Protocol of the Session on January 23, 2019

Ich glaube, die CDU hat hier richtig Lust auf Provokation.

Aber ernsthaft: Meinen Sie nicht, dass die Leute da draußen nach über drei Jahren Dieselskandal endlich genug von diesen Scheindebatten haben und wirklich dringend Lösungen sehen wollen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meinen Sie nicht, dass die Leute da draußen endlich eine Landes- und auch eine Bundesregierung sehen wollen, die ihren Job auch gegenüber der Autoindustrie erledigt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Grenzwerte sind in der Tat nicht vom Himmel gefallen. An den Entscheidungen der EU haben alle Mitgliedstaaten mitgewirkt, auch Deutschland.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bundesregierung - das hat mein Kollege Bode gerade schön ausgeführt - hat sie selbstständig in nationales Recht überführt. Deswegen möchte ich hier an dieses Haus appellieren: Wir haben beim Brexit gesehen, wohin es führt, wenn wir einfach

alles, was uns plötzlich nicht mehr passt, auf die EU schieben wollen. Aber das sind wirklich Fake News, und das ist gefährlich!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um die Debatte mal zu versachlichen, komme ich Ihnen von der CDU sogar entgegen und habe in Ihrem tollen neuen Fünf-Punkte-Plan eine Aussage gefunden, die absolut richtig ist:

(Dirk Toepffer [CDU]: Eine nur?)

- Ja, eine, aber immerhin!

„Wer heute einen Diesel fährt und auf Politik und Hersteller vertraut hat, darf dafür nicht bestraft werden.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist richtig, das finden auch wir. Was die CDU hier meint, sind sicherlich Fahrverbote. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und klarstellen: Niemand will Fahrverbote - auch wir Grünen nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU - Zurufe von der CDU: Ach!)

Denn Fahrverbote, die von Gerichten verhängt werden, sind Ausdruck eines Scheiterns.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das heißt nämlich, dass es nicht rechtzeitig gelungen ist, ohne Fahrverbote für saubere Atemluft zu sorgen. Die Grenzwerte würden übrigens längst erfüllt, wenn die vergleichsweise neuen Diesel die Abgasvorgaben einhalten würden und wenn Sie die Verkehrswende nicht schlichtweg verpennt hätten.

„Wer heute einen Diesel fährt und auf Politik und Hersteller vertraut hat, darf dafür nicht bestraft werden.“ Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es ist auch eine Strafe, als Verbraucherin oder Verbraucher auf dem eigenen Betrugsdiesel sitzenzubleiben. Für diejenigen, die im guten Glauben den „sauberen“ Diesel gekauft haben, gibt es in Niedersachsen immer noch keine Entschädigung, keine Rückkäufe durch die Hersteller und auch keine Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Industrie. Die betrogenen Autokäuferinnen und Autokäufer werden durch Sie alleingelassen. Für die Autoindustrie gab es bislang immer noch keine Konsequenzen. Das ist schade!

Frau Kollegin Byl, Herr Kollege Bäumer möchte eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie diese zu?

Nein, das hat er ja auch nicht gemacht.

(Heiterkeit)

Ansonsten hätte ich sie zugelassen, aber Strafe muss sein. Beim nächsten Mal!

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN)

Sie müssen das nicht begründen.

Aber ich möchte es gern.

Auge um Auge! - Bitte fahren Sie fort!

Vielleicht ein Lerneffekt?

Sehr geehrte Damen und Herren, das Problem an dieser Stelle sind nicht die Grenzwerte für die Luftreinhaltung. Unser Problem ist, dass weder SPD noch CDU Rückgrat gegenüber der Automobilindustrie zeigen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Die „Industrie“ - das sind über 200 000 Arbeitnehmer!)

Nur um einmal die Faktenlage darzustellen: Auch wenn der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel eingehalten würde, heißt das nicht, dass die Stickoxidbelastung ohne Folgen bliebe; denn Luftschadstoffe wirken sich immer negativ auf die Gesundheit aus. Deswegen heißen sie „Schadstoffe“!

(Glocke der Präsidentin)

Sie fordern in Ihrem Fünf-Punkte-Plan eine Neubewertung der Grenzwerte. Aber da hilft Ihnen auch keine Bild-Kampagne, die heute Morgen schön passend herauskam. Denn nach aktueller Studienlage - sie ist mittlerweile wesentlich breiter und größer angelegt - müsste eigentlich sogar ein deutlich strengerer Grenzwert das Ergebnis sein.

(Zuruf von Jörg Bode [FDP])

- In der Tat! Die WHO fordert 20 µg/m³. Wir sind bei 40. Österreich und die Schweiz liegen sogar deutlich darunter.

Gemeinsames Ziel aller politischen Parteien und dementsprechend aller Fraktionen hier in diesem Hause muss es meiner Meinung nach doch sein, dass Schadstoffbelastungen und dementsprechend die Gesundheitsbelastungen insbesondere für besonders sensible Bevölkerungsgruppen - also Schwangere, Kleinkinder, aber auch Kranke - so gering wie möglich sind; denn auch diese Menschen haben ein Recht auf gute Luft. Und auch für diese Menschen tragen Sie Verantwortung.

Das vermeintlich süße Versprechen der CDU mit ihrem Fünf-Punkte-Plan wird nicht aufgehen: Die Luft bleibt schmutzig, neue Mobilitätstechnologien können warten, und trotzdem bleiben wir Automobilland Nummer eins. Das ist Unsinn, und das wissen Sie selbst ganz genau!

(Glocke der Präsidentin)

Deswegen müssen wir endlich die Weichen für eine saubere und klimafreundliche Mobilität stellen, und die Gesetze, die es für den Schutz der Atemluft und für die Zulassung von Autos gibt, müssen endlich auch umgesetzt werden, -

Und Sie müssen leider zum Schluss kommen, Frau Kollegin.

Ich komme zum Schluss.

- damit künftig gilt: „Wer auf Politik und Hersteller vertraut, darf dafür nicht bestraft werden.“

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Umweltminister Lies.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mit dem Informationsstand anfangen, den wir haben; denn er ist, glaube ich, für uns alle wichtig.

Das Gewerbeaufsichtsamt in Hildesheim veröffentlicht immer wieder die Werte. Wieder sehen wir - das ist heute noch einmal deutlich geworden -, wie weit die Belastungen mit Stickstoffdioxid Schritt für Schritt zurückgegangen sind.

Ich will das am Beispiel der Göttinger Straße in Hannover festmachen, weil es zeigt, dass sich die eine oder andere Diskussion erledigt hat. Dort sind wir jetzt bei 42 µg/m³. Wir müssen sicherlich auch über Standorte und Messungen reden; darauf komme ich gleich noch einmal. Aber wir müssen nicht mehr Standorte problematisieren, die das zeigen, was wir schon immer klargestellt haben: Die Werte sinken weiter, und damit wird es an den allermeisten Stellen, über die wir überhaupt noch diskutieren, völlig überflüssig sein, über Fahrverbote zu reden. Vielmehr wird es weiterhin unser Ziel sein, die Flottenemissionen weiter zu senken und damit dafür zu sorgen, dass die Belastungen zurückgehen. Das können die Werte meiner Ansicht nach deutlich machen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr Sachlichkeit in der Debatte brauchen. Herr Bode, ich darf das mal so sagen: Ob es zur Sachlichkeit beiträgt, sich quasi mit Plakaten neben Messstellen zu stellen und solche Forderungen zu erheben, darüber können wir gerne mal reden. Ich glaube, dass die Sachlichkeit an einer anderen Stelle zu finden ist. Sie machen da aus meiner Sicht Fehler in der Argumentation. Das habe ich schon mehrfach von hier vorne gesagt. Ich sage das aber gerne noch einmal.