Protocol of the Session on December 13, 2017

(Alptekin Kirci [SPD]: Nachhaltig!)

In diesem Sinne sollten wir verhindern, dass viele Flohmärkte, die in Niedersachsen eine große Tradition haben, nicht mehr stattfinden können.

Damit Sie einige Zahlen kennen: Im Jahr 2017 haben etwa 5 000 Flohmärkte in Niedersachsen an einem Sonntag stattgefunden. Auf diesen 5 000 Flohmärkten haben etwa 500 000 Ausstellerinnen und Aussteller ihre Waren angeboten, gewerblich oder privat. Und diese 5 000 Flohmärkte hatten etwa 20 Millionen Besucher.

20 Millionen Besucher, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind keine Kleinigkeit. Flohmärkte sind ein Teil unseres kulturellen Lebens. Sie sind in vielen Gemeinden ein Highlight. Wir möchten diese Highlights erhalten.

Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich: Lassen Sie die Flohmärkte nicht sterben, sondern lassen Sie uns die Flohmärkte erhalten. Lassen Sie uns gemeinsam diese kleine, moderate Änderung im

Feiertagsgesetz umsetzen, damit die Flohmärkte auch im Jahr 2018 stattfinden können.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Meine Damen und Herren, als nächster Redner kommt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Bernd Lynack zu Wort. Herr Lynack, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr! - Ich möchte darum bitten, dass die Geräuschkulisse im Plenum ein bisschen heruntergefahren wird. Es soll nur einer reden, und alle sollen lauschen. - Bitte sehr, Herr Lynack!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank. Gleich zu Beginn dieser Wahlperiode gibt es für viele hier in diesem Haus, u. a. auch für mich, eine richtig schöne Weihnachtsüberraschung. Ich freue mich, dass die FDP - genau wie es der Kollege Henning heute Nachmittag schon festgestellt hat - endlich auch inhaltlich wieder mit an Bord ist.

(Christian Grascha [FDP]: Wann wa- ren wir das denn nicht?)

- Verzeihen Sie bitte, Herr Grascha, aber nach Ihrem Einsatz zuerst in Berlin und anschließend hier in Hannover mit dem Ausschlagen jeder Gestaltungsmöglichkeit - und das aus Gründen der Profilierung bzw. mit dem ständigen Hinweis auf die Inhalte des eigenen Wahlprogramms -, hatte man fast schon vergessen, dass Sie sich inhaltlich einbringen wollen.

(Beifall bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Aus inhaltlichen Grün- den!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten gerade eine Debatte zur Ladenöffnung am Heiligen Abend, der in diesem Jahr wieder einmal auf einen Sonntag fällt. Für diesen besonderen Sonntag, aber eben auch für alle anderen Sonntage im Jahr gilt, dass die Rechte und Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschützt werden müssen und es eine Ausweitung von Ladenöffnungszeiten an Sonntagen mit uns nicht geben wird.

Die Veranstaltung von Floh- und Trödelmärkten an Sonntagen ist aber ein absolut anderes Paar Schuhe. Hier geht es nämlich nicht nur um den reinen Konsum bzw. um den kommerziellen Ertrag. Gerade in Dorf- und Stadtteilkulturen, so z. B. in soziokulturellen Zentren, sind solche Märkte an Sonntagen ein Teil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens. Lieber Jan-Christoph Oetjen, darauf haben Sie gerade hingewiesen.

Weil diese Märkte einen ganz anderen Charakter haben als die verkaufsoffenen Sonntage in den Innenstädten, wäre es falsch, sie aus Versehen einfach mit zu verbieten.

Allerdings gibt es einen Grund, aus dem wir uns heute hier mit diesem Thema befassen. Das ist, wie es der Kollege Oetjen eben auch schon gesagt hat, das aktuelle Urteil, das besagt, dass es nach der aktuellen Gesetzeslage nicht zulässig ist, am Sonntag einen Flohmarkt zu veranstalten, bei dem es in erster Linie um den Verkaufscharakter und um den Gewinn geht.

Meine Damen, meine Herren, lassen Sie es mich klar sagen: Die aktuellen Regelungen sind dem Grunde nach völlig richtig und sollten nach meinem Dafürhalten beibehalten werden.

Niemand möchte Flohmärkte verbieten, bei denen es beispielsweise um wohltätige Zwecke oder ehrenamtliches Engagement geht. Was dagegen nicht geht, ist die Öffnung des Sonntages für Märkte, die nur einen kommerziellen Charakter haben.

(Zustimmung bei der SPD und von Belit Onay [GRÜNE])

Lieber Kollege Oetjen, wo ist da die Trennlinie? - Bei einem Basar im Kindergarten, bei dem beispielsweise Babykleidung und Spielzeug verkauft werden können, sehe ich den kommerziellen Charakter nicht so.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wieso das denn nicht?)

Aber wenn jemand dazukommt, der seinen Schmuck selber bastelt, dann wird es schon wieder kritisch. Denn dafür ist ein Gewerbe anzumelden, und das Ganze unterliegt auch einer gewissen Steuerpflicht.

Eine solche Aushöhlung des Sonntagsschutzes wird es also mit uns nicht geben, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Christi- an Grascha [FDP]: Dann lieber alles verbieten!)

Wo die Trennlinie zwischen den verschiedenen Veranstaltungsformen liegen soll und ob sie neu gezogen werden muss, werden wir in den jetzt folgenden Ausschussberatungen klären, auf die ich mich sehr freue.

Bis dahin möchte ich Ihnen allen schon einmal ein frohes Weihnachtsfest wünschen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Wir sehen uns morgen doch noch!)

Denken Sie bitte daran: Heiligabend fällt dieses Jahr auf einen Sonntag. Die Geschäfte werden nicht geöffnet sein. Gehen Sie also rechtzeitig Geschenke und Festessen besorgen - nicht dass noch irgendjemand mit leerem Magen und leeren Händen unterm Baum sitzen muss!

Schönen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. Vor Weihnachten wollen wir aber noch ein bisschen tun, heute und morgen. - Jetzt spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Belit Onay. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich freue mich auf die Ausschussberatungen; das will ich vorab sagen. Denn es ist schon eine ganz interessante Materie, auch aus rechtlicher Sicht.

Aber ich muss der FDP leider entgegenhalten, dass die Vermischung, die hier betrieben wird, sich nicht aus dem Urteil ableiten lässt. Das Urteil sagt ganz klar, dass es hier vor allem um gewerbliche Flohmärkte geht. Die fehlende Differenzierung in Ihrem Gesetzentwurf ist nicht angebracht.

Es gibt keine neue Rechtslage. Auch das OVGUrteil aus dem April hat keine Änderung gebracht. Hier wird meines Erachtens Panikmache betrieben, die nicht angemessen ist. Es wird weiterhin Flohmärkte geben, auch am Sonntag, auch im Jahre 2018. Die Angst, die Sie schüren, ist vollkommen unbegründet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Undifferenziertheit, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf zur Schau stellen, ist vor allem ein Angriff auf - das hat Herr Lynack schon zu Recht gesagt - die verfassungsrechtlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe. Wenn die FDP die Änderung durchzieht, die ihr Gesetzentwurf vorsieht, dann benachteiligt sie damit - und das ist für sie eigentlich untypisch - auch den Einzelhandel. Aber dazu komme ich gleich noch einmal.

Entscheidend ist, dass weiterhin die Kommunen die Entscheidungshoheit haben. § 14 Abs. 1 Buchst. c des Feiertagsgesetzes gibt ihnen ausdrücklich einen Entscheidungsspielraum.

Herr Oetjen, Sie sprechen in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes davon, dass ein Flohmarkt den Charakter eines Ausflugszieles haben kann haben, und haben das mit dem Beispiel Ihrer Familie und Ihrer Tochter deutlich gemacht. Darauf geht die Urteilsbegründung sehr gut - sehr differenziert und sehr intensiv - ein. Da heißt es z. B.:

„Gewerbliche Floh- und Trödelmärkte, bei denen nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen, sind an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich unzulässig.“

Ich zitiere weiter:

„Die Märkte, die unstreitig zu einem großen und sogar überwiegenden Teil von gewerblichen Anbietern bestritten würden, seien ganz überwiegend auf den Abschluss von Erwerbsgeschäften ausgerichtet.“

Und jetzt kommt es:

„Angesichts der Konzentration des Angebots des Marktes auf Kauf und Verkauf seien diese Umstände“

- dass ein solcher Markt ein Treffpunkt für Freunde und ein Ausflugsziel für Familien sein kann -

„jedoch als Begleiterscheinungen zu werten.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht gewerbliche Flohmärkte betrifft dieses Urteil überhaupt nicht. Diese Differenzierung findet sich in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht wieder.

Bei den Beratungen im Ausschuss werde ich der Frage nachgehen, wie gewerbliche Anteile an Flohmärkten zu werten sind. Ich glaube, das wird eine spannende Frage sein. Dazu würde ich gerne

den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hören. - Sie nicken jetzt, Herr Oetjen. Aber in Ihrem Antrag ist von dieser Differenzierung keine Spur.

Ganz interessant dürfte aber auch ein Vergleich mit anderen Bundesländern sein. NRW hat eine ähnliche Regelung wie Niedersachsen. RheinlandPfalz ist noch etwas weiter gegangen; da hat man eine Regelung gefunden, wie wir sie auch von anderer Stelle kennen, mit acht Sonntagen, die man nutzen können soll, ohne dass sie aufeinander folgen. Aber auch das beurteilt beispielsweise der Deutsche Gewerkschaftsbund grundsätzlich sehr kritisch; er sieht darin einen Angriff auf die freien Wochenenden.

Auch der Einzelhandel würde durch eine Zulassung von Floh- und Trödelmärkten an Sonntagen benachteiligt. Die fliegenden Händler auf den Floh- und Trödelmärkten zahlen natürlich keine Ladenmiete, und dann sollen sie auch noch am Sonntag - so ist es der Wunsch der FDP - gewerblich in Konkurrenz zum Einzelhandel gehen können!