Protocol of the Session on October 6, 2020

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister Thümler, Sie haben völlig recht. Ich finde, das Programm, das Sie aufgelegt haben, gut und durchaus sinnvoll. Aber es ist natürlich mit viel zu wenig Geld dotiert, meine Damen und Herren: mit 10 Millionen Euro.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Die Zahl, die Sie zum Haushalt von Minister Althusmann gesagt haben, ist zwar die Gesamtzahl. Die steht aber nicht insgesamt für die Veranstaltungsbranche zur Verfügung.

Wenn wir die Beratungen zum Nachtragshaushalt nicht so hoppladihopp geführt hätten - Sie haben ja im Haushaltsausschuss die Fragen zu diesen Haushaltsstellen alle gar nicht richtig beantworten können -,

(Zustimmung bei der FDP und Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

hätte es wahrscheinlich einen Umschichtungsantrag von uns zu diesem Bereich gegeben.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

- Ja, genau, zu diesem Programm konnte nicht geantwortet werden, als wir danach gefragt haben. Beide Häuser wussten nicht einmal voneinander, was sie tatsächlich gemacht haben. Genau so war das hier, in öffentlicher Sitzung des Haushaltsausschusses. Wir wollen keine Geschichtsklitterung betreiben, lieber Herr Kollege Thiele! Es war so!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem ist doch: Warum können nicht auch größere Veranstaltungen stattfinden, wenn es beim Fußball geht, wenn es in anderen Ländern ohne Infektionsschutz geht? Warum kann die Landesregierung Infektionswege wie Aerosolinfektionen nicht wirklich in Angriff nehmen, sie erforschen und Maßnahmen auf den Weg bringen, sodass man sagen kann: „Okay, hier kann ich mich nicht anstecken; hier ist Vorsorge getroffen; hier sind Filteranlagen, Lüftungsanlagen vorhanden; man weiß, dass die Infektion hier über diese Übertragungswege nicht gehen kann“? Warum kann man das nicht tatsächlich machen?

Ich weiß, dass Sie sich massiv dafür einsetzen und stark machen. Deshalb ist dies keine persönliche Kritik an Ihnen. Aber das Ergebnis der gesamten Entscheidungsfindung der Landesregierung ist so,

wie es ist, und es ist ernüchternd für diese Branche.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Deshalb fehlt auch die Ge- sundheitsministerin in dieser Debatte!)

Danke schön, Herr Bode.

Meine Damen und Herren, jetzt liegen zu Tagesordnungspunkt 4 a aber wirklich keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich übergehen kann zu

b) 112 % für Niedersachsen - Brand- und Katastrophenschutz bündeln und stärken! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/7586

Ich eröffne die Besprechung. Der Antrag wird eingebracht und eingehend begründet von Herrn Kauroff, SPD-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Innenpolitiker der SPD-Fraktion waren Ende September eine ganze Woche in Niedersachsen unterwegs und haben sich in der sogenannten Blaulichtwoche ein aktuelles Bild von den Blaulichtinstitutionen in unserem Lande gemacht. Außer mit der Polizei haben wir den direkten Austausch mit unseren Feuerwehren und unseren Hilfsorganisationen gesucht.

Ob die Berufsfeuerwehr in Osnabrück, die freiwillige Feuerwehr in Stadthagen, das DRK in Hannover oder die Johanniter in Delmenhorst, eines ist uns auf unserer Reise klar geworden: Niedersachsen kann sich auf seine Feuerwehren, auf seine vielen Hilfsorganisationen und auf den Katastrophenschutz verlassen. Ihr Einsatz rettet Leben und leistet einen großen Beitrag zur Sicherheit für die Menschen in unserem Land. Sie sind es, die dafür Sorge tragen, dass wir beruhigt zu Bett gehen können: diejenigen, die Brände bekämpfen, Menschenleben retten, medizinische Erstversorgung sicherstellen, Bergungen vornehmen und präventive Maßnahmen ergreifen. Häufig stellen sie dabei ihr eigene Familie, ihre Arbeit, ihre Freizeit und vor allem ihre eigene Sicherheit und ihr eigenes Leben hintenan. Sie gehen für uns im wahrsten Sinne des Wortes durchs Feuer.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Doch statt Anerkennung zu finden, sind immer mehr unserer Einsatzkräfte in ihrem Alltag Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt. Sie werden am Einsatzort beschimpft, bedroht oder sogar gewaltsam angegangen. Ich sage hier in aller Entschiedenheit: Das darf nicht sein; denn helfende Hände schlägt man nicht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Insgesamt wurden im Jahr 2019 über 23 000 Brandeinsätze gefahren. Das zeigt der Brand- und Hilfeleistungsbericht der niedersächsischen Feuerwehren. Die Herausforderungen, mit denen sich die Einsatzkräfte konfrontiert sehen, nehmen konstant zu und stellen die Helferinnen und Helfer vor schwere Aufgaben: Vegetationsbrände, Hochwasser und Extremwettersituationen führen dazu, dass die Einsatzlagen nicht einfacher werden.

Klar ist: Für unser gesellschaftliches Miteinander ist eine flächendeckende Feuerwehrstruktur unerlässlich. Die Ergebnisse der Strukturkommission zur Zukunft der Feuerwehr wollen wir so bald wie möglich in ein modernes Brandschutzgesetz gießen. Hier gilt es, die vorhandenen Kräfte und Kapazitäten in den Kommunen zugunsten eines ergänzenden überörtlichen Brandschutzes zu bündeln und somit noch stärker den veränderten Umweltbedingungen anzupassen.

Die Stärkung und Entlastung des Ehrenamtes, angefangen bei Freistellungsregelungen bis hin zur besseren Vereinbarkeit von Ehrenamt, Familie und Beruf, war eine zentrale Forderung auf unserer Tour durch Niedersachsen. Wir sind daher umso überzeugter, dass wir die Rahmenbedingungen des Ehrenamtes verbessern und weiter dafür werben müssen, dass sich Mitbürgerinnen und Mitbürger freiwillig in unseren Feuerwehren engagieren. Hier braucht es eine Fortsetzung der Imagekampagnen für den Brandschutz wie z. B. „Ja zur Feuerwehr“ und „Frauen am Zug“.

Besonders freut mich, dass die Zahl der Kinder- und Jugendfeuerwehren in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Wir haben heute mehr als 44 000 Nachwuchskräfte in den Reihen der Feuerwehren.

„112 % für Niedersachsen“ spiegelt auch die Belastung und das Engagement vieler Menschen in unserem Land im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes wider.

Das Ehrenamt ist und bleibt hierbei die wichtigste Säule Niedersachsens. Wir müssen dringend dafür Sorge tragen, dass das Ehrenamt attraktiver wird und sich noch mehr Menschen in den freiwilligen Feuerwehren und den Hilfsorganisationen engagieren. Ich freue mich daher auf die Erkenntnisse der Enquetekommission zum Ehrenamt, die in der letzten Woche ihre Arbeit aufgenommen hat.

Lassen Sie mich jetzt noch auf die Notwendigkeit zur Reorganisation des Brand- und Katastrophenschutzes in Niedersachsen eingehen! Auch hier gilt, dass wir die bestehenden Organisationen grundlegend modernisieren wollen.

Auf die angekündigte Bildung eines neuen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz an den Standorten Celle und Loy freuen wir uns. Dort sollen zukünftig neben der Akademie alle operativen Aufgaben des Brand- und Katastrophenschutzes wahrgenommen werden. Die bestehenden Ressourcen der sechs dezentralen Ämter für Brand- und Katastrophenschutz werden zusammen mit den zuständigen Referaten des Innenministeriums in einem neuen und modernen Landesamt gebündelt.

Wir sind froh über diesen neuen Weg und danken unserem Innenminister, Boris Pistorius, für seine Unterstützung.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Die letzte Station unserer Blaulichtwoche war der neue Standort der NABK in Celle. Wir waren beeindruckt von dem Potenzial dieser einzigartigen Feuerwehrliegenschaft. Meine Fraktion und ich werden uns in den kommenden Jahren für eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Standortes einsetzen und uns mit 112 % für die Feuerwehren und den Katastrophenschutz in Niedersachsen einsetzen.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Mitbürgerinnen und Mitbürger sich in unseren Feuerwehren und Rettungsdiensten und in unserem Katastrophenschutz engagieren! Lassen Sie uns gemeinsam das Ehrenamt stärken, die Rahmenbedingungen verbessern und Sorge dafür tragen, dass jene, die sich für das Gemeinwohl engagieren, nicht in das Fadenkreuz von Hass, Bedrohung und Gewalt geraten!

Nochmals: Wir stehen an eurer Seite, liebe Kameradinnen und Kameraden! Danke für euren täglichen Einsatz! Er ist für Niedersachsen und für uns alle unendlich wertvoll.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kauroff. - Es folgt sodann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Christian Meyer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Überschrift habe ich mich schon ein bisschen gewundert: Schon wieder „112 % für Niedersachsen - Brand- und Katastrophenschutz stärken!“ Zum wiederholten Mal wird hier über den Katastrophenschutz diskutiert. Das erinnert mich an die FDP und den Wolf. Der kommt auch immer wieder, und das Ergebnis ist immer null.

Es stimmt, dass die Feuerwehrfrauen und -männer, die Katastrophenschützerinnen und Katastrophenschützer in Niedersachsen oft 112 % leisten. Aber in Niedersachsen haben sie die schlechteste Besoldung. Reden Sie mit ver.di! Schauen Sie sich an, wie die Besoldung unserer Berufsfeuerwehren im Vergleich mit anderen Bundesländern aussieht! Das liegt zugegebenermaßen auch an der Abschaffung des Weihnachtsgeldes durch die CDUFDP-Landesregierung.

Deshalb wäre es wichtig, nicht nur zu reden, sondern die Leistung der Katastrophenschützerinnen und Katastrophenschützer auch real - bei der Besoldung - anzuerkennen. Wir haben dazu eine höhere Sonderzahlung, ein höheres Weihnachtsgeld vorgeschlagen.

Und dann „112 % für Niedersachsen“? Ich dachte, jetzt wird verkündet: Es gibt mehr Geld für den Katastrophenschutz und Brandschutz!

Ich habe mir einmal den Haushalt angeschaut. Die Kommunen fordern, wie Sie wissen, nicht erst seit dem Moorbranddesaster von vor fast genau zwei Jahren 6 Millionen Euro an Zuschüssen für Fahrzeuge usw., weil sie in diesem Bereich schlecht aufgestellt sind. Aber tatsächlich gibt es nicht 112 % mehr, sondern über 50 % weniger: 2019 standen im Haushalt der GroKo 3,4 Millionen Euro. Im Haushalt 2020 sind es nur 2,687 Millionen Euro, also fast 1 Million Euro weniger. 21 % weniger,

nicht 112 % mehr! Und im neuen Haushalt, der von CDU und SPD beschlossen worden ist, gibt es drastische Kürzungen bei den Feuerwehren: noch einmal 1 Million Euro weniger, nur noch 1,6 Millionen. Das ist nur noch die Hälfte von dem, was Sie 2019 ausgegeben haben.

Das ist der Posten „Zuschüsse für Investitionen an die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen“: Ausrüstung für die Feuerwehren, das Rote Kreuz. Für die Landesregierung aus SPD und CDU ist der Katastrophenschutz nur noch die Hälfte wert, wie der Haushaltsentwurf zeigt. Das ist dramatisch.

Wir haben heute Morgen über Atomkraftwerke und Endlager diskutiert. Wir haben eine Abfrage gemacht, wann endlich die Fukushima-Maßnahmen beim Katastrophenschutz umgesetzt werden. Niedersachsen ist eines der letzten Länder, die noch etwas umzusetzen haben, nachdem die Evakuierungsradien vergrößert wurden. In der Antwort auf eine Anfrage von mir steht, dass die Jodtabletten in Niedersachsen bis Ende 2021 verteilt werden. Meine Güte, 2021 geht Grohnde vom Netz, 2022 Lingen - und die Jodtablettenversorgung in Niedersachsen kriegen Sie erst hin, wenn das letzte Atomkraftwerk vom Netz geht! Das ist doch kein Katastrophenschutz, das ist Versagen im Katastrophenschutz. Wir wissen doch um die Gefahren der Atomenergie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn diese Investitionen sowieso gemacht werden müssen, dann hätte man sie schon längst machen können. So fordern wir seit zwei Jahren ein, endlich Lehren beim Katastrophenschutz zu ziehen; denn das Land ist seit 2018 für den Katastrophenschutz bei Atomkraftwerken zuständig. Wir stellen aber fest, dass das Innenministerium auf diesen Punkt nicht vorbereitet ist.

Sie sprechen von „112“. Sie fordern eine Bündelung des Katastrophen- und Brandschutzes. Es gibt einerseits die Initiative „Rettet die 112“ und andererseits die Debatte, die Herr Spahn führt, der gern Kanzlerkandidat der CDU werden möchte. Er fordert eine Grundgesetzänderung, um sozusagen den kommunalen Rettungsdienst für den Bund zu vereinnahmen.

Wir waren eigentlich immer - auch mit der SPD- und der CDU-Fraktion - gemeinsam der Meinung, dass das, was Herr Spahn und die GroKo im Bund machen, falsch ist. Wir haben einen gut aufgestellten kommunalen Rettungsdienst, den wir retten

sollten. Deshalb gibt es ja das Bündnis „Rettet die 112“. Wir wollen keine Bündelung und Zusammenlegung mit der 116 117 - ich wusste gar nicht, dass es diese Nummer gibt -, aber der Bund plant, das zu tun. Man sollte also jetzt nicht eine Bündelung fordern, wie es die SPD in ihrer Aktuellen Stunde tut, sondern das Bündnis „Rettet die 112 und den Rettungsdienst“ auch weiterhin aktiv unterstützen.

(Zuruf von Wiard Siebels [SPD])