„in dieser Frage nicht so machtlos, wie es den Anschein hat. Die Vertreter von Arbeitnehmern und des Landes Niedersachsen als Großaktionär hätten mit zwölf zu acht Stimmen die Mehrheit in dem Kontrollgremium. Sie könnten also einen Vorschlag des Vorstandes für Abstriche bei den Boni, der ihnen nicht weit genug geht, problemlos in der Sitzung am Freitag durchfallen lassen. ‚Auch rein rechtlich wäre es möglich, die Vorstände zu einem weitgehenden Verzicht bei den Sonderzahlungen zu zwingen‘, sagt ein Aufsichtsratsmitglied.“
VW-Chef Müller kritisierte die Ausführungen von Aufsichtsratsmitglied Lies mit den Worten, dass er zwar die öffentliche Diskussion verstehen könne, aber nicht, „dass die Diskussion in die Öffentlichkeit getragen wurde“ (Süddeutsche Zeitung und FAZ vom 29. April 2016).
Darüber hinaus kritisieren auch Verbraucherschützer, dass Volkswagen zwar in den USA ein „Kulanzpaket“ für seine Kunden in Eckpunkten akzeptieren will, aber in Deutschland keinerlei ähnliche Regelungen beabsichtigt sind.
„Die sich nun abzeichnenden Regelungen in den USA werden in Verfahren außerhalb der USA keine rechtlichen Wirkungen entfalten.“
Das derzeitige deutsche Haftungsrecht ist für geschädigte VW-Kunden im Verhältnis zum amerikanischen Haftungsrecht eher eingeschränkt. Dem Kunden steht das Recht der Mängelbeseitigung in Form einer Nachbesserung zu. Das Verfahren zur Gewährleistung von Rechten bis zu einer Minderung des Kaufpreises oder einem Rücktritt vom Kaufvertrag ist schwierig. Inzwischen mehreren sich die Stimmen in Deutschland, die eine Gleichbehandlung der deutschen Kunden fordern.
1. Welche konkreten Vorschläge zur Reduzierung der Vorstandsvergütungen sind durch die Vertreter des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat vorgeschlagen oder beantragt worden?
2. Was haben die VW-Aufsichtsratsmitglieder Weil und Lies nach der Aufforderung von Frau Piel unternommen, bzw. was gedenken sie in naher Zukunft noch zu tun, damit noch Änderungen bei den Bonuszahlungen für die VW-Vorstandsmitglieder für die Öffentlichkeit und Gesellschaft erreicht werden?
3. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Politiker, z. B. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), auch eine Kompensation für deutsche VW-Kunden und ein Recht auf Sammelklagen fordern: Wie steht die Landesregierung zu Schadensersatz und Rückkaufoptionen für deutsche VW-Kunden und der Möglichkeit von Sammelklagen für deutsche Autofahrer?
Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die Landesregierung antwortet Herr Wirtschaftsminister Lies. Bitte!
nehmen mit 610 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit. Das Unternehmen nimmt nicht nur in Niedersachsen eine besondere Position ein, sondern befindet sich auch inmitten einer besonderen Situation. Deshalb wird über Volkswagen sehr viel geredet. Das war bereits beim letzten Plenum so: Der Ministerpräsident und ich haben Sie unterrichtet; Volkswagen war Thema in der Aktuellen Stunde und Thema einer Dringlichen Anfrage.
Seitdem ist wieder einiges passiert. Ich habe den Wirtschaftsausschuss bereits in der letzten Woche unterrichtet. Die Geschäftszahlen 2015 wurden am letzten Donnerstag vorgestellt.
Meine Damen und Herren, eigentlich hätte Volkswagen ein gutes Jahr gehabt. Zwar wurden mit 9,9 Millionen ca. 2 % weniger Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert als 2014. Aber das operative Ergebnis hat sich sogar leicht gesteigert. Es beträgt 12,8 Milliarden Euro - allerdings ohne die Berücksichtigung der sogenannten Sondereinflüsse.
Vor allem die 16,2 Milliarden Euro Rückstellungen für die Auswirkungen des Abgasskandals - die gesamten Rückstellungen betragen 16,9 Milliarden Euro - sind dafür verantwortlich, dass das operative Ergebnis bei minus 4,1 Milliarden Euro für das Jahr 2015 liegt.
Die Aussichten für das Jahr 2016 werden als weitgehend stabil eingeschätzt, ebenso die Absatzzahlen.
Inzwischen konnte eine Grundsatzvereinbarung mit der United States Environmental Protection Agency (EPA) und dem California Air Resources Board (CARB) erzielt werden, die nun unter Beteiligung der Federal Trade Commission (FTC) fixiert wird.
Außerdem hat man sich auf Grundzüge eines Vergleichs mit den privaten Class-Action-Klägern, den Sammelklägern, verständigt. Details der Einigung werden gerade festgelegt.
Wegen der laufenden Verhandlungen und Ermittlungen entfällt aber auch die geplante Vorstellung von Zwischenergebnissen der Untersuchungen von Jones Day. Dies ist notwendig, um die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den amerikanischen Behörden nicht zu gefährden und dortige Untersuchungsergebnisse nicht zu beeinträchtigen.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich etwas zu der häufig angesprochenen Übertragung der noch nicht fixierten Modalitäten der Eini
gung in den USA auf Deutschland sagen. Dies ist aus meiner Sicht nicht nahe liegend. In beiden Ländern existieren nicht nur unterschiedliche Vorgaben zu den Abgaswerten NOx und CO2, sondern es handelt sich auch um zwei völlig unterschiedliche Rechtssysteme. Das eine arbeitet mit der Einzelfallentscheidung zu Präzedenzfällen; das andere basiert auf schriftlichen Normen.
Nebenbei bemerkt, hat die Nachbesserung in Deutschland auch bereits begonnen. Sie verläuft nach Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes mit wenig Aufwand und ohne Kosten für die Kunden sowie ohne eine Leistungs- und Verbrauchsverschlechterung bei den Fahrzeugen.
Meine Damen und Herren, außerdem ist eine Entscheidung über die Höhe der Vorstandsboni gefallen. Da die Vorstandsvergütung zu großen Teilen vertraglich geregelt ist, gab es nur einen Spielraum für Kompromisse. Eine Reduzierung der Gehälter gemäß § 87 Abs. 2 des Aktiengesetzes kam nach Prüfung nicht infrage. So wurde letztendlich ein Kompromiss gefunden.
Die variablen Vergütungen reduzieren sich bereits aufgrund der verschlechterten aktuellen Erfolgszahlen. Das gilt für die mehrjährige Sondervergütung und die individuelle Leistungskomponente wie auch für den Long Term Incentive (LTI). Dies ist eine variable Vergütung, die auf einer vierjährigen Betrachtung beruht und sich gegenüber dem Vorjahr um 25 % reduziert - von 2 Millionen Euro in 2014 auf 1,5 Millionen Euro in 2015 für ein Vorstandsmitglied.
Erstens wurde für die Zwecke der Ermittlung der Sondervergütung für das Geschäftsjahr 2015 das operative Ergebnis einschließlich des anteiligen operativen Ergebnisses in China auf null reduziert. Insgesamt reduziert sich die Sondervergütung eines Vorstandsmitglieds von 2,3 Millionen Euro in 2014 auf 1,2 Millionen Euro in 2015.
Zweitens wird auf Vorschlag des Vorstandes außerdem ein Anteil von 30 % der variablen Vergütung für das Geschäftsjahr 2015 einbehalten. Dieser Anteil wird unter den Vorbehalt der zukünftigen Aktienkursentwicklung gestellt - Zielreferenzkurs: 125 % des Anfangsreferenzkurses. Der zurückbehaltene Betrag kommt nur dann zu 100 % zur Auszahlung, wenn der Anfangsreferenzkurs der Vorzugsaktie um mindestens 25 % gestiegen ist. Ansonsten reduziert sich der Betrag entsprechend
anteilig bis auf null. Positiv ist hierbei anzumerken, dass auf diese Weise eine weitere Kopplung an den Unternehmenserfolg erreicht wird.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die variable Vergütung eines ordentlichen Vorstandsmitgliedes um 39 % sinkt - von 5,3 Millionen Euro in 2014 auf 3,2 Millionen Euro in 2015. Der tatsächliche Auszahlungsbetrag der variablen Vergütung für 2015 liegt damit 57 % unter der des Vorjahres, d. h. noch einmal um rund 1 Million Euro niedriger.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident und ich haben uns bekanntlich für ein deutliches Zeichen starkgemacht, und wir haben uns als Landesregierung deutlich positioniert. Die getroffene Regelung ist als Kompromiss zu bewerten, mit dem die unterschiedlichen Sichtweisen zusammengeführt worden sind.
Einen Moment, bitte, Herr Minister Lies! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, die Zeit ist fortgeschritten. Aber je öfter ich hier unterbrechen muss, desto länger dauert es. Es gibt wirklich einige, die sich in einer solchen Lautstärke austauschen, dass wir uns ohne Weiteres in die Debatte einschalten könnten. Ich bitte nochmals um Ruhe, sodass wir die Debatte konzentriert zu Ende bringen können. - Ich fahre erst fort, wenn auch die Kollegen sich angesprochen fühlen, die mir den Rücken zuwenden. - Bitte, Herr Minister!
Meine Damen und Herren, entscheidend ist: Wir müssen jetzt in die Zukunft schauen. Das Unternehmen muss wieder in ruhiges Fahrwasser geführt werden. Das habe ich schon beim letzten Mal klargestellt. Volkswagen muss nicht nur die Rückrufe und die Aufklärung abschließen, sondern auch den Konzern zukunftsfähig machen. Was dazu gehört, habe ich auch bereits beim letzten Plenum dargestellt: Eine neue Strategie, es müssen Perspektiven für die Standorte geschaffen werden, und es müssen Investitionen in neue Technologien erfolgen.
Um dies erfolgreich zu meistern, benötigen wir ein funktionierendes Unternehmen mit einer gut arbeitenden und motivierten Mannschaft. Ich weiß, mei
Zu Frage 1: Details der Verhandlungen sind Aufsichtsratsangelegenheit. Es gelten die Verschwiegenheitsbestimmungen des Aktienrechts.
Zu Frage 2: Wie oben beschrieben, wurde hier ein Kompromiss gefunden, über den bereits entschieden wurde. Die Verhandlungen hierüber sind abgeschlossen.
Zu Frage 3: Eine Kompensation für deutsche Volkswagen-Kunden, wie sie in der Vorbemerkung angesprochen wird, kann dazu dienen, gegebenenfalls bestehende Ansprüche der Betroffenen pauschal abzugelten, ohne eine Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zur Durchsetzung eines Anspruchs vornehmen zu müssen. Eine solche Kompensation muss zwischen den Betroffenen ausgehandelt werden. Nach dem deutschen Schadensrecht erhält jeder denjenigen Schaden ersetzt, der ihm aufgrund eines vorwerfbaren Verhaltens des Schädigers entstanden ist.
Die Niedersächsische Landesregierung sieht keinen Anlass, in diesem Punkt gegenüber dem Bund eine Änderung der zivilrechtlichen Vorschriften vorzuschlagen - auch deshalb nicht, weil entsprechende Regelungen über Schadenersatz im USamerikanischen und deutschen Recht auf einer vollkommen unterschiedlichen Systematik beruhen.
Die Landesregierung prüft, ob die bestehenden Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes ausreichend sind. Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie im Rahmen der Verbraucherschutz- und der Justizministerkonferenz gibt es bereits Überlegungen, hierfür geeignete Klageverfahren zu schaffen.
Aus Sicht der Landesregierung kommt es darauf an, ein Instrument zu schaffen, das einerseits den Verbraucherinnen und Verbrauchern die risikolose, chancenorientierte und zugleich passive Teilnahme an einem Klageverfahren ermöglicht, andererseits den Unternehmen den Vorteil der Systematisierung und Konzentration des Prozessstoffs auch zur Senkung von Transaktionskosten eröffnet.