Stephan Weil
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Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte Sie über die Beratung des Kabinetts unterrichten, die vor etwa einer Stunde stattgefunden hat und bei der wir die angekündigte Überprüfung im Vorfeld von Entscheidungen über die Verlängerung unserer Verordnung vorgenommen haben. Die Ergebnisse unserer Beratung verdienen meines Erachtens eine gesonderte Unterrichtung hier im Plenum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es mit einer unverändert dynamischen Entwicklung der Pandemie bei uns in Niedersachsen zu tun, und zwar dynamisch durchaus in beide Richtungen.
Wir hatten Mitte November einen Höhepunkt der sogenannten zweiten Welle zu verzeichnen. Am 12. November hatten wir in Niedersachsen einen Inzidenzwert von etwas mehr als 112. Dann haben wir es nach einer Phase der Stagnation geschafft, einen erfreulichen Rückwärtstrend in Niedersachsen zu erreichen. Den vorläufigen Tiefpunkt hatten wir vor einer Woche, am 3. Dezember, mit etwas mehr als 81. Seitdem gibt es wieder eine Dynamik - jetzt allerdings in die ganz und gar falsche Richtung: Heute sind wir nach den Mitteilungen unseres Landesgesundheitsamts wieder bei 85,7.
Das heißt, während wir vor zwei Wochen mit - niedersächsisch limitierter - Begeisterung sagen konnten: „Wir sind auf dem richtigen Weg“, müssen wir jetzt feststellen: Die Vorzeichen haben sich in diesem Zeitraum geändert, und wir müssen sehr vorsichtig sein.
Dazu gehört auch der Blick auf die Bundessituation. Der Inzidenzwert liegt im Bundesdurchschnitt bei 150. Wie Sie wissen, wird dieser Durchschnitt in einzelnen Hotspots noch weit übertroffen.
Auch diese Zahl gehört zum Bild dazu: Gestern hatten wir einen traurigen Rekord bei der Zahl der
Todesfälle mit als mehr als 40 Todesfällen an einem Tag. Das erinnert uns daran, dass es hier nicht um Zahlenspielerei geht, sondern dass es am Ende wirklich um konkrete Menschenleben geht, die zu schützen unsere Aufgabe in den letzten Monaten war, ist und in den nächsten Monaten bleiben wird. Das müssen wir uns selbst und auch allen anderen Menschen immer und überall in Erinnerung rufen! Es geht am Ende des Tages um nicht weniger als um den Schutz von Menschenleben, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Welche Schlussfolgerungen sind aus dieser Situation zu ziehen?
Erstens leider die nüchterne, aber unabweisbare Feststellung: Die bisherigen Maßnahmen reichen derzeit nicht aus.
Zweitens. Wir müssen - das zeigt uns die Erfahrung - bereits kleine Anstiege sehr ernst nehmen. Tun wir das nicht, kann aus kleinen Anstiegen sehr schnell die ganz bedrohliche Situation großer Anstiege werden. „Wehret den Anfängen“, lautet gewissermaßen die Überschrift.
Drittens. Wir mögen im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt und manchen anderen Ländern derzeit immer noch sehr überschaubare Werte aufweisen, aber das ist doch kein Grund zur Zufriedenheit. Wir dürfen uns mit diesem Infektionsniveau nicht abfinden! Es birgt ein wesentlich zu großes Risiko für unser Land. Deswegen müssen wir jetzt etwas tun, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Festtage sind in dieser Hinsicht gleichzeitig Chance und Risiko - Risiko deswegen, weil sich unsere normale Art und Weise, Weihnachten und den Jahreswechsel zu feiern, gerade durch Begegnungen und Kontakte mit Menschen auszeichnet, mit denen wir besonders gern zusammen sind: mit unseren Familien, mit unseren Freunden. Wir feiern dann gerne. Es fließt auch Alkohol. Das ist die ideale Grundlage für das Virus.
Aber wir haben auch eine Chance in den nächsten Wochen. Die Festtage sowie die Tage davor und danach sind typischerweise auch eine Phase allgemeiner Entschleunigung in unserer Gesellschaft. Entschleunigung und Reduzierung von Kontakten wiederum sind das Gebot der Stunde. Deswegen wollen wir als Landesregierung dem Rat vieler Stimmen - u. a. aus der Wissenschaft - folgen und
die Voraussetzung für sehr stille, ruhige Festtage und einen ganz besonders stillen, ruhigen Jahreswechsel schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns die Chance der vor uns liegenden Wochen nutzen, und meiden wir die Risiken! Dann kommen wir auch gut uns das nächste Jahr hinein. Das ist die Position der Landesregierung.
Wir nehmen dabei den Zeitraum 19. Dezember bis 10. Januar in den Blick, der mit den Weihnachtsferien an den niedersächsischen Schulen identisch ist. Nach dem allgemeinen Verständnis haben die Schulferien immer auch eine gewisse Signalwirkung für die gesamte Gesellschaft.
Es geht im Kern um drei große Bereiche, die jetzt und in den nächsten Tagen eine wesentliche Rolle spielen werden. Der erste Bereich: die Kontakte. Der zweite Bereich: die Schulen. Und der dritte Bereich: der Handel.
Lassen Sie mich zunächst sagen, wie wir uns die weitere Entwicklung im Bereich der persönlichen Kontakte vorstellen.
Ich muss hier nicht wiederholen - das ist vielfach in diesem Jahr geschehen -, warum das eigentliche Fundament des Infektionsschutzes ist, dass wir die Zahl der Kontakte reduzieren. Es bleibt bei dem Grundsatz: öffentlich und privat, drinnen und draußen - maximal fünf Personen aus zwei Haushalten. Das ist nicht viel. Wenn wir alle das miteinander durchhalten, ist sehr viel gewonnen.
Neu ist, dass dieser Grundsatz auch zwischen den Tagen gelten soll. Da war bis jetzt eine Lockerung vorgesehen. Diese Lockerung wollen wir zurücknehmen. Das betrifft den Zeitraum vom 27. bis zum 31. Dezember 2020.
Neu ist auch, dass diese Regelung von fünf Personen aus zwei Haushalten - ich muss hinzufügen: zuzüglich der jeweiligen Kinder unter 14 Jahren - auch an Silvester und über den Jahreswechsel gelten soll.
Das ist ein Einschnitt, und wir sind uns dessen bewusst. Aber wir wissen, gerade der Jahreswechsel birgt für das Infektionsgeschehen ein ganz besonderes Risiko. Das dürfen wir in diesem Jahr nicht eingehen! Das ist mein herzlicher Appell an alle Bürgerinnen und Bürger!
Fünf Personen aus zwei Haushalten, das gilt auch über Weihnachten, allerdings mit einer wesentli
chen Ergänzung. Natürlich sind wir uns des Umstands bewusst, dass Weihnachten das Fest der Familie ist, und deswegen wollen wir auch Familientreffen möglich machen. In dieser Hinsicht schlagen wir vor, zwischen dem 24. und dem 26. Dezember - Heiligabend, erster und zweiter Weihnachtstag - zehn Angehörige - Verwandte plus jeweilige Partner, aber insgesamt nur zehn, wieder zuzüglich der Kinder unter 14 Jahren - als Maßstab für Familientreffen zu nehmen. Das ist mehr, als wir an allen anderen Tagen vorsehen, aber es ist natürlich weniger, als es unseren normalen Gewohnheiten entspricht. Auch da sind gar keine Umschweife möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regeln, die wir für die Weihnachtstage und insbesondere für den Jahreswechsel vorsehen, bedeuten eine spürbare Veränderung in unser aller Biorhythmus. Das Entscheidende ist und bleibt: Wir müssen unsere Regeln machen, und sie geben unserer Gesellschaft auch eine Orientierung, aber mitmachen müssen alle Bürgerinnen und Bürger selbst, und zwar aus eigener Einsicht! Und dafür werbe ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich. Weihnachten und Silvester werden in diesem Jahr eben anders sein müssen als alle Weihnachten und alle Silvester, die jedenfalls ich vorher in meinem Leben kennengelernt habe. Aber im Vergleich zu einem Virus, das auch bei uns in Niedersachsen außer Kontrolle gerät, scheint mir das der geringere Preis zu sein. Diesen Preis ist es wert! Und ich bitte noch einmal herzlich alle Bürgerinnen und Bürger mitzumachen.
Unsere Bitte richtet sich auch an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, in der nächsten Zeit soweit als irgend möglich die Möglichkeiten zum Homeoffice zu nutzen, um auch dadurch dazu beizutragen, die Kontakte zu reduzieren.
Ein Detail am Rande: Wir wollen ein Verbot des Verkaufs von Alkohol zum Direktverzehr vorsehen, und zwar ziemlich schnell. Was damit angesprochen ist, wissen Sie alle: Das, was es an mobilen Angeboten des Außerhausverkaufs insbesondere von Glühwein gegeben hat, führt eben auch wieder zu einer Ballung von Menschengruppen, die in diesen Zeiten nun einmal nicht gut ist - in allen anderen Jahren ja, aber eben nicht in diesem Jahr.
Zweiter Bereich: die Schule. Ich muss die Vorbemerkung machen, dass wir nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür haben, dass die Schule ir
gendein besonderer Infektionstreiber wäre. Das deckt sich auch mit zunehmend mehr Studienergebnissen, die aus den unterschiedlichen Bundesländern berichtet werden.
Wenn wir aber die Gesamtstrategie verfolgen, die Kontakte insgesamt zu reduzieren, können wir natürlich auch diesen wichtigen Bereich nicht außen vor lassen. Wir in Niedersachsen haben insoweit Glück, als der Zeitraum unserer Weihnachtsferien exakt der ist, der auch für die Gesamtstrategie, von der ich spreche, in Rede steht: vom 19. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021. Wir haben die Weihnachtsferien in Niedersachsen bereits ja bekanntlich vorgezogen.
Bislang gehörte es auch zum Regelwerk, dass Eltern an den beiden letzten Schultagen - am 17. und 18. Dezember - ihre Kinder vom Unterricht in Vorbereitung beispielsweise auf Festtagsbesuche - also für eine vorsorgliche Quarantäne - befreien können.
Daran anknüpfend, wollen wir für die nächste Woche - also die letzte Schulwoche - generell die Praxis für Befreiungen vom Unterricht wesentlich erweitern. Im Kern heißt das: Eltern sollen selbst darüber entscheiden, ob ihre Kinder zum Unterricht in die Schule gehen oder nicht. Entsprechende Befreiungsmöglichkeiten bestehen. Das Kultusministerium erwartet, dass unsere Schulen auf dieser Grundlage deutlich leerer werden. Aus meiner Sicht bietet das den großen Vorteil, dass die Familien das dann tatsächlich auch selbst entscheiden können. Ich füge hinzu: Es wird für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zu Hause bleiben, Angebote zum Distanzlernen geben.
Unser Ziel ist es, die Schulen schon in der nächsten Woche wesentlich leerer zu machen. Und ich glaube, wir können das im Einvernehmen mit den Eltern auf diese Art und Weise im jeweiligen Fall am besten hinbekommen.
Dritter Bereich: Handel. Dazu haben wir heute noch keine abschließenden Entscheidungen für Niedersachsen getroffen. Das wird in den nächsten Tagen eine ganz wichtige Diskussion werden, insbesondere auch zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern.
Egal, welche Entscheidungen wir treffen, treffen andere Nachbadländer andere Entscheidungen, dann lösen wir nicht unbeträchtliche Kundenströme aus - mal in die eine, mal in die andere Richtung. Es gibt vielleicht keinen anderen Bereich, in
dem es sich so sehr empfiehlt, eine sehr genaue Abstimmung zwischen den Ländern vorzunehmen.
Es kommt etwas Weiteres hinzu: Wir alle sind uns bewusst, dass sich der Handel jetzt schon in einer schwierigen ökonomischen Situation befindet. Deswegen müssen wir vor unseren Entscheidungen auch wissen, was für Hilfen der Handel für entsprechende Ausfälle erwarten kann, übrigens gerade in einer Zeit, die ja als besonders umsatzstark gilt.
In Niedersachsen sind wir innerhalb der Landesregierung nicht der Auffassung, dass das Weihnachtsgeschäft jetzt gewissermaßen vor der Zeit gestoppt werden soll. Wir sind der Auffassung, dass das gerade unter Infektionsschutzschutzgesichtspunkten ein gefährlicher Eingriff wäre. Wir plädieren und werben nach wie vor für einen möglichst entzerrten Einkauf von Weihnachtsgeschenken, und wir warnen davor, irgendwelche Situationen herbeizuführen, in denen Menschen meinen, es bestände ein besonderer Zeitdruck.
Wir werden dann aber mit den anderen Ländern und der Bundesregierung über im Wesentlichen drei Optionen reden müssen: erstens keine Schließung, zweitens eine Schließung zwischen Weihnachten und Silvester und drittens eine Schließung von Weihnachten an bis zum
10. Januar 2021. Das sind die Optionen, die im Wesentlichen auf dem Tisch liegen.
Wir werden - ich meine, wahrscheinlich am Wochenende - eine weitere Runde mit der Bundeskanzlerin, dem Bundeskabinett und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben, in der das erwartungsgemäß ein absoluter Schwerpunkt der Diskussion sein wird. Im unmittelbaren Anschluss daran werden wir dann die entsprechenden Entscheidungen für Niedersachsen zu treffen haben. Sie werden dann selbstverständlich sofort unterrichtet. Aber vor dem genannten Hintergrund werden Sie verstehen, dass wir eine Festlegung in dieser Hinsicht heute noch vermeiden wollten.
Damit bin ich auch am Schluss meiner Unterrichtung angelangt. Derzeit laufen die Vorarbeiten für die nächste Verordnung mit dem dargestellten Inhalt. Es ist selbstverständlich: Der Landtag wird beteiligt werden. Der Sozialausschuss wird so früh wie möglich unterrichtet werden. Und da kann dann auch eine Detaildiskussion gut stattfinden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch mal etwas Grundsätzliches sagen: Das, was wir jetzt über Weihnachten und Silvester und in das neue Jahr hinein machen, ist für mich ein ganz wichtiger Akt von vorbeugendem Brandschutz. Ich höre immer wieder den Hinweis: Bei uns in Niedersachsen siehts doch ganz gut aus. - Und das stimmt ja erfreulicherweise auch. Den Vorsprung, den wir derzeit gegenüber dem Bundesdurchschnitt haben, haben wir alle uns miteinander in Niedersachsen hart erarbeitet. Aber gerade deswegen wären wir doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir genau diese Situation jetzt innerhalb kürzester Zeit durch harte Rückschläge wieder verlieren würden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, das Beste, was wir für uns alle - und vor allen den Menschen, die von der Krankheit betroffen sind - tun können, ist, jetzt in den nächsten Wochen konsequent herunterzufahren. Dann haben wir eine sehr gute Chance, gemeinsam in das neue Jahr hineinzukommen und gemeinsam auch die Zuversicht zu haben: Das nächste Jahr, das Jahr 2021, das wird das Jahr werden, in dem wir das Coronavirus unter Kontrolle kriegen und wieder zu unserem alten Leben in Niedersachsen zurückkehren können.
Meine herzliche Bitte an Sie alle und vor allen Dingen auch an alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen ist: Unterstützen Sie diesen Kurs! Es ist das Beste, was wir füreinander tun können.
In diesem Sinne wünsche ich uns eine gute Weihnachtszeit und einen guten Jahreswechsel.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eigentlich sprechen wir hier über einen relativ ein
fachen Sachverhalt. Seit elf Jahren sind die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten nicht erhöht worden. Es hat in der Zwischenzeit sogar einmal eine geringfügige Senkung gegeben.
Nun haben die Anstalten erklärt, sie hätten einen Finanzbedarf, den sie mit den Einnahmen nicht decken könnten. Daraufhin ist exakt das Verfahren eingeleitet worden, von dem Herr Kollege Nacke eben berichtet hat: Eine unabhängige Kommission von Expertinnen und Experten hat die Luft aus den Finanzanmeldungen gelassen und den Bedarf sehr kritisch geprüft - so kritisch, dass die Anstalten hinterher alles andere als zufrieden waren.
Dann kommt die Ministerpräsidentenkonferenz zusammen - nicht nur einmal, das kann ich Ihnen versichern, sondern viele Male -, und am Ende stimmt man überein: Ja, das ist wohl eine richtige Empfehlung der KEF; so sollten wir das machen. - Damit tut die Ministerpräsidentenkonferenz das, was sie tun muss. Denn das Bundesverfassungsgericht sagt: Es gibt einen Verfassungsanspruch auf eine aufgabengerechte Ausstattung. - So weit, so gut.
Übrigens, lieber Herr Kollege Birkner, weil Sie - ich habe das als Kritik verstanden -
gemeint haben, Ministerpräsidenten hätten womöglich ihre Hausaufgabe, über den Programmauftrag zu sprechen, nicht gemacht:
Da sind wir miteinander schon ziemlich weit gekommen. Und wissen Sie, woran es am Ende gehakt hat? Sie werden es nicht glauben! Die Kolleginnen und Kollegen aus Landesregierungen, an denen die FDP beteiligt ist, mussten berichten: „Sorry, aber auf was auch immer wir uns verständigen - es kann für die Anstalten nicht einmal einen Inflationsausgleich geben.“
Lieber Herr Kollege Birkner, an dieser Stelle haben Sie fleißig aus dem Glashaus heraus mit Steinen geworfen. Ihre Argumentation trägt nicht.
Eigentlich ist es ein relativ klarer Vorgang, so meine ich - aber uneigentlich eben nicht. Denn gestern war in mehrfacher Hinsicht ein denkwürdiger Tag -
für die Medienpolitik und auch für den Föderalismus.
Erstens. Heute wissen wir: Wir können die Diskussion zwar in Niedersachsen abschließen. Aber insgesamt ist die Entscheidung damit noch nicht getroffen. Denn es wird keine politische Entscheidung geben, sondern eine rechtliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, empfinde ich als eine Niederlage für die Politik. Das muss ich so sagen.
Zweitens. 15 Länder sind sich einig: Wir müssen an dieser Stelle einen Verfassungsanspruch erfüllen. Und ein Land verweigert auch nur eine Entscheidung darüber. Ich muss zugeben: Das empfinde ich als Niederlage für den Föderalismus.
Drittens. Am Ende - wir haben es eben selber erlebt - frohlocken ausgerechnet die Rechtspopulisten. Das empfinde ich an dieser Stelle als eine Niederlage für die Demokratie.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der womöglich geringste Schaden entsteht übrigens ausgerechnet für die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Denn es darf mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass nach der angekündigten Klage in Karlsruhe das Gericht genau das machen wird, was die Anstalten beantragen und was 15 von 16 Ländern auch tun wollten, sodass am Ende des Tages tatsächlich auch diese „gewaltige“ Erhöhung um 86 Cent im Monat zustande kommen wird. Das ist jedenfalls die Erwartung der meisten Expertinnen und Experten.
Also kurz gesagt: Leider - und ich bedauere das wirklich sehr - hat der gestrige Tag insoweit einen Scherbenhaufen hinterlassen. Ich freue mich wirklich sehr, dass einen Tag später der Niedersächsische Landtag seinen Teil dazu beiträgt, die Scherben wieder zu kitten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich es recht sehe, dann habe ich jetzt die Gelegenheit, den heutigen Sitzungstag abzurunden und hier vielleicht auch als Rausschmeißer tätig zu sein.
In einem haben alle Vorrednerinnen und Vorredner recht: Der Haushalt als solcher gibt relativ wenig Diskussionsstoff. Natürlich würden wir alle uns bei vielen Positionen mehr Mittel wünschen. Aber gleichzeitig müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es schlichtweg weniger zu verteilen gibt, und zwar deutlich weniger. Das spiegelt sich gerade auch im Bereich der Filmförderung wider.
Aber lassen Sie mich auf einen grundsätzlichen Punkt eingehen: Herr Nacke hat - wie ich finde, völlig zu Recht - darauf aufmerksam gemacht, dass wir in Niedersachsen sehr dankbar sein können für Vielfalt und Qualität unserer Medienlandschaft. Das stimmt ausdrücklich, ist zuletzt in den
Beiträgen zum Niedersächsischen Medienpreis zum Ausdruck gekommen und gilt querbeet. Daran sind keine Abstriche zu machen, und ich möchte allen Beteiligten sehr herzlich dafür danken.
Es gibt allerdings nach unserem Verfassungsverständnis so etwas wie eine ganz sichere Bank, auf die man sich immer verlassen können muss, und das ist das System der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Da will ich nicht unserer morgigen Diskussion über die Gebührenhöhe vorgreifen. Aber ein grundsätzlicher Gedanke ist mir schon wichtig, und der bezieht sich auf den Entschließungsantrag der FDP, über den hier auch noch zu sprechen zu sein wird: Jetzt müsse mal der Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen völlig neu besprochen werden;
insbesondere müsse eine Begrenzung auf die Bereiche Information, Bildung und Kultur - die waren es, glaube ich - vorgenommen werden.
Das bitte ich Sie doch mit Blick auf unsere Verfassung noch einmal zu überprüfen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach und, wie ich finde, völlig zu Recht zum Ausdruck gebracht: Öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten müssen ein Vollprogramm anbieten können, damit sie ein Massenpublikum und entsprechende Relevanz erreichen und damit sie auf dieser Grundlage die berechtigten Informationsansprüche an sie tatsächlich erfüllen können. Diesen Gedanken des Vollprogramms dürfen wir nicht zur Disposition stellen - nicht in Sachsen-Anhalt, aber auch nicht in unserer landespolitischen Diskussion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist bereits gesagt worden: Wir werden nicht nur über den Änderungsstaatsvertrag zum Medienstaatsvertrag eine Diskussion führen, sondern in den nächsten Monaten auch über unser niedersächsisches Regelwerk zu sprechen haben.
Da ist zum einen die anstehende Novelle zum NDR-Staatsvertrag, bei der es darum gehen wird, den Norddeutschen Rundfunk mit den richtigen Leitplanken auf seinem weiteren Weg in die Trimedialität auszustatten. Im Zeichen der Entwicklung der Medien - insbesondere auch im Internet -
ist es natürlich von fundamentaler Bedeutung, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten diesen Weg mitgehen können. Wenn wir sie auf ihre alten Formate beschränkten, dann hätten sie keine Zukunft. Das wird nicht geschehen. Deswegen kann sich der Norddeutsche Rundfunk auch in dieser Hinsicht auf unsere Unterstützung verlassen.
Zum anderen haben wir, wie mit Recht angesprochen wurde, eine interessante Diskussion über eine Novelle zum Niedersächsischen Mediengesetz vor der Brust. Denn so, wie wir Qualitätsansprüche an die öffentlich-rechtlichen Medien haben, müssen wir natürlich auch bei den anderen Medien darauf schauen, dass ein bestimmter Rahmen in jedem Fall eingehalten wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt die Möglichkeit nutzen, eine Aufsicht auch über Teledienste, Medienplattformen und intermediäre Anbieter herzustellen, die inzwischen de facto einen sehr wichtigen Marktanteil haben und die keine Überregulierung, sehr wohl aber eine Flankierung durch eine öffentlichrechtliche Aufsicht benötigen. Das ist eine wichtige Perspektive für die Landesmedienanstalt. Sie weist dieser Behörde ein - so glaube ich - außerordentlich interessantes und reizvolles, aber auch gesellschaftlich relevantes Aufgabenfeld zu. Für die Landesmedienanstalt wird in dieser Hinsicht ein neues Zeitalter beginnen. Wir werden ihr dafür das richtige Regelwerk anbieten.
Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung machen: Klar ist, dass wir es inzwischen mit einer Medienvielfalt und Informationsflut zu tun haben, die nicht mit dem zu vergleichen ist, woran man noch vor - sagen wir einmal: - 20 Jahren gedacht hat und was man seinerzeit erwartet hat. Aber gerade mit Blick auf die Stabilität unserer Demokratie tun wir gut daran, auch unter diesen Bedingungen den Gedanken von Vielfalt und Zuverlässigkeit ganz nach vorne zu stellen. Das gilt für die privaten Medien, und das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen. Wer sich darum kümmert, der wird auch die Unterstützung der Landespolitik haben.
Herzlichen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Einen herzlichen guten Morgen von mir! Das ist nun die dritte Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages innerhalb eines Jahres. Sie hören die achte Regierungserklärung von mir. Und alles kreist wie immer um ein einziges Thema: Corona.
Seit einem dreiviertel Jahr ist dieses Virus bei uns in Niedersachsen aktiv. Es dominiert unverändert das gesellschaftliche, das wirtschaftliche und auch das politische Leben in unserem Land. In der Hoffnung, dass dies nun die letzte Regierungserklärung in diesem Jahr sein möge, möchte ich auf drei Fragen eingehen.
Erstens. Wo stehen wir?
Zweitens. Wie geht es weiter?
Drittens. Wie sind die Aussichten?
Beginnen wir mit der Bestandsaufnahme:
Vor etwa einem Monat habe ich Ihnen die Beschlüsse zu den weiteren Einschränkungen im Kampf gegen das Virus erläutert, den sogenannten Lockdown Light.
Wir haben damit zwei Ziele verfolgt: Zum einen ging es darum, den steilen, besorgniserregenden Anstieg der Infektionen bei uns im Land und in ganz Deutschland zu stoppen. Dieses Ziel ist mit einer großen gemeinsamen Anstrengung erreicht worden. Seit etwa vier Wochen sind die Infektionszahlen zunächst stabil geblieben und dann rückläufig gewesen. Diesen Erfolg sollten wir nicht kleinreden, und ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, die auf die eine oder andere Weise dazu beigetragen haben, sehr herzlich dafür!
Wenn ich ein wenig ins Detail gehen darf: Heute Morgen betrug die Inzidenz in Niedersachsen 85,9. Der Inzidenzwert ist damit um 17,1 geringer als vor einer Woche um die gleiche Zeit. Oder anders ausgedrückt: ein Rückgang um 16,6 %. Im Ländervergleich ist Niedersachsen dabei unverändert
in der Spitzengruppe. Wir verzeichnen deutlich weniger Infektionen als die meisten anderen Länder. Je nachdem, welche Quelle Sie zurate ziehen, stehen wir im Ranking der Bundesländer der niedrigsten Infektionszahlen auf den Plätzen drei oder vier. Das ist für uns ein Ansporn, mit unseren Anstrengungen nicht nachzulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich füge hinzu: Ich will mir gar nicht ausmalen, welche Begriffe die verehrten Kolleginnen und Kollegen der Opposition finden würden, hätten Sie das Pech, in einem anderen Landtag zu Worte zu kommen. Ich glaube, wir stehen gut miteinander da.
Wir haben inzwischen allerdings auch mehr als 1 100 Todesfälle in Niedersachsen zu verzeichnen, und wir arbeiten daran, diese Zahl so gut wie irgend möglich zu begrenzen.
Sie erinnern sich vielleicht, dass Sozialministerin Dr. Carola Reimann im letzten Plenum eine Prognose dargestellt hat, wie sich die damalige Dynamik der Infektionen auf das Gesundheitswesen auswirken könnte. Das waren erschreckende Zahlen. Weihnachten, so die Kollegin damals, würde eine dramatische Überbelegung der niedersächsischen Krankenhäuser drohen. Heute können wir erleichtert feststellen: Diese Sorge besteht zumindest derzeit nicht mehr.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit allen Beteiligten in den Krankenhäusern herzlich für ihre aufopferungsvolle Arbeit danken; denn dorthin gelangen im Moment immer noch mehr COVID-Patienten.
Diesen Dank möchte und muss ich aber auch mit einer deutlichen Kritik an zwei Berliner Entscheidungen verbinden.
Die neuen Erstattungsregelungen für Corona-bedingte Ausfälle in den Krankenhäusern sind unzureichend und mit einem extremen bürokratischen Aufwand verbunden. Darin sind sich alle 16 Länder einig. Sie gefährden am Ende viele Krankenhäuser in ihrem Kern. Das darf nicht das letzte Wort gewesen sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Und ich füge ein Weiteres hinzu: Die letzten Monate haben auch bewiesen, wie sehr wir starke und leistungsfähige Krankenkassen brauchen. Das Vermögen dieser Kassen, wie z. B. der AOK Nie
dersachsen, soll ihnen nun gewissermaßen im Handstreich entzogen werden, um allgemeine Corona-Kosten zu decken. Die Folge müssen zwangsläufig Beitragserhöhungen sein, und zwar nicht als eine Belastung für alle, sondern einseitig für die gesetzlich Versicherten. Das ist falsch, und das muss verhindert werden, verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Was die Akteure im Gesundheitswesen jetzt brauchen, ist eine Unterstützung der gesamten Solidargemeinschaft und sind keine weiteren Probleme.
Das zweite Ziel unserer Oktoberbeschlüsse war ein klarer Rückgang bei den Infektionszahlen. Um nicht darum herumzureden: Dieses Ziel haben wir trotz der beschriebenen Fortschritte noch nicht hinreichend erzielt. Das gilt bundesweit, und das gilt auch bei uns in Niedersachsen. Sie erinnern sich: Heute liegt der Inzidenzwert bei etwa 86. Aber die Entfernung zu dem Mindestziel 50 ist offensichtlich.
Wir haben deswegen unverändert dringenden Handlungsbedarf. Solange wir uns auf einem derart hohen Infektionsniveau bewegen, droht jederzeit eine neue Eskalation mit allen damit verbundenen Folgen.
Wir dürfen uns niemals an solche Infektionszahlen gewöhnen. Wir dürfen sie nicht akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist die Grundlage unserer Politik in Niedersachsen!
Nein, wir werden deswegen im Dezember leider nicht wie erhofft Einschränkungen wieder zurücknehmen können. Wir müssen sie - im Gegenteil - noch einmal ausweiten. Diese Schlussfolgerung zieht niemand von uns gerne, aber sie ist dringend geboten. Die Zahlen sprechen eine ganz klare Sprache. Das war auch die gemeinsame, von niemandem bezweifelte Überzeugung der Bundesregierung und aller 16 Länder in unserer Konferenz am vergangenen Mittwoch. Wir müssen die direkten Kontakte der Menschen in unserem Land noch einmal reduzieren, wir dürfen die Begegnungsmöglichkeiten nicht ausweiten - darum muss es in den nächsten Wochen noch einmal gehen.
Das ist eine schlechte Nachricht für alle diejenigen, die ihre Aktivitäten seit Anfang November einstel
len oder noch einmal drastisch einschränken mussten, und es ist besonders bitter für diejenigen, deren wirtschaftliche Existenzgrundlage von unseren Entscheidungen hart getroffen ist. Wir sind uns dieser Härten bewusst. Wir nehmen Berichte über die sozialen und finanziellen Auswirkungen unserer Entscheidungen nicht auf die leichte Schulter. Dennoch bleibt es richtig: Bevor die Infektionszahlen nicht wieder deutlich gesunken sind, wären Lockerungen nicht vertretbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss klar sein.
Umgekehrt heißt das auch, dass die Betroffenen nicht alleingelassen werden dürfen. Seit letztem Mittwoch kann die sogenannte Novemberhilfe beantragt werden. Abschlagszahlungen sorgen dafür, dass nun zügig Geld fließt.
Letzten Freitag hat Bundesfinanzminister Scholz mitgeteilt, dass die EU-Kommission grünes Licht für die sogenannten Dezemberhilfen gegeben hat, die bis zum 20. Dezember dieses Jahres gelten.
Darüber hinaus wird die bisherige Überbrückungshilfe bis Ende Juni des nächsten Jahres noch einmal deutlich erweitert.
Aus Sicht unseres Landes kann ich sagen: Der Bundesregierung gebührt ein herzlicher Dank für alle diese Maßnahmen, die auch im internationalen Vergleich bemerkenswert und keineswegs selbstverständlich sind. Ein herzliches Dankeschön an Berlin, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin, kann ich vielleicht ein Glas Wasser haben?
Es ist ein Privileg, aus dem nicht berührten Wasserglas der Präsidentin einen Schluck nehmen zu dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter den gegebenen Bedingungen ist es aber leider sogar notwendig, weitere Einschränkungen vorzunehmen; das sagte ich.
Deswegen wird die Maskenpflicht erweitert. Neu für uns in Niedersachsen ist vor allem die Ausweitung auf Betriebs- und Arbeitsstätten.
Deswegen sollen im Einzelhandel die Kundenströme möglichst entzerrt werden und dort für mehr Abstand gesorgt werden.
Deswegen werden die Kontaktbeschränkungen noch einmal verstärkt und wird die Größe privater Zusammenkünfte noch weiter reduziert.
Deswegen gibt es gesonderte Maßnahmen für besonders belastete Bereiche mit einem Inzidenzwert oberhalb von 200.
Deswegen sind auch an den Schulen weitere Verschärfungen vorgesehen.
- Das ist jetzt zu viel des Guten.
Beim Thema Schule selbstverständlich immer.
Das Thema Schule steht natürlich im Zentrum der Aufmerksamkeit. Lassen Sie mich eines vorweg betonen: Ich bin wirklich davon beeindruckt, wie auch unter schwierigen Bedingungen die Arbeit in den Schulen und - das ist ausdrücklich hervorzuheben - auch in den Kindertagesstätten jetzt schon etliche Monate lang erfolgreich bewältigt wird. Das ist in dieser Situation nicht einfach und nicht selbstverständlich. Und deswegen auch von dieser Stelle ein sehr herzliches Dankeschön an alle Beteiligten in den Schulen und in den Kindertagesstätten!
Wie sind nun unsere Erfahrungen seit Beginn des neuen Schuljahres bzw. seit Beginn des neuen Kitajahres? - Nun, aus meiner Sicht sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache:
Nach den Zahlen von heute befindet sich die weit überwiegende Mehrheit unserer Schulen - etwa 89 % - in einem dauerhaften Präsenzunterricht. An diese Schulen geht auch die weit überwiegende
Mehrheit unserer Schülerinnen und Schüler: 86,7 % der Schülerinnen und Schüler - wenn ich mich nicht verrechnet habe - befinden sich derzeit im dauerhaften Präsenzunterricht. Dort kann also das geschehen, was für diese jungen Leute nun einmal am besten ist, nämlich der direkte Unterricht in der Schule durch eine Lehrerin/durch einen Lehrer, gemeinsam mit anderen.
In den Kitas sind die Zahlen noch einmal deutlich besser. Aktuell sind nur 109 von etwa 5 000 Einrichtungen von Einschränkungen betroffen.
Das sind sehr deutliche Zahlen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und sie werden - jedenfalls derzeit - von Tag zu Tag immer noch ein Stück besser.
Forderungen, die Schulen insgesamt in den Wechselunterricht zu versetzen, kann ich persönlich deswegen nichts abgewinnen. Die Erfahrung in Niedersachsen ist eine andere: Wenn die Hygieneregelungen beachtet werden, wenn die Maske getragen wird - im Unterricht und außerhalb -, wenn regelmäßig gelüftet wird, dann ist der Aufenthalt in den Schulen sehr gut zu vertreten. Das ist unsere Erfahrung aus den letzten Monaten.
Im Ländervergleich - auch dies muss betont werden - ist Niedersachsen in dieser Hinsicht im Übrigen nicht besonders großzügig, sondern besonders restriktiv: Die Maskenpflicht im Unterricht ist bei uns schon länger Alltag, und wir sind das einzige Land, das bei einer Inzidenz von100 und einem Infektionsfall an der entsprechenden Schule automatisch den Übergang in den Wechselunterricht vorsieht.
Neu im Schulbereich ist deswegen nach den jüngst getroffenen Beschlüssen für uns nur, dass ab einer Inzidenz von 200 diese Pflicht auf alle Schulformen ausgeweitet wird - auch unabhängig von einem Infektionsfall - und die Mund-NaseBedeckung auch in der Grundschule im Unterricht zu tragen ist.
Gerade im Vergleich mit anderen Ländern können wir sagen: In Niedersachsen achten wir ganz besonders auf die Sicherheit in unseren Schulen. - Das möchte ich gerne an diesem Tag hervorgehoben haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Parallel dazu verstärken wir den Infektionsschutz für die Schulen noch einmal auf zweierlei Weise:
Kultusminister Grant Hendrik Tonne stellt den Schulen ein Budget in Höhe von 20 Euro je Schülerin und Schüler zur Verfügung, damit die Schutz
vorkehrungen dort noch einmal verbessert werden können. In Betracht kommt der Erwerb von FFP2Masken, das Anbringen von Plexiglasvorrichtungen oder die Installation von Luftfiltern in Räumen, die derzeit weniger gut gelüftet werden können.
Darüber hinaus wird mit einem Förderprogramm von 25 Millionen Euro dafür gesorgt, dass mehrere Tausend Assistenzkräfte an den Schulen dabei mithelfen, den unbestreitbar mit Corona verbundenen Mehraufwand im Schulalltag zu bewältigen.
Das sind zwei starke zusätzliche Programme, die unsere Unterstützung für die Schulen zum Ausdruck bringen.
Parallel dazu hat Wirtschaftsminister Bernd Althusmann noch einmal zusätzliche Mittel für den Transport der Schülerinnen und Schüler im ÖPNV mobilisiert. Mit weiteren 30 Millionen Euro sollen zusätzliche Busfahrten möglich werden. Ich hoffe sehr, dass dieses Angebot von den Nahverkehrsunternehmen vor Ort aufgegriffen wird. Bernd Althusmann ist, wie ich weiß, gewissermaßen jeden Tag intensiv in Gesprächen, um das auch tatsächlich vor Ort zu erreichen.
Schließlich muss auch die Entzerrung der Schülerverkehre durch eine Entzerrung des Unterrichtsbeginns noch einmal vorangetrieben werden. Wir wollen alle Möglichkeiten nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen, um überflüssige Kontakte beim Schülerverkehr zu unterbinden.
Das sind im Wesentlichen die Regelungen, die wir im Dezember bis zum Beginn der Festtage vorsehen.
Weihnachten und Silvester bedürfen aber natürlich einer gesonderten Betrachtung. Einerseits handelt es sich um kulturell tief verankerte Festtage, die für uns und unsere Familien zu den Höhepunkten des Jahres zählen. Auch in angespannten Zeiten dürfen wir - das ist meine feste Überzeugung - über das tiefe Anliegen, gerade an diesen Festtagen mit Freunden und vor allen Dingen mit der Familie zusammen zu sein, nicht einfach hinweggehen.
Gleichzeitig sind aber gerade mit solchen Treffen natürlich auch neue Risiken verbunden. Das muss ich nicht näher ausführen. Deswegen kommt es ganz entscheidend darauf an, eine kluge, ausgewogene Mischung von Möglichkeiten und Grenzen herzustellen.
Vor diesem Hintergrund wollen Bund und Länder vom 23. Dezember bis zum 1. Januar die Möglichkeit eröffnen, dass sich mehr Menschen aus dem engsten Freundes- und Familienkreis treffen können. Nicht fünf Personen - wie in den Wochen davor -, sondern zehn Personen sollen die Obergrenze sein. Kinder unter 14 Jahren sind bei der Berechnung ausgenommen. Das ist die relativ gute Nachricht für die Familien. Sie ändert allerdings nichts daran, dass es sich nach wie vor um Grenzen handelt. Manche lieb gewonnenen Gewohnheiten werden in diesem Jahr nun einmal nicht möglich sein. Ich denke dabei an große Familien, die gerne alle zusammen sein würden, und ich denke nicht zuletzt auch an die großen Silvesterpartys, die normalerweise Teil unseres Biorhythmus sind; das ist jedenfalls bei mir der Fall.
Im Corona-Winter 2020/2021 ist das aber nun einmal leider nicht möglich. Das Risiko ist viel zu hoch. Wir haben doch immer wieder die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen, die lange Zeit und dann mit Alkohol zusammen feiern, die beste Grundlage für große Infektionsausbrüche sind.
Deswegen bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen eindringlich, ihre persönlichen Planungen im Advent, zu Weihnachten und zum Jahreswechsel von Anfang an auf das zwingend notwendige Maß zu reduzieren. Niemand von uns tut das gerne, aber niemand von uns hat auch irgendetwas davon, wenn sich im Januar die Infektionslage wieder deutlich verschärft. Im Gegenteil: Je niedriger die Zahlen am Jahresanfang sind, desto leichter wird uns das Jahr 2021 insgesamt fallen.
Und noch eine Bitte: Es geht nicht darum, kreative Schlupflöcher zu finden. Es geht um die Einsicht, dass wir uns in diesem Winter einschränken müssen, um Corona im nächsten Jahr hoffentlich tatsächlich hinter uns lassen zu können. Deswegen meine herzliche Bitte an alle Bürgerinnen und Bürger: Helfen Sie dabei mit! Das ist in unser aller und in Ihrem ganz persönlichen Interesse. Herzlichen Dank für diese Mitwirkung!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, im Lichte dieser Entwicklung bis dahin und der dann gemachten Erfahrungen werden Bund und Länder am Jahresanfang den weiteren Kurs festzulegen haben. Ich weiß, dass sich viele Betroffene dafür heute schon Planungssicherheit wünschen. Aber leider wissen wir nicht, welche Grundlagen wir dann dafür haben werden. Haben wir einen stabilen Rückgang der Infektionen zu verzeichnen und Spielraum für Lo
ckerungen? Oder gehen die Zahlen nach den Festtagen wieder steil nach oben? Oder ist die Entwicklung in den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich? Diese Frage kann heute noch niemand beantworten und folglich auch nicht das dann richtige Vorgehen.
Wir haben es nun einmal mit zwei Unbekannten zu tun: mit der Entwicklung des Virus und dem Verhalten der Bürgerinnen und Bürger insgesamt. Deswegen tut es mir auch leid: Die vielfach geforderte verlässliche mittelfristige Planung werden wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider nicht geben können - wir ebenso wenig wie der Bund oder die 15 anderen Länder.
Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich beim letzten Punkt: beim Ausblick auf das nächste Jahr.
Um das Ergebnis einmal vorwegzunehmen: Wir haben Grund zur Zuversicht, dass 2021 wesentlich besser wird als das laufende Jahr 2020. Das ist keine Durchhalteparole. Dafür gibt es harte Gründe. Die Instrumente dafür werden sich aller Voraussicht nach spürbar verbessern.
Schnelltests sind inzwischen zugelassen und auch auf dem freien Markt erhältlich. Das ist eine ganz wichtige Nachricht für die Risikogruppen in den Krankenhäusern und in den Alten- und Pflegeheimen. Es bleibt allerdings zunächst immer noch bei einem noch vergleichsweise aufwendigen Verfahren durch Abstriche. Erfreulicherweise konnte aber zumindest der Arztvorbehalt bei diesen Tests inzwischen aufgehoben werden.
In vielen Krankenhäusern und Heimen unseres Landes werden diese Tests jetzt schon eingesetzt, und so wird es in den nächsten Wochen - so hoffe ich - zielstrebig weitergehen. Damit erhöht sich die Sicherheit in diesen Einrichtungen spürbar, und damit sind auch Besuche in Zukunft viel, viel leichter zu verantworten.
Die Medikamentenentwicklung - zweiter Punkt - macht erkennbar Fortschritte und hilft, die schweren Krankheitsverläufe abzumildern. Für uns geht es ja am Ende immer vor allem um die Frage, dass unser Gesundheitssystem mit den Herausforderungen klarkommen muss.
Und schließlich - drittens - machen vor allem die Nachrichten aus der Impfstoffforschung Mut. Noch in diesem Jahr, zumindest aber ab Anfang des nächsten Jahres wird überall und auch bei uns in Niedersachsen mit den ersten Impfungen begon
nen werden. Vorgesehen ist anfangs eine Charge von 250 000 Menschen in unserem Land. Aber wir wollen so gut wie möglich versuchen, diese Zahlen möglichst schnell in die Höhe zu treiben. Erforderlich ist dafür eine aufwendige Infrastruktur, an der zur Stunde intensiv gearbeitet wird.
Bis zum 15. Dezember sollen die Impfstofflogistik, die Impfzentren und das Impfterminmanagement einsatzbereit sein. Dafür gibt es eine sehr, sehr enge Zusammenarbeit zwischen dem Land, den Kommunen, den Hilfsorganisationen, der Kassenärztlichen Vereinigung und vielen anderen Beteiligten.
Die Corona-Impfungen versprechen eine wirklich riesige Herausforderung zu werden. Sie versprechen aber auch gleichzeitig einen richtig großen Fortschritt im Kampf gegen das Virus. Für die Landesregierung und insbesondere für die federführende Kollegin Carola Reimann hat deswegen die möglichst zügige Durchführung von Massenimpfungen bei uns in Niedersachsen hohe, absolute Priorität, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Natürlich wird das alles auch seine Zeit brauchen. Aber das sind eben echte Perspektiven. Wir sehen insoweit tatsächlich Licht am Ende des Tunnels.
Ich möchte diese Perspektiven, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende meines Beitrages noch einmal ausdrücklich betonen. Die Stimmung in der Bevölkerung, aber auch bei uns hier im Landtag und, ehrlich gesagt, auch bei mir persönlich war, gelinde gesagt, schon einmal besser. Das ist auch sehr verständlich nach diesen langen Monaten der Einschränkungen, der Unsicherheit und auch der Sorge. Und dass aktuell trotz aller Anstrengungen die Infektionszahlen noch nicht so schnell sinken wollen, wie wir es uns alle wünschen, kommt noch dazu.
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir bis zum Ende des Winters noch eine anstrengende Zeit vor uns haben; darauf hat die Bundeskanzlerin völlig zu Recht hingewiesen. Wer irgendetwas anders sagt, streut den Leuten Sand in die Augen. Wir müssen jetzt die Infektionszahlen herunterbringen, und wir dürfen sie danach nicht wieder hochkommen lassen. Daran führt kein Weg herum.
Aber dennoch: Zug um Zug, Stück für Stück, Schritt für Schritt werden wir im nächsten Jahr das Virus zurückdrängen und unser altes Leben auch wieder zurückgewinnen können. Dafür gibt es sichere Hinweise.
Und noch etwas: Sie können jeden Maßstab wählen, im internationalen Vergleich schneidet
Deutschland bei der Bewältigung der Pandemie unverändert sehr gut ab. Die Zahl der Sterbefälle ist hoch. Wer wollte das bestreiten? Aber sie steht in keinem Verhältnis zu den Zahlen aus den anderen Ländern. Die wirtschaftlichen Schäden sind immens. Wer wollte das bestreiten? Aber sie sind deutlich geringer als in vielen anderen Ländern. Die Einschränkungen belasten uns alle - und das stimmt auch -, aber sie sind wesentlich milder als in vielen anderen Ländern.
Es besteht, liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Grund, mit unseren Anstrengungen nachzulassen. Es besteht aber erst recht kein Grund, den Mut zu verlieren. Im Gegenteil: Wenn wir uns anstrengen und wenn wir uns jetzt noch mehr anstrengen, desto besser werden wir auch in das nächste Jahr kommen und wird für uns alle das nächste Jahr werden. Das ist meine wirklich feste persönliche Überzeugung.
Legen wir jetzt das Fundament für ein gutes neues Jahr! Lassen Sie uns für dieses Ziel den Rest des Jahres gemeinsam noch einmal hart arbeiten!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Kollege Grascha, ich weiß nicht, ob Sie den Zeitungsartikel richtig zitiert haben. In diesem Fall wäre ich allerdings nicht richtig zitiert worden. Ich habe nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass jede und jeder von uns derzeit eine eigene Verantwortung hat - und zwar für das, was wir tun, wie auch für das, was wir nicht tun.
Dabei reden wir nicht über einzelne Maskenverstöße; das ist ja völlig klar. Aber ich kann Ihnen Beispiele aus der Praxis nennen, mit denen ich zu tun habe: Wenn eine Dame feststellt, dass in einem bestimmten Supermarkt die Hygienevorschriften von vorne bis hinten nicht eingehalten werden und dass auch das Ansprechen des Betreibers nicht hilft, wenn sie dann den Behörden Bescheid gibt und dort auf Desinteresse stößt, dann sollte sie sich z. B. an die Staatskanzlei wenden und fragen, was sie machen soll. Das ist aus meiner Sicht kein Denunziantentum! Das ist Verantwortungsbewusstsein.
- Lieber Herr Kollege Birkner, Sie mögen darüber lachen.
Für mich ist das eine sehr ernste Angelegenheit, weil wir in der Zeit, in der wir jetzt sind, wirklich darauf achten müssen, dass gerade große Infektionsherde so schnell wie möglich eingedämmt werden und Risiken gar nicht erst entstehen können.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin weit davon entfernt, eine allgemeine Anzeigenbitte an die Bevölkerung zu richten, ebenso wenig wie bei Parkverstößen.
Ich bin aber sehr wohl der Auffassung, dass sich jede und jeder von uns sich in bestimmten Situationen selbst prüfen und fragen muss: Was ist meine Verantwortung in einer solchen Situation? - Ich
finde, auch das gehört zu einem selbstbewussten Bürgertum in einer freiheitlichen Gesellschaft.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Grascha, es tut mir furchtbar leid, aber ich muss Sie ein zweites Mal korrigieren. Ich habe mitnichten die Forderung nach einem Corona-Soli aufgestellt. Erstaunlicherweise ist das nicht einmal eine Forderung, die aus der SPD kommt.
Das ist sozusagen der Arbeitstitel, unter dem Kollegen aus den unionsregierten Ländern richtigerweise auf das von mir heute in der Regierungserklärung angesprochene Problem eingegangen sind, dass die aufgelaufenen 16 Milliarden Euro Kosten für allgemeine Corona-Maßnahmen dadurch bewältigt werden sollen, dass der Bund einen Anteil von 5 Milliarden Euro übernimmt und die anderen 11 Milliarden Euro gewissermaßen a conto der gesetzlichen Krankenkassen gehen sollen und dort wiederum in der Weise, dass man - wenn ich das einmal etwas lax sagen darf - zuallererst die Konten abräumt, was wiederum eine Kasse wie die AOK Niedersachsen besonders trifft, die in den letzten Jahren besonders gut gewirtschaftet hat,
besonders sorgfältig mit den Mitteln ihrer Versicherten umgegangen ist, und auf diese Art und Weise Mittel der gesetzlich Versicherten und ihrer Arbeitgeber auf einmal dazu herangezogen werden sollen, allgemeine Lasten der Gemeinschaft zu tragen, und gesagt haben: Das geht so nicht. Wir müssen das verallgemeinern.
Das ist die gemeinsame Haltung von 16 Bundesländern. Ich glaube, ich habe gesagt, es ist eine reine Geschmacksfrage, ob man das einen Corona-Soli nennt oder nicht. Aber Sie werden mitnichten eine Formulierung von mir finden, in der ich einen Corona-Soli verlangt habe.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr gut, dass der Niedersächsische Landtag heute zu einer Sondersitzung zusammenkommt. Über die Auswirkungen des Coronavirus ist im Plenum und in den Ausschüssen schon vielfach diskutiert worden. Seit jetzt mehr als acht Monaten hält uns dieses Thema in Atem. Aber es ist nicht zu weit gegriffen, wenn ich sage: Wir befinden uns jetzt in einer entscheidenden Phase unseres Kampfes gegen das Virus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stehe mit großem Ernst und in tiefer Sorge vor Ihnen. Die Entwicklung der Pandemie in den letzten Wochen übertrifft noch einmal unsere Erfahrungen aus dem Frühjahr und dem Frühsommer, die wir schon überwunden zu haben glaubten.
Das ist kein Alarmismus, das ist die nüchterne Konsequenz aus harten Zahlen.
Ende Juli lag die Zahl der aktuell infizierten Personen in unserem Land bei rund 550. Heute sind es mehr als 10 000.
Der Höchstwert der täglichen Neuinfektionen lag im Frühjahr bei 450, heute bei 1 550.
Es ist nicht nur die reine Zahl, die uns in Unruhe versetzen muss. Noch in der ersten Septemberwoche waren in Niedersachsen 40 Menschen über 60 Jahre infiziert, in der letzten Woche 800.
Und ein letztes Schlaglicht: Die Verdoppelungsrate bei den Infektionen betrug im Sommer weit über 30 Tage. Heute verdoppeln sich alle sieben Tage die Infektionszahlen.
Damit steht Niedersachsen vergleichsweise noch relativ gut da - etwa ein Drittel besser als der Bundesdurchschnitt. Und innerhalb Europas steht wiederum die Bundesrepublik gut da. Viele unsere Nachbarstaaten befinden sich in noch viel größeren Problemen. Aber was hilft das?
Mit einem Inzidenzwert von fast 80 - so jedenfalls der heutige Stand - sind wir ebenfalls Teil dieser Infektionsdynamik. Der Blick auf andere Länder und Staaten gibt höchstens Grund und Anlass, uns noch mehr anzustrengen, es nicht so weit kommen zu lassen wie dort.
Reden wir nicht darum herum: Gelingt es uns nicht, die Infektionsdynamik zu brechen, drohen uns genau dieselben Verhältnisse, wie wir sie eben gerade Tag für Tag in anderen europäischen Ländern sehen.
Wir reden über Leben und Gesundheit unzähliger Bürgerinnen und Bürger - nicht weniger, sondern vieler Tausend! Wir reden über die Perspektiven für unsere Wirtschaft. Es gibt kein einziges Beispiel dafür, dass sich eine Wirtschaft inmitten explodierender Infektionszahlen erholen kann, ganz im Gegenteil. Wir reden auch über den Schutz von Freiheitsrechten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gelingt es uns nicht, die Infektionen in den Griff zu kriegen, drohen doch noch viel härtere Maßnahmen als diejenigen, über die ich Ihnen heute zu berichten habe.
Das ist der Hintergrund, vor dem vorgestern eine weitere Beratung zwischen der Bundeskanzlerin, dem Bundeskabinett und den Regierungschefinnen und -chefs der 16 Länder stattgefunden hat.
Wenn Ihnen meine bisherigen Ausführungen allzu dramatisch erscheinen, kann ich Ihnen versichern: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Runde sind alarmiert und blicken voller Sorge auf die Entwicklung der nächsten Wochen.
Wir stehen inmitten der größten politischen Herausforderung, die unsere Generation bislang zu bewältigen hatte. Wir haben eine Verantwortung dafür, das Leben und die Gesundheit unzähliger Mitbürgerinnen und Mitbürger zu schützen. Wir stehen in der Verantwortung dafür, unabsehbaren Schaden von unserer Gesellschaft abzuwenden. Und wir müssen ein Beispiel setzen für Bürgerinnen und Bürger, ein Beispiel an Geschlossenheit und Entschlossenheit, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Politik war vielleicht in den letzten Jahrzehnten noch nie so stark gefordert wie jetzt. Ich fordere uns alle miteinander auf: Werden wir auch ganz persönlich dieser Verantwortung gerecht!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht jetzt darum, die Infektionswelle schnell und konsequent zu brechen und gravierende zusätzliche Schäden zu vermeiden. Wenn Sie diese Auffassung mit mir teilen, dann müssen wir uns um einen Schwerpunkt besonders kümmern, der von höchster praktischer Bedeutung ist.
Auf welchem Wege erfolgen Infektionen? Ganz allgemein formuliert: durch Kontakte. Also müssen wir in den nächsten Wochen alle - ich meine wirklich alle - unsere Kontakte reduzieren.
Wo genau sollen wir dafür ansetzen? Die ehrliche Antwort lautet: Nach allen Erfahrungen findet ein Löwenanteil von Infektionen im privaten Bereich statt - aber wir wissen nicht, wo genau.
Das ist eine entscheidende Aussage. Leider können wir eben nicht den einen oder den anderen Bereich herausnehmen, weil von dort ein großer Teil der Infektionen stammt. Dafür ist die persönliche Lebensführung von uns allen schlichtweg zu vielfältig. Es fehlt in dieser Hinsicht an einer konkreten Datenbasis. In etwa 75 bis 80 % der Fälle lässt sich leider im Nachhinein nicht mehr klären, wo und unter welchen Bedingungen genau die Infektion erfolgt ist.
Deswegen müssen wir den gesamten Bereich der persönlichen Lebensführung in den Mittelpunkt unserer Bemühungen stellen. Und deswegen haben wir uns auf die weitreichende Schließung von Einrichtungen verständigt, die ja gerade Menschen zusammenführen sollen: Gastronomiebetriebe und Kulturstätten, Hotels und Sportanlagen, Dienstleistungsbetriebe und Veranstaltungsstätten.
Wir sind wirklich davon überzeugt: Nur auf diesem Weg können wir die Infektionsdynamik brechen.
Wir müssen auch unsere persönlichen Kontakte reduzieren - in der Öffentlichkeit genauso wie im privaten Bereich. Auch daran führt kein Weg vorbei.
Über die Auswirkungen für die Betroffenen sind wir nicht mit leichter Hand hinweggegangen; das will ich betonen. Es liegt ja auf der Hand, dass die genannten Bereiche schon geschwächt in diese nächste Krise hineingehen. Wir sind uns der harten Konsequenzen für die Betroffenen sehr wohl bewusst. Es tut uns leid, aber sie sind in der aktuellen Lage leider zwingend geboten.
Vor diesem Hintergrund hat der Bund eine außerordentliche Wirtschaftshilfe zugesagt, die noch einmal deutlich über die bisherigen Programme hinausgeht. Für diejenigen, die von der Schließung erfasst sind, wird 75 % des entsprechenden Umsatzes aus dem Vorjahresmonat gewährt. Wenn also im November 2019 der Umsatz 100 000 Euro betrug, beträgt die Erstattung im November 2020 75 000 Euro.
Das gilt für Unternehmen bis 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; bei größeren Unternehmen findet eine differenzierte Ermittlung statt, weil EU-Vorschriften zu berücksichtigen sind. Nach den uns er
teilten Auskünften ist allerdings auch in diesen Fällen kein wesentlich reduzierter Entschädigungsbetrag zu erwarten.
Es gibt ein Detail, das ich inmitten all dieser schlechten Nachrichten als gute Nachricht empfinde: Von der genannten Wirtschaftshilfe profitieren auch und gerade die Soloselbstständigen, also z. B. Künstlerinnen und Künstler, die nun einmal keine laufenden Betriebskosten haben. Darauf soll es nicht ankommen; auch das ist Teil unserer Vereinbarungen. Ich freue mich sehr für die Betroffenen, die ja, weiß Gott, schon harte Zeiten hinter sich haben.
Ja, wir haben uns zu harten Einschnitten im Bereich der privaten Lebensführung entschieden. Wir sahen uns dazu gezwungen. Aber wir wollen das Bildungswesen so gut wie möglich unberührt lassen. Wir wollen Einschnitte in den Kindertagesstätten und Schulen nach aller Möglichkeit vermeiden - um der Kinder willen, aber auch um der Familien willen, liebe Kolleginnen und Kollegen.