Protocol of the Session on December 17, 2019

Was ist die Antwort der Landesregierung? - In der Antwort auf meine Anfrage ist gestern herausgekommen, Sie haben den, so will ich mal sagen, derzeitigen Status eines Kaffeekränzchens als Automobildialog angeschoben. Das ist das Einzige, was Sie haben. Dialog ist richtig und ist auch wichtig. Aber das kann doch nicht die alleinige Antwort auf den größten Strukturwandel sein, der aufgrund von politischen Fehlentscheidungen losgetreten worden ist. So geht soziale Sicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Um dann auch mal auf Ihr Thema „Pakete, Paketzustellung, Arbeitnehmerinnenrechte und Arbeitsbedingungen“ zu kommen: Ja, es ist in einer sozialen Marktwirtschaft völlig inakzeptabel, dass Menschen ausgebeutet werden, manchmal auch, weil sie aus anderen Ländern kommen und nicht wissen, wie die Situation in Deutschland ist, und weil sie Angst haben, sich an Behörden und andere zu wenden. Den schwarzen Schafen, die so etwas machen - egal in welcher Branche -, müssen wir geschlossen den Kampf ansagen und mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, gegen sie angehen.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

Beispielsweise in der Fleischindustrie war es so, dass wir gemeinsam Aktivitäten gegen solche - - -

(Johanne Modder [SPD]: Sie haben aber lange gesagt, dass es Einzelfälle wären, Herr Bode!)

- Liebe Frau Kollegin Modder, wenn Sie sehen, wie viele mittelständische und familiengeführte Unternehmen wir haben, dann merken Sie, dass die

Anzahl der schwarzen Schafe in Deutschland zum Glück absolut gering ist.

(Beifall bei der FDP)

Die Arbeitsbedingungen in Deutschland waren noch nie so gut, wie sie heute tatsächlich sind. Wir müssen doch mit Kraft gegen die schwarzen Schafe angehen, aber mit geeigneten Mitteln. Es ist doch zumindest für uns als FDP zweifelhaft, ob das, was Sie hier heute als großen Meilenstein bei den Paketzustelldiensten gefeiert haben, tatsächlich wirkt und den Paketboten hilft.

Wir haben hier und auch in der Fleischwirtschaft vielfach Scheinselbstständige. Das stellt aus meiner Sicht eine Umgehung sämtlicher Arbeitsschutzrechte dar. Das gilt übrigens auch bei DHL, also bei einem Unternehmen, bei dem der größte Anteilseigner der deutsche Staat ist. Das muss man vielleicht auch mal dazu sagen. Und die KfW hat leitende Funktionen im Aufsichtsrat. Dieser Sachverhalt wird überhaupt nicht aufgegriffen. Deshalb könnte es ein zahnloser Tiger werden. Dann werden die besonders enttäuscht sein, die heute mit Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde von Ihnen mit der Lösung zu Weihnachten beglückt werden sollten.

Lassen Sie uns deshalb in der Tat die Wirkung dieses Gesetzes anschauen! Lassen Sie uns dann aber auch bitte dafür offen sein, zu überlegen, wie wir die Frage der Scheinselbstständigen und der Einpersonengesellschaften angehen! Da geht es dann am Ende tatsächlich um die Frage: Was ist in Deutschland ein Werkvertrag, und was ist keiner? Vor dieser Diskussion schrecken Sie immer wieder zurück. Ich sage schon seit Jahren, dass Sie das einmal tatsächlich definieren müssen, damit man die Umgehung über solche Vertragskonstrukte verhindern kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss wende ich mich an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Ich finde es schon bezeichnend, dass Sie als SPD heute in den Reden Ministerpräsident Weil und Sozialministerin Reimann abgefeiert haben und dass die CDU das über sich ergehen lässt. Ich will nur erwähnen: Es war im Mai dieses Jahres Minister Althusmann, der Minister Altmaier mit Nachdruck aufgefordert hat, dem Gesetzentwurf von Herrn Heil zuzustimmen. Er hat damit wahrscheinlich etwas in Berlin losgetreten, damit etwas passieren kann.

Es war tatsächlich ein CDU-Mitglied der Landesregierung, das sich hier öffentlich stark um dieses Gesetz verdient gemacht hat und heute nicht mal, wenn ich es richtig gehört habe, dazu reden darf, obwohl es fachlich zuständig ist. Das lassen Sie mit sich machen, liebe Freunde von der CDU. Das hätte es früher nicht gegeben!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der AfD - Wiard Siebels [SPD]: „Das hätte es früher nicht gegeben!“ Geil!)

Vielen Dank, Herr Bode. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Limburg das Wort.

(Unruhe)

- Ich darf Sie alle um Aufmerksamkeit bitten.

Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Henze, das soziale Mäntelchen, das Sie sich und Ihrer Partei versucht haben umzuhängen, ist löchrig und viel zu kurz. Es ist nicht geeignet, die soziale Kälte, die im AfD-Programm steckt, zu verdecken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Exemplarisch, Herr Henze, sei hier nur die Forderung Ihres gerade wiedergewählten Bundesparteichefs Jörg Meuthen zu nennen, die gesetzliche Rente abzuschaffen,

(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Genau! - Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

und die Rente quasi vollständig auf private Vorsorge umzustellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist die Wahrheit über die Sozialpolitik der AfD in diesem Land.

(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Und ih- ren Bundesparteitag zur Sozialpolitik haben sie auf nächstes Jahr verscho- ben!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Kollege Lottke, ich begrüße es ja grundsätzlich, dass Sie gerade in dieser Zeit die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche zum Thema der Aktuellen Stunde machen. Aber wenn es in Ihren Schlussfolgerungen dabei bleibt, Ministerin Reimann, Herrn Ministerpräsident Weil und dann auch noch Herrn Minister Heil - zufällig alles SPDMitglieder - zu loben und an die Menschen zu appellieren, doch mal zu tolerieren, dass in der zweiten Reihe geparkt werden muss, dann ist das, gelinde gesagt, sehr, sehr dürftig, Herr Lottke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Das kann doch nicht ernsthaft die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der SPD im Jahr 2019 sein.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Da hat er recht!)

Herr Lottke, ich habe vorhin geklatscht, als Sie die Verbesserungen im Bereich der Subunternehmerhaftung angesprochen haben, weil - ja, das kann man anerkennen - das ein Erfolg der Großen Koalition ist, dem, wie Sie wissen, auch die Grünen im Bundestag zugestimmt haben.

Aber wie leider so oft bleiben Sie auch hier auf halber Strecke stehen. Es ist völlig unverständlich, warum Sie sich völlig verweigert haben, hier auch kollektive Rechtsschutzmöglichkeiten einzuführen. Wir sehen doch das Problem, das übrigens ähnlich auch für die Fleischbranche und für andere Bereiche gilt. Das Problem ist nicht zwingend immer nur die gesetzliche Regelung oder ein gesetzlicher Anspruch, der formalrechtlich besteht, sondern das Problem ist auch die effektive Durchsetzung von rechtlichen Ansprüchen. Da sehen wir doch, wie wichtig die Rolle von Gewerkschaften, wie wichtig die Rolle von starken Betriebsräten ist, damit für die einzelnen Gruppen Rechte durchgesetzt werden können.

Einer solchen Regelung auch im Bereich der Subunternehmer in der Paketbranche haben Sie sich im Bundestag leider verweigert, bzw. haben Sie sich in der Koalition mutmaßlich nicht gegen die CDU durchsetzen können. Das ist sehr, sehr bedauerlich. Hier muss dringend nachgebessert werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Es wäre dann eben auch, Herr Lottke, eine gute Gelegenheit, im Rahmen so einer Aktuellen Stunde zu sagen: Ja, das war das, was mit der CDU möglich war, aber wir als SPD wollen darüber hinausgehen. - Stattdessen wird hier nur im Abfeiern verharrt. Das wird den Interessen der Beschäftigten nicht gerecht.

Zur Frage der Paketbranche könnte man viel sagen. Am wichtigsten bleibt aus meiner Sicht: Wir brauchen vernünftige Bezahlung in dem Bereich. Die Menschen brauchen nicht nur Dankbarkeit oder Verständnis. Sie brauchen eine vernünftige Bezahlung für die Leistung, die sie hier erbringen.

Zu den Fragen Parken und Verkehrskonzepte könnte man viel sagen. Das ist aber gerade nicht das Thema.

Es gibt in diesen Tagen - auch darauf möchte ich hinweisen, und das wissen Sie alle - auch andere sehr bedrohliche Entwicklungen am Arbeitsmarkt mitten in Hannover. Die Rede ist von der Situation bei der Gilde-Brauerei. Da scheint es ja jetzt nach einigen Kämpfen und Auseinandersetzungen vorsichtige Zeichen auf Entspannung zu geben. Man muss aber nach den Entwicklungen der letzten Monate und Jahre mit berechtigtem Misstrauen auf diese Entwicklung schauen. Das Wichtige ist, dass die Gewerkschaft und die Betriebsrätinnen und Betriebsräte in ihrem engagierten Einsatz weiterhin massive Rückendeckung und Unterstützung bekommen; denn sie kämpfen für die Durchsetzung geltenden Rechts. Das sollte in einem sozialen Rechtsstaat selbstverständlich sein. Dafür sollten sie alle mögliche Unterstützung bekommen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von Herrn Bode ist bereits angesprochen worden, Herr Minister Dr. Althusmann ist nicht nur Minister für Wirtschaft, Verkehr und Digitalisierung, nein, er ist auch Minister für Arbeit.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Wenn Herr Bode Ihnen hier weihnachtliche Kränze geflochten hat, seien Ihnen diese gegönnt, Herr Dr. Althusmann. Leider ist es aber doch so, dass man dann, wenn man Ihre Arbeitsschwerpunkte der letzten Jahre betrachtet, sieht, dass der Aspekt Arbeitspolitik eben doch ganz klein ist und hinten runterfällt. Er ist so klein, dass nicht mal Ihr Fraktionskollege Herr Hillmer es irgendeiner Erwähnung wert fand, was Sie in diesem Bereich geleistet haben. Das ist, gelinde gesagt, bedauerlich, weil

es bei den gegenwärtigen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Branche wichtig wäre, einen starken, engagierten Arbeitsminister in Niedersachsen zu haben.

(Minister Dr. Bernd Althusmann: Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit? - Gegen- ruf von Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist nicht das Verdienst des Ministers! - Weitere Zurufe)

Schön, dass Sie alle sich aufgefordert sehen, hier mitzudiskutieren. Aber Sie unterliegen einem Irrtum. Nur Herr Limburg hat das Wort. Ich darf um Ruhe bitten.

Bitte!

Wobei ich zugeben muss, dass ich die Zwischenrufe von Herrn Dr. Althusmann auch ein bisschen vermisst habe. Man könnte Sie aber noch besser verstehen, wenn Sie sich wieder in die Fraktionsreihen begeben würden. Auch da haben Sie ja einen festen Platz.

(Jens Nacke [CDU]: Eine große Inter- pretation, Herr Kollege!)

Ich wollte aber noch, lieber Herr Nacke, auf einen anderen Aspekt eingehen.