Sie hätten bei dieser Norm, die 2010 eingeführt wurde, natürlich schon im Vorfeld und sehr viel früher reagieren müssen. Sie hätten sich klarmachen müssen, was das eigentlich für Folgen sind, die auf uns zukommen und die wir jetzt merken. Jetzt wird bei uns jeder einzelne Straßenzug aufgrund von EU-Grenzwerten beklagt und gesperrt. Das führt zu Umleitungen, die dreimal so lang sind und wahrscheinlich auch dreimal so viel Schadstoffausstoß verursachen. Das, liebe CDU, haben Sie verursacht.
Es ist Ihre Partei - und vielleicht sind auch Sie es -, die heute nicht etwa mit einem Antrag, einer Vorlage, einer Resolution oder einem Appell - wie wir ihn hier auch schon oft genug hatten - kommt, sondern Sie kommen mit einem Thema für die Aktuelle Stunde. Sie wollen „mal drüber reden“, weil jetzt alle darüber reden. Das finde ich ein bisschen populistisch und durchschaubar.
Das wird uns gern vorgeworfen. Sie sind voll dabei! Das wäre vielleicht gar nicht innovativ, sondern es wäre die Einhaltung von Regeln und Gesetzen, und es wäre einmal eine Rückbesinnung auf das, was eigentlich zu tun ist. Sie fragen noch nicht einmal, ob Messstationen - die zum Teil seit 28 Jahren stehen und zu ganz anderen Zwecken aufgestellt wurden - bei der Einführung der Norm 2010 darauf überprüft wurden, ob sie an der Stelle, an der sie stehen, richtig stehen, ob sich dort die richtigen Messwerte ergeben, ob sie die Toleranzen, die erst 2010 vorgegeben wurden, in dem
Sinne einhalten, dass man die Werte, die dort gemessen werden, mit Blick auf die Einhaltung von Jahresmittelwerten auch verwenden kann. Das alles haben Sie nicht getan. Das haben Sie versäumt. Vielleicht stimmen Sie wenigstens dem FDP-Antrag zu, der etwas Ähnliches vorsieht.
Vor knapp einem Jahr - am 27. Februar - hörten wir hier die Worte der Grünen, dass jährlich 8 000 Tote durch Stickoxide zu beklagen sind. Das sehen Ärzte anders und Wissenschaftler sowieso. Inzwischen wurde sogar aufgesattelt. Die Grünen reden hier über 10 000 Tote. Völlig ohne jeden Beleg und auch völlig ohne jeden Belang!
Die Zahlen resultieren daraus, dass die Lebenserwartung der Landbevölkerung mit der der Stadtbevölkerung verglichen wird. Dann sagt man nicht etwa: „Ja, da herrschen andere Umstände“, sondern: „Es muss die Luftverschmutzung sein, und es ist bestimmt das Stickoxid, das für diesen Unterschied zuständig ist.“ Dann wird gerechnet, und wenn die Grünen rechnen, kommen jetzt 10 000 Tote heraus und beim nächsten Mal vielleicht 12 000, die es angeblich sein sollen.
Immerhin: Sie haben Zweifel, wahrscheinlich auch an Ihren eigenen Zahlen. Der Einzige, der hier im Hause noch nicht zweifelt, ist Minister Lies. Wir haben das letzte Mal in der Plenarsitzung gefragt, ob der Minister Lies es so sieht, dass die Grenzwerte von 40 µg vielleicht einmal zu überprüfen wären, ob sie anzuzweifeln wären. Sie waren beharrlich und haben an dieser Stelle gesagt, Sie zweifelten diese Werte nicht an. Nun, Herr Lies, da sind Sie inzwischen einer der Letzten im Land und wahrscheinlich auch schon fast der Letzte hier im Haus.
Was wir hier erleben, ist, dass wir auf eine wichtige Vorschrift keinerlei Einfluss haben und mehr oder weniger rütteln und betteln müssen, also auf diesen EU-Grenzwert, der uns aufgezwungen wurde, der völlig willkürlich gesetzt ist. Den können wir
nicht aus der Welt schaffen, so viel wir hier auch diskutieren. Weniger Brüssel, mehr Berlin und noch viel mehr Hannover! Das wäre jetzt das Wort der Stunde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von der CDU! Ich weiß ja nicht, wie viel NOx Ihre Parteiführung am Wochenende bei der Klausurtagung eingeatmet hat, ich weiß auch nicht, ob es an Walsrode lag oder ob es daran lag, dass Friedrich Merz zufällig dort war,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Bäumer, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie meine Rede aus der Aktuellen Stunde im Herbst letzten Jahres hier heute in weiten Teilen wiederholt haben.
Alles, was Sie gesagt haben, war richtig. Damals war es auch schon richtig, ich habe aber keine Zustimmung in dem Umfang von Ihnen erfahren. Von daher: Herzlichen Dank für die Erneuerung der CDU in Niedersachsen!
Was allerdings schon eine Frage ist, die man sich tatsächlich stellen muss, wenn das denn so ist: Was tun Sie - außer zu reden - tatsächlich dafür, dass sich etwas ändert? Wieso lassen Sie es eigentlich zu, dass die Vertreter der Landesregierung - namentlich des Sozialministeriums - gerade zugelassen haben, dass der Richtwert für NOxBelastung in Wohn- und Büroräumen vom Umweltbundesamt von 60 auf 40 µg/m³ abgesenkt wird, um ihn dem an der Straße anzupassen, wenn Sie ein Moratorium für Grenzwerte wollen? Warum stimmen Sie dem FDP-Antrag bisher nicht zu, der genau das, was Sie hier in der Aktuellen Stunde vorgetragen haben, fordert und bereits seit letztem Jahr hier zur Beratung vorliegt? - Wir können das gern nächste Woche im Wirtschaftsausschuss und dann im Februar auch hier im Plenum beschließen, damit die Regierung tatsächlich tätig wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen von der SPD, was wollen Sie jetzt konkret tun, um Fahrverbote zu verhindern? Wir haben laufende Gerichtsverfahren in Oldenburg und Hannover, die kurz vor der Entscheidung stehen. Ein Gericht lässt sich - bei allem Respekt vor Runden Tischen - in dieser Frage nicht von Runden Tischen aufhalten. Man muss etwas anderes tun, damit Fahrverbote tatsächlich verhindert werden.
Von daher ist es richtig - so wie es Kollege Bäumer hier gesagt hat -, dass man den Grenzwert - mit dieser Position sind wir ja nicht allein; dieser Forderung haben sich auch sehr viele Lungenärzte angeschlossen - tatsächlich einmal überprüft.
Denn der Grenzwert ist durch eine Studie entstanden, die Jahrzehnte alt ist, nicht von der WHO stammt, sondern aus den USA, wo man die NOxBelastung durch Gasherde in Wohnräumen untersucht hat. Das hat also tatsächlich nichts mit Verkehr zu tun. Das ist die Grundlage für entsprechende Fahrverbote in Deutschland. Das kann so nicht richtig sein.
Das heißt, es ist richtig, den Grenzwert zu hinterfragen und zu überprüfen. Aber, Herr Kollege Bäumer, liebe Kollegen von der CDU, auch das wird genauso wenig wie Runde Tische Fahrverbote in Hannover oder Oldenburg stoppen können. Wir müssen niemandem irgendetwas Falsches versprechen, nämlich dass man Grenzwerte, die in Brüssel festgesetzt worden sind, die europäisches Recht sind und über die 39. BlmSchV - übrigens unter Führung der CDU -
in Deutschland umgesetzt und eingeführt worden sind, sozusagen durch eine entsprechende Initiative und Vorentscheidungen der Gerichte stoppen oder verändern könnte. Das wird nicht funktionieren.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir sollten auch einmal die Frage stellen, ob das überhaupt notwendig ist. Wir sollten das, was in den letzten Jahrzehnten zur Luftreinhaltung in Deutschland und gerade in Niedersachsen funktioniert hat, doch jetzt nicht kleinreden. Wir sollten auch die EU-Richtlinie nicht einfach so kritisieren. Denn die EU-Richtlinie ist in dieser Fragestellung durchaus sehr weise formuliert, weil sie nämlich sagt, es sollte dort gemessen werden und der Grenzwert von 40 µg sollte dort gelten, wo sich Menschen überwiegend aufhalten, und zwar dort - mit Blick auf die Repräsentativität -, wo sich viele Menschen überwiegend aufhalten. Die EU-Richtlinie verbietet, dort Messwerte zu
erheben, wo es Sonderfaktoren gibt, die Werte verfälschen, beispielsweise Abgase durch Stopand-go vor Kreuzungen, dort, wo es Sondersituationen gibt, wo kein Luftzug ist, beispielsweise dort, wo Wände stehen oder Bäume über Anlagen ragen. Dort dürfen gerade keine Werte erhoben werden, um diese Luftreinhaltungswerte zu überprüfen. Diese Sonderfaktoren zeigen, dass die Stationen an den Standorten, die wir in Niedersachsen in den beiden genannten Städten haben, schlicht und ergreifend nicht korrekt aufgestellt worden sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Oldenburg am Heiligengeistwall hat Weihnachten wahrscheinlich - entsprechend dem Straßennamen - der Heilige Geist eine Weihnachtsparty gefeiert. Denn als Heiligabend kein Verkehr war, sind die Grenzwerte überschritten worden. Diese Station ist zwar auch technisch durchaus zu hinterfragen, aber man sieht dort eine Linde direkt an der Station, sie lehnt quasi an der Station. Herr Umweltminister, eine Linde ist ein Baum! Ein Baum wird aber ausgeschlossen! Er darf nicht neben einer Station stehen. Dann muss die Station versetzt werden, sofern es möglich ist, und die Straße in Oldenburg ist lang genug. Es gibt genügend Stellen. Dort zeigen alle Passivsammler, dass die Werte eingehalten werden.
Die Station an der Göttinger Straße in Hannover, durch die die Messwerte hier so verfälscht werden, steht in einem künstlichen Luftwirbel vor einer Industriewand. Sie stand vorher auf der anderen Straßenseite, wo die Menschen wohnen, wo die Wohnbebauung ist, und dort hat die Messstation tatsächlich gemessen, dass die Grenzwerte eingehalten wurden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir richtig messen würden, hätten wir keine Grenzwertüberschreitung.
Wenn Sie die Stationen endlich so aufstellen, wie es die EU tatsächlich will, dann haben wir auch keine Probleme mit Fahrverboten - weder in Hannover noch in Oldenburg. Von daher ist die Zeit des Redens endlich zu Ende. Es ist die Zeit des Handelns gekommen, Herr Minister Althusmann. Setzen Sie sich endlich gegen Minister Lies durch, der uns erzählt, er habe das alles überprüft! Wir haben jetzt ja ein Aktenvorlagebegehren eingereicht, weil wir von Ihren Überprüfungen nichts mehr glauben.
Es ist offensichtlich: Die Stationen stehen falsch. Sie stehen so, dass Fahrverbote kommen. Herr Minister Lies, dann sind Sie die Mutter aller Fahrverbote.
- Und auch Frau Kollegin Byl wird jetzt Ihre Aufmerksamkeit bekommen. Ich darf darum bitten, dass Sie das Gemurmel einstellen. Wir beginnen erst, Frau Kollegin, wenn Ruhe eingekehrt ist. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Innovation statt Verbotskultur - Wahnsinn bei Stickoxid-Messstellen und Grenzwerten beenden“ - ich glaube, wir alle sollten uns diesen Titel noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist ein wunderbarer Titel!