Sehr geehrter Herr Emden, wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie gerade den geschichtlichen Abriss mitbekommen.
2000 bis 2007: Der NSU ermordet 9 Migranten und eine Polizistin, verübt 43 Mordversuche, 3 Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Verdächtigt wurden zunächst die Familien der Opfer. Erst 2011 erfuhr die Öffentlichkeit von den gezielten Tötungen.
2013: Der SPD-Politiker Karamba Diaby wird wegen seiner Hautfarbe massiv bedroht und beleidigt, bevor er in den Bundestag einziehen kann.
2020: In der hessischen Stadt Hanau erschießt ein Mann neun Menschen. Der Generalbundesanwalt sieht gravierende Indizien für einen rassistischen Hintergrund.
2020: Der VW-Konzern bewirbt mit einem Video den neuen Golf und ruft das Video wegen seiner grenzwertigen und komplett rassistischen Wirkung sofort wieder zurück.
Dagegen stehen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landesaufnahmebehörden, die ein soziales Miteinander mit Menschen aus verschiedenen Ländern gestalten, Polizistinnen und Polizisten, die sich gegen Rassismus stemmen, z. B. die Autobahnpolizisten, die einen Frankfurter Oberkommissar anzeigen, der einen Mann als „Niggersau“ und „Tier“ bezeichnet, die IG Metall, die mit Aktionen dazu auffordert, gegen Rassismus und Stammtischparolen aufzustehen, zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich ehrenamtlich für ein gerechtes Miteinander engagieren, und die katholische Kirche in Krefeld, die die Verbreitung eines Malbuchs verhindert.
Gegen Rassismus wenden sich auch viele internationale Partnerschaftsprojekte, in denen wir uns auf fremde Kulturen einlassen und sie verstehen lernen.
Gegen Rassismus wendet sich, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrte Kabinettsmitglieder, die Steuerungsgruppe aus Ministerien, dem Praxisbeirat aus 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Stadt Hannover. Sie alle haben unter dem Slogan „Wir sind Niedersachsen - Für Vielfalt, gegen Rassismus“ ein Aktionsprogramm gegen Rassismus unterstützt. Dieser Aktionsplan sollte von allen Ministerien unterstützt werden und für demokratiestärkende Maßnahmen im Rahmen eines Fünfjahresplans sorgen. Das Vorhaben wird in organisatorischer Hinsicht mit der Maßgabe unterstützt - Zitat Staatskanzlei -, dass die Stabsstelle nicht bei der Staatskanzlei, sondern beim MJ angesiedelt wird.
Die vierte Säule in Ihrem 8,4 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt beschreibt gesellschaftliche Bereiche und Vorsorgemittel. Sie weisen ihr 700 Millionen Euro zu. Das Finanzministerium sieht aktuell aber kein Geld, um in diesen Aktionsplan zu investieren.
Zum Schluss ein Zitat aus der Steuerungsgruppe: Wir müssen den strukturellen Rassismus angehen, um Menschen, die betroffen sind, ein Signal zu geben, dass sie zu Niedersachsen gehören.
In diesem Sinne bitte ich dringend darum, dass Sie noch einmal in sich gehen und gucken, welche Nachbesserungen möglich sind.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz und auch in Artikel 3 Abs. 3 unserer Landesverfassung heißt es gegenwärtig verkürzt: Niemand darf wegen seiner Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden. Damit soll Rassismus bekämpft und rassistische Diskriminierung ausgeschlossen werden.
Meine Damen und Herren, es ist sicherlich bei allen anerkannt, dass das Konzept der Rasse, also der Einteilung von Menschen in Rassen, völlig überholt ist. Es stammt schlicht und ergreifend aus einer völlig anderen Zeit. Deshalb meinen wir, dass dies auch in unserem Grundgesetz und in unserer Niedersächsischen Verfassung abgebildet werden muss. Der Begriff der Rasse gehört dort gestrichen.
In der letzten Legislaturperiode wurde das von uns entsprechend beantragt. In der jetzt laufenden Legislaturperiode haben die Grünen das getan. Ich frage mich, warum wir in diesem Landtag an dieser Stelle nicht einfach mal weiterkommen, meine Damen und Herren.
Neben der Verfassungslage ist es jedoch unser aller Aufgabe, auch den täglichen Rassismus zu bekämpfen. Die entsprechende gesellschaftliche Diskussion ist durch die Vorkommnisse in den USA wieder in den Vordergrund gerückt. Hinzu kommen äußerst absurde Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit den Corona-bedingten Maßnahmen auf Demonstrationen und auch im Internet. Auch hier zeigen sich deutliche rassisti
Zudem zeigen sich in Deutschland und auch in Niedersachsen ganz aktuell rechtsterroristische Aktivitäten. Dem muss mit Aufklärung durch die demokratischen Kräfte, aber letztendlich auch durch ein konsequentes Vorgehen der Sicherheitsbehörden begegnet werden. Die Sicherheitsbehörden - an vorderster Stelle die Polizei - brauchen dabei auch die Unterstützung der Politik.
Meine Damen und Herren, insoweit ist es äußerst bedauerlich, wenn die Bundesvorsitzende der SPD der Polizei pauschal unterstellt, rassistisch zu sein. Das ist die Polizei - gerade in Niedersachsen - nicht, meine Damen und Herren.
Solche pauschalen Unterstellungen, nur um sich irgendwie persönlich zu profilieren, schaden dem Kampf gegen den Rechtsextremismus. Es hätte sich gehört, dass sich die Dame spätestens bei dem Besuch der Polizeiakademie in Nienburg bei unseren Polizisten entschuldigt.
Meine Damen und Herren, es verbietet sich auch jeder Vergleich unserer Polizei mit der in den USA. Dort werden oft ehemalige Soldaten in gerade mal durchschnittlich 19 Wochen zu Polizisten ausgebildet. Unsere Polizisten haben ein dreijähriges Bachelorstudium hinter sich. Das ist eine völlig andere Qualifikation, meine Damen und Herren.
Neben einer Stärkung der Polizei wäre es auch sinnvoll, wenn die Landesregierung ein Konzept für einen Aktionsplan gegen Rassismus vorlegen würde. Ich habe der Presse entnommen, dass ein solches Konzept zurzeit erarbeitet wird, und ich habe dies bereits mit einer Anfrage erfragt. Offensichtlich ist man sich aber innerhalb der Landesregierung an dieser Stelle noch nicht einig. Das sollte man zügig erreichen, meine Damen und Herren; denn die Bekämpfung des Rassismus verträgt keine kleinteiligen politischen Streitereien unter demokratischen Kräften.
Bevor wir fortfahren, nehmen wir einen Wechsel der Sitzungsleitung vor. Ich bitte Sie um etwas Geduld.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Black lives matter“ - das ist ohne Frage richtig.
Am 25. Mai 2020 kam der Afroamerikaner George Floyd bei seiner Festnahme in den USA, der er sich körperlich widersetzte, ums Leben. Die genauen Umstände, die zu seinem Tod führten, sind aktuell Gegenstand einer Untersuchung des verhaftenden Beamten.
Aber noch bevor diese Untersuchung abgeschlossen ist, stand für viele Menschen fest, dass dieser Polizist aus rein rassistischen Motiven heraus George Floyd getötet hat.
Infolgedessen kam es in 75 Städten in den USA zu gewaltsamen Demonstrationen, in vielen Städten zu Verwüstungen und auch zu Toten. So erschossen Plünderer den pensionierten Polizeichef David Dorn, der 38 Jahre in der Polizei gedient hatte. Dorn war ebenfalls Afroamerikaner, er hinterließ eine Witwe, fünf Kinder und zehn Enkelkinder. Es gab keine Proteste wegen seiner Ermordung.
Meine Damen und Herren, ich erzähle Ihnen das, um zu zeigen, dass die Gewaltdimension in den USA eine andere ist als hier in Deutschland. Gott sei Dank! Es ist in den USA kinderleicht, in den Besitz einer Waffe zu kommen, und die Polizisten wissen, dass 83 % der ihnen gegenüberstehenden Straftäter bewaffnet sind.
Diese Beamten gehen also jeden Tag bewusst das Risiko ein, erschossen zu werden, und vor diesem Hintergrund ist die manchmal übertriebene Gewalt, die wir von hier aus sehen, sicherlich nicht nur mit Rassismus zu erklären.