Protocol of the Session on December 13, 2017

Ich kann schon einmal sagen: Dieser Gesetzentwurf ist viel zu undifferenziert, als dass wir ihn mittragen könnten. Aber ein paar rechtliche Fragen wird man sicherlich im Ausschuss diskutieren können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Es folgt jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Sebastian Lechner. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sind uns der Bedeutung der Flohmärkte sehr bewusst.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Hört! Hört!)

Jan-Christoph hat ja durchaus eindrucksvolle Zahlen genannt. Flohmärkte sind Treffpunkte. Sie sind Zeitvertreib. Sie ermöglichen im Übrigen manchen Rentnern und jungen Familien, aber auch manchen Organisationen einen willkommenen Nebenverdienst, den man nicht außer Acht lassen kann.

Deswegen stellen wir klar: Eine rechtliche Konstellation oder auch eine rechtliche Regelung, die die

Floh- und Trödelmärkte in Gänze infrage stellen würde, werden wir nicht dulden und zulassen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Aber wie Belit Onay hier schon richtigerweise gesagt hat, muss man es etwas differenzierter betrachten. Neben den Zitaten, die Belit gebracht hat, will ich noch ein zentrales Zitat bringen, auch um die Grenzlinie ein bisschen deutlicher zu machen. Das Urteil besagt:

„Die Märkte, die unstreitig zu einem großen und sogar überwiegenden Teil von gewerblichen Anbietern bestritten würden“

- es geht also um die Anzahl der gewerblichen Anbieter auf einem solchen Markt -,

„seien ganz überwiegend auf den Abschluss von Erwerbsgeschäften ausgerichtet“

und damit zu untersagen.

Natürlich ist das eine Frage der Anzahl und der Quantität. Aber umgekehrt - das ist die positive Botschaft, die leider verschwiegen wird - besagt dieses Urteil, dass Märkte, die unstreitig nicht überwiegend mit gewerblichen Anbietern besetzt sind, zulässig sind.

(Belit Onay [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Damit sind alle Flohmärkte bei den Kirchen, bei den Gemeinden, bei den ehrenamtlichen Organisationen, die privat organisierten Flohmärkte, die wir in Erinnerung haben, überhaupt nicht in Gefahr.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD und von Belit Onay [GRÜNE])

Wenn man das so wertet, dann muss man feststellen, dass euer Gesetzentwurf vor allen Dingen diejenigen im Blick hat, die gewerbliche Flohmärkte betreiben oder als Gewerbliche auf Flohmärkten auftreten und damit im Grunde genommen professionelle Verkaufsveranstaltungen durchführen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ja!)

Ich muss ehrlich sagen: Wir von der CDU haben ein Problem damit, diese professionellen Verkaufsveranstaltungen am Sonntag generell zuzulassen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Lieber Jan-Christoph, ich glaube, dass es gar nicht erforderlich ist, solche Veranstaltungen am Sonntag zuzulassen. Dein Argument, dass sie nur am Sonntag stattfinden könnten, weil man ansonsten keine Plätze fände, finde ich, ehrlich gesagt, nicht besonders tragfähig. Ich wüsste, wo in meiner Gemeinde man von Montag bis Samstag von 0 bis 24 Uhr einen professionellen Flohmarkt veranstalten könnte.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Da geht außer dir keiner hin!)

Ich glaube, der Hauptgrund ist, dass am Sonntag schlicht mehr Leute kommen. Dass Flohmärkte an Sonntagen besser angenommen werden, hast du bestätigt.

Das Sortiment solcher Flohmärkte ist aber in Teilen fast deckungsgleich mit dem des Einzelhandels. Teilweise umfasst es sogar schon ein FoodSortiment. Wenn man das generell zulässt, schafft man im Grunde genommen eine günstige Einkaufsmöglichkeit am Sonntag. Die stünde in diametraler Konkurrenz zum Einzelhandel. Vielleicht machen sich dann Einzelhändler, die nur an verkaufsoffenen Sonntagen öffnen dürfen, auf und nehmen als gewerbliche Anbieter an solchen Flohmärkten teil. Das heißt, wir haben dort eine Dynamik, die am Ende zu einer Unterhöhlung des Sonntagsschutzes führt. Das finden wir viel zu weitgreifend.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Lieber Jan-Christoph, der Sonntagsschutz ist eben nichts Lapidares. Es handelt sich um ein wirklich hohes Rechtsgut, das eine christliche und auch eine sozialpolitische Tradition hat. Ich zitiere gerne Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung, der im Übrigen über Artikel 140 GG Grundgesetzwirkung hat. Dort heißt es:

„Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“

Ich finde, seelische Erhebung, Jan-Christoph, können wir alle gut gebrauchen, auch die FDP. Insofern sollten wir damit nicht so leichtfertig umgehen.

Ich finde, wenn überhaupt, muss man gewerbliche Flohmarktverkäufer gleich behandeln mit Einzelhändlern. Sie haben die Möglichkeit, an verkaufsoffenen Sonntagen, genauso wie der Einzelhandel, ihre Märkte zu machen. Ich kann nicht erkennen,

dass es großartige Unterschiede gibt, um sie rechtlich unterschiedlich zu behandeln. Insofern sind wir der Auffassung, dass die Rechtslage, die es heute gibt, die das Urteil des OVG auch geschildert hat, im Grunde genommen ausreichend ist.

Wir warten die Ausschussberatungen gerne ab. Vielleicht gibt es ja noch Argumente und Fakten, die uns von unserer Auffassung abbringen. Aber im Moment finden wir die Rechtslage gut, wie sie ist, und wir wollen sie beibehalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lechner. - Für eine Kurzintervention nach § 77 unserer Geschäftsordnung hat sich der Kollege Oetjen gemeldet. Er ist schon im Anmarsch und bekommt 90 Sekunden. Bitte!

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lechner, der Kollege Onay hat ja ähnlich argumentiert wie Sie. Ich möchte Sie herzlich einladen, sich einmal in die Situation desjenigen zu versetzen, der einen Flohmarkt veranstalten will. Der beantragt bei seiner Kommune ja eine Genehmigung. Nun ist trotz unveränderter Rechtslage aufgrund des Urteils die Rechtsdurchführung geändert worden. Nach Ihrer Lesart, Herr Kollege Onay, wäre das kein Problem: Wenn Sie einen Flohmarkt anmelden, müssten Sie nur nachweisen, dass es - in die Tüte gesprochen - dort dann mehr Privatleute gibt als gewerbliche Verkäufer.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ja!)

Nur: Wenn Sie den Flohmarkt anmelden, wissen Sie ja noch gar nicht, wie viele Aussteller Sie tatsächlich finden, die als Privatleute Sachen verkaufen.

Ich lade Sie insofern herzlich ein: Lassen Sie uns in den Ausschussberatungen diejenigen anhören, die Flohmärkte veranstalten, um mit ihnen darüber zu diskutieren, wo das Problem liegt und wie man es abstellen kann. Wir wollen doch alle gemeinsam, dass Flohmärkte weiter stattfinden können, und nicht, dass Kommunen in vorauseilendem Gehorsam einfach eine Ablehnung schreiben.

(Beifall bei der FDP)

Besten Dank, Herr Oetjen. - Herr Lechner, möchten Sie erwidern? - Er ist schon im Anmarsch. Erwiderung ebenfalls 90 Sekunden!

Lieber Jan-Christoph Oetjen, wir sind uns dieses Problems bewusst. Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir im Ausschuss die Kommunen und diejenigen, die solche Flohmärkte veranstalten, anhören und diskutieren, wie man die Rechtslage vielleicht klarer fassen kann.

Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass viele Flohmärkte einen Entwicklungsprozess hinter sich haben. Die meisten starten als private, kleine Flohmärkte, bei denen völlig unstrittig ist, dass sie, auch nach jetziger Rechtslage, von der Gemeinde genehmigt werden dürfen, und entwickeln sich, weil sie attraktiv sind, weil sie ein Zuschauermagnet sind etc., zu einer größeren Veranstaltung. Und dann kommen die gewerblichen Verkäufer.

Ich kenne einen solchen Flohmarkt aus meiner Heimatstadt Neustadt am Rübenberge. Dort sind mittlerweile mehr gewerbliche als private Anbieter. In so einem Fall muss der Veranstalter beim nächsten Mal dann eben den Nachweis erbringen, dass es in Zukunft anders sein wird oder dass sich die Zusammensetzung ändert. Ansonsten ist der Flohmarkt nicht mehr zulässig, weil er mit der Sonntagsruhe nicht vereinbar ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)