Protocol of the Session on September 12, 2018

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Finanzminister Hilbers, Sie brüsten sich mit dem Abbau von Schulden. Die FDP wird gleich kritisieren, dass noch nicht genug Schulden abgebaut sind. Darin gehen unsere Auffassungen ein bisschen auseinander, weil wir finden, dass die meisten Schulden im Moment beim Klima gemacht werden.

(Ulf Thiele [CDU]: Was reden Sie da denn?)

- Herr Thiele, wenn Sie an der Stelle schon nicht auf die Grünen hören wollen, dann gucken Sie sich doch einmal an, was der Chefökonom der Weltbank, Sir Nicholas Stern, zu diesen Sachen gesagt hat. Der hat nämlich schon vor Jahren gesagt: Wenn man dafür kein Geld anfasst, bezahlt man die Folgen von Klimaveränderungen teuer! - Rechnen Sie doch einmal durch, wie viel im letzten Jahr das Hochwasser und in diesem Jahr die Dürre gekostet haben!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Klimaschutzgesetz liegt vor. Auf Ihre Vorschläge warten wir noch - seit Monaten!

Ich habe mit Freude gesehen, dass Sie Fahrverbote in den Städten verhindern wollen. Das ist im Grundsatz richtig. Man darf nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher, die die Autos gekauft haben, in die Verantwortung nehmen. Die sind betrogen worden. Aber was wäre es für eine Schlagzeile zu diesem Haushalt gewesen, wenn der Ministerpräsident und sein Stellvertretern statt des Verzichts auf Fahrverbote von den Herstellern Hardwarenachrüstungen fordern würden! Das aber ist Ihnen beiden offenbar völlig egal. Es ist egal, dass Sie mit jedem schmutzigen Diesel, der in Niedersachsen unterwegs ist, mehr auf dieses Klimaschulden-Konto einzahlen.

Ganz ehrlich: Ich nehme Ihnen beiden an der Stelle die Sorgen um die Arbeitsplätze nicht mehr ab. Denn das verspielte Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher ist Ihnen beiden an dieser Stelle offensichtlich komplett egal. Lieber erfreuen Sie sich am warmen Geldregen des VW-Bußgeldes. Ich weiß gar nicht, wie oft dieses Wort in der Rede von Herrn Hilbers vorkam. Man hat ja förmlich den Eindruck, er sitzt mit im Aufsichtsrat

und hat persönlich verhandelt, dass dieses Geld in die Landeskasse fließt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er ist dann beim nächsten Mal der Experte im Aufsichtsrat.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister Hilbers, Sie haben uns 2013 für den ersten rot-grünen Haushalt empfohlen, Ihre schwarz-gelbe Haushaltspolitik fortzusetzen. Den Rat, irgendwelche Politik fortzusetzen, verkneife ich mir, Herr Minister, weil ich nicht im Ernst damit rechne, dass Sie wissen, wie nachhaltige Haushaltspolitik geschrieben wird.

(Widerspruch bei der CDU)

Was aber die Menschen da draußen von Ihnen erwarten, ist, dass Sie sich den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu wissen, wohin Sie Niedersachsen führen wollen, und dass Sie Ihrer Verantwortung für dieses Land gerecht werden. All das kann ich in diesem Haushalt aber nicht erkennen. Wie soll Integration ohne Sprachkurse und ohne Unterstützung gelingen?

(Ulf Thiele [CDU]: Wir investieren darin!)

Wie können Kinder gefördert werden, wenn Erzieherinnen und Erzieher nicht in ausreichender Anzahl vorhanden sind und bei den Grundschullehrerinnen nicht einmal daran gedacht wird, Gehaltserhöhungen einzuplanen?

Gestatten Sie mir noch einen persönlichen Hinweis zur Digitalisierung. Ich kann das Wort „Masterplan“ nicht mehr hören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe jetzt hier gehört, dass Sie dieses Vorhaben mit noch mehr Geld unterlegen wollen, und gebe Ihnen deshalb allen einen guten Rat: Reden Sie in Ihrem Kabinett mal miteinander! Lassen Sie Herrn Thümler nicht mit Schlafanzughose durch sein Ministerium rennen, weil Sie ihm die Professuren für die Digitalisierung aus dem Haushalt streichen!

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Reden Sie mit Grant Hendrik Tonne, bevor Sie Ideen wie die ausbrüten, dass jedes Kind in der Schule ein eigenes Gerät mitbringen muss! Ich glaube, die Schulen haben keinen Mangel an Ge

räten, sondern einen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern, die sich mit Digitalisierung auskennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Legen Sie uns beim nächsten Haushaltsentwurf das Ergebnis von Gesprächen und nicht das von Einzelentscheidungen vor! Wir lassen Sie damit nicht allein. Wenn Sie schon nicht miteinander sprechen, sprechen Sie mit uns! Wir haben eine Menge Ideen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Es spricht jetzt für die Fraktion der CDU Kollege Dirk Toepffer. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Piel, ich finde es schön, dass Sie viele Ideen haben. Am besten gefiel mir die mit Reinhold Hilbers in Hollywood - wobei mir nur noch nicht so ganz klar ist, in welcher Rolle.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wollen Sie ihn loswerden? - Heiterkeit - Anja Piel [GRÜNE]: Jetzt schon!)

- Nein. Er würde dort für die CDU und für Niedersachsen werben, und wir wären stolz darauf. Wir haben uns auch schon überlegt, in welcher Rolle: Für den großen Gatsby wäre er wirklich die Idealbesetzung.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Komödie oder Tragödie?)

Aber nun zur eigentlichen Haushaltsrede!

Herr Minister Hilbers hat gesagt: Haushalt ist Politik in Zahlen. In der Tat, öffentliche Haushalte machen Ziele und Prioritäten für die Zukunft deutlich und legen Rechenschaft ab über die Politik der Vergangenheit. Haushaltspolitik und vor allem kluge Haushaltspolitik entscheidet maßgeblich darüber, wie viele unserer politischen Pferdestärken wir tatsächlich auf die Straße bringen.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Wenn ich mir den fast 3 000 Seiten langen Haushaltsplan so ansehe, wird mir erst einmal deutlich, über wie viel Politik wir in den nächsten Monaten beraten werden. Dafür mussten Unmengen von Daten erhoben, überprüft und aufbereitet werden. Mein Dank gilt daher unserem Finanzminister, der das Aufstellungsverfahren seit Amtsübernahme mit Augenmaß und Überblick dirigiert.

(Beifall bei der CDU)

Und mein Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums. Sie und die Haushälter der Ressorts haben es auch in diesem Jahr verstanden, das Datenmaterial lesbar zu strukturieren und rechtzeitig zu den Haushaltsplanberatungen zur Verfügung zu stellen. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danken möchte ich aber auch meiner Kollegin Hanne Modder und den Haushaltspolitikern der SPD-Fraktion - natürlich auch denen der eigenen Fraktion. Unsere Fraktionen sind in der vergangenen Wahlperiode bestimmt nicht immer zimperlich miteinander umgegangen. Und damit die Opposition gar nicht erst aus dem Sessel muss: Ja, an ganz, ganz wenigen Stellen menschelt es auch heute noch. Ich freue mich daher, dass wir gerade in der Haushaltspolitik schnell zu einer professionellen und fairen Zusammenarbeit zu den Themen gefunden haben, die das Leben wirklich voranbringen. Auch dafür herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir legen heute den ersten regulären rot-schwarzen Haushalt vor. Schon mit dem Nachtrag 2018 haben wir wichtige politische Weichenstellungen vorgenommen. Keine 100 Tage nach der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten haben wir mit der Kita-Beitragsfreiheit, mit zusätzlichen Mitteln für den Krippenausbau, mit vorschulischer Sprachförderung und Förderschule Lernen, mit 750 Stellen im Polizeibereich und Mitteln für den Fuhrpark der Landespolizei, mit der Entfristung von 1 000 Lehrerstellen, mit der Aufstockung der GVFG-Mittel und mit einer Vielzahl weiterer Maßnahmen schnellstmöglich zentrale Vorhaben des Koalitionsvertrags umgesetzt und spürbare Verbesserungen für die Menschen in unserem Land geschaffen.

(Beifall bei der CDU)

Die thematischen Akzente des Nachtrags - Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, innere Sicherheit, Investitionen in Zukunftsfähigkeit und Entwicklung des ländlichen Raums - werden uns ebenso wie Haushaltsdisziplin und Schuldenabbau für die Dauer der Legislaturperiode begleiten. Sie sind wichtige Leitgedanken auch des Haushaltsentwurfs 2019.

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2019 hat ein Volumen von knapp 32,9 Milliarden Euro. Es wird zum Ende des Planungszeitraumes auf 35,8 Milliarden Euro anwachsen. Möglich macht dies die seit Jahren robuste und in Niedersachsen überdurchschnittlich dynamische wirtschaftliche Entwicklung. Es ist eine Entwicklung, die wesentlich von Binnennachfrage und steigenden Bruttoinvestitionen lebt. Es sind Eckwerte, die von ungebrochenem Vertrauen in die Auslastung wachsender Kapazitäten, in Beschäftigungsexpansion und Einkommenssteigerung zeugen.

Gründe für diesen Optimismus gibt es zur Genüge. Trotz der Risiken rund um Handelsbeschränkungen, Brexit und Fachkräfteknappheit bleiben die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen günstig. War der Haushalt 2017 der erste, der in der Aufstellung ohne Neuverschuldung ausgekommen ist, so ist der Haushalt 2019 der erste in der Geschichte Niedersachsens, der auch strukturell ausgeglichen ist.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD)

Ein Jahr vor Inkrafttreten der Schuldenbremse kann Niedersachsen seinen Haushalt ohne Neuverschuldung, ohne Deckungslücken und erstmals auch ohne Einmaleffekte ausgleichen. Das Land kann seine laufenden Verpflichtungen und einen wachsenden Teil seiner Zinszahlungen aus den laufenden Einnahmen bedienen. Es gewinnt Dank weiterer Tilgungen und des Verzichts auf neue Schulden politische Handlungsspielräume Zug um Zug zurück. Mit der allgemeinen Rücklage halten wir eine angemessene Vorsorge für Zinsänderungs- und andere Haushaltsrisiken vor.

Dass unter diesen Bedingungen weder Grund zu Trübsal noch zu Übermut besteht, hat unser Finanzminister Reinhold Hilbers schon mit dem Eckwertebeschluss der Landesregierung im April und nach der letzten Steuerschätzung deutlich gemacht. Dafür ist er von Teilen der Opposition - insbesondere von den Grünen, Herr Wenzel - scharf und unsachlich kritisiert worden. Wissen Sie, wer es selbst nie machen durfte, weiß es unter

Umständen nicht: Aber es ist nicht die vornehmste Aufgabe eines Finanzministers, mit Untergangsszenarien, Drohkulissen und Einsparorgien die Konjunktur abzuwürgen,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ach?)

und es ist ebenso wenig die Aufgabe eines Finanzministers, mit der Konfettikanone über das Land zu fahren und für gute Laune zu sorgen.