Wir sind auch einhellig der Auffassung, dass es nach aller Möglichkeit keine alleinige deutsche Aufnahmeaktion geben sollte. Es gibt inzwischen zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die bereit sind, daran mitzuwirken. Wir teilen auch die Auffassung, dass es vorrangig Sache des Bundes ist, gemeinsam mit seinen europäischen Partnern ein gutes Programm auszuarbeiten.
Ich mache gar keinen Hehl daraus, dass die bislang genannten Zahlen, insbesondere die aus der letzten Woche, vor dem Hintergrund von etwa 12 000 obdachlosen Menschen auf Lesbos nach meinem Dafürhalten nicht ausreichend sind. Den Nachrichten des heutigen Tages können Sie aber auch entnehmen, dass in dieser Hinsicht derzeit Bewegung in der Sache ist.
Die von Ihnen angesprochene Initiative aus Berlin kenne ich noch nicht. Deswegen kann ich Ihnen darauf leider keine Antwort geben. Bis zur Bundesratssitzung am Freitag wird die Landesregierung sich aber auf eine Position in dieser Hinsicht verständigt haben.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Die zweite Frage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt der Abgeordnete Volker Bajus. Bitte schön, Herr Bajus!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Ministerpräsident, angesichts der geplanten Auflösung der Pflegekammer möchte ich Sie fragen, was Sie und die Landesregierung planen, um die Situation in der Pflege endlich proaktiv voranzubringen und diese zu unterstützen.
Durch die Auflösung der Pflegekammer wird die Situation in der Pflege nicht besser. Im Gegenteil: Ich persönlich mache gar keinen Hehl daraus, dass ich das Votum bedauere. Wir haben aber vor der Befragung der Mitglieder der Kammer klipp und klar gesagt: Das wird für uns politisch bindend sein. Und so verhalten wir uns auch.
Die Sozialministerin, Carola Reimann, hat, wie Sie wissen, dazu einen sehr intensiven Dialog auf der Landesebene - die sogenannte Konzertierte Aktion Pflege - initiiert, der eigentlich schon bis zur Sommerpause hätte abgeschlossen sein sollen. Aber durch Corona ist diese Absicht - wie viele andere auch - ins Rutschen geraten. Diese KAP.Ni ist unverändert intensiv dabei, auf der Basis der ersten Vereinbarung wirklich zu nachhaltigen Verbesserungsschritten für die Pflege zu kommen. Dabei geht es insbesondere um einen Schlüsselteil einer fortschrittlichen Pflegepolitik. Wir müssen nämlich endlich dazu kommen, dass mehr Tarifbindung in der Pflege gilt. Der Mangel an Tarifbindung ist ein wesentliches Problem.
Ich war sehr froh, dass im ersten Abschnitt der Beratungen die Pflegekassen gesagt haben: Auf der Basis von entsprechenden Tarifverträgen wird auch die Refinanzierung sichergestellt werden.
Damit ist ein großer Fortschritt erzielt, der jetzt noch feingearbeitet wird. Das Gleiche gilt für Bereiche wie das Gesundheitsmanagement in der Pflege - auch da sind die Kassen bereit, sich deutlich zu engagieren - oder wie eine weitere Digitalisierung insbesondere innerhalb des Betriebes, nicht in erster Linie gegenüber den pflegebedürftigen älteren Menschen.
Mit anderen Worten: Was die Landesseite angeht, werden wir weiterhin hoch engagiert bleiben. Allerdings werden wir sicherlich einen Bedarf haben, auf der Bundesebene darüber zu reden, wie wir die strukturellen Probleme in der Pflege nachhaltig
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Die dritte Frage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Frau Abgeordnete Viehoff. Bitte!
Herr Ministerpräsident! Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass bisher nicht ersichtlich ist, dass es Anstrengungen gibt, eine Haushaltsunterlage Bau für die European Medical School zu erstellen: Wie wollen Sie neben den angekündigten 40 Millionen Euro die benötigte Gesamtfinanzierung in Höhe von mindestens 140 Millionen Euro für die European Medical School und damit sowohl für den Ausbau von Medizinstudienplätzen als auch für die medizinische Versorgung im Nordwesten sicherstellen?
Wir halten die European Medical School (EMS) in Oldenburg unverändert für einen wichtigen Teil einer Strategie für mehr allgemeinmedizinische Versorgung im ländlichen Raum. Das ist ein Studiengang, der gerade dieses Thema in den Mittelpunkt stellt.
Wir haben in den Beratungen zum Haushaltsplan, die infolge von Corona natürlich völlig andere Vorzeichen hatten, als das ursprünglich geplant gewesen ist, noch keine befriedigende Antwort auf die Frage finden können: Wie können wir einen aus guten Gründen für notwendig erachteten Forschungsbau, ein Laborgebäude, an der EMS finanzieren?
Wir sind innerhalb der Regierung darüber unverändert im Gespräch. Ich bin ganz sicher: Dieses Thema wird auch innerhalb des parlamentarischen Verfahrens zum Haushalt 2021 weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Deswegen kann ich Ihnen das nur als Zwischenstand sagen.
Vielen Dank. - Die vierte Frage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt der Abgeordnete Helge Limburg. Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Ich frage Sie auch vor dem Hintergrund der gestrigen Aussprache über Ihre Regierungserklärung, wie Sie die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes Niedersachsen nach einem Investitionsfonds für Niedersachsen bewerten und ob Sie sie unterstützen.
Das von Ihnen angesprochene Konzept ist durchaus vielschichtig. Wir haben in der Landesregierung hierzu noch kein Einvernehmen. Man muss auch in dieser Hinsicht schlicht und einfach feststellen, dass wir durch Corona einen vollständigen Wechsel der Vorzeichen auch im Rahmen unserer Finanzdaten erleben. Deswegen wird das Thema womöglich auch nicht mehr in dieser Legislaturperiode eine Rolle spielen. Es mag beispielsweise in einem kommenden Landtagswahlkampf ein Thema sein; ich weiß es nicht. Lassen wir uns beide überraschen, Herr Limburg.
Damit haben wir die vier Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgearbeitet. Wir kommen nun zu den Anfragen, die von den Mitgliedern der Fraktion der FDP eingebracht werden.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Vor dem Hintergrund, dass der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dirk Toepffer, gestern im Plenum im Rahmen der Aussprache zur
Regierungserklärung die Mitwirkung des Landtages bei der konkreten Ausgestaltung der noch ausstehenden Förderrichtlinien bezüglich der
Hilfsgelder aus dem Corona-Nachtragshaushalt gefordert hat, frage ich Sie: Wie werden Sie diese Forderung umsetzen?
Ich habe den Kollegen Toepffer so nicht verstanden, lieber Herr Dr. Birkner. Nun ist er heute nicht anwesend und kann uns nicht sagen, wie die authentische Interpretation seiner Ausführungen lautet.
Sie stehen einer politischen und insbesondere einer parlamentarischen Diskussion zur Verfügung. Selbstverständlich nimmt die Landesregierung zu jedem Thema - auch zu diesem Thema - die Diskussionen im Landtag stets aufmerksam wahr und zieht daraus gegebenenfalls ihre Schlussfolgerungen.
Danke. - Die zweite Frage der FDP-Fraktion stellt der Abgeordnete Christian Grascha. Bitte schön, Herr Grascha!
Herr Ministerpräsident! Ich frage Sie: Warum verweigern Sie im Landtag die Beratung und die Beschlussfassung über die Corona-Verordnungen, insbesondere die ab Mai, und folgen nicht dem Beispiel anderer Bundesländer und ermöglichen diese Beratung und Beschlussfassung im Landtag?
Lieber Herr Grascha, die Landesregierung arbeitet seit Ausbruch der Pandemie auf der Basis des geltenden Rechts, nämlich auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes des Bundes, das insbesondere die Zuständigkeit für den Erlass von Rechtsverordnungen auf die jeweiligen Landesregierungen übertragen hat. Das hat sich nach dem bisherigen Verlauf, den wir in den letzten Monaten erlebt haben, für Niedersachsen bestätigt und als erfolgreich erwiesen.
Es ist dem Landtag jederzeit unbenommen, seine Schlussfolgerungen zu ziehen. Aus Sicht der Exekutive kann ich sagen, dass wir es permanent mit einem dynamischen Geschehen zu tun haben werden. Das galt nicht nur für die akute Phase von Mitte März bis ungefähr Anfang Mai, sondern das gilt ständig und vor allem in der Zukunft.
Wir haben es im Moment mit einem etwas diffusen Infektionsgeschehen, allerdings auf breiter Basis, zu tun. Wie viele Beispiele in anderen Ländern zeigen, birgt das Risiken. Dem wirken wir entgegen. Wir müssen aber immer gewahr sein, wie man in Hannover sagt, dass man auch kurzfristig intervenieren können muss.