Susanne Menge

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Last Statements

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Corona-Pandemie trifft die Kommunen - es ist heute häufig gesagt worden - finanziell hart. Zwar gibt es aktuelle Programme zur Teilerstattung der Steuereinnahme-Ausfälle, aber damit das Land und insbesondere unsere Kommunen handlungsfähig bleiben, brauchen wir dafür eine - Ihre Worte - stabilisierende Grundlage in unseren Kommunen.
Die Bundesregierung hat ein Klimakonzept verabschiedet, aus dem ich die zentralen Zieldaten an die Kommunen herausgreife.
Erstens. Der Flächenverbrauch sollte in diesem Jahr auf 30 ha pro Tag beschränkt werden. 2050 soll für Siedlungs- und Verkehrsflächen überhaupt keine Fläche mehr verbraucht werden. Man könnte sarkastisch fragen: Wovon denn auch? Denn wir verbrauchen in diesem Jahr 2020 nicht 30 ha, sondern 50 ha pro Tag. Aktuell rentiert sich also der Verkauf von Fläche als Bauland. Sie rentiert sich aber nicht als unberührte Naturfläche.
Welche Anreize geben wir also Kommunen mit diesem Haushalt, ihren Flächenverbrauch zu reduzieren? Gar keine. Denn es bekommt auch die Kommune Mittel für Investitionen, die rundherum Gewerbegebiete ausweist - z. B. für immer größere
Online-Lagerhallen. Dass sie damit einen Großteil der zusätzlichen Lkw-Verkehre und das Aussterben innerstädtischen Gewerbes befördert, wird quasi belohnt. Ein Kurort, der Naturfläche schützt, ist da entschieden im Nachteil. Unsere Kleine Anfrage dazu hat bestätigt, dass der Landesregierung dieses Problem zwar bekannt ist. Die Notwendigkeit, hier zu handeln, wird aber nicht gesehen.
Zweitens. Emissionen sollen 2030 um 40 % bis 42 % gesenkt werden. Das 2020er-Ziel lag bei minus 34 %. Verkehr und Landwirtschaft reißen dieses Ziel gerade rigoros bei nur minus 0,2 %. Was bieten wir also Kommunen, wenn sie sich an die Veränderung der Mobilität und ihrer Landwirtschaft machen? Bezüglich ihrer Mobilität scheitern sie schon an eigenen Konzepten, weil Landes- und Bundesstraßen nach Straßenverkehrsordnung
z. B. ganz andere Maßstäbe setzen. Bezüglich ihrer Landwirtschaft haben sie eventuell eine Chance, weil sich regionale Produkte und Bioprodukte immer besser verkaufen lassen. Was aber tun, wenn im Ort kaum noch jemand wohnen will und Nahversorgung, Arztbesuche, Sportvereine oder Kitas Mangelware sind?
Welche Landwirtin oder welcher Landwirt baut einen Stand dort auf, wo kaum noch jemand wohnt und wo man mit dem Supermarkt im nächsten Ort sowieso nicht konkurrieren kann? Modellkommunen, die übrigens auch gemeinsam versuchen, all das zu entwickeln, wären ein wichtiges Angebot gewesen. - Fehlanzeige.
Wir gefährden die politische Handlungsfähigkeit unserer Kommunen, die ihre Infrastruktur und das Gemeinwesen in diesen Tagen selbst haushaltspolitisch diskutieren. Die Gewerkschaften haben gerade ihre Forderungen, die für unsere Kommunen essenziell sind, benannt: Investitionen, öffentlicher Dienst, Wertschätzung und Zusammenhalt.
Gucken wir uns die Vereine und den Sport an! Der finanzielle Druck führt dazu, dass viele freiwillige Angebote gekürzt werden müssen. Vereinszuschüsse werden reduziert, es fehlen die Mittel für nicht organisierten Sport. Schwimmbäder und Kinderbüchereien werden geschlossen, und viele weitere Bereiche sind von Einschnitten betroffen, die die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten zusammen mit den Räten in den Kommunen demnächst auf den Weg werden bringen müssen.
Digitalisierung: Alle Kommunen, die von der Kommunalprüfung zu ihrem IT-Managementsystem befragt wurden, waren von Cyber-Attacken betroffen. Gerade kleinere Kommunen sind hier im
Nachteil und können die Chancen der Digitalisierung überhaupt nicht nutzen. Datenschutz ist ein hohes Gut, und er schützt auch unseren Rechtsstaat. Auch wenn die niedersächsische Datenschutzbehörde die Beratungs- und Kontrolltätigkeit für Kommunen durch besondere Angebote gestärkt hat, steigt die Zahl der Anfragen an das Landesamt und damit auch der Personalbedarf. Für die IT-Begleitung und datenschutzrechtliche Prüfungen von Unternehmen und Kommunen fordern wir daher weitere Stellen.
Migration: Im migrationspolitischen Teil des Haushaltsplanentwurfes wird auch dieses Jahr wieder die Ignoranz der Großen Koalition gegenüber dem weiterhin großen Bedarf an Integrationsleistungen offenbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, es ist doch mitnichten so, dass wir und die Kommunen angesichts sinkender Zuwanderungszahlen weniger Integrationsleistungen
bräuchten. Integration ist eine langfristige Aufgabe. Die deutsche Sprache lernt man nicht in ein oder zwei Jahren, auch Teilhabe an unserem gesellschaftlichen und politischen System nicht. Selbst die Aufnahmegesellschaft lernt nicht im Handumdrehen, mit gesellschaftlicher Vielfalt umzugehen. Bei ihr sind schnell antidemokratische und fremdenfeindliche Tendenzen zu erkennen, sobald die Situation fordernder wird. Das können wir ganz unabhängig vom Migrationspaket an der CoronaSituation beobachten.
Wir fordern deshalb, die Kürzung der Mittel für die Förderung der Teilhabe zugewanderter Menschen und der Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt zurückzunehmen.
Hier geht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, der gerade in diesen Zeiten so wichtig ist. Machen Sie nicht den Fehler, ihn aufs Spiel zu setzen, um ein paar Hunderttausend Euro zu sparen, wo an anderer Stelle mit Milliarden nicht gegeizt wird.
Beim Sonderfonds zur Unterstützung und Förderung des lebenslangen Lernens wird im Haushaltsplanentwurf ebenfalls seit Jahren gekürzt. Die Landesregierung ignoriert auch in diesem Jahr wieder die Lage und versucht, sie zu beschönigen. Dass hier Mittel deutlich angehoben werden müs
sen, um dem Bedarf in Höhe von 30 Millionen Euro gerecht zu werden, ist uns allen klar.
Ebenso sind weiterhin Mittel für die Fortsetzung der Förderung bürgerschaftlichen Engagements in der Flüchtlingshilfe erforderlich. Wir können doch allesamt froh sein, dass sich Menschen in den Kommunen hier so stark engagieren.
Sie engagieren sich übrigens auch in der Kommission für Migration und Teilhabe. Seit einem Jahr arbeitet diese Kommission des Landes intensiv an der Auseinandersetzung mit Rassismus. Der Aktionsplan gegen Rassismus ist ein großartiges und längst überfälliges Angebot an uns alle. Einstimmigkeit in der Kommission über den Aktionsplan - Sie alle haben ihn mitgetragen. Breite und zustimmende Unterstützung der Fraktionen. Und was passiert? Sie beteuern zwar einmütig, dass Sie den Aktionsplan total wichtig und notwendig finden, aber die Mittel in Höhe von knapp 1 Million Euro haben Sie im Haushalt nicht veranschlagt.
Im Rahmen der Studie zu Polizeiarbeit und Rechtsextremismus soll untersucht werden, wie sich der Alltag der Polizei auf das Verhalten und die Einstellung der Polizeibeamtinnen und -beamten auswirken kann. Auch unser Innenminister wirbt für eine Polizeistudie, die auch Extremismus in den Fokus nimmt. Wir greifen die Initiative der SPD-Landtagsfraktion auf und unterstützen im Haushalt 2021 das Programm „Polizeischutz für die Demokratie“ zur Stärkung einer offenen und dialogorientierten Bürgerpolizei mit weiteren Haushaltsmitteln.
Zielführender ist es, wenn wir dabei darauf achten, dass Rassismus und Rechtsradikalismus auseinandergehalten werden sollten. Ich wiederhole mich: Rassismus betrifft uns alle.
Katastrophenschutz: Wir sehen einen Zuschussbedarf für Investitionen an die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen in Höhe von rund 4,3 Millionen Euro. Dieser Betrag ist dringend erforderlich für die Erfüllung des landeseinheitlichen Konzeptes für die Anschaffung von Spezialfahrzeugen und des hier bestehenden Nachholbedarfs. Der Landesbeirat Katastrophenschutz
hat bereits 2018 einen jährlichen Betrag von 6 Millionen Euro hierfür eingefordert.
Ich möchte eine grundsätzliche Kritik an unseren Haushaltsplänen - und ich schließe mich ausdrücklich ein - üben, weil wir uns in einem Paradigmenwechsel befinden. So, wie wir es machen, können sie für die nächsten zehn Jahre nicht mehr die Grundlage sein.
So, wie wir diese Haushalte gestalten und verabschieden, gehorchen wir einem nach meiner Ansicht völlig veralteten Prinzip, das fein trennt in Sektoren und den Geldbedarf pro Sektor errechnet. Wir gucken nämlich nicht, was interdisziplinäres Zusammenarbeiten bedeutet, welche Zusammenhänge und Chancen eigentlich notwendig sind und wie wir das sektorübergreifend bewerten müssen.
Wir wissen, dass sich die Welt verändert und mit ihr die Produktion, der Handel, die Arbeit, die Arbeitsplätze usw. Die uns nachfolgende Generation wird herausgefordert sein, unsere Hinterlassenschaften - und dazu zähle ich auch festgefahrene Systeme und Strukturen - zu bewältigen, und zwar so, dass es eine Chance gibt, ein Weiterleben mit dem Klimawandel zu gestalten.
Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Danke. - Herr Präsident! Werte Frau Ministerin, wie begründen Sie die pauschale dreiwöchige Quarantänemaßnahme in der Landesaufnahmeeinrichtung in Celle - immerhin sind 161 Menschen, darunter Kinder und Jugendliche, betroffen - vor dem Hintergrund Ihres gerade erläuterten Konzeptes?
Vor dem Hintergrund der Pandemie frage ich den Innenminister, ob sich das Land Niedersachsen an den Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligen wird.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Unsere Gesellschaft ist von Pluralität und immer mehr von einem breiten zivilgesellschaftlichen politischen Engagement geprägt. Viele kluge Menschen bringen sich vernünftig in Prozesse der Willensbildung und Entscheidungsfindung ein. Sie bereichern die vielfältigen kommunalpolitischen Diskussionen. Wir alle wollen auf diese Expertise auch gar nicht mehr verzichten und haben deshalb Formen direktdemokratischer Beteiligung in die Gesetze aufgenommen.
Der bundesweit aktive Verein Mehr Demokratie e. V. gibt regelmäßig Berichte über Stand und Entwicklung der Instrumente direkter Demokratie wie Bürgerbegehren und -entscheide sowie Volksbegehren und -entscheide heraus. Laut seinem erst kürzlich zusammen mit dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal und der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Philipps-Universität Marburg veröffentlichten „Bericht Bürgerbegehren 2020“ gab es in Niedersachsen von 1956 bis 2019 lediglich 376 Bürgerbegehren und 114 Bürgerentscheide. Bundesweit gab es im gleichen Zeitraum 6 737 Bürgerbegehren und 4 107 Bürgerentscheide.
In der Regel kann man niedersächsische Zahlen mit zehn multiplizieren, um den entsprechenden bundesweiten Wert zu erhalten. Davon sind die niedersächsischen Zahlen in diesem Fall allerdings weit entfernt. In Bayern, dem Land mit dem höchsten Anteil, fanden 2 574 Bürgerbegehren und 1 963 Bürgerentscheide statt. Das entspricht fast dem 7-fachen bzw. bei den Bürgerentscheiden dem 17-fachen der hiesigen Zahlen.
Dazu passt, dass 42 % der niedersächsischen Bürgerbegehren unzulässig waren. Dieser Prozentsatz ist der bundesweit dritthöchste. Den niedrigsten Anteil an unzulässigen Bürgerbegehren hat konsequenterweise Bayern mit 17,5 %. Sechs Bundesländer verzeichnen Werte von mehr als 40 %. Die Verfasserinnen und Verfasser des Berichts führen den niedrigen Anteil und damit die Unzulässigkeit von Bürgerbegehren auf die zu strikten gesetzlichen Regelungen zurück. Diese
Schlussfolgerung, geehrte Damen und Herren, muss uns allen zu denken geben.
Wir legen deshalb unseren Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes vor, mit dem wir an den neuralgischen Punkten ansetzen. Wir wollen die niedersächsischen Regelungen im Interesse der Förderung der direkten Demokratie, die die Menschen zum Mitdenken, Mitentscheiden und Mithandeln motiviert, an die Standards derjenigen Bundesländer mit einem höheren Anteil auf kommunaler Ebene angleichen. Denn wenn Entscheidungen verstanden und mitgetroffen werden, dann werden sie auch mitgetragen, und das Gemeinwohl gewinnt.
Damit stellen wir uns dem Gefühl des Abgekoppeltseins und der Politikverdrossenheit entgegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwar wurde die gesetzliche Grundlage für Bürgerbegehren und -entscheide im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz immer wieder - zuletzt 2016 - jeweils in geringem Ausmaß verändert, doch waren diese Schritte unserer Meinung nach zu zaghaft, um eine deutliche Wirkung entfalten zu können.
Die Reformschritte in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Thüringen und Schleswig-Holstein waren deutlich größer.
Mit unserem Gesetzentwurf soll zunächst ein Erfordernis beim Einwohnerantrag gestrichen werden, das beim Bürgerbegehren bereits abgeschafft wurde. Der zusammen mit dem Einwohnerantrag vorzulegende Kostendeckungsvorschlag ist beim Einwohnerantrag ebenso verfehlt und wird von uns als unnötige Hürde angesehen.
Im Wesentlichen befasst sich unser Gesetzentwurf jedoch mit den Regelungen zum Bürgerbegehren und zum Bürgerentscheid. Hier haben wir zahlreiche Ansatzpunkte identifiziert, die wir angehen, um die Anforderungen an die Zulässigkeit solcher Verfahren zu senken, das Verfahren transparenter und für die häufig beteiligten Laien viel verständlicher zu gestalten.
So wollen wir den sogenannten Ratsentscheid einführen, sodass die kommunale Vertretung - also der Rat bzw. der Kreistag oder die Regionsversammlung - selber einen Bürgerentscheid beschließen kann. Das ermöglicht der Vertretung, Konkurrenzvorlagen mit zur Abstimmung zu stel
len, falls es zu einem Bürgerentscheid kommt. Dies bietet sich für alle Fälle an, in denen die Vertretung eine wichtige bzw. kontrovers gebliebene Frage nur unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger verbindlich beantworten möchte.
Auch neue, bisher ausdrücklich ausgeschlossene Themenkreise wollen wir der direkten Demokratie erschließen. Es erschließt sich uns beispielsweise nicht, warum privatrechtlich organisierte, aber faktisch durch die Kommune kontrollierte Einrichtungen nicht direktdemokratischen Entscheidungen zugänglich sein sollen.
Wenn sie von der Kommune kontrolliert werden, sollen die Bürgerinnen und Bürger auch über sie mitentscheiden dürfen.
Schließlich wollen wir auch zusätzliche politische Ebenen wie die Ortschaften und Stadtbezirke für Bürgerbegehren und -entscheide erschließen und - ganz wichtig - Fairness, Neutralität der Verwaltung sowie den Datenschutz zugunsten der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Bürgerbegehren voranbringen.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum NKomVG befasst sich zwar mit einigen in unserem Gesetzentwurf enthaltenen Punkten, schlägt aber leider nur teilweise eine ähnliche Richtung ein. Ich hoffe, dass die direkte Demokratie letztlich als wichtiger und bereichernder Teil der repräsentativen Demokratie als Gewinnerin aus dem Gesetzgebungsverfahren hervorgehen wird.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es uns mit diesem Antrag?
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zuallererst möchte ich festhalten, dass weite Teile der Polizei dieses Landes ihre Arbeit sehr gut machen und sehr engagiert sind.
Ein kleiner Teil meiner Fraktion hat am Montag die Polizeiakademie in Nienburg besucht. Die Anforderungen an die Ausbildung unserer Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten sind hoch: Kriminal-, Rechts- und Sozialwissenschaften gehören ebenso zur Ausbildung wie die Stärkung der Demokratiekompetenz und ein differenziertes Kulturverständnis, um nur zwei Ausbildungsschwerpunkte herauszugreifen. Im Rahmen des Programms „Polizeischutz für Demokratie“ können sich Freiwillige als Strategiepatinnen und -paten für Demokratie qualifizieren.
Wozu dennoch eine Studie? - Die Polizei bildet genau wie alle Institutionen dieses Landes den Querschnitt unserer Gesellschaft ab. Innerhalb dieser Gesellschaft haben wir ein wachsendes Problem mit Rechtsextremismus. Zitat eines Polizeibeamten: Die Polizei macht Fehler. Sie soll Fehler auch machen dürfen, sie darf sie nur nicht vertuschen und kleinreden.
Menschenfeindliche Ausfälle, gelebter Rassismus, der in Polizeigewalt mündet, darf es nie mehr geben. Das gesamte Ausmaß des rechten Polizeinetzwerks in Nordrhein-Westfalen ist bis heute nicht bekannt - damit auch keine Verbindungen in Nachbarländer, z. B. in unseres.
Weder Schulen, Krankenhäuser noch Parlamente sind davor gefeit, innerhalb ihrer Reihen Menschen zu haben, die sich offen gegen diesen Rechtsstaat und unsere Demokratie stellen. Diesen Institutionen sind übrigens Inspektionen, Strukturanalysen und Reformen keinesfalls fremd. Rechtsextremismus bei der Polizei, einer schützenden Instanz, verehrte Damen und Herren, ist allerdings ein ganz besonderes Problem.
Alle hier im Hause dürften daher zumindest vermuten, dass sich trotz der hervorragenden Ausbildungsarbeit in Niedersachsen auch in unserer Polizei rechte Überzeugungen finden. Dies bestätigt die Antwort des Innenministeriums vom 9. September 2019 auf die Kleine Anfrage meiner Fraktion, und das bestätigt außerdem der Auftritt eines niedersächsischen Kriminaloberkommissars auf der Querdenkerdemo in Dortmund.
Es mag ein verschwindend geringer Teil sein, den ich nenne. Aber weder Sie noch ich noch der Innenminister des Bundes oder die der Länder haben fundierte Erkenntnisse darüber, welche rechten Ecken es innerhalb der Polizei gibt. NordrheinWestfalen, Hessen und Berlin - das waren doch alles Zufallsfunde, verehrte Damen und Herren! Per Zufall auf rechtsextreme Überzeugungen zu stoßen, darf aber nicht Prinzip und Hoffnung der Demokratiefestigkeit in den Reihen unserer Sicherheitskräfte sein.
Aus Nienburg haben wir auch mitgenommen, dass in der Vergangenheit zu wenig Wert auf politische Bildung gelegt wurde. Wir haben mitgenommen, dass alle Fortbildungen, beispielsweise zu Antirassismus und Menschenrechten, freiwillig sind. Sie finden im Übrigen nach der Ausbildung statt. Wer geht dann dorthin, verehrte Damen und Herren? -
Genau diejenigen, die sich ohnehin kritisch mit dem Thema auseinandersetzen.
Eine Analyse über den Rechtsextremismus zeichnet ein umfassendes Bild über Ereignisse, Ursachen und Konsequenzen - und das geht nur gemeinsam mit der Polizei, verehrte Damen und Herren.
Wir fordern aus ganz eindeutigen Gründen daher auch keine Rassismusstudie. Demokratiefestigkeit und Rassismus sollten wir in diesem Zusammenhang voneinander trennen. Es ist sicherlich so, dass rechtsextreme Menschen gleichzeitig nationalistisch und rassistisch sind. Aber nicht jede Demokratin und nicht jeder Demokrat ist per se antirassistisch. Ich kann betonen, auf dem Boden des Rechtsstaates zu stehen, Toleranz und Respekt gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zu üben und keine Vorurteile zu haben, ertappe mich dennoch dabei, eine Schublade zu öffnen, wie wir alle sie immer wieder öffnen.
Ein praxisbegleitendes Studium ist eine wichtige Unterstützung, um nicht als junger Mensch heftig von der Realität des oftmals stark belastenden Arbeitsalltags erfasst zu werden. Stellen wir uns einfach mal vor, dass jemand seinen Schichtdienst immer in demselben Problembezirk schiebt, provoziert wird, als Beamtin sexistisch angepöbelt wird, sich von jungen Menschen dumme Sprüche anhören muss und dann endlich einen Straftäter hinter Gitter bringt, der wenige Stunden später wieder freigelassen wird, und die gleiche Chose - entschuldigen Sie den lapidaren Ausdruck - geht von vorne los. Das frustriert sicherlich manchen und manche.
Demokratiefeindlichkeit hat verschiedene Ursachen. Gerade deshalb brauchen wir eine unabhängige wissenschaftliche Studie über Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit in der Polizei. Die Polizeiakademie und unser Innenminister unterstützen uns in diesem Punkt. Niedersachsen sollte für diese Studie Vorreiter sein und in Ermangelung eines starken Parts im Bundesinnenministerium eine gemeinsame Abstimmung zugunsten einer Studie unter den Bundesländern erwirken.
Bei Einstellung in den Polizeidienst gibt es seit März nicht nur die Regelüberprüfung beim Verfassungsschutz, sondern außerdem die Abfrage nach persönlichen Einstellungen und Haltungen in den jeweiligen regionalen Dienststellen. Jeder Verdachtspunkt werde ausführlich untersucht und
auch disziplinarisch verfolgt, wird betont, womit unserer Forderung unter Punkt 3 bereits weitgehend entsprochen worden ist.
Eine Studie kann aufzeigen, welche Maßnahmen und Ansätze zur Prävention rechtsextremistischer Tendenzen direkt in den Dienststellen und in der Ausbildung zu implementieren sind, welche Maßnahmen bereits greifen und verstärkt werden müssen.
Die Stärkung politischer und demokratischer Bildung bei Aus- und Weiterbildung aller niedersächsischen Beamtinnen und Beamten ist erklärte Aufgabe, die uns in der Akademie in Nienburg ausführlich vorgestellt wurde. Der Anspruch an demokratische Kompetenzen sind darüber hinaus aber auch soziale Kompetenzen: selbstreflektiert sein, teamfähig, partnerschaftlich, offen, man sollte Vertrauen haben, den Mut zum Widerspruch besitzen, zur Kritik und zur konstruktiven Auseinandersetzung. Das ist übrigens ein Anspruch an uns alle - auch im Hause, wie ich meine.
„Wissenschaftliche Studie“ heißt, Strukturen zu beleuchten, und „eine Fehlerkultur zulassen“ heißt, die Chance für mehr Stärke und für die Umkehr von Schwäche in Stärke zu eröffnen. Nur so werden wir besser. Ich beziehe die Legislative und Judikative ausdrücklich in diese formulierten Ansprüche mit ein.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Schünemann, es geht darum, die strukturellen Rahmenbedingungen zu verbessern. Sie haben eingangs Ihrer Rede gesagt, was Sie darunter verstehen. Aus meiner Sicht muss man den Begriff der Struktur aber noch weiter fassen.
Ein Beispiel ist das Bewertungssystem. Ich vermute - ich war nämlich einmal mit einem Polizisten verheiratet -, dass die soziale Kompetenz im Sinne von Kritikfähigkeit und Widerspruchfähigkeit durch die Strukturen, die innerhalb der Polizei herrschen, eher unterdrückt denn befördert wird. Das ist aus meiner Sicht auch eine strukturelle Fragestellung, aber die haben Sie in den Fragestellungen, die Sie aufgeworfen haben, nicht berücksichtigt.
Darüber hinaus geht es um die Arbeitsweise innerhalb des Teams, es geht um Korpsgeist, und es geht um die Frage, wie man in Brennpunkten arbeiten kann, in denen diese Strukturen höchstwahrscheinlich aufbrechen und in denen die Hal
tung befördert wird, dass autoritäres Verhalten gegenüber den sozialen Kompetenzen, die wir gerade aufgelistet und gefordert haben, überwiegt.
Ich glaube, dass hier eine Analyse notwendig ist, die die gesamten Strukturen aufarbeitet und nach Lösungen sucht. Es geht hier nicht um irgendeine wissenschaftliche „Wie-wir-das-immer-mal-so
machen“-Studie, sondern es geht darum, zu analysieren, wie Demokratiefeindlichkeit entsteht.
Sie haben gesagt, bevor wir die Forderung nach disziplinarrechtlichen Konsequenzen erheben,
müssten wir die Betreffenden identifizieren und dann aus dem Dienst entlassen. Aber wohin denn, Herr Schünemann? Und worin liegen die Ursachen? Das muss eine Strukturanalyse liefern.
Danke.
Herr Bode, herzlichen Dank, dass Sie die Frage zulassen.
Glauben Sie nicht, dass es viel besser wäre, den energetischen Aufwand für die Mission Raumfahrt in den noch nicht ausgebauten ÖPNV zu investieren?
Ich frage die Landesregierung, ob die abweichenden Untersuchungsräume mit dem Landes
Raumordnungsprogramm vereinbar sind. Mit den „abweichenden Untersuchungsräumen“ meine ich die in Rede stehenden Änderungen nach Alpha-E.
Vor dem Hintergrund, dass der Bundestag den Bundesverkehrswegeplan beschlossen hat, frage ich die Landesregierung, ob bekannt ist, wann dem Bundestag diese Änderungen vorgelegt worden sind oder wann sie ihm zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der mit der Digitalisierung einhergehende Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft verändert all unsere Lebensbereiche, auch den Sport.
Sich mit E-Sport auseinanderzusetzen, bedeutet, sich von klassischen Definitionen zu verabschieden und einen ganzheitlichen Blick, so meine ich, auf die Ausbildung und die soziokulturelle Dimension des Sports zu werfen. Es ist deshalb richtig und wichtig, dass die Politik dies als gestaltende und rahmensetzende Aufgabe erkannt hat.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein legendäres Interview zitieren, das mit Ulrike Meyfarth geführt wurde. Ulrike Meyfarth wurde gefragt, was so gefährlich am Hochsprungsport sei; das Interview ist sehr alt. Sie hat daraufhin nicht erklärt, was besonders gefährlich ist, sondern nur gesagt: wie jede Sportart eben. Der Reporter erwiderte: Ach, auch wie Schach? - Dieses Beispiel macht deutlich, dass Ulrike Meyfarth in dem Moment nicht
eingefallen ist, dass man zwischen den Sportarten differenziert.
Dasselbe tun wir heute. Wir differenzieren nicht zwischen E-Sport und anderen Sportarten. Das Sporttreiben in der Gesellschaft hat sich verändert.
Mit Paradigmenwechsel meine ich: Auch im Breitensport gibt es nicht nur den institutionalisierten Sport. Viele Menschen treiben Sport als Freizeitbeschäftigung, wollen aber nicht im Verein mitarbeiten. Universitäten nehmen sich besondere sportliche Projekte vor, weil sie es als erklärte Aufgabe der Gesellschaft ansehen, mit Sport soziale Aufgaben zu lösen.
Insofern wage ich die Prognose, dass wir E-Sport nicht einfach so beim institutionalisierten Sport ansiedeln können.
E-Sport ist an Wettbewerben ausgerichtetes Spielen am Rechner, an der Konsole oder an anderen Geräten. Es gelten sogenannte allgemeine sportliche Umgangsformen. Es gelten aber demnach auch die Umgangsformen des virtuellen Spiels, ergo: einer virtuellen Welt, die den Rückzug des Individuums in die eigenen vier Wände begünstigt. Mannschaftssport wird damit ebenfalls neu definiert werden müssen.
Im Sportstudium findet keine Ausbildung in Richtung E-Sport statt. Eine ganzheitliche sozialpädagogische Sichtweise auf diese Ausbildung wäre dringend notwendig. Es wäre auch wunderbar, das endlich als ganzheitliche gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu betrachten. Dieses Beispiel zeigt: Man könnte das wunderbar miteinander verknüpfen.
Exzessives Computerspielen ist eine von der Weltgesundheitsorganisation anerkannte Erkrankung, bekannt u. a. unter Gaming Disorder.
Ich möchte hervorheben, worin sich unser Antrag von dem GroKo-Antrag unterscheidet:
Wir haben gefordert, die Kommunen einzubeziehen und zusammen mit dem Landessportbund Konzepte zu erstellen, wie E-Sport in der Jugendarbeit pädagogisch eingesetzt und infrastrukturell gefördert werden kann.
Wir haben den Landesjugendring und die Sportjugend eingebunden.
Und wir haben deutlich gemacht, dass der Breitensport nicht eine rein institutionalisierte Form des Sporttreibens ist.
Internationale Begegnungen auf Bundesebene bedeuten, dass wir die Visaregeln für E-Sportler erleichtern müssen. Wir haben betont, dass es eine Förderung der zielgruppen- und altersgerechten Medienkompetenz geben muss, damit ein souveräner Umgang mit dem E-Sport geschaffen werden kann. Eine Bundesratsinitiative wäre darüber hinaus wichtig, um den JugendmedienschutzStaatsvertrag zu reformieren und gleichermaßen das Jugendschutzgesetz zu modernisieren.
Organisierter E-Sport muss in die Pflicht genommen werden, bestehende Defizite auch bei der Geschlechtergerechtigkeit zu bekämpfen. Außerdem gehören Konzepte gegen Sexismus, Hatespeech, sexualisierte Gewalt im E-Sport dazu. Diese müssen dringend weiterentwickelt werden.
Mit dem GroKo-Antrag wird nach unserer Ansicht der richtige Weg beschritten. Aber es fehlen klare Aussagen, wie wir konzeptionell mit dem Phänomen umgehen wollen, wie wir dieses Phänomen ganzheitlich betrachten wollen und wie wir vor allen Dingen alle einbeziehen wollen, nicht nur den LSB und es ihm überlassen, wo er das Ganze ansiedelt, wie er mit E-Sportlern umgeht und welche Konzepte er entwickelt.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, das Parlament hier in Niedersachsen darf sich heute verbeugen und Danke sagen, dass diese Anstrengungen gelun
gen sind und dass wir dieses humanitäre Zeichen nach außen senden. Ich finde das jedenfalls in dieser Gemengelage und auch angesichts der Auseinandersetzung, die wir seit Monaten gewohnt sind, ein wichtiges und deutliches Zeichen. Ich bin froh, dass wir so reagiert haben.
Gleichwohl darf man nicht vergessen, dass wir in dem Moment nur über Zahlen geredet haben, als es darum ging, dass die Situation in Moria und den Lagern in Griechenland furchtbar und beschämend ist, und das seit Jahren. Wir dürfen nicht vergessen, dass Europa Griechenland diese Aufgabe zugemutet hat, als das Land wirtschaftlich am Boden lag und von anderen Ländern und deren Zuwendungen abhängig war. So einem Land diese Aufgabe zuzumuten und sich als europäisches Ausland zurückzuhalten und zu sagen: „Wir geben euch das Geld, ihr kriegt das irgendwie hin und kommt klar“, ist gescheitert. Dieses Modell hat nicht funktioniert.
Diese Aufgabe jemandem zuzumuten, der selbst wirtschaftlich am Boden ist, hat nicht funktioniert. Es hat offenbar auch nicht funktioniert - was ich sehr bedauere -, zu verhindern, dass nationalstaatliche Eitelkeiten und die Überzeugung, Geflüchtete nicht aufzunehmen, zu dieser Auseinandersetzung auf europäischer Ebene geführt haben. Deshalb ist es umso besser, dass Deutschland trotz der Auseinandersetzungen, die wir mit dem Bundesinnenministerium in dieser Frage haben, nun voranschreitet und ein Signal setzt. Das ist ein Deutlichmachen: Macht es uns nach! Viele Städte haben sich bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Es ist auch für diese Städte eine wichtige Option, dass sie nun aktiv werden und ihre lang gefassten Pläne umsetzen und diese humanitäre Hilfe leisten können. Dass Kinder mit ihren Eltern auf Bordsteinen liegen müssen, weil Europa wegschaut, solche Bilder gehen gar nicht.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vor dem Hintergrund, dass Sie und der Bundesinnenminister erklärt haben, dass Moria als Lager aufgelöst und
evakuiert werden muss, frage ich Sie, ob Sie am kommenden Freitag im Bundesrat die Initiative von Berlin und Thüringen zu eigenen Landesaufnahmeprogrammen unterstützen werden oder welche Landesprogramme bzw. welche Rechtsgrundlage Sie haben, um die Geflüchteten zu holen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir - externe Fachkräfte sowie Parlamentarier und Parlamentarierinnen - wollen gemeinsam die Verhältnisse und Gesetzesgrundlagen in Niedersachsen daraufhin überprüfen, inwieweit wir sie verändern müssen, um als Staat den größtmöglichen Schutz von Kindern gegen sexualisierte Gewalt gewährleisten zu können. Wir richten diese Enquetekommission ein, weil es im
mer wieder zu grausamen Entdeckungen kommt, in denen uns das Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Kinder vor Augen geführt wird - auch in unserem Land.
Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion für ihren Einsatz, dass diese Enquetekommission mit Ihnen, verehrte Abgeordnete, realisiert werden kann.
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2019 hat sexualisierte Gewalt gegen Kinder zugenommen. Die Dunkelziffer von Gewalt und Missbrauch sei laut BKA-Chef Münch in der Familie oder dem häuslichen Umfeld „weiterhin sehr hoch“. Misshandlungen fallen nicht auf, wenn die Kinder in pandemischen Krisen nicht mehr zur Schule, in die Kita oder zum Kinderarzt gehen. Wir alle müssen uns vergegenwärtigen, dass mehr als 4 000 Kinder im vergangenen Jahr geschlagen und misshandelt wurden. Durchschnittlich 43 Kinder sind pro Tag sexualisierter Gewalt ausgesetzt, hauptsächlich aus dem männlichen familiären Umfeld. Das ist ein Anstieg in diesem Land um 9 %. Die Zahl der Vergewaltigungsopfer ist um 20 % gestiegen, Kinderpornografiefälle um 65 %.
Bei der Zusammenstellung ist mir nicht nur aufgefallen, wie wichtig deshalb diese Enquetekommission ist, sondern mir ist ein ums andere Mal deutlich geworden, wie sensibel wir auch mit unserer Sprache umgehen müssen und welche Begriffe wir verwenden, um dieses eine furchtbare Gewaltdelikt zu bezeichnen.
Schlüsse aus Zahlen in Statistiken zu ziehen, ist ebenfalls in sehr vielen Fällen sexualisierter Gewalt schwierig. Demnach hat z. B. Nordrhein-Westfalen sehr viel mehr Fälle sexualisierter Gewalt als Schleswig-Holstein oder wir. Es ist politisch - mit hohen Zahlen - sicherlich schwer auszuhalten, wenn plötzlich deutlich mehr solcher Fälle auftauchen wie in Nordrhein-Westfalen. Aber es ist ja auch nicht so, dass in Nordrhein-Westfalen mehr von diesen Fällen passieren - dort deckt man durch intensive Fahndung eben mehr Fälle auf, zerrt sie aus dem Dunkelfeld in das sogenannte Hellfeld. Das müssten alle anderen Länder - also auch wir - tun.
Konkreter Anlass für die Enquetekommission ist der Fall des jahrelangen Martyriums eines Kindes, das mehrfach vom Vater und anderen Männern vergewaltigt wurde. Dem Vater wurde durch ein
Jugendamt die Pflegschaft für das Kind zugesprochen.
In Nordrhein-Westfalen gelten bestimmte Kriterien bei der Pflegschaft für ein Kind. Das Alter zwischen Kind und denen, denen man die Pflegschaft zuspricht, muss angemessen sein. Eine Pflegschaft erhalten z. B. nur Paare, Einzelpersonen nur in besonderen Ausnahmefällen. Hätten wir in Niedersachsen diese Kriterien gehabt, wäre das Kind niemals dem Vater anvertraut worden.
Wir haben mit dem Ermittlungsbericht eine gute Grundlage, um notwendige Arbeitsstrukturen in Jugendämtern herauszuarbeiten. Es gibt auch Bundesländer, in denen besondere Kriterien gelten, die auch uns bei der Analyse eigener Rahmenbedingungen helfen werden. Wir können auf zig hervorragende Ergebnisse aus Kommunen und Landkreisen zurückgreifen.
Aber allein die Kraft der Gesetze - also Rahmenbedingungen für präventive Arbeit, Ausbildung, Beratung, einheitliche Kriterien für Verwaltungen, vor allem Jugendämter, sowie die Überprüfung von Strafen - wird nicht ausreichen, um jedes Kind in dieser Gesellschaft vor Gewalt und sexualisierter Gewalt 100-prozentig zu schützen.
Der Staat kann dafür sorgen, dass die Bedingungen für ein soziales und gewaltfreies Miteinander gestärkt werden. Er kann dafür sorgen, dass Opfer oder potenzielle Opfer Schutz erhalten. Doch er wird nicht verhindern, dass es immer wieder diese gewalttätige Übermacht geben wird.
Das Primat der Erziehung haben in Deutschland die Eltern. Wir werden also genau hinschauen müssen, wie es um diese großartige Aufgabe tatsächlich bestellt ist.
Welchen Stellenwert haben eigentlich Erziehungswissenschaften in der schulischen und universitären Ausbildung? Welchen Stellenwert hat eigentlich das Kind an sich - seine und unsere Sozialisation? Inwiefern fließen interdisziplinäre Aufgaben und Fragestellungen zusammen, und zu welchen Schlussfolgerungen sind Fachleute gelangt?
Ja.
Lassen Sie uns diese Arbeit deshalb anpacken. Lassen wir uns konfrontieren, die Perspektive wechseln, unsere Haltung reflektieren und zu fundierten Ergebnissen, Lösungen und Haltungen kommen!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vorfälle in HamelnPyrmont, Lügde und andernorts, bei denen Kinder Opfer von Gewalt und Macht sind, zeigen uns das riesengroße gesamtgesellschaftliche Problem, das wir offensichtlich mit Machthierarchien und Machtausübung - vor allem durch Männer - haben. Diese Gesellschaft hat ein Problem mit diesen Machtstrukturen, die wir überall vorfinden - nicht nur dort, wo sexualisierte Gewalt herrscht. Sexualisierte Gewalt ist immer Ausdruck von Macht und Überlegenheit gegenüber anderen. Ihr mit Strafe zu begegnen, ist eine Form der Hoffnung darauf, Täter ließen sich dadurch abschrecken.
Reicht es aber aus, das Strafmaß für den Besitz und die Beschaffung von kinderpornografischem Material zu erhöhen? Sollen diejenigen, geehrte Damen und Herren, denen sich Betroffene anvertrauen, zur Anzeige verpflichtet werden, weil sie um die sexualisierte Gewalttat wissen? Wenn Op
fer nach Jahren der Aufarbeitung und psychotherapeutischen Behandlung die Tat zwar zur Anzeige bringen können, diese jedoch in den meisten Fällen nicht zur Verurteilung für Gewaltvorfälle aus der Kindheit führt, bedeutet dies, dass wir die Auseinandersetzung um Verjährungsfristen und ihre echten Chancen inhaltlich längst nicht ausreichend geführt haben.
Die vorliegenden Anträge zeigen einmal mehr, dass wir geneigt sind, sofort einen Weg aus einem Problem zu weisen, meistens in Form von Entschließungsanträgen. Sie haben leider den Nachteil, dass sie oft nur einen Bruchteil dessen widerspiegeln, was das Gesamtbild des Problems eigentlich ausmacht. Reicht es also, das Strafrecht zu verschärfen, wenn wir feststellen, dass das Sexualstrafrecht einer kompletten Reform bedarf? Und berücksichtigt der Antrag eigentlich die Perspektive der Opfer?
Gegen die Anzeigepflicht hat sich das Justizministerium im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen ausgesprochen und es sogar für wahrscheinlich gehalten, dass dadurch weniger Straftaten aufgeklärt würden, weil Opfer sich noch weniger öffneten, zumal auch Täter dies als Druckmittel gegen Kinder benutzen würden und kindliche Ängste schürten.
Ihre Begründungen, warum Sie aus SPD und CDU dennoch am Antrag festhalten und ihn nicht - wie von FDP und Grünen beantragt - in die entsprechende Enquete zur Beratung überweisen wollen, sind folgende: Erstens wollen Sie mit dem Antrag den Schwerpunkt auf die Arbeit der Justizbehörden legen. Zweitens: Die Enquete gegen sexualisierte Gewalt sei ja breiter aufgestellt und befasse sich eher nicht mit juristischen Fragen. Drittens: Der Antrag sei lang und breit diskutiert worden. Es habe keine Widersprüche gegeben, sodass man über ihn jetzt auch endlich abstimmen wolle. Und die Enquete sei durch den Antrag in ihrer Arbeit gar nicht eingeschränkt, denn sie könne ja zu einem anderen Ergebnis gelangen.
Zu diesen Argumenten ist zu sagen, dass die Arbeit in der Enquete nicht ausreichend wäre, würde sie nicht die Täter und die Rolle der Opfer auch im Kontext der Rechtsprechung und Strafverfolgung sehen.
Die Breite der Themen in der Enquete greifen auch Sie übrigens im Antrag auf und stellen auch den Zusammenhang her. Die Vernetzung zwischen Strafverfolgungsbehörden, dem Landespräventionsrat, den Jugendämtern, Schulen, Kinderärzten, Kinderschutzzentren, Mädchenhäusern - all das sei zu optimieren. Sie möchten Beratung und die Förderung von Projekten stärken, und die Digitalisierung betrachten auch Sie als Herausforderung. Dass der Antrag von SPD und CDU lang und breit diskutiert worden sei, kann widerlegt werden. Sie befassten sich erstmals im Juni damit, es folgte dann die Sommerpause. Bis auf die Stellungnahme des Justizministeriums hat keine Anhörung oder Unterrichtung zu Ihren Forderungen nach Anzeigepflicht, Verjährung und Jugendschutz
stattgefunden.
Was heißt das für die Politik? - Erst einmal nicht so viel, denn es wiederholt sich eben, was wir alle so gut können: nicht einen Schritt zurückzugehen und nicht unter dem Eindruck des begründeten Zweifels neu zu diskutieren.
Meine Damen und Herren, wenn man nach aufmerksamem Zuhören der Meinung ist, dass man seine Überzeugung noch einmal hinterfragen sollte, dann sollten wir uns alle viel stärker darin üben, die Courage dafür zu besitzen, dies auch zu tun.
Es wäre couragiert, die Enquete befreit von vorher festgelegten Forderungen ihre Arbeit aufnehmen zu lassen, Zusammenhänge zur Justiz herzustellen und strafrechtsrelevante Forderungen mit Fachleuten zu diskutieren. Der Antrag der SPD und CDU entreißt zentrale justizrelevante Aussagen dem Gesamtzusammenhang zur sexualisierten Gewalt. Er will Forderungen durchsetzen, die das Gegenteil dessen bewirken, was Sie eigentlich wollen, nämlich den Opfern Schutz zu bieten. Eine Überzeugung ist kein Indiz für ihre Richtigkeit, eine Festlegung kein Indiz für den richtigen Weg.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. - Haben wir jetzt nur sieben Minuten? Ich dachte: zehn, also jede fünf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich an dieser Stelle betonen, wie wertvoll für unsere Arbeit der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst ist. Der GBD, wie wir ihn in Niedersachsen kennen und schätzen, ist in dieser Qualität offenbar nicht in allen Bundesländern üblich. Wer im Niedersächsischen Landtag saß und nun ein Mandat im Bundestag hat, vermisst die Qualität eines GBD, wie wir sie haben. Es gebühren ihm der Dank und die Anerkennung des Landtages dafür, dass er uns bei diesem Galopp begleitet hat.
Ganz im Gegensatz dazu steht das Vorgehen der Regierungsfraktionen bei der Gesetzeseinbringung. Diese ist geprägt von Schnelligkeit statt Gründlichkeit, von Unübersichtlichkeit statt Klarheit und von dem Bärendienst, den sie der Demokratie damit liefern. Sie betonen, dass sie der Bevölkerung in pandemischen Zeiten einfache und schnelle Lösungen anbieten wollen. Aber geprägt waren die Ausschusssitzungen davon, dass ihre Vorschläge widersprüchlich, unklar, einige sogar gesetzes-, mitunter verfassungswidrig waren.
Das Pfund Zeit spielte bei dieser Gesetzgebung keine Rolle. Wie oft hat der GBD angemahnt, dass Anmerkungen nur vorbehaltlich getroffen werden konnten, weil ihm die nötige Zeit fehlte! Gleiches gilt für uns, die Abgeordneten.
Meine Kollegin, Frau Janssen-Kucz, wird gleich näher auf den Gesundheits- und Pflegebereich eingehen, in dem die verfassungsrechtlichen Bedenken in Teilen bis heute nicht ausgeräumt werden konnten.
Eine Kernfrage ist z. B.: Soll bzw. darf der Landesgesetzgeber für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Bedeutung eine weitere Feststellung zur landesweiten Tragweite treffen und diese auch regeln?
Wir haben darüber, über die Gewaltenteilung, über das Verhältnis von Legislative und Exekutive - eine zentrale Frage unserer Demokratie - und ihre Aufgaben mangels Zeit übrigens nie grundsätzlich diskutieren können. Das finde ich mehr als fahrlässig.
In diese Diskussion hätte u. a. die drängende Klärung der Frage gehört, wie die Regelungen dieses Gesetzes zur Feststellung einer landesweiten pandemischen Lage vollzogen werden sollen.
Meine Fraktion hat sich dennoch konstruktiv in diesen Prozess eingebracht, u. a. zu Artikeln zur Kommunalverfassung, zur Personalvertretung und zu Wahlen.
Wir haben eine komplette Alternative vorgelegt, die auf der Basis des vorhandenen Rechts und unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten die Demokratie stärkt. Wie viele Ratsmitglieder haben sich bei uns gemeldet und waren entsetzt, dass nun plötzlich Hauptverwaltungsbeamte in der Hauptsache allein Entscheidungen treffen oder dass allenfalls der Hauptausschuss bzw. der Verwaltungsausschuss zur Entscheidungsfindung zusammenkommt!
Lärmschutz und Baurecht hebelt man auch nicht einfach in einer Infektionsphase aus. Seit Willy Brandt wissen wir, dass eine wichtige Botschaft für unsere Demokratie ist, mehr Demokratie zu wagen.
Es ist mir völlig unverständlich, gerade in heutigen Zeiten ein Weniger an Mitbestimmung zu befürworten. Demokratie gilt auch in Krisenzeiten.
Geehrte Damen und Herren, wieso legen Sie z. B. zuerst ein Gesetz vor, bevor Sie überhaupt genau hinschauen, was in dieser pandemischen Lage gut und was weniger gut gelaufen ist? Üblich sollte doch wohl eigentlich der umgekehrte Weg sein: zuerst evaluieren und dann daraus die Folgerungen ziehen.
Ein Sonderausschuss „Corona“ soll eingerichtet werden - soll. Bis heute ist uns überhaupt nicht klar, welchen Auftrag er hat und ob er überhaupt eingerichtet wird.
Warum wählen Sie ein parlamentarisches Verfahren, das auf Schnelligkeit setzt? Warum entscheiden wir heute über einen Gesetzentwurf, über den wir nicht ordentlich und intensiv beraten konnten? Warum gestatten Sie dem Parlament und den gewählten Vertreterinnen und Vertretern nicht die wichtigen Diskussionen?
Wir werden uns deshalb nach reiflicher Überlegung dazu entscheiden, das Gesetz abzulehnen.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Genthe, herzlichen Dank für die sehr differenzierte Rede, gerade was den Aspekt der sexualisierten Gewalt angeht.
Aus Anlass der Fälle in der Katholischen Kirche hat das Land Niedersachsen eine Kommission zur Prävention sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen beim Landespräventionsrat angesiedelt. Ihr Bericht ist fertig und fordert uns auf, aktiv zu werden. Wir alle in diesem Raum wollen vom Reden ins Handeln kommen. Das heißt, wir müssen die operativen Maßnahmen zum Schutz der Kinder anpassen, die aus diesem Bericht deutlich werden, und wir müssen unsere parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um Entscheidungen zu treffen.
Wir wollen für eine Diskussion eintreten, die Mut und Offenheit erfordert und alle Dimensionen sexualisierter Gewalt an Kindern erfasst. Das setzt voraus, dass wir uns in einem entsprechenden Gremium auch keine Tabus auferlegen. Die kritische Betrachtung des Systems gehört sicherlich dazu.
Ich bin deshalb sehr verwundert, dass die kommunalen Spitzenverbände unisono sagen, es dürfe keine Kritik an der Arbeit der Jugendämter geben. Nein, auch dort müssen wir kritisch hinschauen, Lösungen im Interesse und vor allen Dingen aus der Perspektive von Kindern finden. Kinder müssen dazu etwas sagen dürfen, und Kinder müssen dazu gehört werden. Wir haben heute gute Mög
lichkeiten, dies vorsichtig, sensibel und schützend anzupacken.
Der Staat muss das Ziel verfolgen - und will das auch -, diesen Schutz bestmöglich zu gewährleisten. Wie kann er das? Ich rufe in Erinnerung, was ich am Dienstag dazu gesagt habe: Ein Kind muss in unserer Gesellschaft in dem Moment, in dem ihm etwas angetan wird, in dem sexualisierte Gewalt ausgeübt wird, sofort kriseninterventiv Ansprüche anmelden können. Es hat Anspruch darauf, dass wir den Ermittlungsdruck erhöhen und dass wir auch Prävention leisten. Es hat Anspruch darauf, dass Kinderärzte Rechtssicherheit bekommen, es hat Anspruch darauf, dass Kitas, Schulen und Sportvereine Schutzkonzepte erstellen. Und - ich wiederhole mich - wir müssen uns auch überlegen, ob die UN-Kinderrechtskonvention als verbindlicher Bestandteil in das Curriculum der Schulen übernommen wird. Ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt, und ich glaube auch, dass es wichtig ist, Kindern zu vermitteln, welche Rechte sie haben und an welcher Stelle sie nein sagen können.
Wir müssen die Strukturen stärken, um eine höhere Sensibilität zu erreichen, damit natürlich auch eine bessere und höhere Qualifikation vermitteln. Wir müssen Kinderschutzkonzepte entwickeln und auch von internationaler Kooperation profitieren. Das darf nicht dem Idealismus Einzelner geschuldet sein. Wir müssen ein System entwickeln, in dem diese Bedingungen, Konzepte und Strukturen für alle verbindlich und nicht nur in einzelnen Institutionen oder abhängig von einzelnen Menschen sind.
Selbstverständlich muss man in diesem Zusammenhang die Einzelverantwortung klären. Wir helfen aber keinem Kind, wenn wir Delikte sexualisierter Gewalt gegen Kinder nutzen, um dienstrechtliche Angelegenheiten eines Landkreises in die politische Auseinandersetzung dieses Landtages holen.
Der Sonderausschuss - das habe ich vorhin den Ausführungen meines geschätzten Kollegen Limburg entnehmen dürfen - ist offenbar auf einem guten Weg. Genau dorthin gehört die ganze Diskussion und die ganze Dimension dessen. Wenn sich dieser Sonderausschuss konstituiert hat, dann glaube ich, dass wir uns freuen dürfen, dass wir
ihn haben. Ich bestreite, dass er uns Freude bereiten wird, aber ich hoffe, dass wir in diesem Ausschuss sehr konstruktiv gemeinsam arbeiten und dem Landtag gute Vorschläge für Veränderungen vorlegen werden.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Es ist die Unwahrheit, Herr Emden, wenn Sie behaupten, dass wir die Probleme in der eigenen Partei nicht aufgearbeitet hätten.
Der Bundesverband hat es getan. Alle Landesverbände haben es getan. Wir haben unverzüglich eine Kommission eingesetzt. Wir haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einbezogen. Wir haben uns diesem Vorwurf gestellt.
Es ist nicht in Ordnung, wenn Sie hier behaupten, wir hätten das nicht gemacht.
Ich habe noch Restredezeit, die ich dazu nutzen möchte, in diesem Parlament noch einmal zu erklären, warum ich wichtig finde, dass wir diesen Sonderausschuss einrichten.
Sie entnehmen dem, was ich gesagt habe, bitte, dass ich absolut ernsthaft und voller Überzeugung dahinterstehe, dass sexuelle Gewaltdelikte gegen Kinder nicht angehen dürfen,
dass ich daran mitarbeiten möchte - dass wir alle in diesem Raum bis auf die AfD daran mitarbeiten möchten -, dass wir das gemeinsam vernünftig auf den Weg bringen,
und dass wir uns keine Grenze setzen, das nicht auch konstruktiv anzupacken.
Ich zitiere am Ende, und das mag vielleicht noch einmal deutlich machen - - - Nein, ich lasse es lieber.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
„Ach, Entschuldigung, ‚Negerkuss‘ darf man ja nicht mehr sagen“ meint: Ich will aber eigentlich doch sagen, dass es ein Negerkuss ist, weil es
eine Süßigkeit ist, und ich doch keine Rassistin bin.
Alle Bereiche unseres Lebens und unserer Wirklichkeit werden durch Sprache strukturiert. Begriffsbildung ist somit Ordnung und Aneignung unserer Wirklichkeit. Rassismus spüren wir nur manchmal nur deshalb nicht, weil es völlig normal für uns geworden ist, den Schokokuss als solchen zu bezeichnen oder „schwarzzusehen“ oder von „Schwarzfahren“ oder von „Schwarzarbeitern“ zu sprechen.
Negative Eigenschaften werden in vielen Sprachen, einschließlich der deutschen, mit der schwarzen Farbe assoziiert, weiß hingegen - z. B. eine „weiße Weste“ haben - ist grundsätzlich positiv besetzt und steht für das Unschuldige, für das Wahre, für das Gute.
Ein deutscher Konditor erfand übrigens den Namen „Mohrenkopf“ zu einer Zeit, in der das zweite Deutsche Kaiserreich in Afrika eine aggressive Kolonialpolitik durchgesetzt hat und die einheimische Bevölkerung in Ost-, Südwest- und Westafrika unterwarf.
Wir alle kennen Fotografien von Völkerschauen, die vorgeführt wurden. Aus dieser Zeit stammen übrigens der sogenannte Sarotti-Mohr, diverse Mohren-Apotheken, Gasthäuser namens „Zu den drei Mohren“ oder die bekannte Berliner Mohrenstraße.
„Du wirst immer auf die Hautfarbe reduziert“ - so die Historikerin Katharina Oguntoye. Das eigene Denken zu hinterfragen und zu ändern, muss aber unser Ziel sein. Die Parole „Black lives matter“ tragen gerade viele von Rassismus betroffene Menschen. Sportlerinnen und Sportler üben weltweit Solidarität mit dieser Bewegung, die in Deutschland für eine heftige Diskussion sorgt.
Ich zitiere AfD-Politiker:
„Die Evolution hat Afrika und Europa, vereinfacht gesagt, zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert.“
Zitat 2:
„Man müsste den Satz von Max Frisch, demzufolge wir Gastarbeiter riefen, aber Menschen bekamen, vielleicht korrigieren: Wir riefen Gastarbeiter, bekamen aber Gesindel.“
Bitte, Herr Emden!
Sehr geehrter Herr Emden, wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie gerade den geschichtlichen Abriss mitbekommen.
Das dritte Zitat:
„Die Leute finden ihn als Fußballer gut, aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
2000 bis 2007: Der NSU ermordet 9 Migranten und eine Polizistin, verübt 43 Mordversuche, 3 Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Verdächtigt wurden zunächst die Familien der Opfer. Erst 2011 erfuhr die Öffentlichkeit von den gezielten Tötungen.
2013: Der SPD-Politiker Karamba Diaby wird wegen seiner Hautfarbe massiv bedroht und beleidigt, bevor er in den Bundestag einziehen kann.
2018: Drohungen gegen die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz, die offenbar von einem Frank
furter Polizeirevier ausgingen. Ermittler stießen auf rechtsradikale Chatgruppen.
2020: In der hessischen Stadt Hanau erschießt ein Mann neun Menschen. Der Generalbundesanwalt sieht gravierende Indizien für einen rassistischen Hintergrund.
2020: Der VW-Konzern bewirbt mit einem Video den neuen Golf und ruft das Video wegen seiner grenzwertigen und komplett rassistischen Wirkung sofort wieder zurück.
Dagegen stehen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landesaufnahmebehörden, die ein soziales Miteinander mit Menschen aus verschiedenen Ländern gestalten, Polizistinnen und Polizisten, die sich gegen Rassismus stemmen, z. B. die Autobahnpolizisten, die einen Frankfurter Oberkommissar anzeigen, der einen Mann als „Niggersau“ und „Tier“ bezeichnet, die IG Metall, die mit Aktionen dazu auffordert, gegen Rassismus und Stammtischparolen aufzustehen, zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich ehrenamtlich für ein gerechtes Miteinander engagieren, und die katholische Kirche in Krefeld, die die Verbreitung eines Malbuchs verhindert.
Gegen Rassismus wenden sich auch viele internationale Partnerschaftsprojekte, in denen wir uns auf fremde Kulturen einlassen und sie verstehen lernen.
Gegen Rassismus wendet sich, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrte Kabinettsmitglieder, die Steuerungsgruppe aus Ministerien, dem Praxisbeirat aus 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Stadt Hannover. Sie alle haben unter dem Slogan „Wir sind Niedersachsen - Für Vielfalt, gegen Rassismus“ ein Aktionsprogramm gegen Rassismus unterstützt. Dieser Aktionsplan sollte von allen Ministerien unterstützt werden und für demokratiestärkende Maßnahmen im Rahmen eines Fünfjahresplans sorgen. Das Vorhaben wird in organisatorischer Hinsicht mit der Maßgabe unterstützt - Zitat Staatskanzlei -, dass die Stabsstelle nicht bei der Staatskanzlei, sondern beim MJ angesiedelt wird.
Die vierte Säule in Ihrem 8,4 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt beschreibt gesellschaftliche Bereiche und Vorsorgemittel. Sie weisen ihr 700 Millionen Euro zu. Das Finanzministerium sieht aktuell aber kein Geld, um in diesen Aktionsplan zu investieren.
Ich bitte Sie dringend, dass Sie es nachholen, den Dialog mit der Steuerungsgruppe zu führen, und
wir bitten Sie dringend, dass es Nachbesserungsmöglichkeiten in diesem Aktionshaushalt gibt.