Protocol of the Session on January 24, 2019

Danke schön. - Frau Ministerin Reimann, bitte!

Herzlichen Dank für diese Frage. Ich will kurz erläutern, wie viele Mitarbeitende in letzter Zeit an Tuberkulose erkrankt sind.

Nach Information der betroffenen Landkreise Cloppenburg und Osnabrück wurde bei jeweils vier Personen, die in der Fleischindustrie gearbeitet haben, eine offene Lungentuberkulose diagnostiziert. Im Rahmen der Kontaktermittlung durch das Gesundheitsamt ist in Cloppenburg noch eine weitere Person auffällig geworden. Bei den betroffenen Personen gab es überwiegend unterschiedliche Erregerstämme. Das bedeutet, dass es sich in den meisten Fällen nicht um eine aktuelle Ansteckung in den Betrieben oder im Wohnumfeld handelt, sondern um voneinander unabhängige, vermutlich mitgebrachte Infektionen.

Das Gesundheitsamt Cloppenburg hat - das ist als allererstes erforderlich - dann umfangreich Kontaktpersonen untersucht. Bei 94 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine Blutentnahme durchgeführt worden, und die Blutproben wurden durch den IGRA-Test untersucht.

Da die Betroffenen aber in privaten Unterkünften und nicht in Beschäftigtenwohnungen gewohnt haben, greift der Runderlass nicht. Deswegen ist es, wie ich auch vorhin schon gesagt habe, so wichtig, eine gesetzliche Handhabe für normale Wohnungen zu bekommen.

Vielen Dank, Frau Minister. - Die nächste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Kollege Hausmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lasse das „vor dem Hintergrund“ weg und stelle gleich die Frage: Was hat die Arbeit der Beratungsstelle bisher bewirkt?

Danke schön. - Herr Minister Dr. Althusmann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die unter prekären Arbeits- und Lebensbedingungen leidenden ausländischen Beschäftigten sind - ich sagte es bereits - über das Hilfsangebot der Beratungsstellen und Berater, durch Flyer und auch durch Mund-zu-Mund-Propaganda in den jeweiligen Communities informiert. Sie nehmen dieses Angebot auch an, und wir konnten vielen von ihnen auch im Einzelfall helfen.

Die Beratungsstellen werden vor Ort von anderen Akteuren - den Kommunen, der Kirche, der Polizei, dem Zoll, den Strafverfolgungsbehörden - als kompetente Ansprechpartner zu Rate gezogen und als solche anerkannt. Letztlich wirken sie auch als Bindeglied und Netzwerkgestalter.

Allein durch die Existenz, der mittlerweile gegebenen Bekanntheit der Beratungsstellen, aber auch durch ihren proaktiven, niedrigschwelligen Ansatz der aufsuchenden Beratung und Hilfe vor Ort - sie fahren in Bullis, d. h. sie sind erkennbar, auch für die Unternehmen - sind viele Unternehmen bei der Gewährleistung anständiger Arbeits-, Lebens- und Wohnbedingungen von Werksvertragsbeschäftigten und Fremdpersonal sensibler geworden.

Schwarze Schafe fürchten die Aufdeckung und die Veröffentlichung unhaltbarer Zustände durch die Beraterinnen und Berater. Wohnbedingungen der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich selbst nach Meinung der Bera

tungsstellen und auch der Gewerkschaften inzwischen etwas verbessert.

In meinem letzten Gespräch mit den Vertretern der Ernährungswirtschaft und der Fleischindustrie in Niedersachsen waren gerade die Arbeitsbedingungen von Menschen auf den Schlachthöfen ein besonderer Tagesordnungspunkt. Es gibt zwei Selbstverpflichtungen der deutschen Ernährungs- und Fleischwirtschaft, einen Verhaltenskodex. Die Unternehmen versuchen natürlich im Großen und Ganzen, diesen Verhaltenskodex einzuhalten, um nicht in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten. Das gelingt nicht immer, aber ganz überwiegend versuchen die Unternehmen, diesen Verhaltenskodex einzuhalten.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage: noch einmal die Kollegin Viehoff, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Im Rahmen der Einhaltung der Regelungen des Arbeitsschutzes sind auch die Gewerbeaufsichtsämter in der Pflicht; Frau Ministerin Reimann hat dazu schon unter dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt ausgeführt. Von daher frage ich die Landesregierung, wie oft die Gewerbeaufsichtsämter im letzten Jahr aufgrund von Unfällen oder aufgetretenen Krankheiten die niedersächsischen Schlachthöfe im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitsschutzregelungen überprüft haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Frau Sozialministerin Reimann, bitte sehr!

Vielen Dank für die Frage, Frau Viehoff. Die Staatliche Gewerbeaufsicht kontrolliert nach den Vorgaben der Dienstanweisung, ob die einschlägigen gesetzlichen Anforderungen von den Arbeitgebern in Niedersachsen eingehalten werden, also Arbeitszeitgesetz, aber auch das Arbeitsschutzgesetz. In der Dienstanweisung werden Vorrangaufgaben festgelegt. Hierunter fallen auch zu beaufsichtigende Anlagen, Betriebsbereiche und Betriebe, die entsprechend kategorisiert sind.

Beispielsweise werden sogenannte IED-Anlagen - Anlagen gemäß der Industrial Emissions Directive,

eine EU-Richtlinie - je nach der Zuordnung zumindest in Abständen von ein bis drei Jahren kontrolliert und inspiziert. Ich kann zurzeit nicht die Zahl der Kontrollen nennen, die aufgrund von Unfällen oder anderen Vorkommnissen anlassbezogen durchgeführt wurden. Wir erfragen das bei den Gewerbeaufsichtsämtern und reichen die Information gerne nach.

(Eva Viehoff [GRÜNE]: Danke schön!)

Danke schön. - Jetzt folgt die FDP.

(Horst Kortlang [FDP] spricht mit Mi- nister Björn Thümler)

- Kollege Kortlang, wenn Minister Thümler Sie freigibt, dürfen Sie jetzt Ihre Frage stellen.

Verehrtes Präsidium! Meine Damen, meine Herren! Liebe Landesregierung, Herr Althusmann, ich frage Sie: Wie sieht es mit den Erkenntnissen aus den mobilen Beratungsstellen aus? Sehen Sie eine Berichterstattung, was dort besprochen und verhandelt worden ist, hier im Plenum oder in den Ausschüssen in gewissen Abständen vor? Denn es ist ja von gravierender Wichtigkeit, dass auch uns das zur Kenntnis gebracht wird.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kortlang.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, bevor wir die Antwort der Landesregierung einholen, möchte ich darum bitten, dass hier Ruhe hergestellt wird. Alle wollen hier zuhören, auch die Besucher, und dazu bedarf es einer gewissen Ruhe im Plenarsaal.

Jetzt kommt die Antwort der Landesregierung. Herr Minister, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beratungsstellen haben sich in den vergangenen Jahren - ich erwähnte es - insbesondere vor dem Hintergrund der temporären Arbeitsmigration positiv entwickelt, was den Umfang ihres Beratungsangebots und deren Aktivitäten betrifft. Die vier Beratungsstellen werden gefördert,

und zwar die in Oldenburg und in Hannover seit 2013, die für den Raum Südostniedersachsen in Braunschweig seit 2015 und seit dem Frühjahr 2016 auch die in Lüneburg. Ich erwähne das, weil wir nicht einfach sagen können, dass in dem und dem Umfang seit 2013 beraten worden ist. Das Ziel der Beratungsstellen ist es, im Wirtschafts- und Sozialsystem unerfahrenen und sprachbedingt oft hilflosen Menschen über die Vereinigung „Arbeit und Leben“ zu beraten.

Der große Bedarf - jetzt komme ich zu Ihrer Frage - nach solchen Beratungsangeboten für mobile Beschäftigte zeigt sich in der hohen Inanspruchnahme. Von allen Beraterinnen und Beratern wurden bis Mitte 2018 insgesamt über 6 300 Personen zu ca. 10 600 Themen beraten. Das sind arbeitsrechtliche Themen, sozialversicherungsrechtliche Themen, gesundheitliche Themen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dieser niedrigschwellige Ansatz wirksam ist, um aktiv gegen soziale Missstände vorzugehen und die schleichend schlechter werdenden Arbeitsbedingungen nicht einfach so hinzunehmen.

Dazu liegen uns auch Statistiken vor. Ich habe mir inzwischen auch einen Bericht der Vereinigung „Arbeit und Leben“ kommen lassen, um genau zu sehen, was tatsächlich gemacht worden ist. Insofern kann man schon sagen: Der Beratungsbedarf ist hoch. Er muss aktiv angegangen werden; denn die Menschen kommen nicht von allein, sondern erst, wenn sich Vertrauen aufgebaut hat.

Aber die Beraterinnen und Berater sind nicht nur Ansprechpartnerinnen und -partner für die Werkvertragarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, sondern sie stehen natürlich auch den Unternehmen zur Verfügung. Sie stehen mit ihnen in einem engen Kontakt und arbeiten in diesem Netzwerk. Insofern kann man durchaus sagen, dass es an der Stelle eine erhebliche Vielfalt gibt. Die Ergebnisse der Beratungsstellen liegen uns vor. Wir werten diese Berichte kontinuierlich aus. Wenn Sie mehr erfahren wollen, kann ich das gern schriftlich nachreichen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die fünfte und letzte Zusatzfrage für Bündnis 90/Die Grünen stellt der Abgeordnete Christian Meyer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der großen Problemlage, die

Minister Althusmann eben geschildert habe, und des entsprechenden Bedarfs frage ich die Landesregierung, ob sie die Kritik des Prälaten Kossen und seines Bruders, eines Arztes aus der Region Vechta/Cloppenburg, teilt, die heute Morgen im NDR geäußert haben, dass wir es mit einem riesigen Ausbeutungsproblem zu tun hätten, mit einer Form moderner Sklaverei. So hat sich der Vorgänger von Herrn Althusmann, Herr Lies, damals nach dem von Ihnen genannten Gespräch mit der Fleischwirtschaft öffentlich geäußert.

Ich frage, ob auch die jetzige Regierung davon sprechen würde, dass diese erheblichen Missstände in Form von Ausbeutung, Wuchermieten, Vermietung von „Rattenlöchern“ - so wurde es heute bezeichnet -, massiven Sozialbetrugs und des Schindens von Menschen - der katholische Prälat sagte, in der Fleischindustrie würden Menschen zu Krüppeln geschunden, aber leider halte sich die Empörung in Grenzen - weiterhin bestehen. Gehen Sie weiterhin von einem großen Missstand aus? Oder ist alles geregelt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte sehr!

Sie wissen, dass ich hohen Respekt vor den Amts- und Würdenträgern aller Kirchen habe. Deshalb gestatten Sie mir schlicht diesen Hinweis: Ich kann die Aussagen des Prälaten in der Kürze der Zeit - von heute Morgen bis jetzt - nicht bewerten und jetzt auch nicht auswerten. Wir werden der Sache aber sicherlich nachgehen.

Es ist allerdings zu Vorsicht zu raten, wenn es zu einer Pauschalisierung hinsichtlich der gesamten Arbeitsbedingungen kommt. Es gibt zahlreiche schwarze Schafe. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist durch die Beratungsstellen und durch die Hinweise deutlich höher geworden. Wenn es Missstände gibt, werden wir gegen die Firmen bzw. gegen diejenigen, die das im Rahmen eines Werkvertrages machen, entsprechend vorgehen. Das Netz in Niedersachsen wird durch die Polizei, durch die mobilen Beratungsstellen und durch andere, die im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit mitwirken, immer dichter. Das heißt, die Entdeckungsgefahr für unlautere Arbeitgeber ist in Niedersachsen deutlich erhöht worden.

(Der Redner zeigt zwei Ausdrucke mit mehreren Grafiken)

Ich habe - auch im Hinblick auf die vorangegangene Frage - nachgeschaut. Das sind die Berichte zu den Themen und zur Zahl der Beratenen, die wir uns von „Arbeit und Leben“ geben lassen. Das Ganze ist natürlich verschriftlicht.

Herr Abgeordneter Meyer, so pauschalierend kann ich das nicht sagen. Schwarze Schafe - auch gelbe, grüne, rote und sonstige - gibt es natürlich in allen anderen Branchen, und in dieser im Besonderen. Dass es eine problematische Branche ist, ist unbestritten.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Frage kommt von der CDU. Kollege Bley, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese vom Land geförderten Beratungsstellen leisten sicherlich gute Arbeit. Aber falls es dazu kommen sollte, dass Beraterinnen und Berater durch Kompetenzüberschreitungen auffällig werden: Was kann die Landesregierung dann tun?

Danke schön, Herr Kollege. - Herr Minister, bitte!