Protocol of the Session on October 26, 2005

(Beifall von FDP und CDU)

Die Konsequenz, die wir auch Ihnen gegenüber, Frau Höhn, immer wieder angemahnt haben, ist, dass wir den Instrumentenkasten aufräumen müssen. Das betrifft Ökosteuer, Kraft-WärmeKopplungsgesetz, Emissionshandel und Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das ist die Aufgabe, über deren Lösung wir letztlich zukunftsorientierte Arbeitsplätze schaffen können.

Dann fragen Sie immer, wie unsere Energiepolitik aussieht? Auch das haben wir mehrfach vorgetragen. Gestern Abend fand der Jahresempfang der Großforschungsanlage Jülich, einem Institut der Helmholtz-Stiftung, statt. Dort wurde unter anderem gesagt, dass wir uns aus verschiedenen Verantwortlichkeiten heraus der Kernkraft neu öffnen müssen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren, Sie sind auch auf den Naturpark Senne eingegangen. Der Naturpark

Senne ist in der Tat einzigartig. Dazu haben wir in der letzten Legislaturperiode einen Antrag gestellt, den wir nach wie vor vertreten. Auf 11.800 ha Fläche findet sich eine einzigartige Pflanzen- und Tierwelt, die durch die Aktivitäten der britischen Truppen seit 1945 entstehen konnte.

Was soll durch einen Naturpark Senne geändert werden? Wem soll es nützen? Ein Schild mit der Aufschrift „Naturpark“ aufzustellen nützt höchstens einer Ideologie quasi als Selbstbefriedigung. Nein, hier kann man sagen: Es ist der Natur Gutes getan worden. Das soll auch so bleiben.

Wir sagen Ja zu den britischen Truppen in der Senne und zur Erhaltung der Wirtschaftskraft vor Ort. Wir teilen viele kritische Auffassungen der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. Deswegen begrüße ich, dass dazu morgen ein Gespräch vom Ministerium aus stattfindet. Wir sagen ganz klar: Wenn es der Natur nichts bringt und der Wirtschaft schadet, soll man diesen Weg nicht weiter gehen und den bisherigen Status quo beibehalten.

Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, Frau Höhn: Der Naturpark Eifel ist eine Erfolgsgeschichte, die im Konsens entstanden ist.

(Bärbel Höhn [GRÜNE]: Nationalpark!)

- Entschuldigung: der Nationalpark.

Aber die Annahme, die aus Ihrem Antrag deutlich wird, dass nämlich mit einer höheren Zahl von Naturparks in Nordrhein-Westfalen auch die Wirtschaftskraft und Touristenzahlen steigen würden, macht Ihre Ideologie deutlich: Macht NordrheinWestfalen zu einem Freizeitpark. Das Geld fällt dann vom Himmel. - Das offenbart Ihren Mangel an gesamtpolitischer Verantwortung. Das tragen wir nicht mit.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, zu den Dieselrußpartikelfiltern haben wir auch schon einiges gesagt. Wir sagen Ja zur Emissionsbegrenzung, aber wir wollen uns nicht auf eine einzelne Technik fokussieren.

Da es die letzte Rede von Frau Höhn gewesen ist, gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung: Wir kennen uns schon eine Zeit lang aus unterschiedlichen Funktionen. Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich früher gerne in Ihrem Haus gearbeitet habe und ein überzeugter Beamter war. Ich habe auch Handlungsfreiheiten gehabt und konnte arbeiten.

Dennoch hatten wir oftmals unterschiedliche Ziele. Fundamental unterscheiden wir uns auf den Wegen zur Zielerreichung. Das muss auch einmal deutlich gesagt werden.

Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Ihre missionarische Ideologie, die Sie aus meiner Sicht ziemlich rücksichtslos durchzusetzen versucht haben, darin begründet liegt, dass Sie sich bei den Nachhaltigkeitskriterien „ökonomisch tragfähig“, „ökologisch verantwortlich“, „sozial akzeptabel“ vorzugsweise auf den ökologischen Aspekt fokussiert haben. Damit haben Sie Umwelt und Naturschutz einen Tort angetan, denn es hat der Akzeptanz nicht gedient, sondern geschadet.

Meine Damen und Herren, die Arbeitsplatzbilanz von Rot-Grün - Sie haben am Ende gesagt, man müsse wissen, was bleibe und was herauskomme - sieht aus meiner Sicht so aus: Im Juni 1995 hatten wir 750.000 Arbeitslose in NordrheinWestfalen - ich weiß, wir haben eine unterschiedliche Statistikdefinition -, im Juni 2005 waren es 1 Million. Man kann auch die alte Statistik von Juni 2004 nehmen. Die Zahl der Arbeitslosen ist um die Größe einer Stadt wie Bonn oder Bottrop oder - weil Sie den gut kennen - eines Kreises wie Pinneberg gestiegen. Das ist die Bilanz, die Sie zu verantworten haben.

Man kann sagen: Die Arbeitslosenstatistik ist mit vielen Fragezeichen versehen; maßgeblich ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die ist um 300.000 gesunken.

Herr Kollege, ich muss Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Wir hatten früher 32,8 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf 100 Einwohner, jetzt sind es 30,7.

Lassen Sie mich die bittere Erkenntnis aus der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung, Ihrer politischen Tätigkeit von 1995 an zusammenfassen: Arbeitsplätze haben Sie geschafft - das war eben ein Versprecher - und nicht geschaffen. Die Anzahl der Arbeitslosen ist heraufgegangen, die Anzahl der Arbeitsplätze ist gesunken, …

Herr Ellerbrock.

… die Verschuldung des Landes ist gestiegen, die Zahl der Insolvenzen ist gestiegen. Nordrhein-Westfalen hat keinen verfassungsgemäßen Haushalt mehr vorlegen können. Das Land ist bankrott. Ich will Ihnen unterstellen: Sie haben sich bemüht. Aber das Ge

genteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint. Ich wünsche Ihnen gute Reise. - Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Ellerbrock. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Uhlenberg das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Höhn, auch ich möchte mich bei Ihnen für Ihren Einsatz als Ministerin in NordrheinWestfalen bedanken. Zehn Jahre - das ist eine lange Zeit. Auch wenn wir in den entscheidenden Punkten der Umwelt- und Agrarpolitik unterschiedlicher Meinung sind, muss doch festgehalten werden, dass Sie sich in diesen zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen eingesetzt haben. Das ist auch ein Punkt, Frau Höhn, der uns miteinander verbindet: Sie haben dieses Amt in NordrheinWestfalen zehn Jahre wahrgenommen, und auch ich möchte es zehn Jahre wahrnehmen,

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

damit hier eine neue Umwelt- und Agrarpolitik in Nordrhein-Westfalen mit einem hohen Maß an Kontinuität auf den Weg gebracht wird. Meine Damen und Herren, das war ja auch der Grund, weshalb die Menschen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 2005 eine neue Landesregierung gewählt haben, weshalb die CDU mit 44,8 % und die FDP mit 6,8 %

(Oliver Keymis [GRÜNE]: 6,2!)

in die Landesregierung gewählt worden sind.

Frau Höhn, das hängt auch mit Ihrer Aussage zusammen, wir sollten uns an den Zahlen messen lassen. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass auch Sie sich an den Zahlen, nämlich der vergangenen Jahre, messen lassen müssen. Die Zahlen nach zehn Jahren rot-grüner Regierung in Nordrhein-Westfalen machen deutlich - Sie haben das Thema noch einmal angesprochen -: Wir haben wir in Nordrhein-Westfalen ein unterdurchschnittliches Wachstum, wir haben eine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit, und wir haben eine überdurchschnittlich hohe Staatsverschuldung. Das ist das Erbe, das wir von Ihnen übernommen haben. Und es wird eine große Kraftanstrengung der neuen Landesregierung unter Führung von Jürgen Rüttgers, in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine grundlegende Änderung in der Landespolitik herbeizuführen. Deswegen sind

diese Zahlen von besonderer Wichtigkeit; sie bilden die Ausgangsposition.

Verbraucherschutz ist ein wichtiges Thema, meine Damen und Herren. Ich meine, allein die Zukunftskonzeption im Zusammenhang mit den kommunalen chemischen Untersuchungsämtern ist eine große Aufgabe dieser Regierung, die in den nächsten zwei, drei Jahren umgesetzt werden muss, weil wir nur so den Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen verbessern können. Hier sind wir mit unserer Arbeit angefangen.

Meine Damen und Herren, Verbraucherschutz muss man kontinuierlich betreiben. Frau Höhn, insofern war es nicht sehr hilfreich, was Sie in den vergangenen Tagen zum Thema Vogelgrippe gesagt haben. Das ist ein Thema, das die Menschen auch in Nordrhein-Westfalen verunsichert. Dennoch: Sie haben gesagt, es sei falsch, dass das Geflügel in Nordrhein-Westfalen, in ganz Deutschland nun eingesperrt werde, und Ihr Bundesminister Trittin, der in diesen Tagen noch für den Verbraucherschutz zuständig ist, hat Ihre Aussage zum Thema „Umgang mit der Vogelgrippe“ am gleichen Tag widerlegt und ist zu einer völlig anderen Bewertung kommt. Ich glaube, dass es Aufgabe der verantwortlichen Politiker ist, bei der Frage „Bekämpfung der Vogelgrippe“ an einem Strang zu ziehen. Das gilt für den Bund, das gilt aber auch für die Länder.

Meine Damen und Herren, zu dem, was Sie zum Thema Landwirtschaft gesagt haben! Ich glaube, es geht um die Weiterentwicklung des gesamten Agrarstandortes Nordrhein-Westfalen. Auch nach zehn Jahren Bärbel Höhn beträgt der Anteil der Ökobetriebe in Nordrhein-Westfalen ganze 2,5 %. Deswegen lassen Sie uns doch aufhören mit der Diskussion „Ökobetriebe gegen konventionell wirtschaftende Betriebe“. Zur Stärkung des Agrarstandortes Nordrhein-Westfalen gehört die gesamte Palette, gehört die Frage der Wettbewerbsfähigkeit, gehört die Tatsache, dass regionale Vermarktung nur dann stattfinden kann, wenn noch Produkte bei uns in Nordrhein-Westfalen erzeugt werden. Es werden aber nur dann Produkte bei uns in Nordrhein-Westfalen erzeugt, wenn unsere Betriebe wettbewerbsfähig sind. Deswegen haben wir einen anderen Ansatz in der Agrarpolitik.

Es kommt ja nicht von ungefähr, Frau Höhn, dass Sie sich seit dem Ausscheiden aus dem Amt gerade als Landwirtschaftsministerin in NordrheinWestfalen im ländlichen Raum auch im Rahmen Ihres Bundestagswahlkampfes - Sie waren Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen - eigentlich nicht mehr haben blicken lassen.

(Widerspruch von Johannes Remmel [GRÜ- NE])

Meine Damen und Herren, die Menschen in den ländlichen Räumen von Nordrhein-Westfalen sind froh darüber, dass es diesen Ansatz gibt, dass wir den Landwirt wieder als Unternehmer, als Partner ernst nehmen, dass der bürokratische Überbau, den es gerade in diesem Zusammenhang gegeben hat, abgebaut wird, dass wir Landwirtschaft und Ernährungsgewerbe gemeinsam sehen, wo es um 400.000 Arbeitsplätze geht, mehr als in der Automobilindustrie, mehr als in der Stahlindustrie. Deswegen hat sich die neue Landesregierung auf den, wie ich glaube, richtigen Weg gemacht, durch eine Wettbewerbsstärkung unserer Betriebe den Agrarstandort zu stärken. Das gilt auch für die Ökolandwirtschaft.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten …

Nein, wenn mir das auf die Zeit …

Das haben wir doch inzwischen ein für allemal geklärt. Ich wiederhole es noch einmal: Es wird nicht angerechnet, weder der Landesregierung noch den Mitgliedern des Landtages, weder die Frage noch die Antwort, Herr Minister.

Lassen Sie die Frage zu?

Gut. - Herr Remmel, bitte schön.

Herr Minister Uhlenberg, würden Sie mir zustimmen, dass ländlicher Raum auch da ist, wo der Minister gerade nicht ist?

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Nordrhein-Westfalen ist zu 50 % bis 70 % - je nachdem, wie man es definiert, Herr Remmel - als ländlicher Raum geprägt. Der Minister ist zwar seit dem 22. Juni schon in fast allen Kreisen gewesen. Aber ich werde das durch eine intensive

Kreisbereisung in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzen.

Meine Damen und Herren, die Debatte über Öko oder Konventionell in der Landwirtschaft gehört der Vergangenheit an. Wir werden alles stärken, auch wenn wir beim Ökolandbau in NordrheinWestfalen die eine oder andere Eingangsinvestition absenken müssen, weil uns die Finanzmittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Aber auch dabei bin ich in engem Gespräch mit den Ökobauern in Nordrhein-Westfalen, die für mich ein wichtiger Gesprächspartner sind.

Meine Damen und Herren, zum Thema „Windkraft“ ist viel gesagt worden. Ich will nur einen Punkt ausführen: Die Nabenhöhe der Windkraftanlagen hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Wenn die Windkraftanlagen größer werden, brauchen wir entsprechende Abstände, damit die Menschen in der Lage sind, Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen überhaupt noch zu akzeptieren. Deswegen ist am Windkrafterlass auch richtig, dass der Abstand zur Wohnbebauung vergrößert worden ist. Nur dadurch gibt es noch eine Akzeptanz der Windkraft in Nordrhein-Westfalen.