Protocol of the Session on September 12, 2018

Wir wollen gerne anerkennen, dass es unterschiedliche Leistungsfähigkeiten der Kommunen gibt. Deswegen unterstützen wir, gerade was die Kofinanzierung von EU-Maßnahmen angeht, finanzschwächere Kommunen dabei, an diesen Programmen teilnehmen zu können. Dieser Topf wird jährlich um 2 Millionen Euro auf 6 Millionen Euro aufgestockt, meine Damen und Herren.

Wir kompensieren auch die Entflechtungsmittel, was ich eben bereits gesagt habe, damit unsere Kommunen auch weiterhin an diesen Maßnahmen partizipieren können.

Die Kommunen werden nachhaltig auch an der VW-Milliarde beteiligt, z. B. bei der Luftreinhaltung und bei der Sportstättensanierung.

Ich hebe noch einmal hervor, dass wir alle unsere Anstrengungen zur Einhaltung der Schuldenbremse aus eigener Kraft geleistet haben und dabei eben nicht den Kommunen in die Tasche gegriffen haben.

(Glocke des Präsidenten)

Diese Anstrengungen - das wird auch zugesichert - werden wir aus eigener Kraft erbringen müssen. Das werden wir nicht den Kommunen aufs Auge drücken können, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, die VW-Milliarde haben wir für wichtige Investitionen in unserem Land eingesetzt. Die Mehreinnahmen sind in einem klugen Mix des Abbaus von Altschulden und Zukunftsinvestitionen verplant worden. Die positiven Effekte aus diesem Einmaleffekt sollen - das war unser Ansatz - mehr Gemeinwohl generieren, der Allgemeinheit zugutekommen können - das ist entsprechend dargelegt worden -, indem wir 350 Millionen Euro in die Digitalisierung, 150 Millionen Euro in die Hochschulmedizin, 200 Millionen Euro in die Krankenhauslandschaft in Niedersachsen, 100 Millionen Euro in die Sportstättensanierung, 100 Millionen Euro in die Luftreinhaltung, was schließlich auch etwas mit dem Thema zu tun hat, und 100 Millionen Euro in die Altschuldentilgung stecken. Das ist ein Bündel von Maßnahmen, das es uns erleichtert, zukünftig unser Land noch weiter zu modernisieren.

Das Gesamtpaket ist eine große finanzielle und fachpolitische Herausforderung. Meine Damen und

Herren, wir gestalten mit diesem Finanzpaket Zukunft in Niedersachsen.

Wir nehmen das Große und Ganze in den Blick. Wir nehmen das ganze Land in den Blick. Alle Maßnahmen finanzieller Art, vom Jahresabschluss 2017 über die VW-Milliarde bis zur Finanzplanung und zum Haushaltsplan 2019, sind ein Paket der Zukunftssicherung, ein Paket mit der Botschaft: Wir packen die Zukunft an!

Erstmals ist unser Land ohne Nettokreditaufnahme und ohne strukturelles Defizit. Die Konsolidierung wird fortgesetzt. Gleichzeitig modernisieren wir. Wir arbeiten intensiv daran, die Schuldenbremse in die Verfassung zu schreiben und die zentralen fachlichen Anliegen unter dem Gesichtspunkt nachhaltiger Finanzen sicherzustellen.

Wir verzichten eben nicht auf zusätzliche und wichtige Infrastrukturinvestitionen, sondern wir erweitern unser Leistungsspektrum, investieren und modernisieren unser Land.

Zusammengefasst: Das ist ein kluger Mix, meine Damen und Herren, aus Abbau des strukturellen Defizits, aus solider Finanzpolitik und Zukunftsinvestitionen. Das ist der Beweis dafür, dass sich genau diese Dinge bedingen und nicht gegenseitig ausschließen.

Mit diesem Paket werden wir jetzt in die Beratungen gehen. Meine Kolleginnen und Kollegen werden sicherlich in den entsprechenden Ausschusssitzungen und hier im Parlament noch einmal die Schwerpunkte der Einzeletats darlegen, um zu veranschaulichen, wo überall noch wichtige Botschaften für die Menschen in unserem Land untergebracht sind, die nennenswert wären, aber meine Redezeit jetzt sprengen würden. Das wird die weitere Beratung ergeben.

Deswegen freue ich mich auf die weitere Diskussion im Innenausschuss, im Haushaltsausschuss und in den Fachausschüssen. Wir legen Ihnen in Niedersachsen ein Zukunftswerk, eine Erfolgsgeschichte finanzpolitischer Art vor.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Finanzminister Hilbers. Als dezenter Hinweis sei mir gestattet: Die Redezeit haben Sie selbst auch schon ein bisschen gesprengt. Aber sei‘s drum!

Die erste Gegenrede gebührt der Opposition. Ich rufe für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Anja Piel auf. Bitte sehr!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sehnt sich förmlich zurück nach der unprätentiösen, bescheidenen Art vorangegangener Finanzminister. Ich würde sagen, ein Finanzminister, der den ersten gemeinsamen Haushalt der Großen Koalition als eine mehrteilige Erfolgsgeschichte und ein großes Werk der Zukunft beschreibt, kann mit solchen Ansagen schon fast nach Hollywood gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich hätte großes Interesse daran, zu erfahren, wie die Gegenrede von Herrn Hilbers in der Opposition ausgesehen hätte, wenn eine solche Ergriffenheit von den eigenen Worten zum Start von anderen Finanzministern zum Ausdruck gekommen wäre.

(Jörg Bode [FDP]: Das kann ich mir vorstellen! - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Luftbuchungen!)

Mit Spannung haben wir den ersten regulären Haushalt dieser Großen Koalition erwartet. Wir haben schon beim Nachtragshaushalt erlebt, wie man quasi mit dem Füllhorn übers Land gezogen ist. Es ist klar, es gab in vielen direkt gewonnenen Wahlkreisen Versprechen, die eingelöst werden mussten.

(Widerspruch bei der SPD)

Aber wir sind natürlich mit der Erwartungshaltung an diesen Haushalt herangegangen, dass nach intensiven Beratungen in diesem Kabinett jetzt die großen gemeinsamen Vorhaben kommen.

Die Einnahmesituation ist weiterhin gut. Wir haben also damit gerechnet, dass jetzt die großen Linien verkündet würden. Wir haben erwartet, dass es etwas Bahnbrechendes für die Integration gegeben hätte: eine große Initiative für den Wohnungsbau und nach dem Hochwasser im letzten Jahr und der Dürre in diesem Jahr mit Umweltminister Lies als Speerspitze der Bewegung ein Klimaschutzgesetz, das unseren Entwurf weit in den Schatten stellt. Mittlerweile wissen wir aber: Der Haushalt dieser Landesregierung ist mehr ein Bauchladen. - Ich habe eben gehört, er sei ein

Bündel an Maßnahmen. Man kann aber auch sagen: ein Sammelsurium.

Gemeinsame Projekte, Gestaltungswille und eine Vision für das Land? - Fehlanzeige! In Hannover ist es genauso wie in Berlin: Die Große Koalition regiert, aber es ist kein großer Wurf in diesem Haushalt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die gleich großen Koalitionspartner haben einfach die Mittel in den Topf geworfen, gerecht aufgeteilt. Ohne dass ich die Redemanuskripte von Ihnen, Herr Toepffer, und Ihnen, Frau Modder, kenne, würde ich sagen: Frau Modder wird ausgiebig die SPD-Ressorts loben, und Herr Toepffer wird ausgiebig die CDU-Ressorts loben.

(Johanne Modder [SPD]: So, wie wir das bei den Grünen gemacht haben! - Gegenruf von Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das macht es ja nicht besser, Frau Modder!)

- Sie betonen beide immer, wie man lesen kann, dass diese Große Koalition keine Liebesheirat sei. Das muss sie natürlich auch nicht sein. Aber sorry, eine Zweckehe, in der jeder Partner nur seine eigenen Interessen verfolgt, ist beim besten Willen noch keine politische Strategie für dieses Land.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Es wird nicht in diesem Bündel an Maßnahmen deutlich, was Sie machen, sondern es wird viel mehr in den Dingen deutlich, die Sie liegen lassen, z. B. bei der Integration. Während der Ministerpräsident mit warmen Worten Integrationspreise verteilt, wird in den Häusern bei den Sprachkursen, bei der Integrationsberatung und bei der Flüchtlingssozialarbeit gekürzt.

(Zuruf bei der SPD: Wo denn?)

Gestatten Sie mir dazu ein persönliches Wort: Das ist wirklich eine Absage an die Zukunft dieser Menschen im Land.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: So ein Unsinn!)

Denn die Strukturen, die Sie da zerschlagen, kommen nicht einfach wieder zurück. Aus dem guten Bündnis „Niedersachsen packt an“ wird jetzt „Niedersachsen legt’s weg“. Wir reden über Menschen, die gefördert werden müssen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Frau Piel, Sie wissen genau, dass das, was Sie sagen, nicht stimmt! Ein anderes Beispiel ist die frühkindliche Bildung. Nachdem Sie die Beitragsfreiheit, die grundsätzlich richtig ist, gegen alle Bedenken schnell durchge- setzt und die Kritik beiseite gewischt haben, stellen wir jetzt bei unseren Besuchen in den Kindergärten fest: Wir treffen Erzieherinnen und Erzieher, denen die Arbeit buchstäblich über den Kopf wächst. - Zu den dringend notwendigen Qualitätsverbesserun- gen habe ich nichts gehört. Das geht auch nicht, weil dafür kein Geld mehr im Topf ist. Na klar freuen sich die Eltern, deren Kinder Plätze in den Kindergärten gekriegt haben. Aber haben wir nicht auch Erzieherinnen und Erzieher, an die wir denken müssen? Wir wissen um den Fachkräf- temangel und wissen, wie attraktiv dieser Beruf werden muss, damit wir tatsächlich mehr Fachkräf- te einwerben können. (Beifall bei den GRÜNEN)

Gleiches gilt beim Thema Klimaschutz: energetische Sanierung - kein Geld dafür,

(Ulf Thiele [CDU]: Nichts gelesen!)

ein halbherziges Minimalprogramm zur Luftreinhaltung in den Städten, und die Mittel für die Radschnellwege sind einfach herausgestrichen worden. Dafür wird - ich habe eben mit Freude gehört, wir haben immer auf der Bremse gestanden - eine satte Summe für die Beschleunigung der Autobahnplanung bereitgestellt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oh! - Leb- hafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

- Es freut mich außerordentlich, dass Sie an der Stelle aufgewacht sind.

Wem bitte soll das denn helfen? Ist vielleicht einer von Ihnen in den letzten Monaten mal über Autobahnen gefahren, oder gucken Sie sich die nur noch oben vom Flugzeug aus an?

(Wiard Siebels [SPD]: Ja, bin ich, de- finitiv! Jeden Tag bin ich über die Au- tobahn gefahren! - Weitere Zurufe von der SPD)

Ist das wirklich Ihr Ernst, dass Sie noch mehr Güter auf diese kaputten Straßen haben wollen, ehe Sie sie sanieren, und noch weniger investieren wollen, um Güter wieder auf die Schiene zu holen?

Sie haben doch Ihre bestehenden Autobahnen noch gar nicht im Griff und wollen jetzt noch neue bauen, wodurch dann noch mehr Baustellen entstehen!

(Beifall bei den GRÜNEN)