Meine Damen und Herren, die Betreiberin hat mitgeteilt, dass sie das Überwachungs- und Inspektionskonzept derzeit erarbeite und schnellstmöglich vorlegen werde.
Zu Frage 1: Nach Angaben der GNS lagern mit Stand vom 31. März 2016 insgesamt 1 152 Fässer im Abfalllager Gorleben, von insgesamt 3 466 Behältern.
Zu Frage 2: Grundsätzlich sind zwei Ursachen für das Entstehen von Korrosion möglich: Eine Korrosion von außen nach innen würde zeigen, dass die klimatischen Bedingungen im Abfalllager Gorleben eine Korrosion durch hohe Luftfeuchtigkeit oder geringen Luftwechsel fördern. Die Korrosion beginnt dann in der Regel dort, wo die Fässer kleine mechanische Beschädigungen, meist verursacht durch Handhabungsvorgänge, aufweisen.
Eine Korrosion von innen nach außen würde dagegen zeigen, dass erhöhte Restfeuchte im Behälter vorhanden ist. Ferner kann eine fehlende, mangelhafte oder beschädigte Innenbeschichtung der oft schon Jahrzehnte alten Fässer das Fortschreiten der Korrosion begünstigen.
Zu Frage 3: Die aktuellen Vorkommnisse zeigen erneut, dass vonseiten des Betreibers unverzüglich ein Überwachungskonzept mit einem Programm für die umfassende Inspektion aller im Abfalllager Gorleben eingelagerten Gebinde mit Unterscheidung nach Abfallart, Behälterbauart sowie baulichen Randbedingungen etabliert werden muss. Dies wurde mit enger Terminsetzung bereits aufsichtlich veranlasst.
Ich bin darüber hinaus der Auffassung, dass wir ein bundesweites Atommüllregister im öffentlichrechtlichen Rechtsraum benötigen. Anders als früher müssen wir davon ausgehen, dass man die Abfälle über einen sehr langen Zeitraum hinweg überwachen muss. Auch für den Fall der Rückholung oder der Bergung braucht man genaue Daten. Wie die aktuelle Debatte zeigt, muss der Staat zudem aus Gründen der Sicherung jederzeit Kenntnis über den Verbleib der Abfälle und den Lagerort haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal - Sie kennen ja die Geschäftsordnung -: Die Fragen müssen kurz und knapp sowie mündlich vorgetragen sein und dürfen keine Werturteile oder ähnliche Dinge enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Meine Frage lautet, Herr Minister Wenzel: Welche Maßnahmen wurden bisher bereits ergriffen, um die Feuchtigkeitseinträge zu reduzieren oder grundsätzlich abzustellen?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Bosse, zunächst wurde sehr sorgfältig geprüft, was die mögliche Ursache sein kann. Wir haben insbesondere den Betreiber aufgefordert, alle denkbaren Möglichkeiten zu prüfen und auch zu belegen, wie z. B. die Farbabplatzungen zustande kommen.
Die aufgefundenen Roststellen verändern die Situation zudem jetzt noch einmal, weil sie an den Fässern eine genauere Prüfung notwendig machen. Sie wissen, diese Fässer sollten ursprünglich in Morsleben in Sachsen-Anhalt eingelagert werden. Sie sind dann, als das ERAM - das Lager in Morsleben - geschlossen wurde, kurzfristig in das Abfalllager Gorleben verbracht worden. Dort sind sie aber nur mit einer befristeten Genehmigung, die 2019 ausläuft.
Wir haben veranlasst, dass als Sofortmaßnahme der Regeneintrag unterbunden wird, der durch die Lüftungsklappen vorher möglich war. Voraussichtlich wird es darüber hinaus auch notwendig sein, ein Raumluftkonditionierungskonzept vorzusehen.
Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Ernst-Ingolf Angermann, CDU-Fraktion. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Inwiefern rechnet die Landesregierung damit, dass es durch Verzögerung der Einlagerung im Schacht Konrad vermehrt Roststellen an den bisherigen Fässern in Gorleben geben kann?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Angermann, ursprünglich hat man die Fässer wahrscheinlich verpackt und ist davon ausgegangen, dass sie innerhalb von wenigen Monaten oder Jahren in Morsleben eingelagert werden. Mittlerweile sind einige dieser Fässer schon fast 40 Jahre alt. Das heißt, wir haben mittlerweile ganz andere Zeiträume als ursprünglich erwartet.
Die Frage, wann uns ein Bundesendlager zur Verfügung steht, ist natürlich von Relevanz. Wir müssen aber davon ausgehen, dass nicht am ersten Tag, an dem dieses Lager zur Verfügung steht, sofort alle Zwischenlager, die es in der Bundesrepublik gibt, geräumt werden. Das ist vielmehr ein Prozess, der wiederum 20 oder 30 Jahre dauern kann, bis alle diese Zwischenlager sukzessive geräumt werden.
Sie müssen sehen, dass der Müll nach den hohen Anforderungen konditioniert werden muss. Deswegen können die Fässer in der Form, wie sie heute dort vorhanden sind, nicht einfach so eingelagert werden. Vorgeschaltet werden muss diese Konditionierung.
Herr Angermann, Sie müssen davon ausgehen, dass man die Daten anders als früher - je nachdem, um welchen Müll es sich handelt - vorhalten muss, um später ganz genau zu wissen, welcher Müll das ist. Wir sind bislang immer auf Dokumentationen der Abfallverursacher angewiesen, auf die die Atomaufsicht Zugriff hat. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass jedes Unternehmen Bestand für die Ewigkeit hat.
Die Rechtslage im Bereich der hoch radioaktiven Abfälle ist noch schwieriger und auch nicht klar geregelt. Deswegen haben wir im Rahmen der Beratungen in der Atommüllkommission in Berlin
entsprechende Vorschläge gemacht. Wir haben vorgeschlagen, dass quasi ein Atomarchiv eingerichtet wird. Ein Bestandteil dieses Atomarchivs kann ein Atommüllregister sein, bei dem die Daten regelmäßig aktualisiert werden müssen.
Sie wissen, dass die Datenträger, die es heute gibt, oft fünf oder zehn Jahre Verwendung finden, und dann werden sie durch eine neue technische Entwicklung abgelöst. Es muss kontinuierlich über lange Zeiträume hinweg sichergestellt werden, dass solche Daten auch künftig gelesen werden können, sodass Experten verstehen, was damals in den unterschiedlichen Unterlagen kodifiziert wurde, woher der Müll stammt, wie er konditioniert ist und welche Eigenschaften er hat. Wir haben schon jetzt im Fall der Asse gesehen, welche Schwierigkeiten es dabei gibt, auch wenn die Unterlagen erst wenige Jahrzehnte alt sind.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Janßen. Bitte!
In dem Zusammenhang die ergänzende Frage: Wie lang ist die angenommene durchschnittliche Lebensdauer der hier in Rede stehenden Fässer?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Janßen, da man ursprünglich davon ausgegangen ist, dass der Zeitraum der Zwischenlagerung wesentlich kürzer ist, kann man dafür keinen genauen Zeitrahmen nennen. Wir haben es hier jetzt praktisch mit Fragen des Alterungsmanagements zu tun. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Fässer ihre Funktion so lange erfüllen, bis sie in ein Bundesendlager verbracht werden können.
Beispielsweise bei dem hier in Rede stehenden Fass haben wir festgestellt, dass es sich um ein Fass in einem Überfass handelt. Das heißt, es hat offensichtlich schon früher eine Auffälligkeit an dem inneren Fass gegeben. Damals hatte man das 200-l-Fass in ein 400-l-Fass eingelagert. Jetzt ist dieses Fass erneut auffällig geworden.
Das zwingt uns natürlich, hierbei noch viel genauer hinzuschauen und zu prüfen, was die Ursachen dafür sind: Was war ursprünglich in dem Fass? Wie wurde der Abfall konditioniert? Gab es beispielsweise Restfeuchte? Wie wurde das Fass in das Überfass eingelagert? Hat der Beton dabei richtig abgebunden? Wurde dabei Wasser freigesetzt, was bei der Abbindung von Beton der Fall sein kann? - Diese Fragen müssen geklärt werden.
Aber allein schon die Historie dieses Fasses zeigt, wie komplex es ist, wenn man versucht, diese Fragen zu klären. Deswegen kann man nur hoffen, dass wir nicht noch mit vielen zusätzlichen Funden konfrontiert werden. Befürchten müssen wir das aber. Deswegen muss an allererster Stelle ein neues Inspektionsprogramm stehen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Bajus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sogenannten Referenzfässer spielen für die Überwachung und Kontrolle eine besondere Rolle. Wie viele Referenzfässer gibt es im Verhältnis zu den ursprünglich wohl rund 1 300 für Morsleben bestimmten Fässern?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Fässer, die ursprünglich in Morsleben eingelagert werden sollten und jetzt zur Konditionierung durch die GNS ausgelagert werden, gab es 34 Referenzfässer. Das alte Überwachungsprogramm sieht vor, dass man aus der Gesamtzahl der zu überwachenden Fässer eine repräsentative Anzahl entnimmt, an einem gut einsehbaren Ort aufstellt und diese regelmäßig kontrolliert.
Hätten wir nur dieses Konzept angewandt, hätten wir bis heute keine Auffälligkeit feststellen können, weil wir an den Referenzfässern keine Auffälligkeiten erkennen konnten.
Biblis stammen und im Abfalllager Gorleben eingelagert worden sind. Diese 70 haben wir bei der geplanten Auslagerung sehr genau inspiziert. Aber auch die weiteren Fässer müssen einem Inspektionsprogramm unterzogen werden. Darum haben wir am 8. April eine erweiterte Inspektion vorgenommen und dem Betreiber mitgeteilt, dass wir das für notwendig halten.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Entspricht dieses Konzept der Referenzfässer und der damit verbundenen Kontrollen aus der Sicht der Landesregierung überhaupt dem Stand von Wissenschaft und Technik, oder wie müssten die Sichtkontrollen gegebenenfalls verbessert werden?