Was wurde durch die Einigung über die neuen Pakte erreicht? - Das Auslaufdatum 2023 ist vom Tisch. Die Verträge laufen bis 2030 und darüber hinaus. Das gibt uns als Land Planungssicherheit, die wir unsererseits an die Hochschulen weitergeben können. Die Hochschulen wiederum können jetzt verlässlich planen und auch längerfristige Verpflichtungen mit diesen Mitteln eingehen. Das wiederum bringt Verlässlichkeit für die Beschäftigten. Befristete Verträge können jetzt entfristet werden. Nicht zuletzt können sich die Studierenden darauf verlassen, dass die Finanzierung ihrer Hochschule nicht mitten in ihrem Studium zusammenbricht.
Meine Damen und Herren, der Bund übernimmt mit diesem Vertrag dauerhaft Verantwortung für einen nicht unerheblichen Anteil an der laufenden Finanzierung der Hochschulen. Wir in Niedersachsen stehen zur dauerhaften Gegenfinanzierung der Bundesmittel und werden - ich betone das, weil es andere Beispiele aus anderen Ländern gibt - uns als Land keinen Meter aus unserer Verantwortung für die Hochschulen zurückziehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte eines vorausschicken: Ich war etwas erstaunt über diesen Antrag zur Aktuellen Stunde, darüber, dass der Wissenschaftsminister schon heute gefeiert werden soll, obwohl der Vertrag über das Nachfolgeprogramm zum Hochschulpakt von Angela Merkel und den Landesministern noch gar nicht unterschrieben wurde. Die Unterschrift erfolgt erst am 1. Juni. Es ist also noch nicht mal Tinte auf dem Papier - geschweige denn, dass sie trocken wäre.
Aber wenn es so kommt, wie es die GWK ausgehandelt hat, dann können die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Niedersachsen sich tatsächlich freuen und aufatmen. Die GWK hat es geschafft, die wichtigen Bund-Länder-Wissenschaftspakte Hochschulpakt 2020 - künftig: Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken -, Pakt für Forschung und Innovation und Qualitätspakt Lehre - künftig: Innovation in der Hochschullehre - über 2020 hinaus zu verlängern. Die Einigung hing zeitweise am seidenen Faden, ist aber für die Hochschulen und die Landesregierungen jetzt ein enormer und wichtiger Schritt - auch für Niedersachsen.
Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben durch die Einigung langfristige Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Das ist wichtig. Dabei sollen die Mittel für die Hochschulen nicht nur verstetigt werden, sondern sie sollen auch wachsen -
wenn auch nicht so kontinuierlich - jährlich um 3 % - wie bei den Forschungseinrichtungen. Dieser Aufwuchs ist besonders nötig, damit die Stellen der Menschen, die in unseren Hochschulen und Universitäten forschen und lehren, angemessen finanziert werden können.
Allerdings gibt es bei der Einigung einen Wermutstropfen: die Kürzung der Mittel für den Qualitätspakt Lehre um ein Viertel von 200 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro. Diese Kürzung ist besonders schmerzlich; denn wir alle wissen, dass der Anteil kurzfristig und befristet Beschäftigter an den Hochschulen unvertretbar hoch ist. Die Aufstockung der Mittel beim Hochschulpakt wird nun durch die Kürzung der Mittel für das einzige Programm finanziert, das die Qualität in der Lehre fördern soll. Damit wird das Ergebnis der Einigung zum Teil konterkariert.
Dazu kommt die Weigerung der Bundesregierung, eine automatische, der Teuerungsrate entsprechende Erhöhung zu gewähren. So können Tarifsteigerungen nicht ausgeglichen werden. Es ist nicht gelungen, die gleiche Anpassung wie bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu erreichen.
Somit muss man ganz offiziell festhalten, dass die Lehre und die Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen nicht unbedingt Priorität haben, obwohl die Hochschulen - auch in Niedersachsen - die Herzkammern des Wissenschaftssystems sind. Wenn die Tarifabschlüsse nicht ausfinanziert sind, wird die Schaffung von unbefristeten Stellen erschwert, die so dringend gebraucht werden. Das Problem ist bekannt, und deshalb fragt man sich: Wie wird es gelöst?
Es gibt natürlich einen Lösungsvorschlag, meine Damen und Herren, und zwar Selbstverpflichtungen der Länder, die zwischen Bund und Ländern gemeinsam abgestimmt werden und öffentlich zu machen sind. Hier ist Minister Thümler gefordert. An der Erfüllung dieser Selbstverpflichtung zur Entfristung von Stellen von Mitarbeitenden an den Hochschulen und Universitäten wird sich der Wissenschaftsminister messen lassen müssen.
Unsere Position ist klar: Für Daueraufgaben in der Lehre und der Forschung braucht es Dauerstellen. Die vorherrschenden Kettenbefristungen müssen
beendet und die prekären Beschäftigungsverhältnisse bei Lehraufträgen in vernünftige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden. Dazu bedarf es einer verbesserten Grundfinanzierung der Hochschulen und eines Pro-Kopf-Faktors für Studierende.
Bund und Länder, meine Damen und Herren, haben eine Einigung erzielt. Jetzt ist es an Minister Thümler und, glaube ich, ganz besonders an Minister Hillmers, die seitens der GWK vereinbarten Finanzierungszusagen für die Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen umzusetzen. Da bleiben wir sehr gespannt.
Da war gerade ein netter Dreher drin. Das macht aber nichts! Das hörte sich auch für den Kollegen, glaube ich, ganz gut an. Er hat sich nicht gewehrt.
Der nächste Redebeitrag kommt aus der FDPFraktion. Frau Abgeordnete Susanne Victoria Schütz, bitte schön!
Danke. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vereinbarungen zur Fortschreibung des Hochschulpaktes bergen eine Menge positiver Momente. Viele davon wurden schon benannt, zum Teil jetzt von mir auch noch einmal.
Frau Schütz, warten Sie ganz kurz! - Das ist mir eben schon aufgefallen. Es ist die Aktuelle Stunde der CDU-Fraktion. Dort war es eben schon sehr laut. Jetzt gehen die Gespräche weiter. Ich verstehe, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer und andere noch einiges zu besprechen haben, aber bitte außerhalb des Plenarsaals, sodass wir hier ein bisschen Ruhe haben.
Wenn der Bund stärker in die Finanzierung einsteigt, ist das aus Ländersicht natürlich immer gut. Kostensteigerungen werden künftig besser berücksichtigt. Eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg wird verbessert. Vor allem ist die Planungssicherheit für die Hochschulen deutlich erhöht. Der letzte Punkt ist besonders vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass die Hochschulen die Einnahmen aus dem bisherigen Hochschulpakt seit Jahren stets in ihren Haushalten voll einplanen und so eine starke Abhängigkeit von diesen Zahlungen entstanden ist, deren Wegfall echte Lücken in die Hochschulfinanzen gerissen hätte. Die Hochschulen haben immer stark für eine Fortschreibung des Pakts gekämpft.
Einige Änderungen in den künftigen Pakten sollen Fehlanreize minimieren. So soll künftig offenbar nicht allein die Anzahl der Studienanfänger - immer gemessen auf der Grundlage der Basiszahlen - bei der Mittelzuweisung berücksichtigt werden, sondern auch die Anzahl der Studierenden insgesamt und die der Absolventen. Die bisherige Praxis hatte an einigen Hochschulen - es fallen mir hierfür allerdings nur Beispiele aus anderen Bundesländern ein - dazu geführt, dass viele Erstsemester angeworben werden. Wenn diese nach einem Semester oder zwei Semestern weggingen, verblieben diese Mittel an der Hochschule. Das halte ich für einen Fehlanreiz. Da ist eine andere Steuerung durchaus zu begrüßen.
Jetzt kommen wir aber zum weniger überzeugenden Teil der neuen Pakte. Zum einen - das hat eben auch schon Frau Viehoff ausgeführt - wird der Umfang des Qualitätspakts Lehre verringert. Man muss sicherlich gut im Auge haben, dass gute Projekte der Hochschulen darunter nicht zum Teil leiden. Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass es in den neuen Vereinbarungen mehr um Quantität als um Qualität der Lehre geht. Das ist eine Richtung, die uns wenig behagt. Die Studienbedingungen dürfen genauso wenig vernachlässigt werden wie die Nutzung neuer Lehr- und Lernformate. Noch rätselhaft ist mir die Gestaltung und genaue Aufgabenstellung für die offenbar geplante Institution zur Stärkung der Hochschullehre. Was der Qualitätspakt Lehre nicht geschafft hat, soll dann diese Institution richten? Das ist mir noch nicht ganz klar.
Unser Hauptkritikpunkt ist aber, dass die neuen Vereinbarungen mehr für ein „Weiter so!“ stehen als für eine echte Richtungsentscheidung, welche Aufgaben im Bildungssystem unsere Hochschulen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten übernehmen sollen. Wir brauchen gezielte Investitionen in die Studenten und in innovative Lehrangebote. Es darf nicht mit den Mitteln und Strukturen von gestern auf die Anforderungen von morgen reagiert werden.
In meiner Jugend hatte man z. B. die Illusion, mit einem akademischen Studium mal ein lebenslanges Auskommen zu erreichen. Viele von uns haben dann erst später die Erfahrung gemacht, dass stattdessen eine hohe Flexibilität und ständige Bereitschaft gefragt sind, sich beruflich neu zu orientieren. Da studiert man auch mal Architektur, arbeitet in dem Beruf und wird später wegen der Marktlage doch noch Lehrerin.
Angesichts der Herausforderungen bei der Digitalisierung wird in unseren Augen genau diese Bereitschaft zur lebenslangen Weiterbildung immer wichtiger. Ob man mit einem Studium oder einer Lehre gestartet ist, ist dabei vielleicht fast zweitrangig. In jedem Fall steigt für die Hochschulen die Herausforderung, das Weiterbildungsangebot massiv auszubauen. Wie kann ein Angebot aussehen, das die Hochschulen zum lebenslangen Begleiter in der Lebens- und Lernbiografie der Menschen macht? Auf diese Frage der Zukunft gibt der jetzt geschlossene Pakt noch keine hinreichenden Antworten. Die Hochschulpakte zementieren die jetzige Struktur, ohne echte Anreize zu schaffen, diese Strukturen auch mal zu hinterfragen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schütz. - Für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Harm Rykena. Bitte schön!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern hat Anfang Mai ein Paket aus drei Pakten zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation beschlossen und dafür insgesamt 160 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das ist erst einmal ein gutes Signal, das wir sehr begrüßen. Mehr noch: Wir sind der Meinung, dass es sich hierbei um grundsätzlich gut
eingesetzte Mittel handelt. Die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation ist für ein Hochtechnologieland wie Deutschland zentral.
Erstens. Der Pakt ist gar nicht neu. Es handelt sich also nicht um ein erstmaliges Engagement, um einen forschungspolitischen Durchbruch, den es zu feiern gälte.
Hierbei handelt es sich vielmehr im Großen und Ganzen um bereits laufende Fördermaßnahmen, die bis 2030 verlängert werden. Schlecht ist das aber auch nicht. Auf diese Weise könnte man immerhin bestimmte, bislang bereits geförderte Maßnahmen verstetigen, was meines Wissens - und wie wir eben gehört haben - auch geplant ist.
Zweitens. Wenn dem so ist, handelt es sich ja um erprobte und erfolgreiche Instrumente - sollte man meinen! Der Bundesrechnungshof sieht das jedoch anders, und zwar ganz anders, und stellte sowohl dem Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger als auch dem Qualitätspakt Lehre vernichtende Zeugnisse aus: Beide Programme schnitten bei Evaluationen schlecht ab, und die Verwendung der Gelder sei alles andere als vereinbarungsgemäß gelaufen. Man müsse bezweifeln, dass die Pakte ihre Ziele erreicht hätten.
Drittens. Der Löwenanteil von 120 Milliarden Euro kommt gar nicht den Hochschulen zugute, jedenfalls nicht direkt, sondern ist mit dem Pakt für Forschung und Innovation IV für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gedacht. Das ist nicht falsch. Die Tatsache beißt sich aber ein wenig mit dem Titel der Aktuellen Stunde, bei der es bekanntlich um die Stärkung der niedersächsischen Hochschulen gehen soll. An diesen werden schließlich, wenn ich richtig gerechnet habe, etwa 400 Millionen Euro jährlich ankommen, etwa ein Drittel davon aus Haushaltsmitteln.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern es sinnvoll ist, unsere niedersächsische Hochschulpolitik derart auf Planungen des Bundes auszurichten. Vonseiten des Rechnungshofes steht nämlich der Vorwurf im Raum, dass die Länder das Geld mehrfach einfach nur abgerufen haben, ohne die Studienkapazitäten ausgeweitet zu haben.