Die Grundlage Ihres Antrags ist entfallen, Ihre Forderungen sind somit obsolet. Daran ändert auch der Änderungsantrag der Grünen nichts, obwohl er deutlich macht, dass sie zumindest in einem Punkt eher verstanden haben, worum es geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass Mittel aus dem nordrheinwestfälischen Ziel-2-Programm EFRE prinzipiell nur noch in Wettbewerben vergeben werden. Das ist bundesweit einmalig, ein innovativer Ansatz für mehr Fachlichkeit, mehr Transparenz und mehr Qualität in der Strukturförderung.
Wirtschaftsministerin Thoben hat über den aktuellen Stand der NRW-Ziel-2-Wettbewerbe mehrfach im Wirtschaftsausschuss berichtet. Bis heute sind 22 Wettbewerbe im Hinblick auf die Ausschreibungsfristen beendet worden. Bei den beendeten Wettbewerben gab es mehr als 1.400 Projekteinreichungen aus allen Regionen; insgesamt waren 5.000 Kooperationspartner daran beteiligt.
Auch die Minister Laumann und Krautscheid haben in den entsprechenden Fachausschüssen ausführlich Stellung genommen. Sie haben zu Wettbewerben in ihren Fachbereichen und über getroffene Maßnahmen berichtet, durch die die Wettbewerbsqualität gesichert ist.
Die SPD hat die Frage aufgeworfen, inwieweit bei der Auswahl der Förderbeiträge die Kriterien ausreichend transparent und zielgerichtet sind. Hierauf möchte ich wie folgt antworten:
Erstens. Nordrhein-Westfalen hat seit der Regierungsübernahme erstmals Kriterien und einen transparenten Wettbewerb im Bereich der Landesförderung eingeführt.